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Aktuelles Heft

INHALT #181

Titelbild
Editorial
• das erste: Was die LVZ Sonntagabend vom Tatort lernen könnte...
Fear and loathing im Moseltal
Runes, Hang the Bastard, Coldburn
65daysofstatic
Einen aufs Haus
MODESELEKTION Vol. 1
Shrinebuilder
Pantéon Rococó
Blood Red Shoes
„Trilingual Dance Sexperience“
dd/mm/yyyy, Women, Baths
»You are stronger than you think«
»Freunde im Groove«
Casper
Rise and Fall, Nails, Harms Way
Winds of Plague u.a.
Veranstaltungsanzeigen
• kulturreport: Campy Panzerluft und antisemitischer Kitsch
• ABC: G wie Gewalt
• review-corner film: Jud Süß – Ein Film ohne Anspruch
Linker Irrtum, schwerer Irrtum
Konzentriertes Ressentiment
Das ist doch alles nicht so einfach...
• doku: Oben bleiben. Weiter gehen.
• doku: Auf einer Skala von eins bis zehn: Wie Scheiße ist Deutschland?
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• das letzte: Viel Spaß für wenig Geld

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Pantéon Rococó

ejército de paz tour 2010


Pantéon Rococó

Rockmusik war nicht erwünscht in den frühen 90ern in Mexiko. Es gab wenige Läden, die Konzerte organisierten und die, die sich das trauten, riskierten meistens mehr als einfach nur ein paar kaputte Bierflaschen. Gewalt war damals bei Konzerten an der Tagesordnung. „Es gab viele Auseinandersetzungen im Publikum und auf dem Weg zum Konzert wurden Läden geplündert, Autos zerkratzt und Fenster eingeschmissen“, erinnert sich Dario Espinosa, der Mitte der 90er mit ein paar Freunden PANTEÓN ROCOCÓ inmitten einer sozialen und politisch schwierigen Zeit gründete. Zu diesem Zeitpunkt führte die Regierung in Chiapas Krieg gegen die EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional), die für die Stärkung der Rechte der indigenen Bevölkerung eintrat und sich dabei auch das Recht zusprach, gewaltsam zu kämpfen. In Mexiko Stadt, weit entfernt von den gewaltsamen Auseinandersetzungen, wurden unter anderem von der Szenerie, in der die Bandmitglieder zu Hause waren, Konzerte, Demonstrationen sowie Infoabende organisiert und es wurde Geld gesammelt, um die Zapatisten zu unterstützen. Die Ungerechtigkeiten, die die Mitglieder von PANTEÓN ROCOCÓ sahen, verarbeiteten sie in ihren Songs und schafften somit eine wirksame Möglichkeit, um die Probleme zu artikulieren und auf diese aufmerksam zu machen. Schnell begriffen sie, dass sie allerdings nur Auftritte bekommen würden, wenn sie ihr schon damals stetig wachsendes Publikum gegen die Gewaltausschreitungen vor, während und nach den Konzerten sensibilisieren könnten. „Aus dem Grund hat Luis, unser Sänger, sich vor den Shows immer an das Publikum gewandt und die ‚Ejército De Paz` (Friedensarmee) ausgerufen. Eine Armee, die, anstatt zu schießen, tanzt, springt, singt und friedlich ist“, erzählt Dario. Die Friedensarmee sollte so einen Gegenpol zu den Armeen bilden, die töten, um vermeintlich Frieden zu schaffen. Somit wurde aus einem Konzert gewaltloser Protest gegen sinnlose Gewalt und ein friedlicher Weg, die Energie auf die Probleme zu fokussieren, die zuhauf in Mexiko zum Alltag gehören. Die Idee ging auf und schon früh war ein PANTEÓN ROCOCÓ-Konzert eines der wenigen, das komplett gewaltfrei verlief.
Fünf Jahre später kam eine Einladung ins Haus, die für die auf neun Mitgliedern herangewachsene Band einen Wendepunkt in der bis dahin positiv verlaufenden Bandgeschichte darstellte. Der erste Auslandsaufenthalt stand ins Haus. Obwohl es wegen der überschaubaren Distanzen auf der Hand lag, ins benachbarte Ausland zu fahren, um Konzerte zu spielen, kam die Einladung vom FUSION-Festival. Diese Reise im Jahre 2000 war nicht nur die erste ins Ausland, sondern auch die erste richtige Tournee, die die Band gespielt hat. Fünf Jahre nach der Bandgründung und zehn Jahre nach ihrem ersten Deutschlandtrip sind PANTEÓN ROCOCÓ eine Band, die sowohl in ihrem Heimatland als auch in Zentral- und Südamerika, in den USA und in Europa intensiv tourt und jede Gelegenheit, live zu spielen, wahrnimmt. Ihre Reisen schärfen die Sichtweise auf die Problematiken Mexikos. Luis, der Sänger, sagt dazu: „Die Realität unseres Landes ist in voller Härte durch unsere Konzertreisen zu spüren. Wir können uns vor Ort mit den Leuten unterhalten und die erzählen uns, was gerade in Vera Cruz, Tijuana, Chiapas oder anderen Regionen abgeht. Eine traurige Realität, da in Mexiko seit längerer Zeit ein sehr blutiger Krieg zwischen der Regierung und der Drogenmafia stattfindet.“ Es ist ein Krieg, in dem es viele unschuldige zivile Opfer gibt.
Diese Realität wird von PANTEÓN ROCOCÓ verarbeitet, ebenso wie die Tatsache, dass die Politiker keine gern gesehene Berufsgruppe in Mexiko sind. „Die Songs handeln davon, dass du enttäuscht bist, von den Leuten, die in Mexiko Politik machen. Dass man immer wieder sehen muss, dass die Politiker sich untereinander in die Haare kriegen, wegen Nichtigkeiten und Dummheit. Um gleichzeitig Wichtiges und Existenzielles komplett außer Acht zu lassen. In Mexiko City gibt es unter den Jugendlichen, den jungen Menschen so was wie eine gemeinsame Losung, dass alle ABAJO Y A LA IZQUIERDA (Unten und Links) sind. Und so dem Politiker sagen, dass er sie mal am Arsch lecken kann. Dass seine Politik falsch ist, dass wir einen echten Wechsel benötigen, und dass sie seine Art zu regieren leid sind“, fasst Leonel, Gitarrist, die Stimmung und den Inhalt des Songs zusammen.
Aber PANTEÓN ROCOCÓ haben, frei nach dem Motto „Es ist nicht meine Revolution, wenn ich nicht dazu tanzen kann!“, schon immer auch Songs fernab von Politik geschrieben und ebenso der Sehnsucht nach Liebe wie auch der großen Party und dem Besäufnis gehuldigt. Ihr unermüdliches Touren und die Glaubwürdigkeit ihrer Musik machen sie nicht nur in Mexiko und Lateinamerika zum Sprachrohr einer ganzen Generation. Auch in den USA und Europa gehören sie zur musikalischen Linken, denn ihre Botschaft ist global zu verstehen.
In diesem Jahr feiern Panteón Rococó „15 años ejército de paz“. Den Startschuss dazu gaben sie in Mexiko City, wo sie gemeinsam mit 11.000 Fans darauf anstießen. Weiter ging es nach Europa, 20 Konzerte in 20 Tagen standen auf der Agenda, um mit den hiesigen Fans und Freunden zu feiern. Gekrönt wurde die Jubiläumstour mit einer Einladung zu einem Konzert anlässlich des 100. Geburtstages des FC ST. PAULI im Hamburger Millerntorstadion. Was einem Ritterschlag für die Band gleich kam, sind sie doch schon seit Jahren bekennende Fans des Vereins. Mit ihrem nun fünften Album runden sie das Jubiläumsjahr ab und fassen zusammen, was in fünfzehn Jahren Bandgeschichte nach wie vor bewegt. Ungerechtigkeit und Gewalt beherrschen nach wie vor die Politik und den Alltag in Mexiko als auch weltweit und somit sollen diese 15 Jahre erst der Anfang sein.

Presseinfos

Pantéon.Rococó

 

25.10.2010
Conne Island, Koburger Str. 3, 04277 Leipzig
Tel.: 0341-3013028, Fax: 0341-3026503
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