• Titelbild
• Editorial
• das erste: Selbstüberschätzung at its best
• das erste: Idealisten am Zügel der Kulturindustrie
• Dritte Wahl
• Infoveranstaltung zum Antifacamp in Dortmund
• Sleep, A Storm of Light
• Many Faces
• Leipzig lebt HipHop
• Was kostet die Welt
• Rosen für den Staatsanwalt
• Blood Red Shoes
• Mythos der Stadt
• Summerclosing Party
• teaser: Mai 2012 im Conne Island
• Editors welcome!
• sport: Flucht vor dem Boykott
• Ausstellung: Was damals Recht war
• doku: In Halle werden die Dummen nicht alle!
• review-corner buch: Wenn der Preis der Revolution die Revolution ist(1)
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• neues vom: Neues
von der Straße
In den zuletzt auch in Leipzig vehement geführten Diskussionen um
Gentrifizierung, Verdrängung, urbane Entwicklung und ganz allgemein
Stadt schien in den meisten Fällen klar, wer das Feindbild ist. An
konkreten und zu Recht kritisierten Fakten Mietsteigerung,
Freiraumschwund oder Luxussanierung mangelte es in der Regel nicht,
bisweilen aber an der Anbindung der Frage, was die derzeitigen
Auseinandersetzungen um Stadt mit Vergesellschaftung und Kapitalismus zu
tun haben.
Zu konstatieren ist im Moment auch die Heterogenität, Individualität
und Selbstbezogenheit der Gentrifizierungskritik. Es geht um die eigene Miete,
das gefährdete Atelier und die vertraute Kneipe nebenan. Im Streit um
(Über)lebenspraxen und Alltagskritik existieren allerdings kaum
Rückkopplungen mit theoretisch-emanzipatorischen Bewegungen. Und
überhaupt, manchmal wirkt es so, als ob sich aktuelle Politikansätze
und Freiraumdebatten im Unterschied zu den Häuserkämpfen der
siebziger Jahre nur noch schwer von gegenwärtigen administrativen
Maßnahmen der behutsamen Stadterneuerung unterscheiden lassen.
Wächterhäuser und Guerilla Gardening gelten hier schon
als politische Konzepte. Zwar wird das Recht auf Stadt proklamiert, wer
dies allerdings in welchem Namen gegen wen durchsetzt und wie das
überhaupt funktionieren soll, erscheint unklar.
Die Veranstaltung mit Roger Behrens setzt bei der Frage nach den AkteurInnen
an, möchte gleichzeitig aber auch diskutieren, wie Veränderung,
Modernisierung und Verbesserung der Lebensqualität eigentlich
genuin linke Anliegen und die aktuellen Verschlechterungen und
zunehmenden stadträumliche Ausschlüsse, die mit dem (Kampf)-begriff
Gentrifizierung gelabelt werden, zusammen gehen. Dafür lohnt auch ein
Blick in die Geschichte des kapitalistischen Wesens der Stadt.
Während die kapitalistische Stadt des neunzehnten Jahrhunderts die
Stadt des Klassenkampfes im Übergang vom Absolutismus zur Moderne war,
vollzog sich in der fordistischen Variante die formale und strukturelle
Durchkapitalisierung aller menschlichen Beziehungen durch das städtische
Leben. Dieser Prozess ging dabei weit über die Architektur hinaus. Die
Bedeutung der Verwandlung der Stadt in den für den Kapitalismus bestimmten
Ort bleibt heute weitestgehend unsichtbar, verbindet sich in die Erscheinungen
des Alltags und zeigt sich in der konkreten Praxis städtischen Lebens. Die
Frage ist daher auch, was die Stadt von heute eigentlich ausmacht? Kann
es Modernisierung ohne Ausgrenzung und Verdrängung geben? Und schafft es
die Kritik der politischen Ökonomie der Stadt, politische
Handlungsspielräume auch für kapitalismuskritische Positionen
auszuloten?
Vorbereitungsgruppe Disneyland des Unperfekten