• Titelbild
• Editorial
• das erste: Unsere Insel stinkt
•
a Mala Beat is a Mala Beat is a Mala Beat is a
• Springtoifel
• Karnivool, The Intersphere
• The Creator: Pete Rock & CL Smooth
• Napalm Death, Immolation, Macabre
• Hot Christmas Hip Hop Lounge
• Paperclip Release Night
• We can feel the mountains in our skin and bones
• Clash of the Monsters
• Weihnachts-Tischtennis-Turnier
• Man overboard
• Caliban
• Snowshower
• NYE @ Conne Island
• Kritik und Ressentiment
• Veranstaltungsanzeigen
• Großbaustelle Conne Island
• Konzertabsage Maroon
• Zur Absage der Veranstaltung mit Justus Wertmüller
• doku: Vielfalt tut gut
• doku: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde
• Es gibt tausend gute Gründe
• Resultat einer infantilen Inquisition
• Zu den Texten in diesem Heft
• review-corner film: Keeping it unreal
• doku: Sizilianische Verhältnisse
• doku: Macker, verpiss Dich!
• Sind die Dichotomien unser Unglück?
• Anzeigen
• Punktsieg für den Antirassismus oder Reproduktion rassistischer Ausgrenzung?
• das letzte: Voll leer
Das Bündnis gegen Antisemitismus Leipzig (BgA) hat im Oktober das
Conne Island bzw dessen Räume für eine Veranstaltung mit Justus
Wertmüller zum Thema Integration angefragt. Diese Anfrage wurde vom Conne
Island Plenum abgelehnt.
Warum dem BgA eine Absage erteilt wurde, ist simpel. Der Weg dorthin war es
nicht. Es konnte keine einheitliche Position für die Veranstaltung
gefunden werden, die ablehnende Meinung überwog. Zur Transparenz der
Diskussion und der Entscheidungsfindung veröffentlichen wir diesen Text.
Im Conne Island werden alle Entscheidungen im Konsensprinzip gefällt. Das
bedeutet, egal, ob es um eine Band, eine Raumanfrage, um die Vergabe einer
Stelle o.ä. geht, werden so lange Argumente ausgetauscht bis eine
einvernehmliche Entscheidung getroffen wird. Das bedeutet nicht, dass immer
alle einer Meinung sind. Sondern vielmehr, dass - gelegentlich in einem
langwierigen Prozess - eine Position gefunden wird, die alle Anwesenden
mittragen können, manchmal trotz weiterbestehender Vorbehalte. Ein
unbegründetes Vetorecht ist nicht Teil unserer Diskussionskultur,
genauso wenig, wie das Durchsetzen einer Einzelmeinung um jeden Preis. Sonst
könnte und würde unser Laden nicht funktionieren, wie er
funktioniert. So erstaunlich wie das für viele klingt, dieses Prinzip
funktioniert ganz hervorragend, keineR kommt auf die Idee einfach nur
nein zu sagen und damit die Diskussion abzuwehren oder eine Entscheidung
zu verhindern. Auch so genanntes Filibustering (so lange reden, dass eine
Entscheidung verhindert werden kann) wird nicht praktiziert. Gelegentlich,
allerdings sehr selten, kann keine einvernehmliche Entscheidung getroffen
werden. Dann kann eine Veranstaltung gegebenenfalls nicht stattfinden. Meist
wird eine Entscheidung getroffen auf Grundlage der Stimmung im Plenum, zwar auf
Kosten noch vorhandener Gegenmeinungen, aber im Sinne eines gemeinsamen
Vorankommens (zum Beispiel, wenn klar ist, eine Position wird sich auch nach
nochmaliger Diskussion nicht durchsetzen).
In mehreren Diskussionen, an denen sowohl Veranstaltungs-Befürwortende
(unter ihnen VertreterInnen des BgA) als auch -Ablehnende teilnahmen, die sonst
keine regelmäßigen TeilnehmerInnen des CI Plenums sind, wurden
Argumente und Positionen ausgetauscht. Am Ende wurde deutlich, dass kein
Konsens für eine Veranstaltung mit Justus Wertmüller zum Thema
Integration herzustellen ist, und somit diese Veranstaltung nicht im Conne
Island stattfinden wird. Im entscheidendem Plenum überwog die Position,
diese Veranstaltung mit Justus Wertmüller abzusagen. Die Absage im Sinne
einer Conne Island Entscheidung hat das ganze Plenum getragen. Es blieben bei
Einigen Zweifel an der Entscheidung übrig.
Die Gründe, innerhalb der Ja- wie der Nein-SagerInnen und der
Unentschiedenen waren unterschiedlich. Während einige
BefürworterInnen der Ablehnung Positionen von Justus Wertmüller als
sexistisch und/oder rassistisch klassifizierten, hielten ihn einzelne
BefürworterInnen der Zusage für einen Antirassisten und Antisexisten.
Einige fanden seine scharfe Kritik an der Linken besonders gewinnbringend und
richtig, andere sahen in seinen Aussagen verallgemeinernden Hass auf Linke
sowohl im Generellen wie im Speziellen.
Besonders ausgiebig wurde darüber diskutiert, ob die Gegenpositionen so
schwer wiegen, dass sie eine Absage an eine Veranstaltungsanfrage
rechtfertigen. Dies war für das Conne Island Plenum der Kern der Frage:
abzuwägen zwischen dem Standard, dass Veranstaltungen von Gruppen in der
Regel stattfinden können, und den Gegenargumenten in diesem speziellen
Fall.
Einen großen Anteil an der Absage hatte die Einschätzung, dass
Justus Wertmüller in Veranstaltungen in einer Art auftritt, die eine
Diskussion nicht befördert, sondern im Gegenteil z.B. durch Polemik oder
abwertende bis diskriminierende Äußerungen andere Meinungen
diffamiert oder mundtot gemacht werden. Und dass dieses Verhalten auch
dazuführt, dass von vornherein TeilnehmerInnen von der Diskussion
ausgeschlossen werden. Fast schon unnötig zu erwähnen: auch diese
Einschätzung teilten nicht alle.
Formale Begründungen für die eigene Position fanden sich auf beiden
Seiten. Die einen meinten z.B., dass genau diese Diskussion ins Conne Island
gehört. Die anderen fanden, dass Justus Wertmüller mit einem linken
Selbstverständnis nicht vereinbar ist.
Für einige war die Absage vorrangig eine Konsequenz aus der
langjährigen wiederholt ausfallenden und unsachlichen Kritik gegen Linke
allgemein oder Teile der Linken.
Dabei ist es wichtig zu betonen, dass es niemandem um die Kritik an Linken als
solche ging. Gesellschaftskritik, das Diskutieren um Begriffe und das
Hinterfragen von vermeintlichen linken Selbstverständlichkeiten ist und
bleibt im Conne Island erwünscht und wird weiterhin befördert (das
zeigt u.a. der monatliche CEE IEH Newsflyer). Die grundsätzliche
Ausrichtung des Conne Island ist weiterhin die Messlatte, anhand derer
individuell über jede Veranstaltung diskutiert wird. Dies ist weder eine
generelle Absage an das Bündnis gegen Antisemitismus Leipzig noch
an die Bahamas. Die Bahamas wird genauso wie andere kritische
Zeitschriften weiterhin im Café verkauft, zum Lesen ausgelegt und als
Teil des politischen Meinungsspektrums verstanden.
Wir hoffen, dass diese Stellungnahme die Gerüchteküche runterkochen
kann. Dass wir es nicht allen Recht machen, ist eine Erfahrung, die wir seit
fast zwanzig Jahren kennen. Das ist uns genauso klar wie egal.
Conne Island Plenum, November 2010