• Titelbild
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• das erste: Vereint im deutschen Geist der dialogbereiten Toleranz
• Oaklands Seele
• Codes in the Clouds, Pg.lost
• Shuffle Me!
• Prolls mit Verstand
• Apoptygma Berzerk
• Paradise Lost, Samael, Ghost Brigade
• Dritte Wahl
• Sechs Jahre ITS YOURS! Party
• Vadim Imaginashun-Tour
• The Living End
• Miss Platnum
• Friska Viljor
• US Bombs
• The Adicts
• Jochen Distelmeyer
• Fucked Up
• Hot Water Music
• Imperial Never Say Die! Club Tour 2009
• electric island: KANN & friends
• Masta Ace
• Muff Potter
• A Storm of Light, Minsk
• Full Speed Ahead, Backfire
• ABC: E wie Emanzipation
• review-corner platte: Ja! Ich rede gern mit mir selbst!
• kulturreport: Like a virgin?
• doku: Post aus Honolulu
• doku: Über Fundamentalkritik und die feinen Unterschiede
• doku: Watch out for a new generation to push things forward!
• doku: Radio Blau von Abschaltung bedroht
• leserInnenbrief: Mit Schaum vor dem Mund
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• das letzte: 100 Zahnstocher inkl. Gebrauchsanweisung
Mmmmhhhh, lecker Kaffee. Eine ganze Kanne abgefüllt in eine Thermosflasche
(besser für das Aroma). Ein leicht geöffnetes Fenster, das ein wenig
Sonne durch lässt. Auf dem Tisch eine Tageszeitung und Gift Gottes
von Eugen Egner. Endlich mal wieder Zeit, dem eigenen Kopf (oder Geist?)
anspruchsvolle Informationen zuzuführen. Das verknüpfen von
Buchstaben zu Wörtern, von Wörtern zu Sätzen und
schließlich das immer im Scheitern begriffene Kunststück, daraus
logische Aussagen zu extrahieren es macht Spaß. Der Salto Mortale
der Printmedien.
Ein Schluck Kaffee und schon nehme ich die Zeitung WATSCH! erste
Fliege tot. Ich kann bei dem Gesumse nicht lesen, geschweige denn mich
konzentrieren. Zeitung wieder zurück auf den Schoß, Serviette ins
T-Shirt gestopft und einen Stoß Kaffee noch schnell auf die kleine freie
Stelle zwischen Zeitung und Serviette. Los geht's.
Die dick gedruckten Meldungen bei Web.de klicke ich immer zuerst an. Weil der
Tastaturkurzbefehl, der es mir erlaubt das Ziel in einem neuen Tab zu
öffnen nie funktioniert, greife ich auf die rechte Maustaste zurück
und öffne alles auf einmal. Es ist die Angst, nicht mehr hip, nicht mehr
fresh, trendy und up-to-date, nicht mehr auf dem neuesten Stand
zu sein, wie es die Jugendsprache wohl ausdrücken würde. Und die
Gier! Ich will nicht nur Nachrichten! Ich will auch Sport, Beauty und
Lifestyle! Ich will Anlageberatung, kostenlose Visitenkarten und Drei Monate
Probemitgliedschaft! Ich will Satzzeichen so verwenden als schriebe ich ein
linkes Flugblatt!!! Und ich will, dass fünf Fenster neu laden,
während ich eines lesend auswerte Zeit ist Zeit! Und diese wiederum
Geld, dass man gegen Dinge und Dienstleistungen eintauschen kann. Aber warum
erfinde ich diese Lügen? Grundsätzlich öffne ich nie fünf
Fenster auf einmal, sondern stets nur Tabs innerhalb eines Fensters.
Panisch schaue ich auf die Straße ob es etwa schon soweit sei, aber es
sieht alles ganz normal aus. Web.de verbreitet mal wieder die
apokalyptisch-reißerische Rede vom nahenden Ende des Abendlandes.
Laut einer Studie hat sich die Lebenserwartung während des 20.
Jahrhunderts um 30 Jahre erhöht. Für die Gesellschaft kann das zu
einem ernsten Problem werden. Das schreckliche Zerrbild einer verwahrlosten
Zukunft wird beschrieben. Einer Zukunft, in der Babys 100 Jahre alt werden, der
Lebensstandard unaufhaltsam steigt und hygienische Umstände kaum noch
Epidemien zulassen. Es ist eine bittere Welt: die Menschen werden arbeiten
gehen müssen und das beinahe jede Woche. An jeder Ecke lauert die
medizinische Betreuung. Und wenn man mal nicht artig ist, wird sofort die
Feuerwehr gerufen. Für die Ewigkeit gezeichnet sind dann tausende kleine
Kinder; sie wachsen mit der Angst auf, irgendwann einmal in einer dunklen Gasse
dem Osterhasen zu begegnen.
Der Kaffee auf dem unteren Zipfel meines T-Shirts wird kalt, ich gieße
neuen nach. Er riecht besonders gut, wenn man noch im Kaffefilter selbst eine
Prise Zimt hinzufügt. Nachdem ich die Blasen werfende Haut halbwegs gut
behandelt habe und eine lokalanästhetische Salbe vorerst den gröbsten
Schmerz bekämpft, schreibe ich einen Brief an den Hersteller der
Thermoskanne, weil kein Warnschild angebracht ist. Vorsicht heiß!
Oder wenigstens: Erst Pusten! (hinterher ist auch gut, aber manchmal zu
spät) hätte auf dem Deckel stehen müssen. Stattdessen war ein
Comic drauf weil es eine Werner: Beinhart!-Werbethermoskanne ist.
Unverantwortlich! 50.000 kbit/s sowas kann doch niemand ausnutzen.
Eugen Egner schreibt so absurd wie er malt aber als Ablage für die
Maushand ist sein Buch scheiße und als Waffe zu klein. Weg damit. Kein
normaler Mensch will eine Sehnenscheidenentzündung bekommen. Schnell
bemerke ich meine Arroganz, hole das Buch wieder aus dem Müll war
ja nur der Papier-, nicht der Biomüll und bringe es ins Rathaus.
Viel zu oft ist Überheblichkeit die Mutter scheinbar selbstloser
Handlungen, die offenbar das Wohl der Normalen mehren wollen. Aber ein
erheblicher Teil der Menschheit will mit dieser Gruppe nichts zu tun haben.
Empathie, Rücksicht, Besonnenheit und gesunder Menschenverstand sind
harter Tobak für jene Millionen Unbeugsame, die oft von scheinbar gut
gemeinten Äußerungen ausgegrenzt werden. Ist der Aufruf zur Wahl
nicht eine infame Zumutung für Verschwörungstheoretiker? Klingt die
rechtliche Gleichstellung der Frau nicht wie eine zynische Anmaßung, wenn
man sich vielleicht zu nichts anderem fähig wähnt als zum Werfen nach
neunmonatiger Trächtigkeit? Und wie würden sie, die sie mir beim
Schreiben über die Schulter schauen, sich bitte fühlen, wenn ihnen
jemand beim Schreiben über die Schulter schauen würde?
Nicht? Ich fürchte schon!
Arno Nühm