Mo Di Mi Do Fr Sa So 
00 01 02 03 04 0506 
07 080910111213 
14 1516171819 20 
21 22 23 24 252627 
28 29 3031

Aktuelle Termine

CEE IEH-ARCHIV

#172, Januar 2010
#173, Februar 2010
#174, März 2010
#175, April 2010
#176, Mai 2010
#177, Juni 2010
#178, Juli 2010
#179, September 2010
#180, Oktober 2010
#181, November 2010
#182, Dezember 2010

Aktuelles Heft

INHALT #182

Titelbild
Editorial
• das erste: Unsere Insel stinkt
„ …a Mala Beat is a Mala Beat is a Mala Beat is a…“
Springtoifel
Karnivool, The Intersphere
The Creator: Pete Rock & CL Smooth
Napalm Death, Immolation, Macabre
Hot Christmas Hip Hop Lounge
Paperclip Release Night
We can feel the mountains in our skin and bones
Clash of the Monsters
Weihnachts-Tischtennis-Turnier
Man overboard
Caliban
Snowshower
NYE @ Conne Island
Kritik und Ressentiment
Veranstaltungsanzeigen
Großbaustelle Conne Island
Konzertabsage Maroon
Zur Absage der Veranstaltung mit Justus Wertmüller
• doku: Vielfalt tut gut
• doku: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde
Es gibt tausend gute Gründe
Resultat einer infantilen Inquisition
Zu den Texten in diesem Heft
• review-corner film: Keeping it unreal
• doku: Sizilianische Verhältnisse
• doku: Macker, verpiss Dich!
Sind die Dichotomien unser Unglück?
Anzeigen
Punktsieg für den Antirassismus oder Reproduktion rassistischer Ausgrenzung?
• das letzte: Voll leer

LINKS

Eigene Inhalte:
Facebook
Fotos (Flickr)
Tickets (TixforGigs)

Fremde Inhalte:
last.fm
Fotos (Flickr)
Videos (YouTube)
Videos (vimeo)

„Ein Genie zu werden ist ganz einfach. Du musst nur immer sagen: das Zeug stinkt!“
Wilburt Corb



Voll leer

Es gibt nun bei weitem einige Gründe und Gelegenheiten für einen Pessimisten und einen Optimisten aneinanderzugeraten. Die Adresse allein wäre bereits einer: Realisten fühlen sich bei ernstgemeinter anti-pessimistischer Kritik nicht angesprochen, Pessimisten hingegen würden sich vielmehr als Realisten bezeichnen, und so wie es uns das Leben lehrt, steht der Weltgeist mit ihnen im Bunde. Die sich selbst hemmungslos so bezeichnenden Optimisten hingegen, dem Bösen in der Welt abgewandt und stets hoffend, stehen nur im Bund mit der Kirche oder dem iranischen Atomprogramm. Aber das intellektuelle Vergnügen, mal wieder Recht gehabt zu haben, wenn die stete Entwicklung der Dinge hin zum Schlechten evolutionäre Sprünge macht, bedeutet den Realisten wenig. Viel befriedigender wäre es, wenn sich endlich das optimistische Vorurteil der Griesgrämerei zu einem Verständnis für ernste Kritik wandelte oder – noch viel besser – wenn es den gutgemeint nach vorn Blickenden endlich mal so richtig beschissen ginge. Dass es vom Standpunkt abgesehen objektiv besser werden könnte, ist eigentlich kein Thema mehr. Man will ja nicht albern werden.

Ein Vergleich: Postkarten mit Kitsch, Motivationstrainer, mehr-oder-weniger-Philosophen und antike Weisheiten verbreitende Idioten machen seit Äonen einen riesen Wirbel um die Frage, ob ein stets hypothetisches Glas nun halb leer oder halb voll sei. Vom Offensichtlichen abgesehen, nämlich der essentiellen Frage danach, ob sich im Glas erfrischendes Wasser oder eine todbringende explosive Flüssigkeit befindet, muss dieses Gleichnis in der modernen Welt völlig neu betrachtet werden. Denn was für eine Rolle spielt der besagte Inhalt, von seiner räumlichen Ausdehnung ganz zu schweigen, in einem Glas, das schon zerbrochen am Boden liegt? Welche Aussagen lassen sich aus einem Haufen Scherben und der in der Umgebung einsickernden Flüssigkeit schon über den Sinn und Unsinn von Zukunftsprognosen treffen, außer dass Hippies selber schuld sind, wenn sie erst barfuß auf ne Party kommen und dann in der Notaufnahme den Fuß genäht bekommen? Ich will es ihnen sagen. Aber das mache ich ein anderes Mal. Viel wichtiger ist nämlich die Einsicht, dass in dem Moment, in dem aus einem potentiell halbvollen Glas erfrischendem Wasser ein Haufen nasser Scherben geworden sind, jegliche Zukunftsprognose nur eine intellektualisierte Verklausulierung der ersten, spontansten und vernünftigsten Regung unseres Geistes ist. Eine Regung, auf die wir hören sollten und die uns leitet, sowohl wenn wir durch die Welt da draußen gehen, als auch wenn uns ein bis zur Hälfte gefülltes Gefäß runter fällt: „So `ne Scheiße!“

Das grundverwandte Verhältnis des Pessimismus zur Kritik hat, wie es scheint, eine perfide Affinität zu Geschirr und Dingen, die damit im weitesten Sinn zusammenhängen. War Philosophie einst noch die Suche nach der Wahrheit und dadurch irgendwie auch Selbstverwirklichung, ist das, was davon übrig geblieben ist – Politik und Kritik – eigentlich nichts anderes mehr als sich um den Abwasch kümmern. Irgend jemand muss es ja machen, es gibt eine objektive Notwendigkeit dafür und wenn man den Gedanken daran nicht wach hält, wird alles nur noch schlimmer. Aber genauso wie mein Mitbewohner in letzter Instanz den Abwasch macht, weil ER es nicht mehr in dieser keimenden Hölle aushält, ist es ja im Endeffekt kein aufrichtiger Altruismus, sondern der Egoismus des Kritikers, der ihn an seiner Arbeit weniger leiden lässt als an seinem schlechten Gewissen. Jede WG mag natürlich diese Mitmenschen, die oft den Abwasch machen, weil es sonst niemand tut. Im Endeffekt nützt es ja auch wirklich allen, aber wenn wir ehrlich sind, ist uns ihr ständiger Masochismus auch irgendwie suspekt. Welcher vernünftige Mensch entwickelt denn Spaß daran, sich mit dieser ganzen Sauerei auseinanderzusetzen, wo man doch weiß, dass für jeden sauberen Teller zwei dreckige bereit stehen? Und am Ende schneidet man sich noch an einem Glas, dass jemand runtergeworfen hat. Nein Danke! So lange unsere Gesellschaft keine Geschirrspülmaschine hat, habe ich beim Abwaschen scheiß Laune.

Hugh Jazz

01.12.2010
Conne Island, Koburger Str. 3, 04277 Leipzig
Tel.: 0341-3013028, Fax: 0341-3026503
info@conne-island.de, tickets@conne-island.de