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von der Straße
Ein brennendes Papierflugzeug. Es steigt auf, flatterhaft, gedankenlos,
gerät mit einem Mal ins Taumeln, sinkt, gewahrt seine eigene
Labilität. Schwerelosigkeit, die doch zu Boden gedrückt wird. Die
ersten Zeilen des Titelsongs stehen beinahe symptomatisch für das dritte
Album der Blood Red Shoes. In Time to Voices ist reifer als seine
Vorgänger, abgeklärt und reflektiert. Diesmal wollte das Duo aus
Brighton nicht einfach losjammen. Laura-Mary Carter und Steven Ansell lassen
die Garage ein Stück weit hinter sich, ohne sie zu leugnen. Sie
gießen ihre Tracks nicht mehr aus einem Stück, sondern setzen fein
gearbeitete Bausteine aufeinander. Die Gesangsmelodien bilden das Fundament.
Weich und gleichzeitig kraftvoll fügen sie sich zusammen, werden teilweise
von hintergründigen Vocals umwoben. Verzerrte Gitarrenriffs dichten die
Fugen.
Es ist ein ernstes Bauwerk, das sie da errichten. Ihm fehlt die jugendliche
Pampigkeit. Stattdessen klingt es vielfach melancholisch, mitunter sogar
bleischwer. Hier kommt das zum Vorschein, was die beiden beim Songwriting
antreibt: Wut, Zweifel, Beklemmung. Es ist ein Innehalten nach der jungen
Rastlosigkeit, nach Jahren on the road. Fast ohne Unterbrechung tourte
die Band mit ihren ersten beiden Alben Box of Secrets und Fire
like this durch sämtliche Kontinente. Die Geschichten dieser Reisen
fließen in ihr neuestes Werk ein.
Trotz des erwachsenen Charakters haben Blood Red Shoes ihre Kraft nicht
verloren. Sie gehen nur dosierter und abwechslungsreicher damit um. So
entstehen Kontraste, die die Band vorher vermissen ließ. Ein leises
Säuseln, nur spärlich begleitet, findet auf der Platte seinen Platz
neben beinahe aggressiven Gesangsteilen. Energetische, treibende Songs wie das
anderthalb-Minuten-Intermezzo Je me perds bleiben dabei sparsam
eingesetzte Höhepunkte. Hier peitscht das Schlagzeug wieder in gewohnter
Manier. Hier klingen die Punk-Wurzeln des Duos unverändert nach. Wenn
Blood Red Shoes mit In Time to Voices eines beweisen, dann, dass
sie nicht nur gehörigen Krach machen können, sondern mit nur zwei
Instrumenten auch noch lange nicht zur Stagnation verdammt sind.
ly