• Titelbild
• Editorial
• das erste: Das erste Das Erste seit einem halben Jahr
• teaser: September und Oktober 2011 im Conne Island
• Pttrns, My Disco
• Art Brut
• Can't Sleep!
• 20 Jahre Conne Island - 16 Jahre Drum and Bass
• »The riddles keep slowin us down.«
• Conne Island fühlt sich Pudelwohl
• "Papst gefälscht"
• »nothing can com close ...«
• 20 Jahre Hip Hop, 40 Jahre Torch
• Dear Reader, Marching Band
• Heroes in the city of dope …
• CIV, Built on Trust
• K.I.Z.
• Toxpack
• ease up^
• Kode9 ♣ Mala
• I like trains, Nihiling
• The Riot Before, Smile and Burn, Diane Parkers Little Accidents
• inside out: Das doppelte Scheitern des Poll 2011
• doku: Noch lange nicht Geschichte
• Von den Niederungen des Allerhöchsten
• Der Raub- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion
• Veranstaltungsanzeigen
• Anzeigen
• neues vom: Sommer 2011
Dear Reader waren vor drei Jahren als Support von
Lambchop eine dieser Überraschungsbands, die sich ab der ersten
Minute ins Herz gespielt haben und einen Großteil des Conne
Island-Publikums mit offenem Mund und Glückshormonüberdosis
zurückgelassen haben.
Ihr leichtfüßiger, melodiöser und schwermütiger Indiepop
kommt auf den ersten Blick sehr glattproduziert und niedlich daher, offenbart
auf den zweiten Blick jedoch einiges an Tiefe, Widerhaken und feinsinnigen
Arrangements. Die Songs schleichen sich zart an, um sich dann dramatisch und
mit orchestralem Pathos zu steigern, Schicht für Schicht und Element
für Element skulptural arrangiert. Dear Reader versetzen ihreN
ZuhörerIn in einen Zustand, indem »du so viel fühlst, dass
du glaubst zu explodieren und anschließend darüber lachst, was
für ein melodramatischer Kauz du gewesen bist« ein
gutes, wohltuendes und in vielen Lebenslagen sehr heilsames Gefühl. Der
zauberhafte, elegante Sound ist glitzernde Verpackung von Melodramatik,
Selbstzweifeln bis zur Selbstzerfleischung, Abschied und Depression.
Dear Reader sind ursprünglich eine südafrikanische Band, was in
nahezu jeder Rezension mit erstauntem Unterton auftaucht, vermutet man dort
aufgrund der im Kopf verankerten Bilder und dem Wissen um die enorm komplexe
politische Situation doch keine derartige Independentmusikszene. Die
britisch-stämmigen BandgründerInnen Cherilyn McNeil (Songwriterin,
Sängerin und Pianistin) und Darryl Torr (Bassist und Keyboarder)
schätzen, trotz aller historisch-ethnisch gewachsenen und sozialen
Spannungen, ihre frühere Heimat- und Wirkungsstadt Johannesburg als Ort
vielfältiger kultureller Einflüsse: »An Johannesburg lassen
sich all die massiven Veränderungen in Südafrika ablesen. Wir haben
elf offizielle Amtssprachen und all diese Kulturen vermischen sich. Deshalb ist
Johannesburg viel kosmopolitischer als der Rest. In dieser Hinsicht ist es
natürlich ein toller Ort.«
In anderer Hinsicht ist es jedoch ein Ort konstanter Angst, mit der
höchsten Kriminalitätsrate der Welt, allgegenwärtiger Gewalt und
einem Leben hinter hohen Mauern und Stacheldraht für all diejenigen, die
sich diese »Sicherheit« leisten können, mit
äußerst erschwerten Bedingungen für Musik schaffende jenseits
von Folklore. Cherylin wohnt mittlerweile in Berlin, der klassischen Zuzugs-
und Netzwerkstadt für experimentelle MusikerInnen, und musiziert allein
weiter. Nun geht es um die Fremde in einer neuen Heimat, mitsamt aller
Beschränkungen und Schikanen, die das Leben als
»Ausländerin« und »Afrikanerin« in Deutschland
mit sich bringt. Und es geht weiterhin um Sinn und Platz im Leben sowie um
permanente Selbstreflexion.
Dem Debütalbum »Replace why with funny« folgt nach zwei
Jahren nun ein weiteres viel versprechendes Album »Idealistic
animals« zu hören ist bislang nur der Song »Monkey
(You can go home)«, als freier Download erhältlich und die
Vorfreude auf die Veröffentlichung Anfang September sehr effektiv wach
haltend. Es scheint sich musikalisch nicht allzu viel zu ändern was
in diesem Fall ein Kompliment wäre. Cherylin weiß, was sie will,
agiert stilsicher und hat das Handwerkszeug und die Unterstützung, die es
braucht, um ihre Visionen Realität werden zu lassen.
Claire