• Titelbild
• Editorial
• das erste: Das erste Das Erste seit einem halben Jahr
• teaser: September und Oktober 2011 im Conne Island
• Pttrns, My Disco
• Art Brut
• Can't Sleep!
• 20 Jahre Conne Island - 16 Jahre Drum and Bass
• »The riddles keep slowin us down.«
• Conne Island fühlt sich Pudelwohl
• "Papst gefälscht"
• »nothing can com close ...«
• 20 Jahre Hip Hop, 40 Jahre Torch
• Dear Reader, Marching Band
• Heroes in the city of dope …
• CIV, Built on Trust
• K.I.Z.
• Toxpack
• ease up^
• Kode9 ♣ Mala
• I like trains, Nihiling
• The Riot Before, Smile and Burn, Diane Parkers Little Accidents
• inside out: Das doppelte Scheitern des Poll 2011
• doku: Noch lange nicht Geschichte
• Von den Niederungen des Allerhöchsten
• Der Raub- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion
• Veranstaltungsanzeigen
• Anzeigen
• neues vom: Sommer 2011
Pttrns /live (Cologne)
My Disco /live (Melbourne/Aus)
+ aftershow
Dass moderne Zeiten immer auch einen angemessenen und zeitgemäßen Sound hervorbringen, um dem ganzen Elend auf Höhe eben dieser Zeit zu begegnen, liegt in der Sache selbst. Sich trotz des Hier und Jetzt und dessen musikalischen Ausuferungen dennoch auch auf Altbewährtes zu berufen, ohne in billigen und rückständigen Kitsch zu verfallen, das schaffen nur wenige. Die platte Konventionalität vieler Bands und die Vorhersehbarkeit der allermeisten Live-Shows aus dem Punk-, Hardcore- und Indie-Bereich ist immer wieder aufs Neue allzu erschreckend. Band A spielt Schema F – und alle finden es gut, weil einem gesagt wird, dass Band A das nächste große Ding und Schema F ungeheuerlich innovativ oder authentisch ist. Jener Hype, der trotz seines Bekundens von Modernität und Offenheit in Wahrheit voller Ressentiment und Rückständigkeit ist und „authentische“ Musik genannt wird, war immer schon verdeckte Ideologie, weil ihm und dem Drumherum eine Aura angedichtet wurde, die niemals Platzhalter eines emphatischen Begriffs von Freiheit sein kann, sondern bewusst oder unbewusst auf Handarbeit, Ritual und Authentizität rekurriert, die in den jeweiligen Szenen immer schon mit himmlischen Vergleichen aufbereitet werden mussten, um Verkaufszahlen zu garantieren und die Menge bei Laune zu halten.
Jenen Himmel, diese vermeintlich heile Welt bringen die Pttrns zu Fall. Sozialisiert durch Punk und Hardcore, sind sie mittlerweile eher zu distanzierten Beobachtern geworden, haben mehr als einen mutigen Blick über den allzu hohen, eigenen Tellerrand gewagt. Der Punk vergangener Tage taucht nur noch im Herzen und in vereinzelten Riffs auf: eine Emanzipation von der eigenen Sozialisation, ohne die jeweils eigene Biografie zu verleugnen. Vielleicht paradigmatisch ist man deswegen mittlerweile zu viert unterwegs, hat die klassische Punkrockbesetzung Drums - Bass - Gitarre um eine ausgefallene Percussionabteilung erweitert und sich dementsprechend mit einem vierten, mittlerweile ständigen Bandmitglied verstärkt; denn die Reminiszenz an die Club- und Popkultur der ausgehenden 70er und beginnenden 80er Jahre benötigt nun mal rhythmische Accessoires. Eine Reminiszenz an eine Zeit also, in der Post-Punk, Pop, Soul, Disco, Reggae und Afro-Beat eine fruchtbare Melange eingingen und vor allem in England Bands wie Gang of Four, Heaven 17 oder die Talking Heads hervorbrachte: Off-Beat statt Uptempo. Percussion statt Gedresche. Improvisation statt Monotonie. All diese Momente vereinen die Pttrns zu einem Konzept, das jeglicher Kategorisierung trotzt und doch eingängig, cool und tanzbar genug bleibt. Die zum Habitus stilisierten Gesten von vermeintlichem Rebellentum oder hemdsärmeliger Coolness, die in der Popmusik mittlerweile als Markenzeichen verschiedener Varianten rigider Erwachsenheit oder eben infantiler Jugendlichkeit funktionieren, sind bei den Pttrns nicht zu finden.
My Disco aus Melbourne tragen zwar die Tanzfläche im Namen, haben aber mit dem, was man gemeinhin unter diesem Label verstehen mag, nicht unbedingt viel zu tun. Die drei Australier sind bekannt für ihren harschen, Break betonten Postrock, der eher an Proberaumsessions mit Steve Albini in irgendeinem Chicagoer Kellerloch erinnert, als an die schwungvolle Tanzfläche. Gleichwohl: getanzt werden kann auch hier, denn wo beispielsweise Shellac die Dissonanz innerhalb ihrer Musik zu betonen pflegten, sind My Disco immer noch Pop genug, um mit den Pttrns genau die richtige Begleitung gefunden zu haben.
Chris