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Die Bundeswehr in Kroatien

„Internationalen Einfluß hat nur der, der handelt, nicht der, der zuschaut.“
„Es geht auch um ureigenstes deutsches Interesse und an die Konsequenz und Glaubwürdigkeit unserer Politik“
„Wir führen nun aber nicht einen Kreuzzug gegen den Bolschewismus, allein um die ‘armen Russen’ für alle Zeiten von diesem Bolschewismus zu erretten, sondern um deutsche Weltpolitik zu treiben“

Laßt uns dieses Thema mit einem kleinem Rätsel beginnen. Wer errät, von welchen Politikern die obenstehenden Zitate stammen, gewinnt einen Freiflug zum Ravers Beach Festival in Kroatien.

Was also hat die Bundeswehr in Ex-Jugoslawien zu suchen?

Sollten sich die verantwortlichen Politiker und Mächtigen im Lande tatsächlich zu Schäfchen und friedliebenden Hirten gewandelt haben und deutsche Soldaten nur aus humanitären Beweggründen, zum Brotverteilen oder zum Onkel Doktor spielen auf den Balkan geschickt haben? Das zu glauben fällt mir ziemlich schwer und wenn ich mir so die Kontinuität deutscher Großmachtpolitik seit Gründung des Deutschen Reiches anschaue wird’s unmöglich.

Noch heute wird in der Bundeswehr das Lied von den Fallschirmjägern gesungen...
gemeint sind die Fallschirmjäger der faschistischen Wehrmacht
Die Balkanregion war schon immer im Sinne dieser Kontinuität gesehen deutsches Einflußgebiet. Dorthin sollten friedensstiftende Bundeswehrheinis gehen? Geht es nicht vielmehr darum dem internationalem Einfluß der BRD endlich wieder zu richtigem Gewicht zu verhelfen und nebenbei den altbewährten Hinterhof Großdeutschlands zu befrieden? Oder der deutschen Stellung in „Kerneuropa“ endlich zur langersehnten Hegemonie zu verhelfen. (d.h. so hintenrum ist diese Hegemonie schon lange Wirklichkeit es wär’ doch aber zu schön wenn man sich damit höchst offiziös brüsten könnte)

Der 30. Juni darf damit in die Reihe historischer Daten aufgenommen werden. Und auch die (fast) gesamte Linke schreit nach Krieg. Irgendwoher kenn’ ich das. Geschichtsuntericht. Ach ja 1. Weltkrieg. Zustimmung der SPD zu den Kriegskrediten usw. Und mit stolzgeschwellter Brust und Blümlein in der Flinte ab in die Schlacht. Ganz so plump wird heute freilich nicht mehr zu Werke gegangen. Der nationale Pathos hält sich in Grenzen und wird auch von den Großkopferten eher verhalten vorgetragen. Aber wenn man sich die Feullitonseiten großbürgerlicher Blätter wie zum Beispiel der FAZ durchliest kommt schon einiges in dieser Hinsicht zusammen.

Plump wie eh und je ist allerdings die Darstellung dieses Bürgerkriegs in den Massenmedien. Allerfeinste Schwarzweißmalerei. Und wesentlich perfekter weil subtiler als 1870, 1914, 1939... Die bösen faschistisch/kommunistichen Serben auf der einen Seite, die plündernd, mordend und vergewaltigend anderen Völkern ihr Territorium rauben und auf der anderen Seite die Moslems und Kroaten die nur ihre Rechte und Gebiete verteidigen. Soweit das im allgemeinen kolportierte Bild in der Presse. Natürlich mitte ndrin nicht zu vergessen NATO, UNO und EG. Vielleicht sollte man sich an diesem Punkt den Beginn diese Bürgerkrieges vor Augen halten und sich daran erinnern, daß die deutsche Politik der strikten Anerkennung Kroatiens und Sloweniens als souveräne Staaten und der deutsche Druck auf die übrigen EG-Staaten einer der entscheidensten Ursachen dieses Bürgerkriegs waren. Auch scheinen die „Guten“ in diesem Konflikt doch nicht ganz so weiße Westen zu haben, wie es den Anschein haben sollte. Als Beleg dafür sei hier nur die restriktive Politik der kroatischen Regierung gegenüber der serbischen Minderheit genannt, auch einer der ausschlaggebenden Gründe für diesen Krieg. Oder die die offene Liebäugelei Kroatiens mit dem Ustascha-Staat des Zweiten Weltkriegs. Alle Facetten und Gründe dieses Bürgerkrieges hier erschöpfend darzustellen ginge glaube ich zu weit. Einige weitere seien hier aber trotzdem genannt. Da wären zum Beispiel die von der Presse als Aggressoren und Separatisten bezeichneten Serben in der Krajna. Irgendwie scheint man zu vergessen das diese Bevölkerungsgruppe schon mehrere Hundert Jahre dort ansässig ist und jetzt erst durch die kroatische Invasion vertrieben wurde.

Ein weiteres Beispiel wäre die soziale Stellung der moslemischen Bevölkerung, die als christliche Konvertiten nach der türkischen Eroberung des Balkans im 16. Jahrhundert über lange Zeit die Oberschicht in Bosnien bildeten. Als drittes möchte ich hier noch die moslemischen SS-Einheiten nennen von denen deutsche Militärquellen berichteten sie hätten in Serbien schlimmer gehaust als seinerzeit die türkischen Eroberer weil jene (die türkischen Eroberer) wenigstens noch wen übriggelassen hätten. Wie man sieht wird dieses Pulverfaß nur verstehen können, wer auf der einen Seite die Geschichte der letzten 600 Jahre kennt und zum anderen die Ränkespiele und Verteilungskämpfe der Großmächte nach dem Zusammenbruch des „Ostblocks“ richtig zu deuten weiß. In Puncto Verteilungskämpfe dürfte ich mit der Vermutung, daß es sich in Bosnien um eine Art Stellvertreterkrieg handelt, gar nicht so weit daneben liegen. Leuten, die sich darüber näher informieren möchten, würde ich die täglichen Lektüre der „jungen Welt“ empfehlen, auch die FAZ bringt sehr viel Wissenswertes, wobei hier auch zwischen den Zeilen gelesen werden muß, wenn ihr wißt, was ich meine.

Doch zurück zur deutschen Rolle in diesem Drama. Dazu fallen mir noch so einige Merkwürdigkeiten und Schizophrenien ein. Warum setzt sich die Bundesregierung nicht mit der gleichen humanitären Vehemenz dafür ein das die Kurden endlich ihren eigenen Staat bekommen? Warum stehen keine UNO-Truppen in der Türkei? Paßt wohl nicht ins machtpolitische Kalkül? Irgendwie komme ich da nicht ganz mit. In Deutschland wird doch „Volk“ mit beispielloser Kontinuität äußerst atavistisch d.h. über die Frage des Blutes definiert. Deutscher, will sagen Angehöriger des deutschen Staates, kann nur der werden, der auch deutsche Vorfahren hatten. „Volk“ wird im deutschen Sinne immer im nationalistischen Kontext als Ethnie begriffen und nicht als die Gesamtheit der Einwohner eines Staatsgebietes, egal welcher ethnischen Herkunft. Das sollte in Kroatien und Slowenien und in Bosnien gelten aber nicht in Kurdistan? Machtpolitik hat sich seit ewigen Zeiten über solche ideologischen Feinheiten hinwegsetzen können. Und speziell deutsche Machtpolitik hat wenn es drauf ankam in diesem Jahrhundert eine beispiellose Kontinuität bewiesen. Und da ist sie wieder unsere vielgeliebte Kontinuität. Es geht also nicht darum in Ex-Jugoslawien Frieden zu schaffen, es geht darum die schon 2 mal geschlagene Großmacht endgültig in die Reihe der mächtigsten Staaten der Welt zu bringen. Es geht darum nach 50 Jahren „Enthaltsamkeit“ und „Sühne“ mit endlich „reinem“ Gewissen wieder deutsche Grossmachtgelüste ausleben zu können. Eins sollte man hier auch nicht vergessen, nämlich die Aussage des preußischen Militärs von Clausewitz: „Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“

Kaiser Wilhelm

hielt bei der Verabschiedung des deutschen Truppenkontingents zur Niederschlagung des „Boxer“-Aufstandes in China eine Rede die als sogenannte „Hunnenrede“ in die Geschichte einging.
A. Hitler hielt vor der Eröffnung des Angriffskrieges gegen Polen, dem Startsignal zum 2. Weltkrieg, der versammelten Generalität des 3. Reiches ein Rede die als sogenannte „Dschingis Kahn „Rede in die Geschichte einging.
Mein Gefühl sagt mir das ich Angst habe vor einer neuen Rede die wieder einen historischen Beinamen erhalten könnte.

Auflösung des Rätsels:

Volker Rühe, Klaus Kinkel, Alfred Rosenberg

Als Abschluß

bleibt mir nur noch ein Zitat aus einem Flugblatt der antinationalen Gruppe Leipzig: „Es gilt zu verhindern, daß Deutschland, je nach machtpolitischen Gelüsten, Konfliktherde schürt, die es dann mittels militärischer Gewalt „befrieden“ und statisch festschreiben will. Dazu bedarf es aber eines historischen Verständnisses das sich mit der Liebknechtschen Feststellung („Der Feind steht im eigenen Land“) produktiv und antinational verortet, auseinandersetzen will.“
KAY

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last modified: 28.3.2007