• Titelbild
• Editorial
• das erste: Unsere Insel stinkt
•
a Mala Beat is a Mala Beat is a Mala Beat is a
• Springtoifel
• Karnivool, The Intersphere
• The Creator: Pete Rock & CL Smooth
• Napalm Death, Immolation, Macabre
• Hot Christmas Hip Hop Lounge
• Paperclip Release Night
• We can feel the mountains in our skin and bones
• Clash of the Monsters
• Weihnachts-Tischtennis-Turnier
• Man overboard
• Caliban
• Snowshower
• NYE @ Conne Island
• Kritik und Ressentiment
• Veranstaltungsanzeigen
• Großbaustelle Conne Island
• Konzertabsage Maroon
• Zur Absage der Veranstaltung mit Justus Wertmüller
• doku: Vielfalt tut gut
• doku: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde
• Es gibt tausend gute Gründe
• Resultat einer infantilen Inquisition
• Zu den Texten in diesem Heft
• review-corner film: Keeping it unreal
• doku: Sizilianische Verhältnisse
• doku: Macker, verpiss Dich!
• Sind die Dichotomien unser Unglück?
• Anzeigen
• Punktsieg für den Antirassismus oder Reproduktion rassistischer Ausgrenzung?
• das letzte: Voll leer
Es gibt nun bei weitem einige Gründe und Gelegenheiten für einen
Pessimisten und einen Optimisten aneinanderzugeraten. Die Adresse allein
wäre bereits einer: Realisten fühlen sich bei ernstgemeinter
anti-pessimistischer Kritik nicht angesprochen, Pessimisten hingegen
würden sich vielmehr als Realisten bezeichnen, und so wie es uns das Leben
lehrt, steht der Weltgeist mit ihnen im Bunde. Die sich selbst hemmungslos so
bezeichnenden Optimisten hingegen, dem Bösen in der Welt abgewandt und
stets hoffend, stehen nur im Bund mit der Kirche oder dem iranischen
Atomprogramm. Aber das intellektuelle Vergnügen, mal wieder Recht gehabt
zu haben, wenn die stete Entwicklung der Dinge hin zum Schlechten
evolutionäre Sprünge macht, bedeutet den Realisten wenig. Viel
befriedigender wäre es, wenn sich endlich das optimistische Vorurteil der
Griesgrämerei zu einem Verständnis für ernste Kritik wandelte
oder noch viel besser wenn es den gutgemeint nach vorn Blickenden
endlich mal so richtig beschissen ginge. Dass es vom Standpunkt abgesehen
objektiv besser werden könnte, ist eigentlich kein Thema mehr. Man will ja
nicht albern werden.
Ein Vergleich: Postkarten mit Kitsch, Motivationstrainer,
mehr-oder-weniger-Philosophen und antike Weisheiten verbreitende Idioten machen
seit Äonen einen riesen Wirbel um die Frage, ob ein stets hypothetisches
Glas nun halb leer oder halb voll sei. Vom Offensichtlichen abgesehen,
nämlich der essentiellen Frage danach, ob sich im Glas erfrischendes
Wasser oder eine todbringende explosive Flüssigkeit befindet, muss dieses
Gleichnis in der modernen Welt völlig neu betrachtet werden. Denn was
für eine Rolle spielt der besagte Inhalt, von seiner räumlichen
Ausdehnung ganz zu schweigen, in einem Glas, das schon zerbrochen am Boden
liegt? Welche Aussagen lassen sich aus einem Haufen Scherben und der in der
Umgebung einsickernden Flüssigkeit schon über den Sinn und Unsinn von
Zukunftsprognosen treffen, außer dass Hippies selber schuld sind, wenn
sie erst barfuß auf ne Party kommen und dann in der Notaufnahme den
Fuß genäht bekommen? Ich will es ihnen sagen. Aber das mache ich ein
anderes Mal. Viel wichtiger ist nämlich die Einsicht, dass in dem Moment,
in dem aus einem potentiell halbvollen Glas erfrischendem Wasser ein Haufen
nasser Scherben geworden sind, jegliche Zukunftsprognose nur eine
intellektualisierte Verklausulierung der ersten, spontansten und
vernünftigsten Regung unseres Geistes ist. Eine Regung, auf die wir
hören sollten und die uns leitet, sowohl wenn wir durch die Welt da
draußen gehen, als auch wenn uns ein bis zur Hälfte gefülltes
Gefäß runter fällt: So `ne Scheiße!
Das grundverwandte Verhältnis des Pessimismus zur Kritik hat, wie es
scheint, eine perfide Affinität zu Geschirr und Dingen, die damit im
weitesten Sinn zusammenhängen. War Philosophie einst noch die Suche nach
der Wahrheit und dadurch irgendwie auch Selbstverwirklichung, ist das, was
davon übrig geblieben ist Politik und Kritik eigentlich
nichts anderes mehr als sich um den Abwasch kümmern. Irgend jemand muss es
ja machen, es gibt eine objektive Notwendigkeit dafür und wenn man den
Gedanken daran nicht wach hält, wird alles nur noch schlimmer. Aber
genauso wie mein Mitbewohner in letzter Instanz den Abwasch macht, weil ER es
nicht mehr in dieser keimenden Hölle aushält, ist es ja im Endeffekt
kein aufrichtiger Altruismus, sondern der Egoismus des Kritikers, der ihn an
seiner Arbeit weniger leiden lässt als an seinem schlechten Gewissen. Jede
WG mag natürlich diese Mitmenschen, die oft den Abwasch machen, weil es
sonst niemand tut. Im Endeffekt nützt es ja auch wirklich allen, aber wenn
wir ehrlich sind, ist uns ihr ständiger Masochismus auch irgendwie
suspekt. Welcher vernünftige Mensch entwickelt denn Spaß daran, sich
mit dieser ganzen Sauerei auseinanderzusetzen, wo man doch weiß, dass
für jeden sauberen Teller zwei dreckige bereit stehen? Und am Ende
schneidet man sich noch an einem Glas, dass jemand runtergeworfen hat. Nein
Danke! So lange unsere Gesellschaft keine Geschirrspülmaschine hat, habe
ich beim Abwaschen scheiß Laune.
Hugh Jazz