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Aktuelles Heft

INHALT #184

Titelbild
Editorial
• das erste: Formal ungenügend
Darkest Hour, Protest the Hero
Darkest Hour, Protest the Hero (II)
the cycle continues
„My Bonnie is over the Ocean“
The Kids we used to be Tour
Into Outer Space
„La Colombe“-Tour
Zen Zebra, Kenzari's Middle Kata, The Hirsch Effekt
Wooohooooooo!
Kayo Dot
Aucan
Casualties
Electric Island
Veranstaltungsanzeigen
Sanierungs-Info
Aus dem Nähkästchen geplaudert
Eher ein schlechter als ein (r)echter Konsens
„CEE IEH“ and „bonjour tristesse“ go „Zoro“!
• review-corner buch: Eine Schwäche für die Gegenwart
• cyber-report: Neues aus dem Kasperletheater der Toleranz
• doku: Infantile Inquisition
• doku: Kultur als politische Ideologie
• doku: Bye, bye Multikulti – Es lebe Multikulti
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Eher ein schlechter
als ein (r)echter Konsens

Am 25. September 2010 stand im Conne Island als lokaler Support (für die legendären „Youth of Today“ und die nicht weniger legendären „Spermbirds“) die aus gänzlich anderen Gründen legendäre Band „Suffer Survive“ auf der Bühne. Am Abend selbst war kaum etwas zu spüren von den langwierigen Auseinandersetzungen und Diskussionen um den 20minütigen Auftritt der Band. Dabei stand „Suffer Survive“ nicht wegen ihrer Musik oder ihren Texte zur Diskussion, sondern allein deren Sänger Andreas (bekannt unter dem poetischen Spitznamen Rastelli) und die ihm umgebenden Gerüchte und Vorwürfe.

Die Ausgangslage für eine solche Diskussion war dabei denkbar schlecht. Nicht nur, dass durch das Versäumnis einiger Conne Island-MitarbeiterInnen, das Thema rechtzeitig anzusprechen, die Zeit bis zum Konzert sehr knapp und die Band bereits gebucht war, auch wurde das Thema schnell zum Gesprächsstoff für sämtliche politischen und kulturellen Stammtische. Für das Conne Island-Plenum ergab sich hieraus eine schwere Situation, in der sich ein langer, sich über vier, teilweise mitternächtliche Plena hinziehender Diskussionsprozess entwickelte.

Vorwiegend ging es um sein Verhalten auf Konzerten, dem manchmal gewaltbereiten Auftreten gegenüber Gästen und seiner vermeintlichen Gewohnheit, Konflikte mit körperlicher Gewalt zu „klären“. Außerdem kamen seine (vergangenen und mutmaßlich andauernden) Verstrickungen in die Nazi-Szene zur Sprache. Dabei ging es dem Conne Island-Plenum jedoch nicht darum, als Richter für andere Läden und Shows zu fungieren. Auch ignorierten wir alle jene Vorfälle, die mehrere Jahre zurücklagen, da wir jedem Menschen „Reifungsprozesse“ zugestehen und „jugendliche Verirrungen“ nicht zu einer lebenslangen Stigmatisierung führen sollten.
Da Andreas als langjähriger Stammgast bei Hardcore/Punk-Konzerten im Conne Island und durch freundschaftliche Beziehungen zu Conne Island-MitarbeiterInnen eine zumindest oberflächliche Ladennähe besitzt, gab es auch im Conne Island schon mehrfach Diskussionen um ihn. So wurde aufgrund seines aggressiven Auftretens vor der Bühne und gegenüber Gästen sowie Conne Island-MitarbeiterInnen im Dezember 2009 beschlossen, dass er bei Konzerten im Conne Island keine Aufgaben mehr übernehmen darf. Dies geschah in Auseinandersetzung und Übereinstimmung mit ihm und hatte zumindest im Conne Island einen positiven Effekt, da es im Bezug auf seine Person keine neuen negativen Vorfälle gab.

Die im Herbst 2010 sehr emotional und umfangreich geführte Diskussion um den Auftritt der Band „Suffer Survive“ drehte sich also auch um die Frage, ob jemand, der als Sänger auf der Conne Island-Bühne steht, den Laden gleichermaßen repräsentiert, wie jemand, der für ihn arbeitet. Anfänglich waren viele im Plenum der Meinung, dass ein Arbeitsverbot im Conne Island automatisch auch ein Auftrittsverbot nach sich ziehen müsste. Wir stellten dann aber fest, dass bei einem solchen Automatismus gewiss viele Bands bei uns nicht spielen könnten – wir aber (zum Glück) die Verfehlungen von den meisten Bandmitgliedern, die bei uns auf der Bühne stehen, nicht kennen; und dass es bei Diskussionen um Bands uns in erster Linie um die Bands gehen sollte und nicht um das „Privatleben“ der Mitglieder.

Es gab trotzdem noch genug Gewalttätigkeiten von Andreas, von denen Conne Island-MitarbeiterInnen gehört oder die sie selbst erlebt hatten – und die in den Augen dieser für ein Auftrittsverbot ausgereicht hätten. Andreas kam zwei Mal in unser Plenum (was wir ihm anrechnen) und versuchte seine Sicht auf die Dinge zu schildern sowie die Vorwürfe auszuräumen, was auch teilweise gelang.
Bis zum Schluss gab es jedoch Personen, die dem Auftritt der Band im Plenum sehr kritisch gegenüber standen bzw. konsequent dagegen argumentierten. Dadurch kam ein eher schlechter als (r)echter Konsens zustande.

Mit der Diskussion wurde auch versucht, ein Stück des „Mythos“ um Andreas zu dekonstruieren. Dieser Mythos besteht unserer Meinung nach darin, dass auf jemanden, der so umstritten und bekannt wie Andreas ist, immer die Augen ruhen und jede noch so kleine Verfehlung sofort aufgebauscht wird und die Runde durch die gesamte Szene macht. Bei vielen Vorwürfen, die gegen Andreas kursierten, war es uns leider nicht möglich, im Nachhinein festzustellen, ob sie berechtigt sind. Viele Vorwürfe gegen Andreas wurden leider auch nicht auf unserem Plenum geäußert, sondern nur an den „Stammtischen“ Leipzigs. All dies können und wollen wir nicht ernst nehmen. Einige Vorwürfe relativieren sich auch vor dem Hintergrund, dass die Hardcore- und Punkszene keine Kuschelveranstaltung ist, sondern in weiten Teilen recht aggressiv, und es somit verkehrt wäre, nun ausgerechnet an der Band ein Exempel zu statuieren, die schon genug Probleme hat, Auftrittsorte zu finden, obwohl es genug andere Bands gäbe, die auch nicht besser sind.

Unsere Entscheidung, die Band bei uns auftreten zu lassen, sollte Andreas helfen, aus diesem Teufelskreis (der sich selbst reproduzierender Gerüchteküche) auszubrechen. Ob er diese Chance nutzt, wird sich zeigen. Auch wir sind da skeptisch. Mit der Auftrittserlaubnis geht es uns also nicht darum, Andreas von allen Vorwürfen freizusprechen, denn seinen schlechten Ruf hat er sich zu großen Teilen gewiss auch selbst erarbeitet.

Natürlich ist sich das Conne Island bewusst, dass es sich um eine umstrittene Entscheidung handelt, die nicht überall auf Verständnis trifft. Auch intern wurden Fehler gemacht und eine Unstimmigkeit ist auch Monate nach dem Konzert noch spürbar. Nicht zuletzt deswegen ist das Conne Island jederzeit bereit, neue Vorwürfe gegen Andreas (und jede andere Band), zu diskutieren.

Conne Island, 17.01.2011

CI-Umzug

 

22.01.2011
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