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Nicht kacken

dokumentation, 1.1k

Hardcore is more than music


Im Februar 2009 ging ein Aufschrei durch die Hardcore- und Musikszene, nachdem sich ein bekannter Neonazi die Wortmarke „Hardcore“ beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen ließ.
Das Entsetzen über diese Dreistigkeit und den damit verbundenen erneuten Versuch, eine Musikrichtung für sich zu vereinnahmen, verbreitete sich schnell und erste Schritte gegen die Eintragung der Marke, beispielsweise Löschungsanträge durch verschiedene Gruppen und Vertriebe, wurden unternommen.

Doch wie kommt ein Neonazi auf die Idee, sich die Bezeichnung eines Musikstils schützen zu lassen?
Grundsätzlich kann jede Person eine Marke in Deutschland eintragen lassen und somit eine Art Monopol auf die Benutzung des Markennamens erhalten. Durch die Eintragung einer Marke entstehen dem Inhaber Rechte, so kann er gegen die Benutzung des Markennamens durch andere vorgehen und dies verbieten lassen. Die Auswahl des Markennamens kann dabei frei gestaltet werden, wenn nicht gegen absolute Eintragungshindernisse wie zum Beispiel dem Eintragen von gewaltverherrlichenden Namen verstoßen wird.

Die Eintragung des Begriffes Hardcore, der als Bezeichnung für den sich aus dem Punk entwickelnden härteren Musikstil mit sozial- und gesellschaftskritischen, linken Texten seit den 1970er Jahren Verwendung findet, durch einen Neonazi scheint daher in erster Linie eine Provokation. Wenn man allerdings die Versuche der rechten Szene auf die Hardcoresubkultur und das damit verbundene Merchandisegeschäft Einfluss zu nehmen betrachtet, steht die Eintragung in einem anderen Licht.
So wird durch Neonazis seit Jahren versucht, die Musikrichtung Hardcore für sich zu vereinnahmen und somit in eine breitere gesellschaftliche Schicht vorzustoßen. Dabei ist es ein erklärtes Ziel von Neonazis ihre menschenverachtende Ideologie über die Musik zu verbreiten, wie man anhand der sogenannten Schulhof-CD deutlich erkennen kann. Diese Versuche fanden in Deutschland ihren Höhepunkt Ende der 1990er Jahre und halten bis heute an. Die Hardcoreszene, so inhomogen sie auch ist, besann sich schon damals auf die Wurzeln ihrer eigenen Subkultur und machte deutlich, dass Nazis auf Shows und auch sonst nicht toleriert werden.
Mit der Gründung der Kampagne „Good Night White Pride“ wurde der Versuch unternommen, auf breiter Basis, vom Veranstalter bis zum Besucher gegen das Auftreten von Nazis vorzugehen und die eigene Szene als linke und weltoffene darzustellen.
Die aktive Beteiligung von Labels, Veranstaltern, Bands und Besuchern führte zu einer großen Verbreitung der Gedanken der Kampagne und dem dazugehörigen Logo. Durch dieses offensive und entschlossene Auftreten wurde die Hardcoreszene zu Beginn der 2000er Jahre zunehmend unattraktiv für die Agitationsversuche der Neonazis und konnte das Vertreiben der Nazis aus der eigenen Subkultur als kurzzeitigen Erfolg verbuchen.

Jedoch versuchten die Neonazis auf die Musikrichtung weiterhin Einfluss zu nehmen und schafften dies teilweise durch die Verwendung des Begriffes Hatecore. Die Bezeichnung des musikalisch und inhaltlich härteren Hardcore als Hatecore wurde durch die linksradikale New Yorker Band „SFA“ für ihre Richtung der linken Gesellschaftskritik im Hardcore an den herrschenden Zuständen in den USA Ende der 1980er Jahre gewählt.
Mit Hatecore sollte die Wut über die gesellschaftlichen Zustände und der Veränderungswille dieser zum Ausdruck gebracht werden. Durch Neonazis wurde der Begriff entsprechend ihrer Ideologie ausschließlich auf das Hate reduziert und durch rassistische und diskriminierende Texte mit dem Aufruf zur Gewalt unterlegt. Die eigene rassistische und faschistische Weltanschauung wurde durch den entsprechenden Merchandise und die Verwendung von Begrifflichkeiten wie „White Power“ oder „Good Night Left Side“ gefestigt. Im Gegensatz zur Reaktion auf die Vereinnahmung von Hardcore kam es beim Begriff des Hatecore zu keiner entschlossenen Reaktion der Subkultur und somit wird der Hatecore-Begriff heute fälschlicherweise mit rechter Musik gleichgesetzt.

Ausgehend von dieser neu geschaffenen eigenen Basis versuchte die Neonaziszene ab Mitte der 2000er Jahre auch wieder größeren Einfluss auf die Hardcoreszene zu nehmen und fand neben der Möglichkeit eine Jugendsubkultur zu unterlaufen auch eine erhebliche finanzielle Einnahmequelle durch den Verkauf von Merchandiseartikeln. So wurden mit dem Vertrieb von T-Shirts mit gewaltverherrlichenden und sexistischen Motiven die grundlegenden Wurzeln der Hardcoresubkultur, einer emanzipatorischen und antirassistischen Gegenkultur, untergraben und die Szene reagierte nur halbherzig auf das Auftreten dieser.
Die Eintragung einer Marke „Hardcore“ ist also nicht die Ursache für die erneute Einflussnahme von Neonazis auf die Hardcoresubkultur sondern nur deren letztes offensichtliches Zeichen für die wieder zunehmende Präsenz von Neonazis in der Hardcoreszene. Dem Entsetzen in der Musikszene und dem verbalen Verurteilen der Verwendung des Begriffes Hardcore durch Neonazis muss nun allerdings ein entschlossenes Auftreten der Gesamten Subkultur folgen um den Umtrieben von Neonazis und ihren Geschäften entsprechend zu begegnen. Es muss erneut deutlich gemacht werden, dass Nazis und Rassisten auf Konzerten und darüber hinaus von der Hardcoreszene nicht toleriert werden und aktiv bekämpft werden müssen.

Ein bloßes Lippenbekenntnis reicht daher nicht aus, sondern es sind alle, Besucher Konzertveranstalter, Bands, Locations, in der Pflicht Nazis und entsprechende Verhaltensweisen und Kleidungscodes von Hardcoreshows zu verweisen und deutlich zu machen, dass sie nicht erwünscht sind. Es darf nicht geduldet werden, wenn bei einer Show ein Nazi im Publikum steht oder unter der Jacke das Logo einer rechten Modemarke hervorschaut. Solche Leute hatten und haben auf Hardcoreshows nichts zu suchen.
Neben der Initiative einzelner Besucher, welche ihren Unmut äußern, sind aber auch Veranstalter und Bands gefragt. So kann durch den Veranstalter im Vorfeld klargemacht werden, dass rechte Besucher beim Konzert nicht erwünscht sind und mit einem Hausverbot belegt werden. Auch auftretende Bands, welche im Publikum Neonazis erkennen können durch klare Statements und im äußersten Fall auch die Beendigung des Konzerts klarmachen, dass man Neonazis im Publikum nicht toleriert.

Es ist an euch zu handeln: lasst nicht zu, dass Nazis auf Shows kommen und wenn doch welche da sein sollten, sprecht andere Besucher an, redet mit dem Veranstalter und werft sie raus. Wenn ihr selber Shows veranstaltet achtet darauf, dass die Leute am Einlass auf Shirts, Buttons, etc. schauen, macht von eurem Hausrecht gebrauch und verweist Nazis von eurer Veranstaltung. Aber auch, wenn ihr als Band spielt, sensibilisiert die Leute von der Bühne und spielt vor keinen Crowds in denen sich Nazis rumtreiben.

Gegen die Eintragung der Marke kann durch das Stellen eines Löschungsantrages aktiv vorgegangen werden. Natürlich steht es euch frei, ob Ihr diesen Antrag stellen wollt oder anders aktiv werdet, wie beispielsweise Shows zu veranstalten, um auf das Thema aufmerksam zu machen.
Genauere Informationen zur Vorgehensweise und zum aktuellen Stand erhaltet ihr auf unserer Internetseite www.letsfightwhitepride.de.
Wir als Kampagne „Let's Fight White Pride“ werden unsere Bemühungen gegen Neonazis in der Hardcoreszene und überall intensivieren und umfangreiches Infomaterial bereitstellen, das ihr über uns beziehen und verteilen könnt. Für die Verteilung dieser Materialen und die Verbreitung der Gedanken der Kampagne sind wir auf eure Unterstützung und zahlreiche Mitarbeit angewiesen. Los geht's!
LET'S FIGHT WHITE PRIDE!

Let's Fight White Pride bedeutet:
Keine Nazis auf Shows oder im Alltag!!
Null Toleranz gegenüber Nazisymboliken, Nazibands oder Nazikleidungsmarken!!
Auf rassistische, antisemitische, sexistische oder homophobe Sprüche bzw. Handlungen entsprechend reagieren!!
Den Worten Taten folgen lassen – Fight the white power movement!


Kampagne „Let's fight white pride“


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last modified: 22.4.2009