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Spektakel Kunst Gesellschaft ~ Guy Debord und die Situationistische Internationale ~ 14.03.2007 ~ Conne Island ~ 18:00 Uhr ~ Buchpräsentation in Leipzig mit ~ Stephan Grigat (Wien Tel Aviv) und Negator (Hamburg) | |
Die Situationistische Internationale verdichtete die Kritik der
kapitalistischen Totalität in dem Versuch, die Trennung der Sphären
durch ein spezifisches Theorie-Praxis-Verhältnis hindurch aufzuheben. Es
ging ihr um die Frage der Aneignung der hervorgebrachten Möglichkeiten
gegen ihre elende Nutzung, unter den Bedingungen der Vergesellschaftung
über den Wert in einem entschieden forschenden und experimentellen
Sinne, dabei todernst in der Sache. »Revolutionäre Spieler aller
Länder vereinigt Euch« bedeutete für die S.I. nicht mehr die
Poesie in den Dienst der Revolution zu stellen, sondern umgekehrt dem
Bestehenden die Herrschaft über die Definitionen des möglichen
Gebrauchs zu entwenden (détournement) und sich gleichzeitig der Gefahr
der Beschlagnahme durch das Spektakel (récuperation) bewusst zu sein.
Kein Argument für Untätigkeit, sondern eines gegen Dummheit und
Unbeweglichkeit. Ein neuer Anlauf, auf diesem Planeten menschenwürdige
Zustände herzustellen, sollte besser nicht unterhalb des Niveaus der S.I.
angesetzt werden. Mit der S.I. scheint eine moderne Form der Association auf,
die eines modernen Theoretiker- und Experimentatorenkollektivs, welches jede
Form der Entfremdung im Kampf gegen die Entfremdung bei Strafe des eigenen
Untergangs sofort bekämpfen muss. Das Autorenkollektiv Biene Baumeister Zwi Negator hat versucht, eine immanente, eine rettende Kritik der S.I. zu entwickeln. Trotz deren unbestreitbaren blinden Flecken im Hinblick auf den Nationalismus und die Shoah einerseits, und andererseits die Geschlechterverhältnisse und damit einer allesumfassenden Kritik des Alltagslebens, sollte gezeigt werden, wo nicht hinter die SI zurückgegangen werden darf, bzw. erst noch nicht einmal geborgene Schätze für eine revolutionäre Kritik auf der Höhe der Zeit zu finden wären. »Die Rückkehr des Verdrängten« wäre insofern nicht nur in Bezug auf die Geschichte der S.I. zu verstehen, als weitgehend in der Schublade für politisierten Künstleravantgarden versteckte. Das schmerzhafte Aufrufen der geschichtlichen Niederlagen der bisherigen Emanzipationsanläufe und was darin zu retten wäre, wie auch die von der situationistischen Kritik nicht unter Beschuss genommenen entscheidenden Momente der gesellschaftlichen Totalität sind der Verdrängung zu entreißen. Debords erkenntniskritisches Diktum, dass die »Wahrheit dieser Gesellschaft nichts anderes ist als die Negation dieser Gesellschaft«, ist in seiner Allgemeinheit ebenso richtig wie es nach dem Nationalsozialismus, der barbarischen Negation der bürgerlichen Gesellschaft, durch eben diese Allgemeinheit falsch wird. Die Negation orientiert sich hier ausschließlich am Marxschen kategorischen Imperativ aus dem Jahr 1844, nicht aber am Adornoschen, der in Reflexion auf die Katastrophe fordert, alles Handeln so einzurichten, dass Auschwitz sich nicht wiederhole. Die Situationistische Internationale teilte mit der von ihr so scharf kritisierten Linken die Ignoranz gegenüber dem kapitalentsprungenen Antisemitismus, was ihr auch ein Verständnis des Zionismus, der Notwehrmaßnahme gegen diesen Antisemitismus, von vornherein unmöglich machte. Negator vom Autorenkollektiv Biene Baumeister Zwi Negator, das eine zweibändige »Aneignung« von »Situationistischer Revolutionstheorie« herausgebracht hat und mit zwei Beiträgen in dem Sammelband »Spektakel Kunst Gesellschaft« vertreten ist, wird an diesem Abend neben einer von Musik und Bildern begleiteten kurzen Einführung in die Geschichte der SI über die Möglichkeit einer aktualisierenden kritischen Ingebrauchnahme der situationistischen Kritik sprechen. Stephan Grigat, Mitherausgeber des Sammelbandes »Spektakel Kunst Gesellschaft« und Aktivist der Gruppe »Café Critique« (www.cafecritique.priv.at), wird zum einen die Intentionen des Sammelbandes erläutern und sich zum anderen mit der Auseinandersetzung der SI mit Israel und dem Zionismus beschäftigen. Die Veranstaltung wird unterstützt vom Fachschaftsrat Philosophie, Logik & Wissenschaftstheorie (fsr-philog.de) sowie dem Referat für Antirassismus des StuRa der Uni Leipzig |