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Aktuelle Termine

CEE IEH-ARCHIV

#172, Januar 2010
#173, Februar 2010
#174, März 2010
#175, April 2010
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#181, November 2010
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Aktuelles Heft

INHALT #175

Titelbild
Editorial
• das erste: Wer hat Angst vorm Sozialismus?
Easter Ska Jam 2010
To Rococo Rot
Ashers, Ticking Bombs
Bouncing Souls
„It's a virus.“
welcome to electric island?
OH! OH! OH!
Welcome home!
The Artery Foundation Tour
Shrinebuilder
Good Clean Fun
Fight for Freedom!
Benefizdisco
Katatonia
Sondaschule
electric island - love edition
Inspectah Deck
Veranstaltungsanzeigen
• review-corner buch: Hitler war's
• review-corner theater: Die Prinzessin als Anarch
• ABC: M wie Metaphysik
Mit Messer und Axt
• doku: VS wirbt versteckt am schwarzen Brett
• doku: Getrennt in den Farben –Vereint in der Sache
• doku: Wir geben keine Ruhe
• doku: tears please!
Anzeigen
• das letzte: Die Linke Wange auch noch hinhalten

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Wir dokumentieren und unterstützen einen Aufruf des Red Star Supporters Club (RSSC) zu einer Demonstration gegen Nazistrukturen im Leipziger Umland. Die Demonstration findet anlässlich des Bezirksklasse-Wiederholungsspiels Roter Stern Leipzig – FSV Brandis statt, welches im vergangenen Oktober nach einem brutalen Überfall von Neonazis auf die Fans und Spieler des RSL abgebrochen wurde. Die Leipziger Antifa-Gruppe LeA unterstützt das Anliegen der Demonstration ebenfalls, sieht den sportlichen Antritt des RSL in Brandis allerdings kritisch, wie ihr Offener Brief erkennen lässt.
Nichtantrittsgedanke hin oder her, die Entscheidung des RSL in Brandis auch sportlich anzutreten und damit den Nazis nicht das Feld zu überlassen, ist nachvollziehbar. Was dem Aufruf des RSSC dennoch fehlt, ist eine Kritik an denjenigen Deppen, die „am runden Tisch“ dafür gesorgt haben, dass es überhaupt zu einem Wiederholungsspiel in Brandis kommt. Das Problem liegt nicht alleine in der von Nazis dominierten Provinz, sondern auch in der Ignoranz irgendwelcher Sportrentner, die das Leipziger Sportgericht bilden.
Redaktion CEE IEH



Wir geben keine Ruhe

Antifaschistische Demonstration in Brandis

Nazi-Strukturen im Leipziger Umland aufdecken

Am 24.10.2009 wurde das Bezirksklassespiel zwischen dem FSV Brandis und Roter Stern Leipzig (RSL) kurz nach Anpfiff von Neonazis überfallen. Die Angreifer gingen brutal mit Holzlatten, Eisenstangen, Stahlprofilen, Steinen und Feuerwerkskörpern gegen die Fans, Vereinsvertreter_innen und Spieler des RSL vor. Während des Angriffs waren die RSL-Anhänger_innen auf sich selbst gestellt, glücklicherweise konnten die Sterne die Neonazis zurück drängen. Bei dem Angriff wurden drei Personen schwer verletzt, mehrere Personen erlitten leichte Verletzungen. Die politische Motivation dieses Überfalls kann nicht abgestritten werden. Die Täter sind rechte Hooligans, Freefighter und bekannte Neonazis aus dem Muldentalkreis. Nicht zum ersten Mal: Immer wieder waren in dieser Saison bei Auswärtsspielen des RSL Neonazis zugegen und versuchten Spieler und Zuschauer_innen zu provozieren oder anzugreifen. Diese im Vorfeld des Spiels bekannte Sicherheitsproblematik wurde weder vom FSV Brandis, noch von der zuständigen Polizeidienststelle überhaupt zur Kenntnis genommen.

Ein Stern im Sumpf des „Unpolitischen“

Wir haben den Roten Stern Leipzig im Jahr 1999 als antifaschistisches Sportprojekt gegründet, weil wir einen Verein haben wollten, der anders ist. Wir hören nicht weg, wenn rassistische, sexistische, homophobe und nationalistische Aussagen auf dem Sportplatz fallen, sondern beziehen ganz klar dagegen Stellung. Der Verein organisiert sich selbstbestimmt, hierarchiefrei und basisdemokratisch.

Das Leipziger Umland

Die Neonazis sind im Leipziger Umland so aktiv wie lange nicht mehr. Tagtäglich kommt es hier zu Übergriffen oder Aktionen rechter Gewalttäter. Colditz, Mügeln, Wurzen, Delitzsch – die Liste lässt sich leicht verlängern. Neonazis schaffen sich mit Gewalt ihre Aktionsräume und werden nicht selten als „die netten Jungs von nebenan“ beschrieben, sie sind Teil der örtlichen Gemeinschaft. Die NPD sitzt mit 73 Abgeordneten in zahlreichen Kommunalparlamenten und baut derzeit gezielt Nachwuchsstrukturen auf dem Land aus. Unlängst wurden vier neue JN-“Stützpunkte“ (Junge Nationaldemokraten, Jugendorganisation der NPD) in Delitzsch-Eilenburg, Torgau, Oschatz und Wurzen gegründet. Ein weiterer ist in Borna geplant. Die Wenigen, die sich dort noch offen antifaschistisch positionieren, leben in ständiger Bedrohung. Ein Beleg hierfür ist die Situation in Delitzsch: Innerhalb von sechs Monaten setzten Anhänger von NPD, JN und „Freien Kräften“, einem Jugendlichen bisher sieben Mal schwer zu. Neben Bedrohung, Androhung von Entführung, „Hausbesuchen“ und Denunziation im Internet gab es gemeinschaftliche Körperverletzung und Hetzjagden durch vermummte „Freie Kräfte“. Ebenso erging es dem Verein „Vive le Courage“ und den jungen Antifaschist_innen in Mügeln: Ihr Haus wurde im letzten Jahr mehrfach das Ziel von Angriffen. Das Soziokulturelle Zentrum “Vive le Courage“ ist der einzige Treffpunkt nichtrechter Jugendlicher und zugleich Sitz des Vereins. Im letzten Jahr kam es regelmäßig zu Drohungen und gewalttätigen Übergriffen durch Neonazis auf nichtrechte bzw. antifaschistische Jugendliche und auf das Zentrum.
Die Opfer von neonazistischer Gewalt erfahren nur selten Solidarität und Unterstützung durch lokale Verantwortungsträger_innen. Wenn sie ausbleibt, so ist dies ein weiterer Baustein in den hegemonialen Bestrebungen der Neonazis. Umso erstaunlicher ist es, wenn nach Übergriffen immer wieder eine Teilung der Gesellschaft in eine gedachte unproblematische „Mitte“ und „Extremist_innen“ vollzogen wird. Mit der Verortung der Täter_innen „außerhalb“ der gedachten „Mitte der Gesellschaft“ soll suggeriert werden, dass die Nazis von „woanders“ über die redliche Stadtgemeinschaft kamen und man selber ja „mit solchen“ gar nichts zu tun hätte. Dass es die viel beschworene unproblematische „Mitte“ gar nicht gibt, wird nicht nur durch Studien regelmäßig belegt. Ideologien der Ungleichwertigkeit gegenüber Menschen und diskriminierende Einstellungen finden sich quer durch breite Teile der Bevölkerung und machen daher eine Einteilung in „Rand“ und „Mitte“ unmöglich. Die Täter sind nicht „die Fremden“ oder „Extremisten“, mit denen man nichts zu tun hat. Sie sind Söhne und Väter, Mütter und Töchter, Teil der Gemeinschaft, in welcher sie unbehelligt leben.
Gerade der Fall Brandis zeigt, wie problematisch der Umgang mit Neonazi-Übergriffen ist. Wenige Tage nach dem 24.10.09 verabschiedete der Brandiser Stadtrat eine Resolution unter dem Titel „Gegen Rechtsextremismus und Gewalt – Zeichen setzen: Für eine soziale, sichere und weltoffenen Stadt!“ (Fehler im Original) Hierin beklagt der Stadtrat nicht nur den „Rechtsextremismus“ in Brandis sondern auch das „offene Auftreten (...) linksautonomer Vandalen“. Wer sich hinter dem „Extremismusbegriff“ versteckt, verkennt die Lebensrealitäten in der Stadt Brandis und im Leipziger Umland. Eine Gleichsetzung von „links“ und „rechts“ in einem Atemzug, und damit das Gleichsetzen antifaschistischen Engagements mit der Ideologie der alten und neuen Nazis, können, wollen und werden wir nicht hinnehmen! Solange es nicht als problematisch empfunden wird, dass Neonazis, Rassist_innen und/oder NPD-Kandidat_innen in Vereinen aktiv sind, sei es als Spieler, Trainer oder Betreuer, wie im Fall des FSV Brandis zu beobachten, so lange es nicht problematisiert wird, dass sie auch hierüber ihre Strukturen ausbauen, ihre menschenverachtende Ideologie pflegen, Menschen angreifen, einschüchtern und jene, die sich dagegen engagieren bestraft werden, geben wir keine Ruhe! Wir wollen öffentlich machen, wie in der „bürgerlichen Mitte“ Neonazis leben und toleriert werden, wie eine Kultur des Wegsehens und Weghörens den Nährboden für nazistische Strukturen bietet und sie zur Normalität werden lässt.
Mit der Demonstration wollen wir unsere Solidarität mit den Menschen im Umland zum Ausdruck bringen, die nicht nur einmal zum Fußball dorthin fahren müssen, sondern die in diesen Landstrichen leben und politische Arbeit leisten. Solidarität mit allen antifaschistischen Strukturen und Aktivisten_innen im Umland, sowie allen Betroffenen von rassistischer und neo-nazistischer Gewalt!

RSSC – Red Star Supporters Club

Demo am: 07.04.2010 in: Brandis

Connewitz spielt nicht für Leipzig und nicht in Brandis

Offener Brief der Gruppe LeA

Liebe FreundInnen und KollegInnen, Fans, SpielerInnen und Mitglieder des Roten Stern Leipzig!

Der Neonazi-Überfall beim Spiel des FSV Brandis gegen den RSL am 24. Oktober bleibt uns allen in denkbar schlechter Erinnerung: Der Tag hat gezeigt, welches Gewaltpotential gegen jene aufgebracht wird, die einen abweichenden Lebensstil pflegen und eine alternative Freizeitgestaltung vorziehen. Die Täter wollten diejenigen treffen, die sie für „Zecken“ halten, weil sie einem Connewitzer Verein anhängen.
Im kleinstädtischen Hörensagen wie der regionalen Presse hat man sich darüber die einschlägige Meinung gebildet, das Anderssein (und besteht es nur daraus, einen anderen Verein anzufeuern) und Bösartigkeit zusammenhängen. Ein Zusammenhang, der aufgeklärten Menschen nichts gilt, von den Angreifern aber vehementer verinnerlicht wurde als die Grundrechenarten. Deswegen hat sich der Mob aus Provinzfaschos, Hooligans, Kampfsportlern und Trinkermilieu umstandslos getroffen, um „loszulegen“. Und sie haben – für sie eine Ehrensache und daher selbstverständlich – in keinem Kalkül als dem der Gewalt gehandelt und für einen maximalen Schaden ein Maximum an Gewalt geübt.
Der Vorfall von Brandis ist deswegen ohne Beispiel, aber kein Zu- oder Einzelfall. Die Konstellation war typisch, weil im Herr-im-Haus-Denken der Täter das Fühlen, Denken und Handeln durch Vorurteil, Menschenfeindlichkeit und Gewalt ersetzt sind. Wer sich über Brandis entsetzt, muss sich über diese Banalität entsetzen. Sie ist in manchen Gegenden offenbar eine Grundtatsache des Alltagslebens. Diesen Alltag abzulehnen unterscheidet uns von PolizistInnen und übereifrigen Bezirksklasse-OrdnerInnen.
Seid euch folglich unserer Solidarität und Unterstützung sicher, wenn es darum geht, den Vorfall als das zu benennen, was er war: kein jugendlicher Ulk, kein Ultra-Spaß, kein Hooligan-Gepose und kein Dorf-Exzeß, sondern ein Neonazi-Überfall. Der Fall ist politisch nicht erledigt, wenn nun wenigstens einige der beteiligten Neonazis auf den Fitneßraum im Knast beschränkt werden.
Uns gefällt daher eure Idee, zum Termin des Nachholspiels in Brandis zu demonstrieren – das bringt unserem gemeinsamen Anliegen einen öffentlichen Ausdruck, und der ist bitter nötig. Aber den Gedanken, trotzdem zum Spiel anzutreten, mögen wir nicht. Wer ernstlich ein Problem mit der Alltagskultur im sächsischen Hinterland hat, kann sich mit diesem Alltag nicht auf dem Spielfeld versöhnen.
Wenn wir an Brandis denken, denken wir nicht an Fußball. Drei Punkte für den FSV Brandis rühren uns nicht an einem Tag, an dem wir dem ganzen Ort sagen, wo unser Problem liegt. Auf dem Spielfeld jedenfalls nicht.
Mit solidarischen Grüßen,

Leipziger Antifa (LeA) im März 2010

Dieser Text erscheint nur in der Online-Ausgabe des CEE IEH.

 

25.03.2010
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