• Titelbild
• Editorial
• das erste: Antidemokratisch und borniert
• Austin Lucas
• We have Band
• WhoMadeWho
• This Will Destroy You
• Backfire
• Bane
• Fiva I
• Fiva II
• Die Leipziger Meuten
• Divided We Stand?!
• teaser: März 2012 im Conne Island
• Veranstaltungsanzeigen
• review-corner film: Wuchtig, emotional, authentisch???(1)
• doku: Im Osten nichts Neues
• doku: Europäischer Aktionstag gegen den Kapitalismus
• ABC: G wie Muammar al-Gaddafi
• interview: Interview mit einem Mitglied der Meute Reeperbahn
• Anzeigen
Im Frühjahr 2008 zogen hunderte Menschen durch den Leipziger Osten und
demonstrierten gegen die vorhandenen Nazistrukturen und die bis dato
mehrheitlich untätige Bewohner_innenschaft. Damals gelang es, den
organisierten Nazis Einhalt zu gebieten. Mit dem Zuzug von Studierenden und
linksalternativen Menschen veränderte sich das Klima im Stadtteil.
Außerdem entstanden in dieser Zeit im Osten verschiedene Orte für
linksalternative Kultur- und Politikprojekte und Personen. Doch spätestens
seit Herbst 2011 bekommt das Bild vom Wandel im Leipziger Osten einen
deutlichen Riss.
Mittel zum Zweck
Zwischen November 2011 und Februar 2012 nutzten Personen, die der Leipziger
Naziszene angehören, eine Wohnung in der Langen Straße 15
(Zentrum-Ost) als semi-öffentlichen Party- und Veranstaltungsraum.
Darunter waren bekannte Gesichter der Leipziger NPD sowie der gewaltbereiten,
rechtsorientierten Fußball-Fanszene, Akteure die bis 2011 das NPD-Zentrum
in der Odermannstraße in Lindenau als Domizil nutzten. Bei Feiern im
Erdgeschoss der Langen Straße 15 am Abend des 9. Dezember 2011 und in der
Silvesternacht kam es zu massiven verbalen Beleidigungen und
Sachbeschädigungen, was die Anwesenheit der neuen Nachbarn für die
Anwohner_innen der gesamten Langen Straße zur realen Bedrohung machte. So
geriet auch das translesbischwule Projekt RosaLinde, das sich in
unmittelbarer Nachbarschaft befindet, in den Fokus der Nazis. Pöbelnd und
Sieg Heil-rufend provozierten diese vor deren Räumlichkeiten.
Versuche von verschiedenen Seiten, Kontakt mit der Eigentümerin des Hauses
aufzunehmen, scheiterten und blieben unbeantwortet. Erst der Druck der
Öffentlichkeit schien der Eigentümerin eine Reaktion zu entlocken.
Nach Pressemitteilungen und mehreren Berichten in verschiedenen Medien blieben
oben genannte Personen der Langen Straße fern.
Offensichtlich ist der Eigentümergesellschaft Kling-Group ein guter
Ruf in der Öffentlichkeit wichtiger, als die Sicherheit der Bewohner_innen
in von ihr vermieteten Häusern. Der gesamte Verlauf der Auseinandersetzung
mit den Nazis und die Verweigerungshaltung der Eigentümerin lassen den
Verdacht aufkommen, dass die Nazis hier als Mittel zur Entmietung genutzt
werden sollten.
Herrenausstatter!
Zeitgleich am 4. Dezember 2011 eröffnete im Stadtteil
Leipzig-Reudnitz, im Täubchenweg 43b, ein Geschäft mit dem Namen
Fighting Catwalk. Das Geschäft ist nach einem gleichnamigen
Online-Versandhandel für Kleidung und Kampfsport-Utensilien benannt.
Geschäftsführer des Ladens ist Christian Pohle, der sich im
gewaltbereiten Fanumfeld des 1. FC Lok Leipzig bewegt. Der kampfsporterprobte
Christian Pohle kämpfte in der Vergangenheit auch für den Boxverein
Fighting Fellas Wurzen. Einzelne Mitglieder des Vereins waren 2009 an
einem gewaltsamen Überfall auf Spieler und Fans des Roten Stern Leipzig in
Brandis beteiligt. Das Sortiment des Fighting Catwalk umfasst, neben
einschlägigen Hooligan-Marken, vor allem Waren der bei Nazis beliebten
Kleidungsmarke Thor Steinar. In den Kollektionen der Marke finden sich
deutliche Anspielungen auf die NS-Geschichte und den deutschen Kolonialismus.
Christian Pohle stellt mit seinem Ladengeschäft ein Stück
Infrastruktur für die lokale Naziszene und bündelt und vernetzt
einschlägiges Klientel.
Im Osten nichts Neues
Bereits in der Vergangenheit gab es im Leipziger Osten gehäuft
rassistische Übergriffe, Nazidemonstrationen und Überfälle auf
linke Wohn- und Kulturprojekte. Der Stadtteil galt als Hauptaktionsfeld der
sich reaktivierenden Naziszene. Im Winter 2008 griffen Mitglieder der Freien
Kräfte Leipzig mehrfach ein Wohnhaus in der Holsteinstraße an und
versuchten so im Stadtteil eine Drohkulisse aufzubauen. Weitere Aktionen durch
Nazis gegen Menschen, die nicht ins rechte Weltbild passen, folgten und wurden
durch die Anwohner_innen größtenteils geduldet. Als Gegenpol zu
diesen Widerlichkeiten gründete sich das linke Ladenprojekt Atari, welches
seitdem immer wieder Zielscheibe von Naziangriffen ist. Damals gelang es,
organisierte Strukturen zu verdrängen, jedoch ist und war das noch kein
Grund zum Feiern, da sich rechtes Gedankengut und rechte Alltagskultur
beständig halten. Die Demonstrationen anlässlich eines Sexualmordes
an einer Minderjährigen im Sommer und Herbst 2008 zeigten, wie
anschlussfähig rechte, autoritäre Einstellungen sind. Zahlreiche
Stadtteilbewohner_innen demonstrierten damals Hand in Hand mit organisierten
Nazis unter dem Motto: Todesstrafe für Kinderschänder. 2010
wurde in Volkmarsdorf zur Gründung einer Bürgerwehr gegen die im
Stadtteil lebenden Roma aufgerufen. Mit dem Aufruf zeigten sich die
antiziganistischen Ressentiments und Anfeindungen von breiten Teilen der
Bewohner_innenschaft ganz offen und wurden mit tatkräftiger
Unterstützung der NPD auf die Spitze getrieben. Diese Einstellungen
drückten sich auch in den Ergebnissen der letzten Wahlen aus: Im Leipziger
Osten konnte die NPD zu den Kommunal- und Landtagswahlen 2009 die stadtweit
besten Ergebnisse erzielen.
Keine Atempause
Wir haben uns zusammengeschlossen, um den aktuellen Entwicklungen etwas
entgegenzusetzen: Wir finden es zum Kotzen, dass Ladengeschäfte und andere
Räume ohne Bedenken an Nazis vermietet werden. Wir finden es
unerträglich, dass rechte Ideologien gesellschaftsfähig sind. Wir
nehmen es nicht länger hin, dass sich Stadteilbewohner_innen in
Nazidemonstrationen einreihen oder wegschauen, wenn Menschen diskriminiert
werden. Wir wollen nicht länger in einem chauvinistischen,
autoritären Umfeld leben.
In den letzten Jahren rückte das Nazizentrum in der Odermannstraße
in Leipzig-Lindenau zu Recht in den Fokus der Öffentlichkeit und der
antifaschistischen und zivilgesellschaftlichen Aufmerksamkeit. Hier fanden
zahlreiche Aktionen gegen Nazismus und Diskriminierung statt. Diese
Aktivitäten wollen wir nun auch in den Osten der Stadt tragen.
Uns eint das Ziel eines angstfreien Zusammenlebens, das Ziel ein Alltagsklima
zu schaffen, das frei von Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und Sexismus
sowie jeder Form von Ausgrenzung und Abwertung von Menschen ist. Im Leipziger
Osten, wie überall.
Wir lassen uns diese Zustände nicht länger bieten.
Deshalb: Kommt zur Bündnisdemonstration am 24. März 2012! 12:00, Friedrich-List-Platz
Infos:
http://ladenschluss.blogsport.de/im-osten-nichts-neues
Ladenschluss Aktionsbündnis gegen Nazis