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Aktuelles Heft

INHALT #189

Titelbild
Editorial
• das erste: Das erste „Das Erste“ seit einem halben Jahr
• teaser: September und Oktober 2011 im Conne Island
Pttrns, My Disco
Art Brut
Can't Sleep!
20 Jahre Conne Island - 16 Jahre Drum and Bass
»The riddles keep slowin us down.«
Conne Island fühlt sich Pudelwohl
"Papst gefälscht"
»nothing can com close ...«
20 Jahre Hip Hop, 40 Jahre Torch
Dear Reader, Marching Band
Heroes in the city of dope …
CIV, Built on Trust
K.I.Z.
Toxpack
ease up^
Kode9 ♣ Mala
I like trains, Nihiling
The Riot Before, Smile and Burn, Diane Parkers Little Accidents
• inside out: Das doppelte Scheitern des Poll 2011
• doku: Noch lange nicht Geschichte
Von den Niederungen des Allerhöchsten
Der Raub- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion
Veranstaltungsanzeigen
Anzeigen
• neues vom: Sommer 2011

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20 Jahre Hip Hop, 40 Jahre Torch

Torch, Toni L

Torch (360 Grad)
Toni L (360 Grad, Heidelberg)
Main Concept (58 Beats, München)
Fiva (Kopfhörer Records, München)
Mirko Machine (Hamburg) & Spax (Hannover)
Pierre Sonality & die Funkverteidiger
Ket & Scientist (Spitainment, Siegen/Leipzig)
King Benson aka Rocking B (Stars for Soul, Leipzig)
Abdel Hakim (Stars for Soul, Leipzig)

Mit der Geschichte ist es so eine Sache. Entweder man war dabei oder man vertraut auf das, was einem erzählt wird. In meinem Falle bin ich relativ froh darüber, die letzten zehn Jahre zumindest den HipHop-Teil der Geschichte des Conne Island miterlebt zu haben. Hätte mir damals jemand erzählt, welche Acts ich noch sehen werde und welches Vertrauen mir als Künstler entgegen gebracht wird, hätte ich das wohl nicht geglaubt. Schlussendlich ist aber die hervorragende Arbeit der letzten zwanzig Jahre ausschlaggebend, angefangen bei einem professionellen Booking, dem nicht mal alle KünstlerInnen gerecht werden können, bis hin zu einem hervorragenden Sound. Wenn man auf so eine lange Tradition, angeschoben von einst Roland Bergner und heute André Bogatz, zurückblicken kann, liegt es nahe, sich an der parallelen Entwicklung von HipHop in D lang zu hangeln. Dass daraus dann ein Kollektivevent, sprich eine gut besuchte Geburtstagssause wird, ist dann selbstverständlich.
Den Anfang in der langen Liste der GratulantInnen macht als Headliner des Abends Torch. Der Heidelberger ist seit den 80ern fester Bestandteil der deutschen HipHop-Kultur, Zulu-Nation-King und Overlord of Sound & Culture – Titel, die ihm Afrika Bambaataa verliehen hat. Dabei fast immer an seiner Seite – Toni L. Beide gründeten 1987 zusammen mit DJ Mike MD und GeeOne „Advanced Chemistry“. Als Gegenpol zum kommerziell erfolgreichen „Spaßrap“ der Fantastischen Vier schlug der Song „Fremd im eigenen Land“ auch aufgrund seines schwerwiegendem Themas 1992 hohe Wellen und machte AC auch außerhalb der damals beschaulichen Szene bekannt. Es folgte das Album „Advanced Chemistry“ und sein bisher einziges Solo „Blauer Samt“ – für viele eins der wichtigsten Alben der Geschichte. Toni L war da etwas umtriebiger. Mit „Der Pate“ (1997), „Der Funkjoker“ (2002) und „Funkanimal“ (2007) kommt er immerhin auf drei Soloalben. In den frühen 90ern gehörte er zum Gründungsteam von MZEE, bevor er sich 1995 zusammen mit Torch dem Label 360deg. Records widmete. Damit sind beide sinngemäß Teil des Oldschool.
Den Staffelstab übernahm dann „die Klasse von `94“, zu der Main Concept, die Beginner und MC René gehörten. Die Münchner um David Pe, der sich vor allem durch sein immenses Freestylepensum einen Namen gemacht hat, waren eine der Vorreiter des deutschen Newschool. Es folgten andere Beats, die sich mehr am amerikanischen Vorbild des Boom-Bap (Premier, Pete Rock etc.) orientierten, und ein bewussterer Umgang mit der Reimtechnik. Das rückte die Competition in den Vordergrund und bildete damit die Basis für eine ständige Entwicklung und Qualitätssteigerung. Zu einem Klassiker entwickelte sich das Album „Plan 58“ mit der immer wiederkehrenden Zahl (basierend auf der Adresse Goetheplatz 58, wo ein Großteil der Musik entstand), die David Pe zu einem Mysterium aufbaute und die bis heute sein Markenzeichen ist. Witzig dabei ist, dass er auch heute noch genauso drauf ist wie anno 2000 im Island. In dieselbe Kerbe schlägt auch Spax, der 1994 MC Rene und dessen DJ Mirko Maschine kennen lernte. Zu seiner Zeit gehört er zu den überragenden Freestyle-MC's des Landes und verdiente sich so den Respekt für seine starken Liveauftritte. Mit seiner resoluten Einstellung gegen rassistische und frauenfeindliche Texte machte er sich oft selbst zur Zielscheibe anderer Rapper und MC's. Eine „Dis(s)kussion“, die an anderer Stelle ja bereits mehrfach geführt wurde. Spax zählt zu den größten Förderern der Breakdance-Szene. Obwohl selbst kein B-Boy, pusht er durch seine Bekanntheit diverse Veranstaltungen, so zum Beispiel seit 2006 als Moderator des „Battle of the year“.
Eine halbe Generation später Ende der 90er befand sich der deutsche HipHop auf seinem Zenit. Samy Deluxe, Azad oder Kool Savas machten Battle und Representing der breiten Öffentlichkeit zum Thema. Rap war zu dem Zeitpunkt bereits fester Bestandteil der Popkultur, auch wenn das bis heute einige nicht so sehen wollen. Angetrieben von den noch aktiven „alten Hasen“ bildeten sich aber noch anderen Facetten von Rap. Künstler wie Curse (protegiert von den Stieber Twins) oder eben Fiva MC hielten die Concious-Flagge weiter hoch und waren die musikalischen Gegenpole. Vor allem Fiva, auch hochtalentiert beim Freestyle, konzentrierte sich überwiegend auf ihre inhaltlichen und lyrischen Qualitäten. Mit „verkopftem Frauenrap“ hat das allerdings rein gar nichts zu tun, eher sollte sich der ein oder andere Künstler mal eine Scheibe abschneiden. Es passt sehr gut, dass mit Ket ein ähnlicher Typ am Abend performen wird. Man stelle sich nur ein Feature vor?!
Seither hat sich HipHop über den popkulturellen Hype durch „Gangsterrap“ mit seinen Vertretern Bushido, Fler, seinem prinzipiellen Auslöser Sido und Medienphänomenen wie „Money Boy“ ständig weiter entwickelt. Unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit, die sich im Regelfall auch eher auf Bravoniveau informiert hat. Leute wie Morlockk Dilemma, V-Mann, Damion Davis, Huss und Hodn und die Funkverteidiger sind dabei nur exemplarisch für die (Rück-)Besinnung auf klare Strukturen und schnörkellosen Rap. Dem stehen Musiker wie Materia, K.I.Z. oder Casper gegenüber, die zwar grundlegend HipHop sind, aber sich musikalisch komplett frei durch alle Genre bewegen. Früher hätte man sowas als nicht „real“ bezeichnet, aber im Prinzip ist es auf der rein musikalischen Ebene für den ein oder anderen auch ganz erfrischend, neuen und anderen Input zu bekommen. Ich schlage mich da schon fast traditionell auf die Seite des Boom-Bap. Die Funkverteidiger stehen dabei als überregionaler Verbund (Leipzig, Magdeburg, Berlin, München) sinnbildlich für den Communitygedanken, welcher HipHop zu Grunde liegt. Ihre Art, Musik zu machen, wirkt dabei auch nur auf den ersten Blick konventionell, denn letztendlich ist allein das letzte Kraszesten-Release eher modern und wonkie.
Das hier ist insgesamt auch nur ein sehr kurzer Abriss über die Entwicklung der letzten knapp dreißig Jahre. Zwanzig Jahre davon war und ist das Conne Island Teil davon und genießt auch deutschlandweit einen hervorragenden Ruf. Dass sich dafür ein hervorragendes Line Up zusammen stellen ließ, ist da nur selbstverständlich. Das Rahmenprogramm mit Abdel Hakim und Rocking B – bei dem ich mir nicht so sicher bin, zu welcher Generation er gehört – stimmt und das Lining angefangen von Spitainment über die Funkverteidiger, Mirko Maschine & Spax, Fiva MC, Main Concept und zum Abschluss Torch & Toni L sowieso. Happy Birthday CI!

Sci.

 

07.09.2011
Conne Island, Koburger Str. 3, 04277 Leipzig
Tel.: 0341-3013028, Fax: 0341-3026503
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