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Aktuelles Heft

INHALT #181

Titelbild
Editorial
• das erste: Was die LVZ Sonntagabend vom Tatort lernen könnte...
Fear and loathing im Moseltal
Runes, Hang the Bastard, Coldburn
65daysofstatic
Einen aufs Haus
MODESELEKTION Vol. 1
Shrinebuilder
Pantéon Rococó
Blood Red Shoes
„Trilingual Dance Sexperience“
dd/mm/yyyy, Women, Baths
»You are stronger than you think«
»Freunde im Groove«
Casper
Rise and Fall, Nails, Harms Way
Winds of Plague u.a.
Veranstaltungsanzeigen
• kulturreport: Campy Panzerluft und antisemitischer Kitsch
• ABC: G wie Gewalt
• review-corner film: Jud Süß – Ein Film ohne Anspruch
Linker Irrtum, schwerer Irrtum
Konzentriertes Ressentiment
Das ist doch alles nicht so einfach...
• doku: Oben bleiben. Weiter gehen.
• doku: Auf einer Skala von eins bis zehn: Wie Scheiße ist Deutschland?
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• das letzte: Viel Spaß für wenig Geld

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65daysofstatic

65daysofstatic

Tall Ships, Nedry

„Wir wollen aus einer eher unzugänglichen Alternative-Position heraus zugängliche Musik erschaffen“, erklärt 65daysofstatic-Gründungsmitglied Paul Wolinski. Deshalb bricht 2001 eine unwahrscheinliche Gruppe leidenschaftlich Besessener aus Sheffield auf. Um der irregeführten Masse der Plastikpopkonsumenten ein Stück weit die Augen öffnen. Dafür, dass jenseits von Konsens und Oberfläche etwas existiert, von dem die meisten bis dahin nicht einmal etwas geahnt hatten.

Grundbedingung für potenzielle Hörer ist ein Mindestmaß an Aufgeschlossenheit. Ansonsten ist es nur allzu leicht, sich schon von der Beschreibung der Instrumentalepen abschrecken zu lassen. „Wilde Drum`n`Glitch-Beats stoßen auf Gitarrenwände“, mirakelt das Labelinfo. „Glitch“, weiß wiederum das Wörterbuch, ist der englische Ausdruck für einen Störimpuls von sehr kurzer Dauer. Das passt. Die Post-Rocker verweben nämlich mächtige Drum`n`Bass-Versatzstücke mit lärmender Analoginstrumentierung.

In den Fußnoten: Squarepusher-Breakbeats und Pitchshifter-Raserei. Am Ende spuckt der Fleischwolf namens Pro Tools einen vollkommen eigenständigen Sound aus. Eine Mixtur, die nicht gewollt, sondern trotz exzessivem Programmings zwingend, organisch und mitreißend klingt. In Utopia wären die politisch engagierten Briten längst Top Of The Pops. Doch auch wenn 65daysofstatic die Eroberung des Mainstreams durchaus gelegen käme, ist ihnen dafür gerade nicht jedes Mittel recht.

Man würde zwar gern einmal mit Christina Aguilera kooperieren, hat aber andererseits vor der Veröffentlichung des zweiten Albums diverse Majorlabels abblitzen lassen. Das Quartett setzt lieber auf Mund-zu-Mund-Propaganda, den kleinen Indie Monotreme und seine eigene Firma Dustpunk Records. DIY-Attitüde gilt schon seit den Anfangstagen als einer der wenigen festen Grundsätze. Damals gründen Paul Wolinski, Joe Fro (beide Gitarre) und Iain Armstrong (Bassist) die Band, um der Legende nach den Soundtrack zum Kurt Russel-Streifen „Stealth Bomber“ zu liefern.

Die Behauptung bleibt allerdings unprüfbar, denn der Film erschien nie. Handfesteres liefern die drei im Mai 2003 ab. Die bei Dustpunk verlegte EP „65`s.late.nite.double-a-side.college.cut-up.trailers.for.the.looped.future“ konserviert in erster Linie ihre Begeisterung für den Bastardpop. Die detailverliebten Remixe werden aus copyright-technischen Gründen bis heute allerdings nur inoffiziell auf Konzerten feilgeboten. Hinter dem wahnwitzigen Titel verbergen sich darüber hinaus vier eigene Tracks.

Eine offizielles Mini-Album (passenderweise „Stumble.Stop.Repeat.“ benannt), einige Besetzungswechsel und ein Debüt später offenbaren 65dos ihr ganzes Können – vor „The Fall Of Math“ ziehen britische Indie-Magazine und Radiosender reihenweise den Hut. Die Newcomer spielen 2004, dauerhaft bereichert durch Drummer Rob Jones und Bassist Simon Wright, eine Session für die Popinstitution John Peel, während die Singleauskopplung „Retreat! Retreat!“ auf MTV rauf und unter rotiert.

Auch live stehen anschließend reihenweise Münder offen, die bereisten Venues der Insel sind fast immer ausverkauft. Kein Wunder, denn derart punktgenaues melodisches Chaos, solch frenetisch verzerrter Lärm gepaart mit überwältigender Euphorie hüpft nur alle paar Jahre über den Fotograben. Zwischen den Auftritten nimmt man sich immer wieder Zeit, um Porzellanschwäne aus Vorgärten zu stehlen, Remixe für befreundete Bands zu erstellen (z.B. From Monument To Masses) und neues Material zu kredenzen.

laut.de

 

25.10.2010
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