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• Editorial
• das erste: Fußball statt Deutschland
• inside out: Der heutige Alltag
• doku: Offener Brief gegen Denunziation
• doku: Israelsolidarität oder Pro Israel?
• leserInnenbrief: LeserInnenbriefe
• sport: Distillery Games
• (Veranstaltungs-)Anzeigen
• neues vom: Neues
vom Stadtteilmanagement
Der Infoladen verfügt zur Zeit über ca. 6.000 Bücher, 250
Zeitschriften, knapp 1.500 Broschüren, 1.000 Filme, 1.000 Plakate, 100
CD-Roms und vieles mehr.
Alle Materialien, auch die Aufsätze aus Büchern und
Zeitschriften, sind im Onlinekatalog erfasst und verschlagwortet.
Jährlich geben wir etwa 1.000 Euro für die rund 100
Zeitschriftenabos und 2.000 bis 3.000 Euro für Bücher aus. So haben
wir einen jährlichen Zuwachs von ca. 300 Büchern, 75 Broschüren
und 150 Filmen.
Die Zahl der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen liegt bei ungefähr 10.
Wir haben drei mal die Woche, für jeweils drei Stunden, geöffnet.
Besucher sind auch nach Vereinbarung oder auf gut Glück herzlich
willkommen.
Früher agierte der Infoladen als politische Gruppe, Szenetreffpunkt,
Buchladen und Tageszeitungsarchiv und verkaufte Hassis, Aufnäher, Spuckis
und sonstigen Kram. Heute kann oder will sich der Infoladen nicht mehr
über all diese Dinge definieren, wodurch ihm, heute mehr als früher,
der Bezug zur und Bedeutung für die Szene fehlt. Mit Aktivismus,
Veranstaltungen und Verkauf von Revolutionsartikeln können die neu
gegründeten Infoläden im Leipziger Süden und Westen mehr dienen.
Zwar gibt es im Conne Island einen größeren Bestand an Büchern
und Zeitschriften als zu Ernestiestraße- und Zoro-Zeiten, und durch die
Arbeit mit Dataspace wird das Finden im Bestand erleichtert, doch gilt der
Infoladen im Conne Island nicht mehr als Szenetreffpunkt oder gar als politisch
agierende Gruppe. Zu den Öffnungszeiten, zu denen zumindest inzwischen ein
paar neue Gesichter die Zeit absitzen, kommen kaum BesucherInnen. Die restliche
Infrastruktur, das heißt die Computerarbeitsplätze, der Kopierer und
die zwei Plenumsräume, werden fast täglich genutzt, was jedoch die
Benutzung der Bibliothek nicht vorantreibt. Zwar ist der Infoladen bekannt in
Leipzig, wird auch als wichtig angesehen, benutzt wird er dennoch nicht. Alle
nötige Literatur können sich Interessierte auch in der Uni, der
Deutschen Bibliothek oder im Internet beschaffen. Bei realistischer
Einschätzung kommt man wohl auf acht bis zwölf BesucherInnen pro
Woche, also etwa Eine/n pro geöffnete Stunde
Immerhin wird der Infoladen in diesem Jahr 20 Jahre alt und alle BetreiberInnen
hätten wieder einmal Gelegenheit zu hinterfragen, ob das, was sie tun,
sich lohnt oder nur Beschäftigungstherapie ist.
Dabei zeichnet den Infoladen im Conne Island etwas aus, wovon andere Archive
nur träumen können und was Grund genug zur Existenz sein sollte: Er
ist finanziell unabhängig.
Autonom und allein
Der Infoladen im Conne Island ist sozusagen selbstorganisiert und -finanziert.
Das liegt jedoch nicht wie womöglich bei anderen autonomen
Infoläden daran, dass wir Staatsgelder per se ablehnen. Auf Grund
unserer Lokalität, nämlich dem Conne Island, welches sich selbst als
Zentrum für Linke, Jugend-, Pop- und Subkulturen versteht, fallen
Kosten wie Miete, Telefon, Internet und sonstige infrastrukturelle Ausgaben
für uns weg. Da das Conne Island uns Räume und Ausrüstung
kostenlos zur Verfügung stellt, sind wir sozusagen nicht abhängig vom
Staat, aber semiabhängig vom Projektverein. Des Weiteren sind die
Personen, welche seit Jahren ehrenamtlich im Infoladen arbeiten,
Festangestellte des Conne Islands.
Vergessen werden sollten auch nicht die regelmäßigen Spenden von
drei bis vier regionalen Gruppen, von denen wir eine kleine, aber stetige
Unterstützung erhalten. Ein größerer und ebenfalls sehr
wichtiger Posten macht der Beitrag zur Bildungsoffensive aus.
Früher Antifamark genannt, sind das 50 Cent, welche in jedem verkauften
Ticket im Conne Island inklusive sind, und welche jährlich an (Laden-)Projekte, wie
eben zum Beispiel den Infoladen, verteilt werden. So stemmt indirekt jede/r
BesucherIn das Projekt mit, was uns zumindest finanzielle Sorgen
ein wenig abnimmt.
Ein großer Vorteil dieser autonomen und eigenständigen Finanzierung
ist, dass wir keinem politischen Druck ausgesetzt sind und somit nie Probleme
auf Grund der politischen Einflussnahme der Stadt im Raum standen.
Wie an den beschriebenen Geldquellen zu sehen ist, wäre es heuchlerisch zu
sagen, der Infoladen könne als völlig autonomes Projekt bestehen.
Ohne die große finanzielle und materielle Unterstützung, die
freiwillige und sehr aufwendige Arbeit weniger Personen für den Infoladen,
sowie die große Gruppenlandschaft der Großstadt, welche immer
wieder beteuert, wie wichtig der Infoladen doch für eine Stadt wie Leipzig
ist, würde es uns wohl auch nicht mehr geben.
Ein Verhältnis zu politisch ähnlichen Gruppen gibt es trotzdem kaum.
War die westdeutsche Linke zu Nachwendezeiten noch das Vorbild des
Infoladenprojekts, gibt es heute nur wenig bis gar keine Zusammenarbeit oder
sogar gegenseitige Auseinandersetzung. Das mag nicht zuletzt an den inzwischen
unterschiedlichen inhaltlichen Ansprüchen der Projekte liegen. Der
Infoladen im Conne Island ist, zumindest seinen Büchern und Zeitschriften
nach, kein eindeutig antiimperialistischer, sondern inzwischen auch ein
antideutscher Laden. Diese inhaltliche Veränderung hat sich in all den
Jahren, wohl vor allem durch den Wechsel der MitarbeiterInnen, langsam aber
sicher eingeschlichen. Allerdings ist unser Spektrum, vor allem an
Zeitschriften, sehr groß, so dass eine Festnagelung auf eine bestimmte
politische Ausrichtung Tatsachen verdrehen würde. Bei einem Versuch einer
Vernetzung der Leipziger Infoläden im Herbst 2008 kam es trotz dessen zu
großen Vorbehalten und Vorurteilen untereinander. Grund waren genannte
inhaltliche Differenzen, aber auch fehlende Verbindlichkeiten und
Zuverlässigkeit. Um die Jahrhundertwende herum gab es einen noch
größer gefassten Versuch der Vernetzung eine bundesweite
Zusammenarbeit war angestrebt. Wir waren Vorreiter des Versuches, doch auch
hier müssen wir uns eingestehen, dass alle vorhandenen Kontakte im Sande
verlaufen sind. Zusammenarbeit gibt es heute so richtig nur noch über
Dataspace.
Dataspace
Zumindest hier lassen sich einige Erfolge verzeichnen. 1995 fingen wir an,
unseren Bestand zu zählen und zu kategorisieren, denn mit den Unmengen an
Material war ohne Systematik kaum etwas anzufangen. Wir benutzten Schlagworte,
um Bücher und Zeitschriftenartikel leichter zu finden. 1997 wurde alles in
eine Datenbank eingeführt. Im Laufe der Zeit konnten auch alte
Bestände des Infoladens aufgearbeitet werden und es fanden immer mehr
Zeitschriften Eingang in die Datenbank. Das stellte sich bei vielen
Recherche-Anfragen an den Infoladen als sehr sinnvoll heraus, da anderweitig
die meisten Materialien nicht auffindbar gewesen wären.
Wir waren überzeugt, dass unsere Zeitschriftenaufsätze mit
Schlagwort-Suchfunktion auch andere Infoläden interessieren könnte,
und so gab es seit 1999 Überlegungen, die Datenbank ins Internet zu
stellen. Da wir jedoch bezüglich des Umfanges, der nicht
bibliothekskonformen Erfassung und der kruden Schlagwortlisten um die
Unzulänglichkeit unserer eigenen Datenbank wussten, begaben wir uns auf
die Suche nach vergleichbaren Datenbankprojekten linker Infoläden oder
Archive. Die diesbezüglichen Anfragen ergaben allerdings, dass es bislang
kein vergleichbares Projekt (verschlagwortete Zeitschriftenaufsätze) gab
und die meisten Datenbanken der Infoläden und Archive auch noch nicht
online waren. Also entschlossen wir uns, unsere Datenbank ins Internet zu
stellen. 2000 ging unser gesamter Bestand Online die Programme waren
selbst programmiert, alles kommerzielle, herkömmliche war nicht brauchbar.
Heute verzeichnet die Datenbank Dataspace alle Bücher, Broschüren,
Videos und CD-Roms des Infoladens im Conne Island. Dabei werden AutorIn,
Titel, Untertitel, Verlag/Zeitschriftentitel, Jahr, Umfang (Seitenzahl,
Länge), Publikationsform, Anmerkungen, Standort, Signaturen, Schlagworte
und Internetadresse erfasst. Inzwischen nutzen ca. zehn andere Infoläden
und Archive in Deutschland unsere Datenbank, um ihre Bestände online zu
stellen. Dafür eignet sich Dataspace außerordentlich, denn alle
Bücher, welche einmal eingegeben sind, müssen kein weiteres Mal ins
Internet gesetzt werden. Der Infoladen/das Archiv klicken das einzugebende Buch
einfach an und können es somit in ihren Onlinebestand mit aufnehmen. Bei
dem Neuaufbau eines Archivs oder der Neuanschaffung vieler Bücher spart
das erheblich Zeit. Des Weiteren passt die Dataspace-Schlagwortliste auf linke
Themenbereiche und ist somit für Linke unglaublich attraktiv. Der
größte Vorteil ist natürlich, dass jedes noch so kleine Archiv
ihren Bestand ins Internet stellen kann und somit von jedem Suchenden gefunden
und genutzt werden könnte.
Ein Ausblick
Nachdem der Infoladen im Conne Island in Leipzig 20 Jahre bestehen konnte, wird
er wohl hoffentlich auch noch eine ganze Weile weiter zu besuchen sein. Die
NutzerInnenzahlen werden wohl nicht steigen und auch die Mitarbeit einzelner
Leute wird wie immer schwanken, Hochs und Tiefs erleben. Dass wir uns zumindest
über die Zahlung von Miete keine Gedanken machen müssen, wird wohl
immer unser großes Glück sein. Trotzdem kosten Bücher, Technik
und unser Luxusgut Schokolade viel Geld, so dass Finanzierung auch ohne Miete
immer ein Thema sein wird. Mit dem Infoladenboom in Leipzig sind wir inzwischen
schon nur noch einer unter vielen. Unsere Infrastruktur wird hoffentlich auch
weiterhin von politischen Gruppen genutzt werden, was uns zumindest ein
bisschen Motivation gibt, das Projekt Infoladen nicht aufzugeben. Und auch wenn
in Zeiten von Multimedia alles und jeder im Internet gefunden werden kann, so
sind wir trotzdem davon überzeugt, dass Bücher einen ganz eigenen
Wert haben und auch weiterhin viel Platz für sie zur Verfügung stehen
sollte. Bestätigt wird man dann, wenn doch mal jemand aus purem Interesse
oder wegen einer Hausarbeit vorbei kommt, und nicht nur eins, sondern gleich
mehrere Bücher mitnimmt dann muss man nur noch hoffen, dass sie
auch wieder ihren Weg in unser Regal zurück finden.