• Titelbild
• Editorial
• das erste: Was die LVZ Sonntagabend vom Tatort lernen könnte...
• Fear and loathing im Moseltal
• Runes, Hang the Bastard, Coldburn
• 65daysofstatic
• Einen aufs Haus
• MODESELEKTION Vol. 1
• Shrinebuilder
• Pantéon Rococó
• Blood Red Shoes
• Trilingual Dance Sexperience
• dd/mm/yyyy, Women, Baths
• »You are stronger than you think«
• »Freunde im Groove«
• Casper
• Rise and Fall, Nails, Harms Way
• Winds of Plague u.a.
• Veranstaltungsanzeigen
• kulturreport: Campy Panzerluft und antisemitischer Kitsch
• ABC: G wie Gewalt
• review-corner film: Jud Süß Ein Film ohne Anspruch
• Linker Irrtum, schwerer Irrtum
• Konzentriertes Ressentiment
• Das ist doch alles nicht so einfach...
• doku: Oben bleiben. Weiter gehen.
• doku: Auf einer Skala von eins bis zehn: Wie Scheiße ist Deutschland?
• Anzeigen
• das letzte: Viel Spaß für wenig Geld
Wir wollen aus einer eher unzugänglichen Alternative-Position heraus
zugängliche Musik erschaffen, erklärt
65daysofstatic-Gründungsmitglied Paul Wolinski. Deshalb bricht 2001
eine unwahrscheinliche Gruppe leidenschaftlich Besessener aus Sheffield auf. Um
der irregeführten Masse der Plastikpopkonsumenten ein Stück weit die
Augen öffnen. Dafür, dass jenseits von Konsens und Oberfläche
etwas existiert, von dem die meisten bis dahin nicht einmal etwas geahnt
hatten.
Grundbedingung für potenzielle Hörer ist ein Mindestmaß an
Aufgeschlossenheit. Ansonsten ist es nur allzu leicht, sich schon von der
Beschreibung der Instrumentalepen abschrecken zu lassen. Wilde
Drum`n`Glitch-Beats stoßen auf Gitarrenwände, mirakelt das
Labelinfo. Glitch, weiß wiederum das Wörterbuch, ist der
englische Ausdruck für einen Störimpuls von sehr kurzer Dauer. Das
passt. Die Post-Rocker verweben nämlich mächtige
Drum`n`Bass-Versatzstücke mit lärmender Analoginstrumentierung.
In den Fußnoten: Squarepusher-Breakbeats und Pitchshifter-Raserei. Am
Ende spuckt der Fleischwolf namens Pro Tools einen vollkommen
eigenständigen Sound aus. Eine Mixtur, die nicht gewollt, sondern trotz
exzessivem Programmings zwingend, organisch und mitreißend klingt. In
Utopia wären die politisch engagierten Briten längst Top Of The Pops.
Doch auch wenn 65daysofstatic die Eroberung des Mainstreams durchaus gelegen
käme, ist ihnen dafür gerade nicht jedes Mittel recht.
Man würde zwar gern einmal mit Christina Aguilera kooperieren, hat
aber andererseits vor der Veröffentlichung des zweiten Albums diverse
Majorlabels abblitzen lassen. Das Quartett setzt lieber auf
Mund-zu-Mund-Propaganda, den kleinen Indie Monotreme und seine eigene
Firma Dustpunk Records. DIY-Attitüde gilt schon seit den
Anfangstagen als einer der wenigen festen Grundsätze. Damals gründen
Paul Wolinski, Joe Fro (beide Gitarre) und Iain Armstrong (Bassist) die Band,
um der Legende nach den Soundtrack zum Kurt Russel-Streifen
Stealth Bomber zu liefern.
Die Behauptung bleibt allerdings unprüfbar, denn der Film erschien nie.
Handfesteres liefern die drei im Mai 2003 ab. Die bei Dustpunk verlegte EP
65`s.late.nite.double-a-side.college.cut-up.trailers.for.the.looped.future
konserviert in erster Linie ihre Begeisterung für den Bastardpop. Die
detailverliebten Remixe werden aus copyright-technischen Gründen bis heute
allerdings nur inoffiziell auf Konzerten feilgeboten. Hinter dem wahnwitzigen
Titel verbergen sich darüber hinaus vier eigene Tracks.
Eine offizielles Mini-Album (passenderweise Stumble.Stop.Repeat.
benannt), einige Besetzungswechsel und ein Debüt später offenbaren
65dos ihr ganzes Können vor The Fall Of Math ziehen
britische Indie-Magazine und Radiosender reihenweise den Hut. Die Newcomer
spielen 2004, dauerhaft bereichert durch Drummer Rob Jones und Bassist Simon
Wright, eine Session für die Popinstitution John Peel, während
die Singleauskopplung Retreat! Retreat! auf MTV rauf und unter
rotiert.
Auch live stehen anschließend reihenweise Münder offen, die
bereisten Venues der Insel sind fast immer ausverkauft. Kein Wunder, denn
derart punktgenaues melodisches Chaos, solch frenetisch verzerrter Lärm
gepaart mit überwältigender Euphorie hüpft nur alle paar Jahre
über den Fotograben. Zwischen den Auftritten nimmt man sich immer wieder
Zeit, um Porzellanschwäne aus Vorgärten zu stehlen, Remixe für
befreundete Bands zu erstellen (z.B. From Monument To Masses) und neues
Material zu kredenzen.
laut.de