• Titelbild
• Editorial
• das erste: Das erste Das Erste seit einem halben Jahr
• teaser: September und Oktober 2011 im Conne Island
• Pttrns, My Disco
• Art Brut
• Can't Sleep!
• 20 Jahre Conne Island - 16 Jahre Drum and Bass
• »The riddles keep slowin us down.«
• Conne Island fühlt sich Pudelwohl
• "Papst gefälscht"
• »nothing can com close ...«
• 20 Jahre Hip Hop, 40 Jahre Torch
• Dear Reader, Marching Band
• Heroes in the city of dope …
• CIV, Built on Trust
• K.I.Z.
• Toxpack
• ease up^
• Kode9 ♣ Mala
• I like trains, Nihiling
• The Riot Before, Smile and Burn, Diane Parkers Little Accidents
• inside out: Das doppelte Scheitern des Poll 2011
• doku: Noch lange nicht Geschichte
• Von den Niederungen des Allerhöchsten
• Der Raub- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion
• Veranstaltungsanzeigen
• Anzeigen
• neues vom: Sommer 2011
Im Rahmen der 20 Jahre Conne Island-Feierlichkeiten fanden sich Anfang
2011 einige Leute am Laden zusammen, die eine Umfrage zum Conne Island
erstellten und diese unter http://20jahre.conne-island.de/poll.php
veröffentlichten. Mittels Flyern, CEE IEH-Anzeige, Facebook-Einträgen
und Newsletter wurde das Publikum penetrant darum gebeten, doch gefälligst
diesen Online-Fragebogen auszufüllen.
Eigentlich legt das Conne Island wenig Wert auf die Meinung der Gäste.
Einerseits ist man selbstbewusst genug, um eher (oft sicherlich berechtigte)
Publikumsbeschimpfung zu betreiben anstatt mittels Markforschung potentiellen
Zielgruppen Honig ums Maul zu schmieren. Andererseits würde letzteres auch
allen eigenen kulturpolitischen Ansprüchen widersprechen. Kulturelle
Avantgarde und politische Kritik kann man sich nämlich nur leisten, indem
man gerade nicht darauf schaut, was das Publikum mag und denkt.
Nichtsdestotrotz war der diesjährige Poll kein Novum. Es gab bereits in
den Jahren 1995, 1997 und 2001 ebensolche. Zur damaligen Intention kann ich
nichts sagen, bin ich doch zu faul für eine entsprechende Umfrage unter
den BetreiberInnen von anno dazumal. Aber sowohl die Fragen als auch die
Auswertungen im CEE IEH zeigen, dass der Poll von niemandem so recht ernst
genommen wurde, sondern vom Conne Island wie seinen Gästen eher als
Persiflage bekannter Umfragen, mit denen man so im Leben konfrontiert ist,
gedacht und verstanden wurde. Uneingestanden bestand wohl gleichzeitig auch der
Wunsch, trotzdem ein wenig über das Publikum zu erfahren und war
dann ob der Antworten, die zwischen unwissend, prollig und trashig changierten,
mächtig enttäuscht. So nannten etliche als bestes Konzert im Conne
Island Bands, die nie hier gespielt hatten und auch nie hier spielen
würden. Was gleich wieder einen neuen Anlass zur Publikumsbeschimpfung
bot, der ausgiebig genutzt wurde (siehe: http://www.conne-island.de/nf/19/11.html,
http://www.conne-island.de/nf/41/3.html,
http://www.conne-island.de/nf/78/12.html).
Befragt wurde das Publikum damals nicht nur zu expliziten Conne Island-Themen, sondern
auch nach Dingen wie allgemeinen musikalischen Trends, Lieblings-Sportart,
gelesene Zeitschriften, LP des Jahres, dem besten Club und meistgetrunkenen
Alkoholika. Bei der Frage nach dem besten Publikum und dem Stammgast des Jahres
durfte das Publikum sogar über sich selbst urteilen, aber auch das Conne
Island durfte gelobt und kritisiert werden bei den Fragen zu den
(un)beliebtesten MitarbeiterInnen bzw. CEE IEH-AutorInnen oder der besten
Konzert-Deko bzw. dem schönsten CEE IEH-Cover. Die Antworten konnten in
Papierform im Café abgegeben werden. Obwohl dies die Reichweite
beschränkte, nahmen um die 100 Personen an den Umfragen teil, vermutlich
zum großen Teil die dem Conne Island wohlgesonnen Stammgäste.
Dieses Jahr war alles anders: Die Umfrage kam sehr dröge daher; es gab
kein Indiz dafür, die ganze Sache nicht so ernst zu nehmen, vielmehr wurde
ein als hoffentlich seriös zu bezeichnendes Endergebnis
angekündigt. Gefragt wurde nicht mehr pauschal nach dem Lieblingskonzert,
sondern fein säuberlich geschieden wurden sechs verschiedene Musiksparten
abgefragt um diese korrekt auszufüllen, war mehr Mühe und
Sachverstand als zur Mülltrennung in die vier verschiedenfarbigen
Container nötig. Es gab weder lustige Fragen, noch welche, die über
den engen Tellerrand des Conne Island hinausreichten. Mit dem öden
Gegensatzpaar beste/schlechteste wurde Tür und Tor für das Dissen
unbeliebter Gruppen, Personen oder Meinungen geöffnet, wurde doch explizit
nach dem schlechtesten Projekt am Laden, der schlechtesten Gruppe, der
schlechtesten politischen Entscheidung, den unbeliebtesten MitarbeiterInnen und
CEE IEH-AutorInnen gefragt. Dabei hätte man aus den Erfahrungen der
Vorjahre wissen können, dass so was immer schief geht. Wie hieß es
doch so schön in der Auswertung zu den unbeliebtesten MitarbeiterInnen im
Jahr 2001: Wie nicht anders zu erwarten, stehen die Frauen weit oben.
Sich aber den 1. Platz mit einen Hund teilen zu müssen, ist schon bitter.
Und damals schaffte es der amtierende Geschäftsführer Sören,
dessen polarisierende Texte die wenigsten gelesen oder gar verstanden hatten,
in jeder Rubrik, die Unbeliebtes abfragte, an erster Stelle genannt zu werden.
Die Frage nach den beliebtesten/unbeliebtesten MitarbeiterInnen wurde dieses
Jahr nach einigen Monaten allerdings aufgrund heftiger ladeninterner Kritik
wieder entfernt.
In Form des schlechten Fragebogens ist der diesjährige Poll also
einerseits gescheitert. Teil zwei der Misere war, dass trotz
größtmöglicher Verteilung niemand von den Gästen auf den
Fragebogen antworten wollte. Oder ist dies angesichts der schlechten Fragen
sogar als Glück im Unglück zu werten? Wie dem auch sei, unser
Publikum bestrafte den Online-Fragebogen mit Ignoranz. Es gab zwar bis Ende
Juli ca. 60 Einträge, die aber zum größten Teil auf Leute aus
dem Conne Island zurückgingen dies ist aufgrund des Insiderwissens
bei den meisten Einträgen mehr als offensichtlich. In den ersten Wochen
machten sich hauptsächlich GegnerInnen der Wertmüller-Ausladung Luft,
die unisono dies als schlechteste politische Entscheidung abkanzelten und auch
in den anderen Rubriken ihre Wut auf den Laden rauskotzten. Als dies die
Gegenseite erfuhr, setzte diese ebenso zum Feldzug an und pöbelte gegen
antideutsche Gruppen oder CEE IEH-AutorInnen. Beide Fraktionen waren sich
allerdings beim Thema unbeliebteste MitarbeiterInnen überraschend einig:
es traf in erster Linie diejenigen am Laden, die von etlichen schief angesehen
werden, weil sie nicht ganz ins Raster passen, nicht so cool sind und deren
Mut, sich trotzdem im Haifischbecken Conne Island durchzubeißen,
eigentlich nur zu bewundern ist. Am beliebtesten sind hingegen
erwartungsgemäß diejenigen, die am wenigsten anecken.
Die folgende Poll-Auswertung gewährt also keinen Einblick in die Frage,
was die Welt über das Conne Island zu sagen hat, sondern nur darin, was es
über sich selbst so denkt. Die Antworten sind recht breit gestreut, es
werden deswegen lediglich die häufigsten Mehrfachnennungen angeführt.
Nur ein Konzert muss wohl für den gesamten Laden besonders traumatisch
gewesen sein: MF Doom am 24.10.2010 knapp zwei Drittel aller, die
in der Kategorie HipHop etwas eingetragen haben, bezeichnen dies als
schlechtestes Konzert dieser Sparte. Die Lieblinge des Ladens scheinen
übrigens Cock Sparrer und Zion Train zu sein: die beiden
einzigen Bands, die es zweimal hintereinander in die Top Five des Poll
geschafft haben. Dies nur als kleine Booking-Empfehlung für 25 Jahre
Conne Island, welches in fünf Jahren hoffentlich ohne Umfrage zelebriert
wird. Das einzig amüsante bei der Poll-Auswertung waren übrigens die
Antworten auf die Frage nach den schönsten und schlimmsten Momenten, die
für eine quantitative Auswertung natürlich nicht taugen und aus
datenschutzrechtlichen Gründen hier leider nicht abgedruckt werden
dürfen. Bei Interesse bei mir melden.
Andreas