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Wieder einmal sind die Augen der Welt auf Israel gerichtet. Es sind
verurteilende Blicke. Israel steht am Pranger reflexhaft machen Wut und
Empörung sich breit. Wiederholt stehen sogenannte israelische
Verbrechen im Fokus der Weltöffentlichkeit und die Ereignisse vom
31. Mai werden, wie üblich, aus dem Kontext gerissen und die
Zusammenhänge mehr oder weniger bewusst ausgeblendet. Als hätte die
israelische Militär-Reaktion gegen den pseudo-humanitären Hilfskonvoi
keine Vorgeschichte. Der Schuldige steht für die meisten unverrückbar
fest.
Nur die wenigsten versuchen sich mit der israelischen Perspektive
auseinanderzusetzen. Und kaum jemandem ist bewusst, in welchem Dilemma sich die
israelische Demokratie angesichts des islamistischen Terrors befindet. Welchen
Gefahren sich die Menschen in Israel ausgesetzt sehen, interessiert so gut wie
niemanden. Nicht zuletzt deshalb sind Veranstaltungen wie diese Kundgebung
richtig und wichtig, versuchen sie doch dem gesamtgesellschaftlichen Israelhass
etwas entgegenzusetzen.
Ich will im Folgenden versuchen, die israelische Perspektive stark zu machen
und zeigen, welch unheilvolle Allianz sich gegen Israel formiert. In dieser
antisemitisch-antizionistischen Internationale spielt das iranische
Terrorregime die wichtigste Rolle. Deshalb wird es hauptsächlich darum
gehen, die Ideologie und Praxis des Regimes vor dem Hintergrund des iranischen
Atomwaffenprogramms zu charakterisieren und zu verdeutlichen, welche Gefahren
sich daraus für Israel, aber auch für die Welt ergeben.
Die Existenz des israelischen Staates ist seit seiner Gründung prekär
das ist kein Geheimnis. Unzählige Kriege wurden Israel aufgezwungen
Niederlage hätte Vernichtung bedeutet. Obwohl verschiedene
Friedensverträge geschlossen wurden, sieht sich die israelische Demokratie
immernoch von feindlichen Staaten und nichtstaatlichen Akteuren umringt: Die
Muslimbrüder in Ägypten, deren Ableger Hamas im Gazastreifen,
verschiedene islamistische Gruppen im Westjordanland, die Hisbollah im Libanon,
Syrien und eben der Iran. Sie alle eint der antisemitische Wahn.
Wie soll Israel darauf reagieren? Die Forderung, Israel solle mit denen
verhandeln, die ihm mit Vernichtung drohen, ist absurd. Schließlich sind
diese Drohungen keine leeren Worte sie motivieren und begleiten die
Taten. Tausende fielen der antisemitischen Gewalt schon zum Opfer.
Und wer kann nach der Barbarei des millionenfachen Judenmordes, den
unzähligen Terroranschlägen und Raketenangriffen der vergangenen
Jahre noch ernsthaft behaupten, dass Israel Alarmismus betreibe, wenn es auf
seine Bedrohungssituation hinweist?
Dass eine durch den Horror der Shoah traumatisierte Gesellschaft nicht tatenlos
zusehen kann, wie sich ihre Feinde formieren und aufrüsten, ist mehr als
verständlich.
Eine der vielbeschworenen Lehren aus der Geschichte, wäre doch
wenigstens die: dass, wenn Antisemiten ankündigen Jüdinnen und Juden
umzubringen, sie alles daran setzen werden, ihr erklärtes Ziel auch zu
verwirklichen. Ihre Ankündigungen sind ernstzunehmen. Dass Antisemiten
auch völlig irrational handeln und sogar ihre eigene Zerstörung in
Kauf nehmen, um die Judenvernichtung zu realisieren, bewiesen die Deutschen in
aller Deutlichkeit. Auch die Antisemiten von heute, sind bereit, ihr Leben
für den Judenmord zu opfern Sie fiebern dem Märtyrertod
entgegen. Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod. verkündete einst
Ayatollah Khomeini, der Vater der Islamischen Republik Iran.
Seine Nachfolger Revolutionsführer Khamenei, Präsident
Ahmadinejad und Co werden nicht müde, Khomeinis Märtyrerkult
zu bewahren und seine djihadistische Doktrin global zu verbreiten. Die Lehren
Khomeinis und die Praxis seiner Anhänger können als Khomeinismus
charakterisiert werden, um klar zu machen, dass es sich dabei um eine neue,
einzigartige Form des Islamismus handelt.
Antisemitische Wahnvorstellungen und Verschwörungstheorien gehören
seit der Islamischen Revolution von 1979 zum Weltbild der iranischen
Machthaber. Unzählige Terroranschläge wurden in Teheran geplant, von
dort aus finanziert und international ausgeführt, um möglichst viele
Jüdinnen und Juden zu ermorden. Das khomeinistische Regime ist immernoch
einer der Hauptsponsoren des globalen Djihadismus gegen die Hauptfeinde Israel
und USA. Und obwohl die Islamische Republik ein Entwicklungsland ist und
Millionen Iranerinnen und Iraner an Armut leiden, fließen die Petrodollar
an die antisemitischen Terrorbanden an Israels Grenzen, damit Hamas und
Hisbollah asymmetrische Stellvertreterkriege führen und israelische
Zivilistinnen und Zivilisten terrorisieren können, während sie ihre
eigene Bevölkerung als menschliche Schutzschilde missbrauchen. Im letzten
Jahr wurden drei Schiffe mit Tonnen von Raketen und anderen Waffen aus dem Iran
auf dem Weg in den Gaza-Streifen und den Libanon vom israelischen Militär
gestoppt. Dies verdeutlicht, dass Israel ein berechtigtes Interesse daran hat,
Schiffe zu kontrollieren, um die Aufrüstung von Hamas und Co. zu
verhindern.
Neben dem Terror-Sponsoring verschlingen auch andere Projekte Unsummen: das
Raketen- und Atomprogramm. Diese Programme werden in Israel zu Recht als
existenzielle Bedrohung betrachtet. Diese Form der Bedrohung hat eine neue
Qualität, das kann gar nicht oft genug betont werden. Schließlich
würde schon eine Atomrakete abgefeuert auf Tel Aviv katastrophalen Schaden
anrichten. Die Raketen müssten von iranischer Seite noch nicht einmal
eingesetzt werden, um Israel in seinem Kampf gegen die Terrorbanden enorm zu
beschränken. Kann sich Israel außerdem darauf verlassen, dass sich
opferbereite Khomeinisten vom israelischen Atomwaffenarsenal abschrecken
lassen?
Wer den Tod liebt, nimmt alles in Kauf noch einmal Khomeini in seinen
eigenen Worten: Wir müssen unsere Ziele mit heiligen
Maßstäben messen und Sieg und Niederlage auf dem heiligen
Schlachtfeld definieren. (...) Selbst wenn die ganze Welt gegen uns aufsteht
und uns vernichtet, haben wir doch gesiegt.
Es ließen sich hier unzählige aktuelle Äußerungen
auflisten, die die antisemitische Vernichtungswut und Aufopferungsbereitschaft
zum Ausdruck bringen würden. Ich will darauf verzichten. Die Gefahr aber,
die von der iranischen Atomrüstung ausgeht, wird auch deutlich, wenn man
sich vor Augen führt, welche Kräfte dieses militärische Programm
maßgeblich vorantreiben. Den harten Kern bildet der
militärisch-industrielle Komplex der sogenannten Revolutionswächter
oder auch Pasdaran genannt. Diese High-Tech-Khomeinisten kontrollieren
große Teile der iranischen Wirtschaft und haben über Jahrzehnte
hinweg ein regelrechtes Wirtschaftsimperium etabliert. Die Pasdaran und die
ihnen unterstellten Basidschi Milizen waren auch für die blutige
Niederschlagung der Proteste im Iran verantwortlich und müssen als
revolutionäre Organisationen verstanden werden. Sie verteidigen die
Islamische Revolution gegen die Opposition im Innern und sorgen
dafür, die khomeinistischen Ideale in alle Welt zu exportieren.
Das politische System der Islamischen Republik muss überhaupt als
ein extrem dynamisches System mit verschiedenen konkurrierenden
Parallelstrukturen charakterisiert werden. Auf der einen Seite gibt es eine
mehr oder weniger reguläre Armee und Polizei, andererseits die
Milizen der Basidschi und die hochgerüstete khomeinistische Armee der
Revolutionswächter, deren Einfluss seit der Präsidentschaft
Ahmadinejads stetig zugenommen hat. Man kann den Iran als eine Mischung aus
Militärdiktatur und Gottesstaat begreifen, deren Machtzentrum beim
Geistigen Führer Khamenei und den Pasdaran liegt.
Das Ziel dieser Gruppen ist das Schmieden einer globalen djihadistischen Front,
um den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern mit allen
Mitteln zu torpedieren; einerseits, um die Aufmerksamkeit von ihrem atomaren
Rüstungsprogramm abzulenken, und andererseits , um das Leid des
palästinensischen Volkes, wie es immer heißt, als Rechtfertigung
für ihren Israelhass zu instrumentalisieren.
Das khomeinistische Regime muss als Haupthindernis für eine friedliche
Lösung des Nahostkonflikts begriffen werden. Ohne Unterstützung
Teherans wären Hisbollah und Hamas nicht in der Lage, aufzurüsten und
Israel zu terrorisieren. Die Rolle des khomeinistischen Unstaates darf nicht
ausgeblendet werden. Andererseits muss verstanden werden, dass selbst, wenn es
mittelfristig zur Gründung eines palästinensischen Staates kommen
würde, sich der vernichtungwütige Antisemitismus des iranischen
Regimes nicht automatisch in Luft auflösen würde. Es ist egal was
Israel tut oder unterlässt, die antisemitische Ideologie hat sich
gegenüber der Realität verselbstständigt Antisemiten
leben in ihrer eigenen Wahnwelt.
Noch einmal: die Vernichtungsdrohungen müssen vor dem Hintergrund des
Terrors und dem aktuellen Atomprogramm ernstgenommen werden. Dies scheint in
Europa und vor allem Deutschland immer noch nicht angekommen zu sein. Die
Bundesregierung spricht zwar von historischer Verantwortung gegenüber
Israel, belässt es aber weitestgehend bei politischen Phrasen und der
makaberen Solidarität mit toten Jüdinnen und Juden.
Wie kann es sein, dass die Bundesrepublik immer noch einer der wichtigsten
Handelspartner des khomeinistischen Terrorregimes ist und die Machthaber mit
High-Tech Produkten beliefert? Warum wird der Handel mit Teheran nicht effektiv
sanktioniert?
2009 hatten die deutschen Exporte in den Iran einen Gesamtwert von 3,7
Milliarden Euro. Es ist unerträglich, wie deutsche
EntscheidungsträgerInnen die existenzielle Bedrohung Israels ignorieren
und die Deutsch-Iranische Handelskammer frohlocken lassen. Ich zitiere:
Allen politischen Schwierigkeiten zum Trotz entwickeln sich die
Deutsch-Iranischen Wirtschaftsbeziehungen sehr positiv. Durch den starken
Anstieg im Monat März um 48% liegen die Deutschen Exporte auch in den
ersten drei Monaten des Jahres 2010 mit 920 Mio. Euro um 15% über dem
Vergleichszeitraum des Jahres 2009. Bemerkenswert sind auch die Iranischen
Exporte nach Deutschland, die sich von Januar bis März 2010 gegenüber
dem Vorjahr fast verdoppelt haben.
Diese Entwicklungen sind in aller Schärfe zu verurteilen und Initiativen
wie die Kampagne STOP THE BOMB zu unterstützen, die versucht, gezielte,
effektive Sanktionen zu forcieren, um den khomeinistischen Unstaat auf
nicht-militärischem Weg von seinen Atomplänen abzubringen. Was aber
passiert, wenn diese Sanktionsbemühungen scheitern?
Israel muss vor dem Hintergrund historischer Erfahrungen mit allem rechnen,
deshalb werden militärische Schritte vorbereitet. Es finden landesweite
Katastrophenübungen statt, um für den Ernstfall einigermaßen
gewappnet zu sein. Schließlich kann sich Israel auf niemanden verlassen
und ist international, entgegen aller Solidaritäts-Bekundungen,
weitestgehend isoliert. Israel ist in der UN mit einer anti-israelischen
Mehrheit konfrontiert, die es offensichtlich begrüßt, dass das
UN-Mitglied Iran dem israelischen Staat mit Vernichtung droht. Selbst die USA
sind für Israel kein 100 prozentig verlässlicher Partner. Die
israelische Demokratie befindet sich angesichts des iranischen
Atomwaffenprogramms in einem riesigen Dilemma und vor enormen
Herausforderungen. Dies endlich wahrzunehmen und Israel effektiv zu
unterstützen, ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit.
Es versteht sich von selbst, dass in diesem Redebeitrag bei weitem nicht alles
zur iranischen Außen-, Atom- und Bündnispolitik gesagt werden
konnte. Denjenigen, die sich eingehender mit der Problematik beschäftigen
wollen, seien daher an dieser Stelle die Bücher von Stephan Grigat und
Simone Dinah Hartmann empfohlen, insbesondere der kürzlich erschienene
Sammelband mit dem Titel Iran im Weltsystem. Auch der Besuch der Seite
www.stopthebomb.net sei hiermit ans Herz gelegt.
Ehrlich gesagt: ich wünschte die Atom- und Iran-Experten hätten
Unrecht und die Bedrohung, die vom khomeinistischen Regime ausgeht, wäre
ein bloßes Hirngespinst. Doch leider sind wir nicht bei
Wünsch-Dir-Was und auch die Parole Augen-zu-und-durch bringt uns hier
nicht weiter. Wir dürfen die Augen vor den Gefahren nicht
verschließen, die vernichtungswütiger Antisemitismus in Kombination
mit Massenvernichtungswaffen bergen. Atomwaffen in den Händen von
Gotteskriegern hätten katastrophale Konsequenzen nicht nur für
Israel. Ein Wettrüsten in der Region würde den Nahen und Mittleren
Osten zu einem atomaren Pulverfass mutieren lassen.
Israel von der Landkarte zu tilgen, wie einst der iranische
Präsident hetzte, wäre nur die erste Etappe im Kampf der Islamisten
gegen Freiheit und Vernunft. Der Hass auf bürgerliche Errungenschaften
wie die Trennung von Religion und Staat und die Verachtung
grundlegender demokratischer Freiheiten im Allgemeinen, sind eine Bedrohung
für uns alle.
Die Ideologie und Praxis der Khomeinisten im Iran stehen jeder Art von
gesellschaftlicher Emanzipation entgegen die Mischung aus
Militärdiktatur und Gottesstaat ist das krasse Gegenteil einer befreiten
Gesellschaft, in der man ohne Angst verschieden sein könnte. Dies zu
erkennen und die Gefahren endlich ernstzunehmen, ist der erste Schritt. Alles
in unserer Macht stehende zu tun, andere für diese Problematik zu
sensibilisieren, die deutsch-iranischen Handelsbeziehungen zu sanktionieren,
die iranische Atomwaffe zu verhindern und das khomeinistische Terrorregime zu
stürzen, zählen zu den wichtigsten Aufgaben unserer Zeit.
Es geht um die Existenz des israelischen Staates, um die Verteidigung
bürgerlicher Errungenschaften und darum, die Welt vom islamistischen
Massenwahn zu befreien.
Paul Sandkorn