Veranstaltung mit Robert Feustel am Dienstag, den 7. Juni 2011 um 19:30 im Conne Island.
Eine Diskussionsveranstaltung von und mit der Initiative gegen Extremismusbegriff/INEX
»Wir leben in einer Demokratie«. So heißt es oft feierlich
in Abgrenzung zu üblen staatlichen Machenschaften anderswo und in
Verteidigung der hiesigen Gesellschaft gegen ihre inneren Feinde.
Die Inex hat sich in einer Art Abwehrkampf in den vergangenen Jahren
maßgeblich mit der Extremismustheorie auseinandergesetzt. Wir wollten
zeigen, dass Grundrechte und demokratische Willensbildung der repressiven
Funktion des Extremismusdiskurses zum Opfer fallen, noch bevor irgendwer an
revolutionäre Taten überhaupt nur denkt, geschweige denn sie
umzusetzen plant: Parteien, zivilgesellschaftliche Initiativen und politische
Gruppen werden überwacht und Verlage, Buchläden und JournalistInnen
um ihren Ruf gebracht. Zwar konnten wir bei der Thematisierung unserer Kritik
an der Extremismusformel einigen Erfolg verzeichnen. Dennoch scheint unsere
Diskursintervention an der Stelle an Grenzen zu stoßen, wo aus
politischer Einsicht praktische Konsequenzen folgen müssten. So wurde die
sogenannte Extremismusklausel in den letzten Monaten stark kritisiert, um sie
des Geldes wegen letztlich doch zu unterzeichen. Lohnt sich also
die Zusammenarbeit mit so genannten zivilgesellschaftlichen Initiativen, auch
wenn diese unter staatlichem Druck ja doch immer wieder einknicken werden? Im
Rahmen der Veranstaltung möchten wir unsere Zusammenarbeit mit dem Teil
der Zivilgesellschaft kritisch reflektieren, der nicht nur finanziell von der
Gnade der jeweiligen Verwaltung abhängig ist.
Für diese Diskussion haben wir Robert Feustel eingeladen. Er vertritt die
These, dass die hier und heute gängige, formalistische Vorstellung von
Demokratie im eigentlichen Sinne undemokratisch ist. In ihrem
Geschäftsordnungsdenken von Demokratie als abgeschlossenem Ist-Zustand
liegt das Paradox der Demokratie. Demokratie beschreibt zweierlei: Eine Form
des politischen Handelns sowie eine Herrschaftsform. Wenn Demokratie herrscht,
ist sie schon in einer bestimmten Weise verfasst und in festgesetzten
Prozeduren verwirklicht. In Bezug auf die liberaldemokratische Variante spricht
man deshalb von einem »demokratischen Dilemma«, auch bekannt als
das »natürliche« Spannungsfeld zwischen dem
Freiheitsanspruch des Individuums gegenüber dem Staat und den
Schutzinteressen der Demokratie. Soll die Demokratie ihren Gegnern und Feinden
keine Freiheit gewähren und damit für eine bestimmte
gesellschaftliche Gruppe eines ihrer Prinzipien aufheben? Oder soll sie
ausnahmslos allen politischen Kräften die gleichen
Handlungsspielräume einräumen und sich damit der Gefahr aussetzen,
abgeschafft zu werden? Letztlich haben staatliche Institutionen die
nötigen Befugnisse bzw. die erforderliche Macht, um in solchen Fragen zu
entscheiden. Dieser Widerspruch, der in den etablierten Demokratien, wie wir
sie kennen, grundsätzlich vorherrscht, ist so drängend, weil er immer
mit der Androhung oder Durchführung von staatlicher Gewalt verbunden
ist.
Wen wundert`s? Der radikalen Linken kam es immer auf die Umwälzung der
bestehenden Lebensverhältnisse an. Die einzige Zukunft, für die sich
die politische Anstrengung lohnt, ist das gänzlich Andere und es gilt,
sich nicht auf die Spielregeln des Bestehenden einzulassen. Eine wohlklingende,
wenn auch mittlerweile bedeutungslose Phrase, die trotzdem, wie uns der
gegenwärtige Diskurs wissen lässt, eine extremistische Gefahr
darstellen soll.
Vor diesem Hintergrund fragen wir mit dieser Veranstaltung: Lässt sich
demokratisches Handeln jenseits der Demokratie als Herrschaftsform vorstellen?
Ist Demokratie hier und heute etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt?