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Hercules and Love Affair
feat. Kim Ann, Aerea Negrot, Shaun, Mark and Andy /live (NYC)
+ support
+ afterdance
Extravaganter Disco-House-Glitter-Glanz verzaubert das Conne Island am 4.
März in einen strahlenden Glamour-Club: Hercules and Love Affair on
stage :)
2008, im Jahr des Disco-Revivals, tritt das Projekt das erste Mal in
Erscheinung. Ihr gleichnamiges Debüt-Album auf DFA, dem Label von
LCD Soundsystem-Leader James Murphy, bildete den vorläufigen
Höhepunkt dieser seit längeren gärenden Strömung und
erreichte ebenso wie die erste Singleauskopplung Blind in vielen
europäischen Ländern die Top 40.
Hauptprotagonist Andy Butler lebt seine Liebe zu dekadenten Dance-Tunes
mit clubkompatiblen Chicago-House- und Detroit-Techno-Sounds aus, geprägt
von seiner Kenntnis der klassischen Musik:
Als Kind habe ich Klavierstunden genommen, mit 18 besuchte ich die
Musikhochschule und studierte Komposition, kam mit Minimal Music in Kontakt,
die von Disco und House ja gar nicht so weit entfernt ist. Ich habe mit
zeitgenössischen Tanzensembles zusammen gearbeitet, Ballett-Kompositionen
geschrieben. Zeitgleich war ich aber auch als DJ tätig, meine ersten
Turntable-Erfahrungen habe ich mit 15 gemacht, danach tingelte ich durch die
Gay-Clubs, um mir die großen House-DJs anzuhören. Für mich ist
das alles kein Widerspruch. Dadurch, dass ich die sogenannte seriöse Musik
ebenso mag wie reine Unterhaltungsmusik, ist bei Hercules And Love
Affair beides vorhanden: Die Platte ist absolut tanzbar, erschöpft
sich allerdings nicht in reiner Funktionalität.
Neben dem musikalischen Wissen kommt die Kenntnis um die ursprüngliche
politische Tragweite von Disco:
Ein paar Jahre lang, so zwischen 1978 und 1982, war es möglich,
sowohl kommerziellen wie progressiven Pop zu machen. Mainstream und
Radikalität waren kein Widerspruch. Es war die Zeit, als Disco sowohl die
Rechte der Schwulen, der Frauen wie auch der Schwarzen einklagte. Aus diesem
Grund kam es in den USA auch zu Disco-Plattenverbrennungen. Einige irre
Fundamentalisten wussten genau, welche soziale Sprengkraft in dieser Musik
steckte. Besonders aufregend wurde es dann, als die Punks Disco für sich
entdeckten, also Musiker wie Liquid Liquid oder Kid Creole, die Funk,
Latino-Elemente und Post-Punk miteinander verknüpften. Die Musik war
plötzlich stilistisch total offen und in mehrfacher Hinsicht
minoritär aber gleichzeitig auch erfolgreich! Ich finde es sehr
schade, dass die frühen Achtziger heute nur noch auf Depeche Mode und
Human League reduziert werden. Viele übersehen, dass Pop damals die
Gay-Bewegung wie zu keiner Zeit davor und zu keiner Zeit danach vorangebracht
hat. Das war kurz bevor Aids aufkam ... und damit der reaktionäre
Backlash.
Die Verbindung zur griechischen Mythologie zieht sich über den Bandnamen
über die Songtitel bis zum visuellen Artwork durch und spiegelt Butlers
Interesse und die inhaltliche Verknüpfung zur Gay-Szene wider:
Herkules ist dieser ungeheuer starke Mann, der gleichzeitig sehr
verletzlich war, was seine Gefühle betraf. Und auch ich bin ein eher
empfindsamer Typ in einem maskulinen Körper.
Das ist sozusagen meine poetische Handschrift, ein Spleen aus meiner
Kindheit. Als ich fünf oder sechs Jahre alt war, hatte ich einen Lehrer,
der mir die griechischen Göttersagen in Form von Kindermärchen
vorlas, seitdem bestimmen sie meine Tagträume. Ich bin in Washington, DC
aufgewachsen, einer Stadt, die von einem neoklassizistischen Baustil
geprägt ist. Wenn ich als Kind durch die Straßen lief, stellte ich
mir vor, zwischen Tempeln und griechischen Statuen zu wandeln eine
richtige Zeitreise. Im Übrigen hat der Bezug auf die Sagen- und
Götterwelt eine lange Tradition in der Techno- und House-Szene. Es gibt
DJs, die sich Adonis nannten; und Derrick Carter, einer meiner großen
Helden, hat viele seiner Tracks nach obskuren Figuren aus der griechischen
Mythologie benannt. Dieser Rückbezug hat sicher mehrere Gründe. Zum
einen hat sich die Gay-Community stets auf Griechenland bezogen, zum anderen
war es im House auch ein probates Mittel der Selbstmystifizierung. Das
Erträumen von fremden, artifiziellen Welten ...
Nun erscheint mit Blue Songs Ende Januar ihr zweites Album, diesmal auf
Moshi Moshi, aufgenommen mit der Wiener Techno-Legende und -Produzent
Patrick Pulsinger in Wien. Der musikalische Einfluss hat sich erweitert
und vom Focus auf New Yorker House und Spät-Siebziger Disco auf
Mittachziger House und experimentellere Sounds erweitert. Symbolhaft ist der
letzte Song des Albums: die Ballade It`s Alright, der im Original im
Jahr 1986 von Sterling Void veröffentlicht, drei Jahre später
von den Pet Shop Boys popularisiert und immer als letzter Song bei den
Partys im legendären Warehouse in Chicago gespielt wurde, dem
Geburtsort der House Music.
Neben der Stammbesetzung um Andy Butler und Kim Ann Foxman
übernehmen statt der prägenden Stimmen von Nomi und
Anthony Hegarty des wunderbaren Projekts Anthony and The Johnsons
nun die venezuelanische Performance-Künstlerin Aerea Negrot,
die unlängst ihr 12-Inch-Debüt auf dem Berliner Label BPitch
Control gegeben hat, Shaun Wright, eine Kreuzung aus
Sylvester und Rick James, und Kele von Bloc Party
(die Erinnerung an dessen unglaubliche Stimme sollte bei BesucherInnen des
November-Konzerts noch heute Gänsehaut auslösen) die Gesangsparts.
Ein weiterer unvergleichlicher Abend steht ins Haus... let`s glitter & dream...
Claire