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• das letzte: In eigener Sache
Die endgültige Teilung Deutschlands, das ist unser Auftrag
(Chlodwig Poth)
Sie sind schmierig, sie sind korrupt und sie wollen die Macht. Dies sagen sie
ganz offen. Sie tragen schlecht sitzende C&A Anzüge in grau mit
weißem Hemd und roter Krawatte. So sind sie, die Mitglieder und
Funktionäre der Partei Die Partei. Dies steht für Partei
für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und
basisdemokratische Initiative, kurz eben Die Partei. Gegründet
wurde sie im Jahre 2004 von der Satire Zeitschrift Titanic. Der ehemalige
Chefredakteur Martin Sonneborn ist ihr Bundesvorsitzender, das mediale Gesicht
einer noch jungen Erscheinung in der bundesdeutschen Parteienlandschaft. Gerade
ist ein Film über ihre Entstehungsgeschichte, ihre spektakulärsten
Aktionen, die wichtigsten Parteitage und ihre Ziele erschienen. Vor dem
Hintergrund der Bundestagswahl Ende September wirkt der Film bisweilen wie ein
zu lang geratener Wahlwerbespott. Vielleicht ist genau das intendiert.
Über weite Strecken bietet der Film für Titanic Leser nichts Neues.
Die meisten Aktionen wurden bereits in der Zeitschrift dokumentiert. Dennoch
ist es witzig, die empörten Reaktionen von Passanten in der Prager
Straße in Dresden auf die offen postulierte Forderung nach Wiederabriss
der Frauenkirche und die symbolische Zerstörung eines Kirchenmodells mit
einem Hammer vor der Kamera zu sehen. Damit ist auch schon der Kern der
politischen Botschaft der Partei benannt: Die Steine der Frauenkirche
sollen als Fundament für den Wiederaufbau der Mauer dienen; es geht um die
erneute Teilung, also um die Implementierung des Mottos von Chlodwig Poth, das
sich in jedem Impressum der Titanic findet. Um dies zu erreichen, braucht man
Macht. Dies hat Die Partei erkannt. Deshalb ist sie auch bereit, mit
allen anderen Parteien zu koalieren; außer mit der FDP versteht sich,
denn die ist eine Spaßpartei. Ganz im Gegensatz zur Partei, deren
Existenz der Chefideologe, Oliver Maria Schmitt, auf einem Parteitag in
Münster 2004, wie folgt begründete: Wir sind eine Partei, weil
wir eine Partei sind. Es folgt tobender Applaus der angetrunkenen
Anhängerschaft.
Weil es als kleine Partei nicht leicht ist, die eigene Botschaft zu verbreiten,
wurde eine effiziente Strategie entwickelt: gnadenloser Populismus. Dieser ist
Programm.
Bereits während des letzten Bundestagstagswahlkampfs sorgte Die Partei
für Schlagzeilen, weil sie einen Teil der ihr gesetzlich zustehenden
Zeit für Wahlwerbung in den öffentlich-rechtlichen Sendern auf eBay
versteigerte. In den Spots wurde dann auf äußerst plumpe Art Werbung
für die Billigfluglinie HLX gemacht und behauptet, dafür habe man
hunderttausende Euro bekommen, was von dem Konzern vehement bestritten wird.
Es gelingt dem Film immer wieder, durch Überaffirmation und grotesker
Karikierung ein subversives Potential zu entfalten, etwa indem die
Absurdität des normalen Wahlkampfs mit Hilfe von Übertreibung
deutlich wird, einer Übertreibung die aufdeckenden Charakter hat. Am
bekanntesten dürfte die im Film leider nicht gezeigte Aktion der Titanic
Redaktion sein, als sie während Roland Kochs rassistischem Wahlkampf in
der Frankfurter Fußgänger Zone einen falschen CDU Stand hatte, bei
dem gegen Ausländer unterschrieben werden konnte,
währenddessen nur etwas weiter der richtige CDU Stand war. Dies
ermöglichte dem deutschen Durchschnittsrassisten ganz offen, seinem
Ressentiment freien Lauf zu lassen und davon wurde auch Gebrauch gemacht.
Die antisemitischen Attacken Möllemanns gegen Michel Friedman griff die
Titanic auf, indem sie FDP Wahlplakate mit dessen Konterfei, einem schwarzen
Balken über seinem Mund und dem Spruch Gib endlich Fried
Mann gestaltete. Ein weiteres wurde durch den Spruch geziert: Judenfrei
und Spaß dabei. Präsentiert wurden diese in einem kleinen Kaff,
dessen FDP Bürgermeister es sich nicht nehmen ließ, sich
händeschüttelnd vor den Plakaten fotografieren zu lassen, in dem
Glauben, dass es sich bei den Titanic-Redakteuren um Bundesprominenz der FDP
handle.
Ähnlich funktioniert auch der Film. Neben der Aktion in Dresden wird unter
anderem der symbolische Wiederaufbau der Mauer an der
hessisch-thüringischen Grenze gezeigt. Daran beteiligte sich auch die IG
Bau, die sich jedoch nicht im Klaren war, was der eigentliche Sinn ist und in
ihrem Verständnis eine Tarifmauer errichtete, um auf die Lohndifferenz
zwischen West- und Ostdeutschland hinzuweisen. In der Diskussion mit dem
aufgebrachten Bürgermeister rekurriert Sonneborn auf eine Forsa-Umfrage,
nach der 21% der Deutschen die Mauer wieder haben wollen. Dies verschaffe der
Partei die demokratische Legitimation, ja geradezu die Verpflichtung, dieses
Ziel anzustreben. Stammelnd erwidert der Bürgermeister, dass Statistiken
doch irgendwie nie zu trauen sei. Diese Szene stellt die gelungene Verwendung
eines völlig inhaltslosen Politjargons dar, der auf diese Weise ad
absurdum geführt wird.
Selbstverständlich ist die Partei nicht nur in Ostdeutschland unterwegs,
sieht sie ihr Wählerklientel doch mehrheitlich im Westen. In der
verfallenen Krefelder Innenstadt, vor dem seit Jahren geschlossenen Stadtbad
agitiert die Partei gegen den Geldtransfer von West nach Ost. Passanten werden
Bilder jeweils eins aus West- und eins aus Ostdeutschland
gezeigt, wobei deutlich wird, dass die Wessis den Ossis paradiesische
Zustände finanzieren. Während in Krefeld kein Geld für die
Sanierung des Stadtbades da ist, weist Ostdeutschland die weltweit höchste
Dichte an Spaßbädern auf, ein Skandalon, das die
Parteipropagandisten nicht müde werden zu betonen. Zu guter Letzt werden
noch Lebensmittel an die verdutzte, Not leidende Krefelder Bevölkerung
verteilt, weil, so Sonneborn, sie in dieser schrecklichen Stadt leben
müssen.
Des Weiteren wird noch ein Besuch dreier Parteifunktionäre im Bundestag,
ihrem zukünftigen Arbeitsplatz, mit der Kamera begleitet und verschiedene
Politiker vorgeführt. Eines der Highlights stellt die Reise der Partei
nach Georgien dar. Neben einem Gruppenbild vor der Stalinstatue in dessen
Geburtsstadt wird ein Kooperationsabkommen mit einer realen georgischen Partei
geschlossen. Symbolisch werden Geschenke überreicht, Reden geschwungen und
auf die Zusammenarbeit angestoßen. Dies brachte Die Partei in die
Prime Time Nachrichten des georgischen Fernsehens.
In der letzten Zeit musste Die Partei jedoch zwei große
Rückschläge hinnehmen. Zum einen wurde die von ihr selbst beantragte
Überwachung ihrer Untergruppierung Verfassungsfeindliche Plattform
durch den Verfassungsschutz abgelehnt, mit der Begründung, sie stelle
keine wahre Bedrohung der bundesrepublikanischen Ordnung dar. Zweitens und viel
gravierender wurde der Partei vom Bundeswahlleiter der Parteienstatus
aberkannt. Sie sei keine richtige Partei, sondern eine Spaßpartei.
Dagegen wurde natürlich sofort von dem Parteijuristen Widerspruch
eingelegt. Der Schriftverkehr und viele weitere Infos finden sich auf der
homepage http://www.die-partei.de
Der Film hat Längen und ist bisweilen redundant. Titanic Leser
kennen Einiges schon. Ich fand den Film witzig, aber wenn man nicht auf den
Titanic Humor steht, kann man auch getrost in Inglourious Basterds
gehen.
Sebastian Voigt