Wieder nähert sich ein Jahr dem Übergang zur anderen Seite. Für
diejenigen aber, welche noch ein wenig zu bleiben gedenken, ist es die Zeit des
Innehaltens, der Rückschau und der inneren Einkehr. Wo kommen wir her, wo
gehen wir hin, was soll der Scheiß?
Das Ziel der CEE IEH-Redaktion, diese kleine Kolumne quasi zur Zentrale
der sittlichen Mobilmachung der Jugend genannten demographischen
Katastrophe auszubauen, wäre ohne die große Anzahl von Helferinnen
und Helfer nicht einmal denkbar gewesen. Stellvertretend für alle sei
einigen an dieser Stelle gedankt. Olli Reinhard, der Pop-Proll der
Sächsischen Heimat-Zeitung. Der David Copperfield des Wortes, der
Magier der abgeschriebenen Sätze, Dr. Reiner Burger von der Zeitung
für Deutschland. Und selbstverständlich Antje Eva Hermenau,
die Nervensäge Gottes, ein unsterblicher Blondinen-Witz. Eine Niederkunft
der Niedrigkeit mit den Charakteristika unbequeme Wahrheit,
kritische Denke und tiefe, tiefe geistige Bescheidenheit.
Und ich verrate sicher nicht zu viel, wenn ich sage, dass alle sich bereit
erklärt haben, im kommenden Jahr mit allerlei Schabernack weiter ihren
Quatsch-Comedy-Club zu betreiben.
Aber auch Kritik und Selbstkritik gehören in die Jahresabschluss-Bilanz.
Wo sich so viele so viel Mühe gaben, wäre das Unternehmen fast am
Moderator gescheitert, von dem es in Heftchen #145 hieß:
Bildung ist was Schönes, besonders wenn man sie auch in
nichtrevolutionären Zeiten anwenden kann, wie das sozialistische
Überschriftenbastler-Kollektiv in der sozialistischen
Tageszeitung:
Gaza wird zum Gordischen Knoten
Wenn der alte Fahrensmann Flash Gordon, der Erfinder des Gebindes, davon
erführe, nähme er wohl das Damoklesschwert aus der Büchse der
Pandora im Inneren des Pergamon, ginge durch den Augiasstall, befragte das
Orakel von Neu Dehli, sagte Hossa` zur heißen Hydra... Zum Ende hin
würde er den ganzen bedeutungshubernden Sprachabfall und die ihn
produzierenden Presskanaillen mit einem Hieb zerschlagen wie den Knoten. Was
aber würde aus Gaza?
Sicher, das war wohl gut gemeint, musste aber in seiner intellektuellen
Hilflosigkeit ein Dokument des Scheiterns darstellen. Denn knapp zwei Wochen
später lautete die im Text verschwiegene Überschrift:
Gaza ist zur Hölle geworden,
woraufhin die neue Unübersichtlichkeit eine weitere Form annahm.
Gaza im Strudel der Gewalt,
protokollierte das Neue Deutschland Mitte Juni, um am folgenden
Wochenende statt zu präzisieren, die Gänsefüßchen zur
Differenzierung einführte:
Gaza-Streifen wird zu Hamastan.
Und Ende Juni war es dann nicht mehr zu verheimlichen.
Der als Gordischer Knoten gedachte Gaza-Streifen, mutierte kurzfristig zur
Hölle, die im Strudel der Gewalt die Gestalt erneut, diesmal zu
Hamastan, ändert. Das ließ keinen anderen Schluss zu, es ist
eine desaströse Lage in Gaza.
Tja, darauf muss man kommen, was nicht heißt, es dann auch so trefflich
formulieren zu können.
Bonus-Track: Der letzte Scheiß 2007 (Alles muss raus!)
Markus Langner, Dresdner Morgenpost. Sein erster Satz:
Dieser Schnellschuss geht hoffentlich in die Hose.
Uli Brockmeyer, unsere zeit. Überzogen hochgespieltes Atmen
für den Frieden:
Das vom Westen immer wieder überzogen hochgespielte Atemprogramm der KDVR
ist offensichtlich für Südkorea kein Hindernis für weitere
Gespräche.
Reinhard Müller, Frankfurter Allgemeine Zeitung. Knast wie für
andere Nazis auch:
Mit guten Gründen kann man annehmen, dass die früheren
RAF-Terroristen nach mehr als zwanzig Jahren Haft nicht mehr gefährlich
sind. Sie lassen sich wieder in die Gesellschaft integrieren, wie einst
NS-Verbrecher auch. Aber bitte erst, wenn die langen, aber angesichts der
monströsen Taten immer noch vergleichsweise moderaten Strafen
verbüßt sind.
Andreas Platthaus, ebd. Über einen Nazi-Wehrmachtsoffizier, der seine
lange Strafe verbüßt hat:
Helmut Schmidt hat den Krieg erlebt (...) Der Altkanzler nacht keinen Hehl
daraus, dass er über Leichen gehen musste, auch wenn er als Flaksoldat die
toten Gegner nicht sah.
Donna San Floriante, Junge Welt. Rechnen wie Antje Hermenau:
Wer heute Pete Seegers Auftritt am 5. Januar 1967 in der Westberliner
Schaubühne hört, (...) auf nun endlich 30 Jahre später
herausgebrachten zwei CDs (...)
Uwe Peter, Sächsische Heimat-Zeitung, im Mai. Dieser Prophet gilt
nichts im Heiligen Land:
Und so geschieht das nun auch in Israel. Egal wie sehr Olmert sich in den
nächsten Tagen möglicherweise noch an sein Amt klammert seine
Tage als Premier sind gezählt (...)
Innenpolitisch derart angeschlagen wäre er dann auch kein ernst zu
nehmender Gesprächspartner mehr für Palästinenser und Araber.
Ein starker Premier aber ist für Israel jetzt ebenso wichtig wie für
die gesamte krisengeschüttelte Region Nahost.
Wolfgang David, ebd. die 15.000 Seiten Zuständigkeit auf der Waage, die
hielte, glaubt man Lutz:
So, wenn der Autor Lutz Rathenow, der mit 15.000 Seiten Stasi-Akten (über
ihn, nicht von ihm) einiges an Zuständigkeit auf die Waage bringt, glaubt,
dass eine Mehrheit der Ostdeutschen die DDR nicht für eine Diktatur
hielte.
Holger Oppenhäuser, monitor - rundbrief des apabiz e.v. Die
Selbstverortung in Verhältnissen der Krisenphasen als verständliche
Alternative gegen die Couleur der Konjunktur:
Es geht darum, verständliche Alternativen zu einer inhumanen Ideologie
anzubieten, die offensichtlich einer beachtlichen Menge von Menschen in
ökonomischen Krisenphasen - in denen Antikapitalismus jeglicher Couleur
Konjunktur hat - zur Selbstverortung in den unübersichtlichen
gesellschaftlichen Verhältnissen nutzt.
Bernd Hilder, Leipziger Volkszeitung. Ein Feldzug für die Pressfreiheit
des Profits, endlich sagt es mal einer:
Umso wichtiger war der juristische Feldzug der Cicero-Verantwortlichen gegen
das offensichtliche Unrecht: Sie haben der Pressefreiheit in Deutschland zu
einem Sieg verholfen, von dem auch andere Medien profitieren werden.
***
Das Letzte aber kann selbst der Anfang sein. Vielleicht ist, wie der Dichter
sagt, im Untergang die Botschaft der Rettung enthalten. So hören wir auch
am diesjährigen 31. Dezember jene ewigen Worte des Alfred Tetzlaff
(Ein Herz und eine Seele: Silvesterpunsch), die seit über drei
Jahrzehnten Mahnung und Anklage sind, die stillschweigende Demut und Umkehr
hervorrufen.
Journalist, mein lieber Mann, das ist vielleicht ein Beruf. Das sind doch
lauter gescheiterte Existenzen. Wenn einer zu faul ist oder zu dumm, einen
richtigen Beruf zu erlernen, dann wird er Journalist.
Gunnar Schubert
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