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Aktuelles Heft

INHALT #194

Titelbild
Editorial
• das erste: Keine Solidarität mit Syrien?!
Film: mossos d'esquadra
„Weltmusik“ im Conne Island?
Goth Trad
Marbert Rocel
Auf, auf zum Kampf?
Busdriver
Los Eastos Weekend
• teaser: April 2012 im Conne Island
• review-corner buch: Kritische Theorie nach Adorno
• review-corner event: Talib Kweli, Nice & Smooth, That Fucking Sara
Die gerechte Stadt braucht nicht nur Teer und Steine
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• neues vom: Neues… vom Grill

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Roter Salon:

Auf, auf zum Kampf?

Eine kritische Revue zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung anhand ihrer Lieder

Es singt live: Der Hausener Küchenchor
Gespräch mit Prof. Hartmut Fladt (Akademie der Künste Berlin/radioEins) und Bernd Gehrke (freier Autor/Berlin)
Aftershow Salooning mit DJ Eiko

Roter Salon Warum beschäftigt sich eine linke Veranstaltung zwanzig Jahre nach dem Ende des Realsozialismus – noch dazu unterstützt durch einen Chor – mit dem Liedgut der deutschen Arbeiterbewegung? Haftete derartigen Liedern nicht schon in den letzten Jahrzehnten der DDR der Ruch des Veralteten, Vorgeschriebenen, ja Autoritären an? Und wer überhaupt hat heute, wo es keine Arbeiterklasse im herkömmlichen Sinne mehr gibt bzw. man mit deren selbsterklärten RepräsentantInnen besser wenig zu tun haben möchte, überhaupt noch etwas mit Arbeiterkultur zu schaffen? Handelt es sich womöglich um ewig Gestrige mit einem unkritisch affirmativen Bezug auf die Geschichte der Arbeiterbewegung?
Die Tradition von Arbeiterkultur und Arbeiterlied sind mittlerweile weit genug entfernt, um sich ihnen historisch anzunähern, sich ihrem Inhalt und ihrer Form ebenso aus kritischer Perspektive zuzuwenden, wie zugleich ihrer herausragenden Bedeutung für das Verständnis einer linken Kultur und Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts Rechnung zu tragen. Aller kritischen Distanz zum Trotz haftet den Platten von Ernst Busch ja noch heute eine emotionale Aura an, die etwas von jenem identifikatorischen Potential offenbart, aus dem die Arbeiterlieder ihre Kraft bezogen. Ihr Blick war in die Zukunft gerichtet, sie gründeten auf einem emphatischen Fortschrittsbegriff und suchten für das historische Projekt einer besseren Zukunft um für den Kampf um die Geschichte zu mobilisieren. Ebenso wie sie deshalb kultureller Ausdruck von kämpferischem Geschichtsoptimismus und Fortschrittsglauben waren, spiegelte sich in den Liedern zugleich die Realgeschichte der Arbeiterbewegung, ihre historischen Rahmenbedingungen wie Wendepunkte. Da sie in der Regel anhand konkreter, für die Linke richtungsweisender oder tragischer Ereignisse entstanden sind, erlaubt ihr Charakter als Gedächtnisreservoir der Linken einen wenngleich ungewöhnlichen, so doch erhellenden Blick auf die Geschichte der Arbeiterbewegung seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Kalten Krieges. Da sie ihrer Funktion als Kampflied nach mobilisierenden Charakter trugen und sich in ihnen Deutungen bestimmter Ereignisse und Konstellationen in besonderer Weise verdichteten, erhöht sich ihre Bedeutung als Zugang zur Geschichte der Arbeiterbewegung sogar noch. In jedem Fall lässt sich an ihren Texten, Entstehungsbedingungen und musikalischen Besonderheiten die Geschichte der deutschen, aber auch der internationalen Arbeiterbewegung in kondensierter Form entschlüsseln.
Die Veranstaltung des Roten Salon will letztlich weder eine affirmative Ehrenrettung des deutschen Arbeiterliedguts betreiben, noch es einfach als ideologisch oder gar reaktionär abtun. Entlang einer Chronologie der deutschen Arbeiterbewegung werden ausgewählte Lieder live durch einen Chor präsentiert. Im moderierten Gespräch mit dem Berliner Musikwissenschaftler Hartmut Fladt werden die Lieder in ihrer Zeit kontextualisiert und ihre thematischen, musikalischen und biographischen Besonderheiten vorgestellt. Die Revue hebt mit dem Beginn des modernen Arbeiterlieds und der Entstehung der deutschen Arbeiterbewegung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an, die sich in Abgrenzung zu Kapital und kaiserlichem Obrigkeitsstaat ihre eigene kulturelle Praxis – die Arbeiterkultur, bestehend aus Traditionsvereinen, Jugend- und Sportorganisationen, Spielmannszügen und eben auch Arbeiterchören – schaffte. Sie führt über die Weimarer Republik, als angesichts der aufgeheizten, bürgerkriegsähnlichen politischen Lage und der Entstehung von Massenmedien wie Radio und Film linksradikale Arbeiterkultur, linkes Theater und avantgardistische Literatur einen unerreichten Aufschwung erlebten, bis hin zur enggeführten Auseinandersetzung mit dem europäischen Faschismus und wie sich diese im Liedgut niederschlug. Sie thematisiert den Verlust an Legitimität und Strahlkraft, den das Arbeiterliedgut mit der Durchsetzung der SED-Diktatur nach 1945 erfuhr, ebenso wie seine Renaissance in der Bundesrepublik im Umfeld der K-Gruppen. Zu hören sein werden Stücke wie Auf, auf zum Kampf, Der Rote Wedding, Der Heimliche Aufmarsch, Lied einer deutschen Mutter, Lied der Partei, An die Nachgeborenen und andere mehr.

27.03.2012
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