• Titelbild
• Editorial
• das erste: Eingefahrene Wege verlassen
• Geht national auch normal?
• The Casualties, Pestpocken, Starts
• Untold Storys!
• Feel Good Lost Festival
• Saint Vitus
• Deadline
• Loud, fast'n'noisy! Vol. 5
• electric island: all dial night long
• Benefizdisco
• Erich Mühsam - kein Lampenputzer
• Veranstaltungsanzeigen
• review-corner buch: Überwältigende Geschichte(n)
• review-corner buch: Wenn es darauf ankommt
• kulturreport: Die Schönheit setzt sich der Revolution nicht entgegen
• ABC: D wie Die Dialektik der Aufklärung
• Zwischen Skylla und Charybdis
• doku: Gespensterjagd
• Anzeigen
• das letzte: Konkret inkonkret
Nach den großen Aufbruchszeiten der 1970/80er ist es düster geworden
bezüglich des Angebots an feministischen Zeitschriften. Zwar hat die
Emma überlebt sowie einzelne wissenschaftliche
Veröffentlichungen wie feministische Studien oder femina
politica. Aber viele Projekte sind mit der Zeit eingegangen, wie die
im letzten Jahr eingestellte Zeitschrift beiträge zur feministischen
theorie und praxis, die sich als Leitmedium für die autonome
Frauenbewegung 1978 gegründet hatte.
Diese Flaute wurde nur kurz von der Wende und den neuen Möglichkeiten in
den ostdeutschen Ländern unterbrochen, wo endlich feministischen
Zeitschriften einer größeren Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden konnten. Hier seien Die Zaunreiterin, In
Femme und Weibblick genannt.
In den letzten Jahren sind nun gleich mehrere neue Zeitschriften- und
Blogprojekte gegründet worden, die sich an die neue Generation von
Feministinnen wenden möchten. 2002 erschien zum ersten Mal die Ohne viel
Erfahrung aus anderen journalistischen Zusammenhängen mitzubringen, hat
sich die outside the box crew selbstbewusst der Aufgabe gestellt, diese
Leerstelle zu füllen. Die bis zu neun Frauen haben sich in den
Ladyfest- /Postcafé-Zusammenhängen kennengelernt und ein
gemeinsames Interesse für feministische Themen entwickelt. Aus dem
Austausch heraus ist die Idee entstanden, eine eigene Gruppe zu gründen,
die als Ziel eine regelmäßig erscheinende feministische Zeitschrift
hat. Dass die Redaktion nur aus Frauen besteht, hat keinen programmatischen
Grund, wird aber von den Mitgliedern als angenehm empfunden.
Als in diesem Frühjahr der Call of Paper versendet worden war,
folgte eine Flut von Artikelangeboten, wovon viele nicht in dieser Ausgabe
erscheinen konnten. Nicht nur der Call of Paper scheint auf ein großes
Echo zu stoßen. Auch das Erscheinen löste erneut eine E-Mail Flut
aus. Schon vor ihrem offiziellen Erscheinen wurden 100 Zeitschriften der 800
starken Auflage verkauft.
Die outside the box macht es sich weniger zur Aufgabe, eine
Einführung in den Feminismus darzustellen, abgesehen von Kristina
Biene Holmes Text zur feministischen Philosophie B2
Von Beauvoir zu Butler, sondern will feministische Analysen weiter
treiben.
Mutig nimmt sich die erste Ausgabe dem weiten Thema Emanzipation an.
Während die Emanzipation der Frau noch ein Schlagwort der zweiten
Frauenbewegung war, reden heute nur noch wenige davon. Vielmehr scheint es so,
als seien Frauen in Deutschland heute bereits emanzipiert, da sie sich aus der
Abhängigkeit zu Männern befreit hätten, können sie doch
über ihr eigenes Geld, Berufstätigkeit, mit wem sie Sex haben oder ob
sie abtreiben, selber entscheiden. Welche Missstände und Mankos es jedoch
noch gibt und welche es zu beheben gilt, zeigen die ersten drei Artikel. In
Emanzipation. Überlegungen zu Notwendigkeit und Wesen menschlicher
Emanzipation von Marianne Pabst und Virgina Spuhr, die im letzten CEE
IEH einen Artikel zur menschlichen Emanzipation verfasst haben, führen
die Autorinnen aus, dass alle Versuche, Emanzipation in dieser
Gesellschaft zu erreichen scheitern müssen, weil die gewonnene scheinbare
Freiheit der Frau nur diejenige ist, ihre eigene Arbeitskraft verkaufen
zu können.
Andrea Trumann beschreibt in Das Bedürfnis nach Gleichheit. Eine
Kritik der bürgerlichen Frauenbewegung, welchem Missverständnis die
Vorstellung von der möglichen Gleichheit der Geschlechter im Kapitalismus
unterliegt. So ist das, was als Erfolgsgeschichte der Frauenemanzipation
gefeiert wird, die Wahl zwischen Familie und Beruf, doch nur die zwischen
Pest und Cholera. Sie beschreibt weiterhin eine Verschiebung von
Öffentlichkeit und Privatem auf mehrfachen Ebenen. Obwohl die
Frauenbewegung sich die Auflösung dieser Dichotomie zum Ziel gesetzt
hatte, konnte sie dieses nicht erreichen. Frauen sind heute zwar meist nicht
mehr von ihren Ehemännern abhängig, stattdessen werden sie
gezwungen, selbstständig zu sein und geraten vermehrt in die
Abhängigkeit vom Staat.
Dass ein Zugewinn an Rechten mit neuen Zwängen einhergeht, denen sich
Frauen unterwerfen müssen, zeigt auch der Artikel des
Antifaschistischen Frauenblocks Leipzig (AFBL) zur Rolle der Frauen in
der DDR. Hier wird deutlich, dass die Ausübung eines Berufs entgegen den
sonstigen Parolen der Politik, nur wenig mit Emanzipation zu tun hat
ganz besonders in dieser unfreien Gesellschaft, wo alle gezwungen waren zu
arbeiten.
Die Möglichkeiten sexueller Emanzipation sieht Anna Kow in ihrem
spannenden Text Gefährliches Vergnügen: Sex und Feminismus. Ein
Abriss in der queeren Strategie, Macht und heteronormative Sexpraktiken zu
dekonstruieren, indem sie ihrer natürlichen Basis entzogen und die
Positionen immer wieder neu verhandelt und spielerisch ausgelebt werden.
Neben den theoretischen Texten finden sich in dem Heft Buchbesprechungen,
ein queerer Comic von Lena Demke sowie ein Gedicht. Besonders gelungen ist
das elegante Layout, das mit Fotos von Fritz Loipos aufgelockert wird.
Der Name der Zeitschrift referiert auf das Logikspiel outside the box,
bei dem über die Grenzen gedacht werden muss, um die Lösung zu
finden. Ob die Zeitschrift diesem Anspruch gerecht wird, bleibt noch
abzuwarten. Mit der Themenauswahl, dem Layout und den Autor_innen hat die
Zeitschrift noch nicht die ausgetretenen Pfade verlassen, sondern greift auf
Altbekanntes zurück. Etwas mehr Experimentierfreude und Kampfgeist
hätte ihr sicherlich gut getan. Insgesamt ist outside eine sehr
gelungene Zeitschrift, die nicht nur die Leipziger Szene bereichern wird. Und
wie andere Zeitschriften gezeigt haben, werden die nächsten Ausgaben
sicherlich neue Themen und Aspekte bieten.
Ich hoffe, dass der Erfolg genug motiviert, damit die Redaktion ihr
Versprechen, halbjährlich zu veröffentlichen, auch einhalten
kann.
Stine
outside the box ist in Leipzig in der Buchhandlung el libro (Bornaische Straße 3d), B12 (Braustr. 20) und im Conne Island Café sowie dem Infoladen im Conne Island zu erhalten.