• Titelbild
• Editorial
• das erste: Das Deutschland der Sarraziner schafft sich ab so what?!
• Island Deluxe
• Option paralysis
• Mouse on the Keys /live
• »Messing with your emotion«
• Hell on Earth Tour
• Mice Parade, Laetitia Sadier, Silje Nes
• electric island fall edition
• Samiam, The Casting Out
• Austin Lucas, Drag the River, Cory Branan.
• DOOM-Europe Tour 2010
•
• Hellnights 2010
• Stomper 98, Volxsturm, HardxTimes
• Far From Finished
• Lesung: Was kostet die Welt
• Tocotronic
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• »Das Ende des Kommunismus«
• review-corner buch: Abwarten? Nein Danke!
• doku: Solidarität mit Israel!
• doku: Leipzig / 16. Oktober / Call For Action
• doku: Der destruktive Charakter
• doku: Kapitalismus als Religion
• leserInnenbrief: Brief an die Leser_innen
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• das letzte: Stuttgart 21 Widerstand wird zum demokratischen Fanal!
Es könnte einem geschehen, dass er, beim Rückblick auf sein Leben, zu
der Erkenntnis käme, fast alle tieferen Bindungen, die er in ihm erlitten
habe, seien von Menschen ausgegangen, über deren destruktiven
Charakter alle Leute sich einig waren. Er würde eines Tages, vielleicht
zufällig, auf diese Tatsache stoßen, und je härter der Choc
ist, der ihm so versetzt wird, desto größer sind damit seine Chancen
für eine Darstellung des destruktiven Charakters.
Der destruktive Charakter kennt nur eine Parole: Platz schaffen; nur eine
Tätigkeit: räumen. Sein Bedürfnis nach frischer Luft und freiem
Raum ist stärker als jeder Hass.
Der destruktive Charakter ist jung und heiter. Denn Zerstören
verjüngt, weil es die Spuren unseres eigenen Alters aus dem Weg
räumt; es heitert auf, weil jedes Wegschaffen dem Zerstörenden eine
vollkommene Reduktion, ja Radizierung seines eignen Zustands bedeutet. Zu
solchem apollinischen Zerstörerbilde führt erst recht die Einsicht,
wie ungeheuer sich die Welt vereinfacht, wenn sie auf ihre
Zerstörungswürdigkeit geprüft wird. Dies ist das große
Band, das alles Bestehende einträchtig umschlingt. Das ist ein Anblick,
der dem destruktiven Charakter ein Schauspiel tiefster Harmonie verschafft.
Der destruktive Charakter ist immer frisch bei der Arbeit. Die Natur ist es,
die ihm das Tempo vorschreibt, indirekt wenigstens: denn er muss ihr
zuvorkommen. Sonst wird sie selber die Zerstörung übernehmen.
Dem destruktiven Charakter schwebt kein Bild vor. Er hat wenig
Bedürfnisse, und das wäre sein geringstes: zu wissen, was an Stelle
des Zerstörten tritt. Zunächst, für einen Augenblick zumindest,
der leere Raum, der Platz, wo das Ding gestanden, das Opfer gelebt hat. Es wird
sich schon einer finden, der ihn braucht, ohne ihn einzunehmen.
Der destruktive Charakter tut seine Arbeit, er vermeidet nur
schöpferische. So wie der Schöpfer Einsamkeit sich sucht, muß
der Zerstörende fortdauernd sich mit Leuten, mit Zeugen seiner Wirksamkeit
umgeben.
Der destruktive Charakter ist ein Signal. So wie ein trigonometrisches Zeichen
von allen Seiten dem Winde, ist er von allen Seiten dem Gerede ausgesetzt.
Dagegen ihn zu schützen, ist sinnlos.
Der destruktive Charakter ist gar nicht daran interessiert, verstanden zu
werden. Bemühungen in diese Richtung betrachtet er als oberflächlich.
Das Mißverstandenwerden kann ihm nichts anhaben. Im Gegenteil, er fordert
es heraus, wie die Orakel, diese destruktiven Staatseinrichtungen, es
herausgefordert haben. Das kleinbürgerlichste aller Phänomene, der
Klatsch, kommt nur zustande, weil die Leute nicht mißverstanden werden
wollen. Der destruktive Charakter läßt sich mißverstehen; er
fördert den Klatsch nicht.
Der destruktive Charakter ist der Feind des Etui-Menschen. Der Etui-Mensch
sucht seine Bequemlichkeit, und das Gehäuse ist ihr Inbegriff. Das Innere
des Gehäuses ist die mit Samt ausgeschlagene Spur, die er in die Welt
gedrückt hat. Der destruktive Charakter verwischt sogar die Spuren der
Zerstörung.
Der destruktive Charakter steht in der Front der Traditionalisten. Einige
überliefern die Dinge, indem sie sie unantastbar machen und konservieren,
andere die Situationen, indem sie sie handlich machen und liquidieren. Diese
nennt man die Destruktiven.
Der destruktive Charakter hat das Bewusstsein des historischen Menschen, dessen
Grundaffekt ein unbezwingliches Misstrauen in den Gang der Dinge und die
Bereitwilligkeit ist, mit der er jederzeit davon Notiz nimmt, dass alles schief
gehen kann. Daher ist der destruktive Charakter die Zuverlässigkeit
selbst.
Der destruktive Charakter sieht nichts Dauerndes. Aber eben darum sieht er
überall Wege. Wo andere auf Mauern oder Gebirge stoßen, auch da
sieht er einen Weg. Weil er aber überall einen Weg sieht, hat er auch
überall aus dem Weg zu räumen. Nicht immer mit roher Gewalt,
bisweilen mit veredelter. Weil er überall Wege sieht, steht er selbst
immer am Kreuzweg. Kein Augenblick kann wissen, was der nächste bringt.
Das Bestehende legt er in Trümmer, nicht um der Trümmer, sondern um
des Weges willen, der sich durch sie hindurchzieht.
Der destruktive Charakter lebt nicht aus dem Gefühl, dass das Leben
lebenswert sei, sondern dass der Selbstmord die Mühe nicht lohnt.
Walter Benjamin