• Titelbild
• Editorial
• das erste: Wer hat Angst vorm Sozialismus?
• Easter Ska Jam 2010
• To Rococo Rot
• Ashers, Ticking Bombs
• Bouncing Souls
• It's a virus.
• welcome to electric island?
• OH! OH! OH!
• Welcome home!
• The Artery Foundation Tour
• Shrinebuilder
• Good Clean Fun
• Fight for Freedom!
• Benefizdisco
• Katatonia
• Sondaschule
• electric island - love edition
• Inspectah Deck
• Veranstaltungsanzeigen
• review-corner buch: Hitler war's
• review-corner theater: Die Prinzessin als Anarch
• ABC: M wie Metaphysik
• Mit Messer und Axt
• doku: VS wirbt versteckt am schwarzen Brett
• doku: Getrennt in den Farben Vereint in der Sache
• doku: Wir geben keine Ruhe
• doku: tears please!
• Anzeigen
• das letzte: Die Linke Wange auch noch hinhalten
Nazi-Strukturen im Leipziger Umland aufdecken
Am 24.10.2009 wurde das Bezirksklassespiel zwischen dem FSV Brandis und Roter
Stern Leipzig (RSL) kurz nach Anpfiff von Neonazis überfallen. Die
Angreifer gingen brutal mit Holzlatten, Eisenstangen, Stahlprofilen, Steinen
und Feuerwerkskörpern gegen die Fans, Vereinsvertreter_innen und Spieler
des RSL vor. Während des Angriffs waren die RSL-Anhänger_innen auf
sich selbst gestellt, glücklicherweise konnten die Sterne die Neonazis
zurück drängen. Bei dem Angriff wurden drei Personen schwer verletzt,
mehrere Personen erlitten leichte Verletzungen. Die politische Motivation
dieses Überfalls kann nicht abgestritten werden. Die Täter sind
rechte Hooligans, Freefighter und bekannte Neonazis aus dem Muldentalkreis.
Nicht zum ersten Mal: Immer wieder waren in dieser Saison bei
Auswärtsspielen des RSL Neonazis zugegen und versuchten Spieler und
Zuschauer_innen zu provozieren oder anzugreifen. Diese im Vorfeld des Spiels
bekannte Sicherheitsproblematik wurde weder vom FSV Brandis, noch von der
zuständigen Polizeidienststelle überhaupt zur Kenntnis genommen.
Ein Stern im Sumpf des Unpolitischen
Wir haben den Roten Stern Leipzig im Jahr 1999 als antifaschistisches
Sportprojekt gegründet, weil wir einen Verein haben wollten, der anders
ist. Wir hören nicht weg, wenn rassistische, sexistische, homophobe und
nationalistische Aussagen auf dem Sportplatz fallen, sondern beziehen ganz klar
dagegen Stellung. Der Verein organisiert sich selbstbestimmt, hierarchiefrei
und basisdemokratisch.
Das Leipziger Umland
Die Neonazis sind im Leipziger Umland so aktiv wie lange nicht mehr.
Tagtäglich kommt es hier zu Übergriffen oder Aktionen rechter
Gewalttäter. Colditz, Mügeln, Wurzen, Delitzsch die Liste
lässt sich leicht verlängern. Neonazis schaffen sich mit Gewalt ihre
Aktionsräume und werden nicht selten als die netten Jungs von
nebenan beschrieben, sie sind Teil der örtlichen Gemeinschaft. Die NPD
sitzt mit 73 Abgeordneten in zahlreichen Kommunalparlamenten und baut derzeit
gezielt Nachwuchsstrukturen auf dem Land aus. Unlängst wurden vier neue
JN-Stützpunkte (Junge Nationaldemokraten, Jugendorganisation der NPD) in
Delitzsch-Eilenburg, Torgau, Oschatz und Wurzen gegründet. Ein weiterer
ist in Borna geplant. Die Wenigen, die sich dort noch offen antifaschistisch
positionieren, leben in ständiger Bedrohung. Ein Beleg hierfür ist
die Situation in Delitzsch: Innerhalb von sechs Monaten setzten Anhänger
von NPD, JN und Freien Kräften, einem Jugendlichen bisher sieben
Mal schwer zu. Neben Bedrohung, Androhung von Entführung,
Hausbesuchen und Denunziation im Internet gab es gemeinschaftliche
Körperverletzung und Hetzjagden durch vermummte Freie Kräfte.
Ebenso erging es dem Verein Vive le Courage und den jungen
Antifaschist_innen in Mügeln: Ihr Haus wurde im letzten Jahr mehrfach das
Ziel von Angriffen. Das Soziokulturelle Zentrum Vive le Courage ist der
einzige Treffpunkt nichtrechter Jugendlicher und zugleich Sitz des Vereins. Im
letzten Jahr kam es regelmäßig zu Drohungen und gewalttätigen
Übergriffen durch Neonazis auf nichtrechte bzw. antifaschistische
Jugendliche und auf das Zentrum.
Die Opfer von neonazistischer Gewalt erfahren nur selten Solidarität und
Unterstützung durch lokale Verantwortungsträger_innen. Wenn sie
ausbleibt, so ist dies ein weiterer Baustein in den hegemonialen Bestrebungen
der Neonazis. Umso erstaunlicher ist es, wenn nach Übergriffen immer
wieder eine Teilung der Gesellschaft in eine gedachte unproblematische
Mitte und Extremist_innen vollzogen wird. Mit der Verortung der
Täter_innen außerhalb der gedachten Mitte der
Gesellschaft soll suggeriert werden, dass die Nazis von woanders
über die redliche Stadtgemeinschaft kamen und man selber ja mit
solchen gar nichts zu tun hätte. Dass es die viel beschworene
unproblematische Mitte gar nicht gibt, wird nicht nur durch Studien
regelmäßig belegt. Ideologien der Ungleichwertigkeit gegenüber
Menschen und diskriminierende Einstellungen finden sich quer durch breite Teile
der Bevölkerung und machen daher eine Einteilung in Rand und
Mitte unmöglich. Die Täter sind nicht die Fremden oder
Extremisten, mit denen man nichts zu tun hat. Sie sind Söhne und
Väter, Mütter und Töchter, Teil der Gemeinschaft, in welcher sie
unbehelligt leben.
Gerade der Fall Brandis zeigt, wie problematisch der Umgang mit
Neonazi-Übergriffen ist. Wenige Tage nach dem 24.10.09 verabschiedete der
Brandiser Stadtrat eine Resolution unter dem Titel Gegen
Rechtsextremismus und Gewalt Zeichen setzen: Für eine soziale,
sichere und weltoffenen Stadt! (Fehler im Original) Hierin beklagt der
Stadtrat nicht nur den Rechtsextremismus in Brandis sondern auch das
offene Auftreten (...) linksautonomer Vandalen. Wer sich hinter dem
Extremismusbegriff versteckt, verkennt die Lebensrealitäten in der
Stadt Brandis und im Leipziger Umland. Eine Gleichsetzung von links und
rechts in einem Atemzug, und damit das Gleichsetzen antifaschistischen
Engagements mit der Ideologie der alten und neuen Nazis, können, wollen
und werden wir nicht hinnehmen! Solange es nicht als problematisch empfunden
wird, dass Neonazis, Rassist_innen und/oder NPD-Kandidat_innen in Vereinen
aktiv sind, sei es als Spieler, Trainer oder Betreuer, wie im Fall des FSV
Brandis zu beobachten, so lange es nicht problematisiert wird, dass sie auch
hierüber ihre Strukturen ausbauen, ihre menschenverachtende Ideologie
pflegen, Menschen angreifen, einschüchtern und jene, die sich dagegen
engagieren bestraft werden, geben wir keine Ruhe! Wir wollen öffentlich
machen, wie in der bürgerlichen Mitte Neonazis leben und toleriert
werden, wie eine Kultur des Wegsehens und Weghörens den Nährboden
für nazistische Strukturen bietet und sie zur Normalität werden
lässt.
Mit der Demonstration wollen wir unsere Solidarität mit den Menschen im
Umland zum Ausdruck bringen, die nicht nur einmal zum Fußball dorthin
fahren müssen, sondern die in diesen Landstrichen leben und politische
Arbeit leisten. Solidarität mit allen antifaschistischen Strukturen und
Aktivisten_innen im Umland, sowie allen Betroffenen von rassistischer und
neo-nazistischer Gewalt!
RSSC Red Star Supporters Club
Demo am: 07.04.2010 in: Brandis