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Mit ihrem mittlerweile vierten Studioalbum Sexismus gegen Rechts stehen
die ironischen K.I.Z., derzeit die wohl meist diskutierte Hip Hop Combo
Deutschlands, endlich im Conne Island auf der Bühne. Im Conne Island?
Endlich? Als Erstes sollte vorweg genommen werden, dass dieser Artikel keine
Rechtfertigung zum Auftritt von K.I.Z., geschweige denn eine
Verteidigungsschrift zu den Werken der Gruppe ist. Aufgrund ihrer
augenscheinlich sexistischen und homophoben Lyrik wird jeder, der sich mit
dieser Crew noch nicht tiefgründig beschäftigt hat, spüren, wie
der moralische Zeigefinger zu zucken beginnt. Doch die Message ist komplexer
und sitzt viel tiefer, versteckt zwischen den Zeilen aus Koitalhumor und
Straßenslang. Wer hier auf Gangster-Rap ala Aggro Berlin hofft,
wird eines besseren belehrt werden, denn K.I.Z. punkten mit Inhalt, Parodie
und jeder Menge Wortwitz. In einer Zeit, als Deutsch-Rap scheinbar am
intellektuellen Tiefpunkt angelangt ist, das Genre immer flachen und
frauenfeindlicher wurde, haben es K.I.Z geschafft, die fast entpolitisierte
Szene auf ironische Weise zu unterwandern und ihr den Spiegel vorzuhalten.
Dieses Satire-Gewitter scheint auch humorlose Typen wie Fler von der
Bildfläche gespült zu haben der deutsche Gangstarap
tritt nichtschwimmermässig auf der Stelle, wärend die
K.I.Z.-Schlechtwetterfront aus Berlin über das gesamte Land zieht.
Dass ihr neues Album politischer und vor allem ausgereifter ist als die
Vorgänger, lässt sich nicht von der Hand weisen. Mit Straight
Outta Kärnten wurde eine schein-sympathisierenden Ode an Jörg
Haider und das rechtsgerichtete Österreich geschaffen. Und Titel wie
So Alt beweisen dem Hörer auf ein Neues, dass man es hier mit
erwachsenem Hip Hop zu tun hat. Doch natürlich muss niemand auf die
typische Berlin-Untergrund-Coolness verzichten. Sprüche wie Deine
Frau hat sich von dir den Baggy-Style abgeguckt, sie ist nackt und hat
trotzdem den Schlabber-Look (Scheiterhaufen) oder Es ist Liebe,
du hältst bei meinen Eltern um meinen Schwanz an (Ringelpiez mit
anscheißen) zeigen, wie spitzfindig eine Persiflage auf den so
verteufelten deutschen Rap sein kann. Der doppelte Boden wird steht`s bewahrt
und stumpf scheinendes Machogehabe wie in dem Track Ohrfeige, welcher
die Sicht von jemandem schildert, der seine Partnerin an der kurzen Leine
halten will, in Wirklichkeit aber von ihr dominiert wird, entpuppt sich
gleichsam als Feminismus durchs Hintertürchen.
Deutlich wird dies auch in einem Interview mit der Zeitung Straßen aus
Zucker, welche versucht, im Superjubiläumsjahr linke Themen in
die Schule zu tragen, wie z.B. Antinationalismus, Staatskritik, Antirassismus
usw.. Auf die Frage: Was sagt ihr zu den Vorwürfen, ihr würdet
in euren Texten schwulen- und frauenfeindliche Vorurteile benutzen? antwortet
Tarik: Ihr habt total Recht, das tun wir, benutzen` ist auch das
richtige Wort. Wenn wir zum Beispiel brutalen Sex beschreiben, geht`s hart zur
Sache für beide Parteien, wir lassen uns auch anpissen und fressen
Schlüpfer, Standard halt. Wenn wir sagen es ist Zeit, sich auch
unter Männern an die Schwänze zu greifen`, dann macht das Spaß,
weil es homophobe Menschen gibt, die dann traurig sind. Auf die Frage, ob das
Publikum das checkt, antwortet er dann weiter: Das Publikum checkt das
auf jeden Fall, einige Homophobe sind sehr sauer auf uns, die haben das
verstanden. Man darf die jungen Dinger nicht unterschätzen, ich geb zum
Beispiel Rapworkshops für 14-18jährige bei mir in Kreuzberg, und
für die ist zwischen uns und ernstgemeinter menschenverachtender Musik
wie zum Beispiel Revolverheld ein großer Graben.
Bildlich zeigt sich das schon in ihrem Musikvideo zu Geld Essen: in
diesem Video küssen sich zwei Hip Hopper öffentlich. Auf Sympathie
stoßen solche Statements natürlich nicht immer. Schon gar nicht in
einer doch eher homophoben Hip Hop-Community. Mit ihrer Parodie und Kritik an
der Szene gelingt es ihnen jedoch, auf Probleme aufmerksam zu machen und auch
jene Menschen für Hip Hop zu interessieren, die entweder noch nie etwas
davon hören wollten oder sich von ihm aus den genannten Gründen wie
Homophobie abgewendet haben. Mann muss K.I.Z. nicht mögen oder hinter
ihrem Konzept stehen, allerdings sollte man sie auch nicht in die Schublade wie
Fler oder Bushido stecken. Das Gute an K.I.Z. ist nämlich, dass sie
genau jene Menschen erreichen, die auf das Bild von den eben genannten Hip
Hoppern abfahren und ihnen eigentlich zeigen, wie lächerlich und dumm es
eigentlich ist. Daher sollte sich vielleicht jede/r selbst ein Bild von der
Crew machen, wenn es am 7.11. im Conne Island heißt: EINTRITT
EINTRITT!! Heute ist nicht dein Tag, das Armageddon naht.
Demito