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das Letzte, 1.2k

Deutsches Filmwunder:
Nazis immer besser


Buchcover, 37.4k „Nazis immer besser“ stellt der Filmkritiker Dietrich Kuhlbrodt in seinem gleichnamigen Buch zu Nazis im deutschen Film fest. Recht wird er damit natürlich behalten. Klar! Wie aus Nazis Agenten werden, aus Tätern Opfer („Schuld am Krieg hat der Krieg“) und aus gewalttätigen Naziskins süße kleine Napola-Schüler am „Hitlercollege“, zeichnet Dietrich Kuhlbrodt in Deutsches Filmwunder aus einer kritisch-ironischen Perspektive nach. Das Buch leistet einen historischen Schnitt durch die deutsche Filmgeschichte und stößt dabei auf die eine oder andere Anekdote.

Casablanca (1952)

In den USA schon 1943 erschienen, traut man der deutschen Volksseele diesen Film erst knapp zehn Jahre später zu. Im Original rettet der amerikanische Barbesitzer Rick (Humphrey Bogart) dem tschechischen Widerstandskämpfer Victor Laszlo (Paul Henreid) vor den Vichy-Polizisten das Leben, obwohl dieser mit Rick's Ex (Ingrid Bergmann) nach Casablanca kommt. Bevor der Film 1952 in die Kinos der BRD kommen kann, müssen allerdings noch ein paar kleine Änderungen vorgenommen werden – wirklich nur kleine Änderungen:
Aus 125 min werden 102 min, aus der Vichy-Polizei wird Interpol und der deutsche Nazimajor Strasser muss, wie der NS insgesamt, gleich ganz zu Hause bleiben. Zu guter Letzt wird aus dem tschechischen Widerstandskämpfer Victor Laszlo der – finde den Fehler! – norwegische Atomphysiker Victor Larsen.
So entwickelt sich ein Beziehungskonflikt eingebettet in eine Agentenstory oder mit den Worten des Spiegels ein
„Beklemmend edelmütig ausgetragener Dreieckskonflikt, nicht ohne Spannung so kunstreich kompliziert, dass alle drei am Leben bleiben: Ingrid Bergman, liebend lächelnd, wie nur sie es kann, zuweilen eine Träne vertropfend; Humphrey Bogart als Barbesitzer, ein Amerikaner in Casablanca, zu vielem fähig geworden; Paul Henreid als Leuchte der Naturwissenschaft zur Zeit politischer Flüchtlinge.“ (Der Spiegel, 1952)

So war das also damals zur „Zeit politischer Flüchtlinge“: „kunstreich kompliziert“ und „beklemmend edelmütig“.

Casablanca, 14.2k



Hitler, ein Film aus Deutschland (1977/78)

In den siebziger Jahren hatte in erster Linie Joachim Fest, Steilpassgeber für den Untergang (2004), Teil daran, Hitler zum Faszinosium werden zu lassen. Sowohl in Adolf Hitler – Versuch eines Porträts (1969) als auch in Hitler – eine Karriere (1977) fasziniert die Person Adolf Hitler – wenn auch durch ihr Gräuel- und Ekelhaftigkeit. Der NS wird zur „One Men Show“ und der die Genese und Ausdrucksform des NS wird in Hitlers Persönlichkeit und Karriere projiziert.
In eine ganz andere, aber ähnliche Kerbe stieß 1977 Hans Jürgen Syberberg mit dem Film Hitler, ein Film aus Deutschland. In dem 7-stündigen, pathetisch wirkenden Monumentalwerk wird Hitler zur geschichtslosen Person, die sich in Monologen und Gedanken verschweifend überall und nirgends befindet. Hitler irgendwo zwischen Zeit und Raum. Die Wirkung des Films beschreibt der Filmregisseur Syberberg dann wie folgt:
„Nach der Vorführung in Cannes habe ich mit Ulrich Gregor [Anm. dt. Filmkritiker] und seiner Frau gesprochen, die bis jetzt meine Filme nicht allzu sehr mochten und die von Hitler tief betroffen waren. Für sie, die aus meiner Generation stammt, stellte der Film eine Art von Erlösung, im religiösen Sinn des Wortes, dar. Nach diesem Film, sagte sie mir, würde sie gern zum Strand laufen und ein letztes Mal das Horst-Wessels-Lied singen, wie sie es in ihrer Kindheit gesungen hat, danach wäre alles vorbei, man würde nicht mehr darüber sprechen. […] Am Ende des Films werden die Zuschauer nicht aufstehen und mit erhobener Faust aggressiv die Internationale gegen Hitler singen, eher wird jemand am Meer dieses Lied singen, das er als Kind unter Hitler sang.“

Na dann! Alle ans Meer und ein allerletztes Mal das Horst-Wessels-Lied gesungen. Danach ist aber wirklich Schluss.

Der Untergang (2004)

Der Untergang ist nicht der Untergang, sondern der Aufstieg. Der Inhalt des Filmes wird den meisten geläufig sein: Abenteuer Führerbunker, Hitler und Co. beim Pastaschlemmen und Onkel Adi in Mitten der vielen kleinen Goebbels-Kinder. Wer sich an den Film nicht mehr erinnern kann oder will, hat doch aber mindestens noch Hitlers Tippse Traudl Jung vor Augen (gespielt von Alexandra Maria Lara, die Fernsehdeutschland sonst im Vorabendprogramm der Öffentlich-Rechtlichen bezaubert). In der deutschen Öffentlichkeit schnitt der Film überwiegend positiv ab. Ich maße mir eine Bewertung des Untergangs nicht an, denn wer könnte den Film besser beurteilen als der Produzent und Drehbuchautor Bernd Eichinger selbst. Daher hier also das vernichtende Selbsturteil Eichingers:
„Wir haben diesen Film in deutscher Sprache gedreht, mit deutschen Schauspielern und mit einem deutschen Regisseur, ausschließlich aus eigener Kraft auf die Beine gebracht. Im Ausland wird „Der Untergang“ nicht synchronisiert, sondern mit Untertiteln laufen.“ Wäre auch zu schade um die schönen deutsche Sprache. Und dann äußert Eichinger auch noch sein Angst vor amerikanischer Geschichtsverfälschung: „Meine Alptraumvorstellung war ein Film aus Hollywood, der uns per Import zeigt, wie es bei uns zugegangen ist.“

Liebe Amis, lasst doch bitte die Finger von der deutschen Geschichte (nur weil ihr keine habt)! Das können die Deutschen schon sehr gut selber, mit deutschen Schauspielern, deutscher Sprache und deutschen Drehbuchautoren. Und wenn es sein muss, dann auch mit norwegischen Atomphysikern und Horst-Wessel-Abenden am Meer.

Bruno

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last modified: 7.7.2009