• Titelbild
• Editorial
• das erste: Das erste Das Erste seit einem halben Jahr
• teaser: September und Oktober 2011 im Conne Island
• Pttrns, My Disco
• Art Brut
• Can't Sleep!
• 20 Jahre Conne Island - 16 Jahre Drum and Bass
• »The riddles keep slowin us down.«
• Conne Island fühlt sich Pudelwohl
• "Papst gefälscht"
• »nothing can com close ...«
• 20 Jahre Hip Hop, 40 Jahre Torch
• Dear Reader, Marching Band
• Heroes in the city of dope …
• CIV, Built on Trust
• K.I.Z.
• Toxpack
• ease up^
• Kode9 ♣ Mala
• I like trains, Nihiling
• The Riot Before, Smile and Burn, Diane Parkers Little Accidents
• inside out: Das doppelte Scheitern des Poll 2011
• doku: Noch lange nicht Geschichte
• Von den Niederungen des Allerhöchsten
• Der Raub- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion
• Veranstaltungsanzeigen
• Anzeigen
• neues vom: Sommer 2011
GOLDEN PUDEL CLUB Hamburg. Vor 20.000
Jahren wird eine Hundehütte an der Hafentreppe zum Club umfunktioniert.
Erst 10.000 Jahre nach der Gründung kommen die ersten Gäste. Sie sind
Menschen.
CONNE ISLAND Leipzig. Hier prügelten sich 1914 noch
Pudelgründer, respektive die Band Die Goldenen Zitronen mit
preußischen Soldaten vor der Tür. Sie waren jung, sie wollten die
Welt ruinieren.
Mit Worten, mit Morgenstern, Harnisch und coolen Drinks. Tausend Jahre
später ist nicht nur viel Wasser die Elbe hinuntergeflossen, es wurden
Häuser gebaut, Freundinnen ausgespannt, Vorgärten gepflegt von
Tatendrang keine Spur mehr. Die heutige Hausband des Pudelclub, Der Pudel
Apparat, ist nur noch ein völlig zerstrittener Haufen Egomanen ohne
jegliche Vision. Sie spielen live, sie legen auf, aber warum? Um mal wieder
rauszukommen aus Hamburg? Um ihre Steinzeit-Unterhits zu spielen? Und wen haben
wir denn da eigentlich?
SCHORSCH KAMERUN, Goldene Oberzitrone, aber auch zahmer
Stubentiger unter der Fuchtel seiner Frau. Hat eine Kochschürze, auf der
Grillmeister steht. Die wiederum haben ihm seine Segelfreunde zum
Geburtstag geschenkt.
ROCKO SCHAMONI, ein versnobbter Pfeifenonkel mit goldener
Bertelsmann-Clubkarte.
RÜFTATA 110, der sein letztes Wenig
Greisengeilheit gestern in der Hotelbar ertränkt hat.
VIKTOR MAREK, eine triste Figur, sammelt Coladosen aus aller
Welt. Vor allem die kleinen aus Flugzeugen. Die findet er kultig. Aua.
DJ PATEX hat eine Dauerkarte für den Zoo und wirft mit
Brotkrümeln nach Löwen. Dumm.
MAURICE SUMMEN palavert auf Musikmessen wie ein
Berufsjugendlicher und stopft sich Teile des Buffets in die Backentasche, um
nicht einkaufen gehen zu müssen.
REVEREND CH. DABLER arbeitet als Musikredakteur bei einem
Hundemagazin namens Wauzi.
RICA BLUNCK, die typische verrückte Eule aus der
Nachbarschaft. Lebt einsam mit einer Flasche Eierlikör und zwanzig
verpissten Katzen. Nun will sie singen. Prost.
HANS PLATZGUMER arbeitet in der Gitarrenabteilung eines miefigen
Musikgroßhandels. Nur für sein unbefriedigtes Ego, nur um zu sehen,
wer schlechter Gitarre spielt als er. Und dann feixt er sich einen, wenn er
abends nach Hause kommt. Trist.
TEXPLOID ist noch der einzige aus der Band, der
regelmäßig auf Tournee geht. Allerdings als Staubsaugervertreter.
KNARF RELLÖM war früher für jede
Straßenschlacht, was Hans-Peter Briegel für die
Fussballnationalmannschaft war. Den einen oder anderen Riesen-Germknödel
mit extra Vanillesoße später sieht die Welt auch für ihn anders
aus.
CHARLOTTE KNABE bringt Käse. Aus Holland.
BOOTY CARRELL, früher noch Lustknabe der Salzburger
Schickeria, heute ein verfressenes Fetenfrettchen. Liegt noch vor Beginn der
Veranstaltung satt und zufrieden auf dem Sofa.
THOMAS BECKER. Kennt ihr selber. Wisst ihr selber...
KATJA EICHBAUM macht die Visuals. Wahrscheinlich zeigt sie Dias
von Prince Williams Hochzeit, von der sie heute noch schwärmt.
Die SCHOOL OF ZUVERSICHT beweist schulmeisterlich, dass Kollektiv
und Diktatur sich nicht widersprechen.
Sanft geleitet von DJ PATEX blickt diese Band zu allen Seiten.
Zurück geht es zu den Klängen der Disco-Ära, aber für
Nostalgie haben sie keine Zeit. Zuviel gibt es auszusetzen, zuviel zu
verbessern. Und so knattert uns ein Zuversichts-Torpedo entgegen.
Man kann Bücher darüber schreiben, man kann es auch lassen. Die
Frage, wie gute Musik zustande kommt, bietet viel zu viele Antworten. Und jetzt
kommen auch noch diese Beiden:
ASHRAF SHARIF KHAN Der Eine ist Sohn eines pakistanischen
Sitarmeisters und jetzt selber einer. Ashraf Sharif Khan spielt Ragas auf der
ganzen Welt. Mit Sicherheit und technischen Fertigkeiten, nur Routine kommt bei
ihm nie auf, zu groß ist sein Gespür für den Moment. Er spielt
den ganzen Tag und man möchte ihm auch den ganzen Tag zuhören. In
seiner Heimat Lahore wirkte er an zahlreichen Soundtracks für die
ortsansässige Lollywood-Filmindustrie mit. Doch die
Fließband-Produktion wurde ihm fad, er möchte mehr entdecken:
Clubmusik hat es ihm angetan, er will sie verstehen, ihre Strukturen erkennen.
Und das geht am besten übers Machen.
VIKTOR MAREK Der Andere sieht aus wie ein Sizilianer,
trinkt 20 Espressi am Tag und führt ein rastloses Leben zwischen dem
Golden Pudel Club und gefühlten zehn Bands, wie Jacques Palminger and
the Kings of Dubrock und Knarf Rellöms Trinity. Aus seiner
elektronischen Schaltzentrale heraus blubbern die Samples. Sein Anliegen ist,
Musik aus dem zu machen, was doch eigentlich keine Musik ist. Geräusche
des Alltags werden rhythmisiert und gedehnt, bis man sie spielen kann.
Man kann ihm dabei zusehen, es geschieht fast alles live. Seine Musik kann man
sehen. Und zuhören möchte man auch ihr den ganzen Tag.
Nun haben sie eine Band gegründet. Kommunikation ist für beide kein
Problem, sind sie doch sehr gesellig. Doch irgend etwas geht bei ihrer Musik
weit über Gehörtes hinaus, ist viel mehr als Weltmusik oder
kulturelle Fusion. Da gehen zwei Musiker große Schritte aufeinander zu
und bleiben doch sie selbst. Heraus kommt etwas Eigenes und nicht zuletzt
etwas, wozu man tanzen will. Machen wir es kurz, ihre Musik ist so toll, denn
sie sind Der Khan der Sizilianer.
Booty Carrell