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Tomorrow-Café, 1.5k

Annäherungen an eine Kritik
der politischen Weltsituation

Oder wie es der UNO gelingt, einen Witz auszusprechen, ohne ihn selbst wahrzunehmen. Teil 1

      „Wenn die UNO relevant sein möchte, muss sie sicherstellen, dass ihre Agenda und ihre Institutionen alle relevanten Themen fair und objektiv behandeln, ohne einen Konflikt oder Staat herauszugreifen.“ (Gershon Kedar)

      „Wenn die Araber die Waffen aus der Hand legen würden, wäre Frieden. Wenn Israel die Waffen aus der Hand legen würde, gäbe es kein Israel mehr. Das ist ein entscheidender Unterschied.“ (Henryk M. Broder)

      „Kritisches Denken, das auch vor dem Fortschritt nicht innehält, verlangt heute Parteinahme für die Residuen von Freiheit, für Tendenzen zur realen Humanität, selbst wenn sie angesichts des großen historischen Zuges ohnmächtig scheinen.“ (Max Horkheimer/Theodor W. Adorno)
Dieser Text(1) soll einen Einblick geben in die vorherrschenden Rechtsverhältnisse der Staaten im internationalen Maßstab und in deren Bündnissysteme: Kann man von einem Völkerrecht, internationalem Recht oder Menschenrecht sprechen, das fast alle Staaten dieser Erde eint und sie dazu anhält, sich an bestehende Rechtsverträge zu halten? Kann dieses „Weltstaatsrecht“ tatsächlich durch überstaatliche Institutionen militärisch garantiert werden oder bleibt es ein toter Buchstabe? Um eine Annäherung an diese Fragen zu gewährleisten, werden im Verlaufe des Textes verschiedenste weltpolitische Ereignisse als exemplarisches Anschauungsmaterial genommen, um daraus eine Position zu formulieren, die sich für eine Parteinahme für den Staat Israel ausspricht.(2)
Mit diesem Text wird die These vertreten, dass es im internationalen Maßstab kein reelles übergeordnetes Völkerrecht geben kann, da bei der souveränen Durchsetzung von Recht immer auch eine Instanz vorhanden sein muss, die die Rechtsform auch in der Tat umsetzen kann. Der UN aber fällt eine solche Rolle nur im geringen Maße zu.
Um sich den Rechtsbegriffen (Völkerrecht, Menschenrecht, Internationales Recht) anzunähern, soll zunächst ein kleiner Überblick über die bestehenden definitorischen Zusammenhänge gegeben werden.


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Über internationales Recht

Das internationale Recht ist das sich über die Staatengrenzen hinwegsetzende Recht und richtet sich an bestimmte Adressaten. Es lässt sich in mehrere Rechtsgruppen einteilen: Das supranationale Recht, das durch Abtretung von Hoheitsgewalt an eine internationale Organisation (NATO, Europäische Gemeinschaft/ Europäische Union) entsteht. In dieser Rechtsform treten die einzelnen Staaten Entscheidungskompetenzen an einen Zusammenschluss ab. Trotz gewisser Parallelen unterscheiden sich supranationale Organisationen grundlegend von Staaten, weil sie keine grundlegende Hoheitsgewalt besitzen,(3) sondern ihre Kompetenzen auf der Übertragung von Souveränitätsrechten seitens ihrer Mitgliedstaaten beruhen. Dennoch kommt supranationalen Normen bei ihrer Anwendung absoluter Vorrang vor dem nationalen Recht zu und es ist richtungweisend z.B. bei Verstößen innerhalb der EU.
Die zweite wichtige Gruppe, das international-öffentliche Recht zwischen Staaten und Völkern bzw. Völkerrechtssubjekten, wird auch das Völkerrecht genannt. Als Völkerrechtssubjekte zählen alle Staaten, die sich durch ein Staatsgebiet, Staatsvolk und eine Staatsgewalt auszeichnen oder internationale Organisationen, die von ihnen gegründet wurden. Das moderne internationale Recht entstand mit der Intensivierung der diplomatischen Beziehungen zwischen den Staaten Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit Schaffung der Vereinten Nationen (26.6.1945) ist die Entwicklung des internationalen Rechts auf institutionelle Grundlagen gestellt worden. Weitere Quellen des Völkerrechts sind bi- oder multilaterale (zweiseitige, vielseitige) völkerrechtliche Verträge, Völkergewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundsätze.
Im Verlaufe des Textes soll es primär um das Völkerrecht gehen, da bei schwelenden Konflikten, z.B. im Nahen Osten, immer wieder Bezug auf angebliche oder reale Rechtsverstöße genommen wird.(4) Im weltpolitischen Geschehen nimmt der Bezug auf dieses einen hohen Stellenwert ein und muss einer weiterführenden und grundlegenderen Kritik unterzogen werden, um überhaupt die Möglichkeit für eine Gesellschaft zu schaffen, in der die Menschheit die einzige Heimat für alle Menschen darstellt.

Vom Völkerbund zur UN

Um den früheren rechtstheoretischen Grundsätzen Nachdruck zu verleihen, hatten sich schon nach dem Ersten Weltkrieg Staaten zu einem internationalen Bündnis zusammengeschlossen, das als Völkerbund (November 1920 gegründet) bekannt wurde und in dessen Tradition die United Nations (UN), auch United Nations Organisation (UNO) oder Vereinten Nationen (VN) genannt, stehen. Die UN als internationales Bündnis sind als Reaktion auf die beiden Weltkriege(5) entstanden und als „zeitgemäße“ Entwicklung der nach 1945 vorherrschenden Mächtekonstellationen anzusehen. Durch die voranschreitende Institutionalisierung konnten nach dem Zweiten Weltkrieg Ziele und Grundsätze formuliert werden, die in einer UN-Charta ihren Ausdruck fanden: Im Artikel 1.1 der Verfassung der Vereinten Nationen steht geschrieben: um den „Weltfrieden und die (Wahrung der) internationale(n) Sicherheit“, zu gewährleisten, sollen „wirksame Kollektivmaßnahmen“ getroffen werden, „um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen“. Um diese grundsätzlichen Ziele einer globalen Staatengemeinschaft festzulegen, wurde auf der Konferenz von Jalta (Februar 1945) die zitierte Schrift verfasst und wenig später (Juni 1945) in San Francisco unterzeichnet. Sie legte weiterhin die Teilung Europas nach dem bevorstehenden Ende des Zweiten Weltkrieges fest und baute nach ihren Grundsätzen auf dem Prinzip der „souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder“(6) auf.
Weitere wichtige Aufgaben der Organisation sind der Einsatz für die Einhaltung des Völkerrechts, der Schutz der Menschenrechte und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Ursprünglich ratifiziert wurde die Charta durch die Republik China, Frankreich, die Sowjetunion, Großbritannien und die USA. Sie trat, auch als Verfassung der Völkerrechtsgemeinschaft bezeichnet, Ende Oktober 1945 in Kraft. Fast alle Staaten der Erde sind Mitgliedsländer (192) der UN.(7) Sie wird als globale internationale Organisation uneingeschränkt als Völkerrechtssubjekt anerkannt, genießt vermittlungstechnische Anerkennung durch ihre Mitglieder und kann weltpolitische Entscheidungen beeinflussen. Halten sich gewisse Länder nicht an die Abkommen, die durch die UN in der Generalversammlung festgelegt werden, kann durch Einschalten des Sicherheitsrates erheblicher Nachdruck verliehen werden, denn es können u. a. wirtschaftliche Handelsembargos, weit reichende andere Sanktionen oder gemeinsame militärische Interventionen (meist aber friedenssichernde Schutz/Überwachungstruppen) veranlasst werden.(8) Ergibt sich zwischen Staaten ein Konflikt, dann kommt es zu diplomatischen Balanceakten (Abziehen von Botschaftern, Schließen von ausländischen Institutionen etc.). Weitet sich der Konflikt politisch oder militärisch aus und kann nicht beigelegt werden, dann gibt es ein Gericht, das eingeschaltet werden kann. Das ist der Internationale Gerichtshof in Den Haag (IGH).(9)
Der Internationale Gerichtshof (IGH) existiert seit 1946 und ist nicht mit dem 2002 gegründeten Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zu verwechseln, der ebenfalls in Den Haag ansässig ist und von den USA, Russland, China und Israel nicht anerkannt wird, da das Gericht – so in einer Begründung der Vereinigten Staaten von Amerika – nicht ausreichend gegen eine politische Einflussnahme geschützt sei. Der Internationale Strafgerichtshof hat nur Rechtsprechungskompetenz über einen Fall, wenn alle Parteien diese Institution für den jeweiligen Tatbestand anerkannt haben. Die Entscheidungen sind für die streitenden Parteien bindend (inter partes). Halten offensichtlich beteiligte Parteien das Gericht in dieser Sache nicht für zuständig, ist eine Rechtssprechung nicht mehr möglich. Um der Gerichtsbarkeit aus dem Weg zu gehen und seine weit reichenden Befugnisse einzuschränken, haben bspw. die USA souveräne Schritte eingeleitet. In den USA wurde 2002 der American Service Member Protection Act rechtskräftig, der den US-Präsidenten implizit dazu ermächtigt, eine militärische Befreiung von US-Staatsbürgern anzuordnen, die sich in Den Haag vor dem IStGH verantworten müssen. Eine Zusammenarbeit mit dem Gericht wird US-Behörden verboten. Zudem könnte allen Staaten, die nicht Mitglied der NATO sind und das Statut ratifizieren, die US-Militärhilfe gestrichen werden(10).
Die Frage nach der Durchsetzung des Rechts durch die Mitgliedsstaaten ist in diesem Fall die entscheidende: Wenn sich Staaten aufgrund ihrer Interessen dafür entscheiden sollten, den richterlichen Anordnungen des IGH nicht nachzukommen, dann sind die militärische Stärke des angeklagten Landes und dessen diplomatischen Beziehungen zu anderen Staaten ausschlaggebend. Hierbei spielen wirtschafts- und machtpolitische Interessen der Länder eine Rolle, die nicht zu unterschätzen sind. Die USA als Weltmacht können sich ohne weiteres eines juristischen Nachspiels entziehen, sind die Richter doch nicht in der Lage, ihr Urteil souverän durchsetzen zu lassen. Der UN-Sicherheitsrat(11) kann seiner Funktion also nur nachkommen, wenn sich alle Länder, die einen ständigen Sitz haben, für eine einhellige Positionierung entscheiden, andernfalls können auch Urteile des IGH nicht durchgesetzt werden. Stimmt z.B. die USA im Falle der israelischen Sperranlage gegen das richterliche Urteil und blockiert so eine mögliche Resolution, dann wird ihre Kompetenz glücklicherweise untergraben. Die UN wird dadurch mehr oder weniger handlungsunfähig. Hier also stellt sich die Frage der Souveränität in aller Schärfe. Kann die UNO internationales Recht zu jeder Zeit sprechen, garantieren und durchsetzen, oder „existiert das Völkerrecht“ als Recht „nicht“?(12)

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Die kapitalistische Gesellschaft. Alle Nationen vereint in einem Weltrechtsstaat?

Alle Menschen dieser Erde stellen Tag für Tag eine Gesellschaft her, die außer Kontrolle geraten ist. Mit der Durchsetzung dieser Verhältnisse (nach Marx die „so genannte ursprüngliche Akkumulation“) verselbstständigten sie sich gegenüber den Menschen zugleich. Die kapitalistische Produktionsweise wird nicht aufrechterhalten, um menschliche Bedürfnisse zu befriedigen bzw. ihnen ein glückliches Dasein zu bescheren, sondern um die hergestellten Waren gewinnbringend zu verticken, um am Ende mehr Geld zu haben (Profit), um dieses wieder zu investieren, um am Ende mehr Geld zu haben usw. Die anonyme Vergesellschaftung des Menschen und damit die Bestimmung des Verhaltens in gewissen Formen zueinander, ist durch unterschiedliche Besitzverhältnisse im Kapitalismus bedingt. Voraussetzung für ein reibungsloses Funktionieren ist daher die wechselseitige Anerkennung als Privateigentümer. In ihrer ökonomischen Funktion als Arbeiter oder Kapitalist gehen die Menschen (Arbeits-)Verträge ein, die einen geregelten Ablauf der Verhältnisse ermöglichen.(13) Die abstrakte Gleichheit der Vertragsparteien (als Warenbesitzer) verhüllt aber ihre ökonomische Ungleichheit,(14) die in den unterschiedlichen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen einer Familie sich zeigt. Dieser Schein kommensurabler Verhältnisse wird notwendig aufrechterhalten, um tatsächliche Ausbeutung auszublenden. Der Staat tritt in diesem Zusammenhang als Garant für die rechtlichen Verhältnisse auf, die Grundlage für den Willen der Akteure ist: Das „Rechtsverhältnis […] ist ein Willensverhältnis, worin sich das ökonomische Verhältnis widerspiegelt.“ (MEW 23, S.99) Die Menschen nehmen in der Gesellschaft somit die Rolle von Personifikationen ein, die ökonomische Kategorien (Arbeiter-Arbeit, Kapitalist-Kapital etc.) reproduzieren. Kapitalisten den moralischen Vorwurf des Ausbeuters zu machen, ist, nach den strukturellen Maßgaben der Wirtschaftsweise des Kapitalismus, falsch.(15) Ausbeutung ist somit ein unabdingbarer Bestandteil unserer Gesellschaft und wird solange existieren, wie diese fortwährt. Der individuelle Fortbestand des Einzelnen ist unweigerlich mit der Durchsetzung bestimmter divergierender Interessen (gegenüber anderen) verknüpft: Verlangt der Arbeiter eine Lohnerhöhung, dann liegt es zwar im Interesse des Lohnabhängigen, nicht aber des Arbeitgebers, denn er hätte mit Verlusten zu rechnen, was u. U. den Bankrott des Unternehmens zur Folge haben könnte. Damit es zu einem gewaltfreien(16) Ausgleich dieser Interessen kommt, gehen die Warenmonaden Verträge ein, die rechtlich abgesichert werden müssen. Das geschieht durch den Staat.
Die Gleichheit der Menschen vor dem Recht ist durch den Besitz von Waren gesichert, gegenüber Anderen unter Androhung von Anklage (bzw. Androhung von Strafe durch den Staat in Form eines Richters) durchsetzbar und gleichzeitig eine unabdingbare Voraussetzung für das Laufen des „normalen“ Betriebs. Eine wichtige Grundlage für das Funktionieren des Staates ist es, die Menschen zu fähigen Arbeitskräften auszubilden und die „Einheit des Warenbesitzers mit der Ware Arbeitskraft“ (Vgl. Scheit, Suicide Attack, S.44) zu garantieren, also die rechtliche Grundlage dafür zu schaffen, dass sich die Warenhüter als Gleiche vertraglich gegenübertreten, um so die Wert vermehrende Ausbeutung strukturell zu organisieren und reproduzieren zu können. Die offensichtliche Gewalt des Staates durch sein Gewaltmonopol (Polizei und andere Exekutivorgane), sichert bestehende Verträge, bestehendes Recht. Es ist also eine Frage der Souveränität (Herrschaftsgewalt, Hoheitsrechte eines Staates), ob bestehendes Recht durchgesetzt werden kann.(17) Im globalen Rahmen betrachtet, hat jeder kapitalistische Staat großes Interesse, ein hohes Bruttosozialprodukt (BSP) zu erwirtschaften, das über dem von anderen Staaten liegt. Um das zu gewährleisten, obliegt es dem Staat, die in seinem Staatsgebiet wirtschaftenden Menschen in der Verwendung ihrer Besitztümer (Rohstoffe, Produktionsmittel, Arbeitskräfte etc.) nach Kräften zu unterstützen und somit gegenüber anderen Staaten den Ausbau seiner politischen, diplomatischen, wirtschaftlichen aber auch militärischen Beziehungen zu verstärken.(18)
Die Konkurrenz ist somit auch im Maßstab der Staaten wiederzufinden. Die oben erwähnten Besitzverhältnisse haben auch im staatlichen Rahmen gewichtige Bedeutung, die in der wirtschaftlichen Hierarchisierung von Staaten mündet („3.Welt“ usw.). Die angeblich „souveräne […] Gleichheit aller Mitglieder“(19) (der UN) verdeckt ihre reale (wirtschaftliche, politische, militärische etc.) Ungleichheit.(20)
Eine Frage kommt an dieser Stelle auf: Kann das Recht des einzelnen Staates im internationalen Maßstab ebenso souverän gesetzt, geschützt und garantiert werden wie das innerstaatliche Recht des Staatsbürgers im jeweiligen Staatsgebiet? Diese Frage muss verneint werden: Voraussetzung für ein solches Recht, müsste zunächst einmal die rechtliche Gleichheit der einzelnen Staaten vor einer höheren Instanz sein, erhebe sich diese nun als souveräne militärische Gewalt oder lediglich als moralische Verpflichtung.(21) Dem Ansinnen der Verfassung der Vereinten Nationen nach, müssten sich alle Mitgliedsstaaten in ihren jeweiligen Territorien an die in der UN-Charta festgeschriebenen Vereinbarungen (Konventionen) halten.(22) Dennoch steht geschrieben – und das wäre dann auch m.E. einer der entscheidenden Punkte, die es zu beachten gilt – dass aus „dieser Charta […] eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, oder eine Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung auf Grund dieser Charta zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden“(23) kann. Das Völkerrecht als solches ist somit nur „gelten sollendes Recht“ (Hegel)(24) – es gilt, aber die Einhaltung im jeweiligen Staatsgebiet bleibt den Staaten selbst vorbehalten. In diesem Sinne muss es als eine konventionelle Richtlinie verstanden werden, an die man sich hält oder auch nicht.

api

Anmerkungen

(1) Grundlage dieser Ausführungen ist ein Vortrag, der im tomorrow-Theoriecafé (tomorrow.de.ms) gehalten wurde.
(2) Dies folgt im zweiten Teil des Beitrags im nächsten Heft. Bei Autoren, die sich dem vernünftigen Denken verschrieben haben, kann nachgelesen werden, warum es unabdingbarer Bestandteil einer Gesellschaftskritik ist, die den Namen verdient, sich heutzutage weltpolitisch zu positionieren, gerade weil der grundlegend-revolutionären Abschaffung der Verhältnisse Kräfte entgegenstehen, die eine Wiederholung von Ähnlichem seit Auschwitz forcieren und in die Tat umsetzen – m. E. ist die Verhinderung der Zerstörung des Staates Israel eine Voraussetzung, um überhaupt in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten und „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ (Karl Marx, MEW Band 1, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, S.385)

(3) Die souveräne Durchsetzung von Kompetenzen in einem bestimmten Staatsgebiet ist entscheidend und wird später noch Thema sein.

(4) Israel wurde zu Beginn des 36-tägigen Libanon-Krieges von der UN in einer Resolution dazu aufgefordert, die Angriffe auf den Libanon einzustellen, mit der Begründung es verstoße gegen das Völkerrecht. Die USA als Vetomacht verhinderten aber eine Verurteilung Israels.

(5) Da es sich bei dem Zweiten Weltkrieg um eine neue Qualität der Vernichtung von Menschen handelte, die von den barbarischen Deutschen losgetreten wurde und vor allem gegen Juden und Jüdinnen tödlich sich auswirkte, stand für die kritischen Theoretiker die zentrale Erkenntnis am Anfang ihrer Überlegungen, „warum die Menschheit, anstatt in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten, in eine neue Art von Barbarei versinkt.“ (Dialektik der Aufklärung, Vorrede S.1, Max Horkheimer und Theodor W. Adorno) Der kategotische Imperativ Adornos „dass Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts ähnliches geschehe“ (Adorno, Negative Dialektik) gilt nach wie vor.

(6) a.a.O., Artikel 2.1. Dass die souveräne Gleichheit auf einer tatsächlichen Ungleichheit der Staaten basiert, wird sich im Verlaufe des Artikels zeigen.

(7) Die Vereinten Nationen haben ihren Hauptsitz in New York und sind durch drei weitere Sitze in Genf (UNOG), Wien (UNOV) und Nairobi (UNON) vertreten.

(8)
Im aktuellen Konflikt der „internationalen Gemeinschaft “ mit dem Iran kann der UN-Sicherheitsrat zu ähnlichen Maßnahmen greifen. Dies hängt aber von einer Konsensfindung der Vetomächte ab. Dem vollen Ernst der Lage wird man sich erst bewusst, wenn die vernichtungswütigen Äußerungen des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad nicht unterschätzt werden. Die Auslöschung Israels ist sein erklärtes Ziel.

(9) Kapitel XIV, Der Internationale Gerichtshof, Artikel 92; Artikel 93/1; Artikel 94/2 Warum diese Rechtssprechungsinstanz im internationalen Maßstab nicht identisch ist mit einer innerstaatlichen Gerichtsbarkeit, soll weiter unten ausgeführt werden.

(10) Fortführend könnte man anführen, dass seitens der USA das Fehlen einer Jury mit Geschworenen im IStGH bemängelt wird, da die Gewährleistung einer Jury einen elementaren Grundsatz des amerikanischen Verständnisses eines Rechtsstaates darstellt (siehe Fifth Amendment der Verfassung). Das Vorenthalten einer Jury kommt in den USA einer Grundrechtsverletzung gleich. Die Anerkennung des IStGH ohne Geschworene wäre verfassungswidrig und verfassungsrechtlich unmöglich. In der Bill of Rights (Eleventh Amandement) ist weiterhin festgelegt: „Die gerichtliche Macht der Vereinigten Staaten soll nicht derart erweitert ausgelegt werden, dass sie eine Klage erlaubt, die einen der Staaten der USA anklagt oder verfolgt, die durch einen Bürger eines anderen Staates oder einen Bürger oder Angehörigen einer anderen Nation eingebracht wird.“

(11) Vgl. UN-Charta, Der Sicherheitsrat, Artikel 23/1. Im Bezug auf die monetären Beiträge der Mitglieder muss erwähnt werden, dass die Finanzierung der UN hauptsächlich von den USA getragen wird. In der Vergangenheit behielten die Vereinigten Staaten Beitragszahlungen zurück, da sie an einigen UNO-Programmen politische Kritik übten und der UNO Ineffizienz und Geldverschwendung vorwarfen. Die Beteiligung der USA an dieser Institution schwankt somit ihren Interessen gemäß.

(12) Gerhard Scheit, Suicide Attack – Zur Kritik der politischen Gewalt, S.63. Alle folgenden Zitate von G. Scheit entstammen diesem Buch.

(13) Durch die Herausbildung von Aktiengesellschaften ist es möglich geworden, am Gewinn des Unternehmens als Arbeiter teilzuhaben (abgesehen vom Lohn), somit sind die Grenzen wenigstens in vollständig durchkapitalisierten Staaten zwischen den „Klassen“ fließend; der Arbeiter stellt in einem gewissen Maße selbst den Manager an, der durch seine Organisationsfähigkeit auf den Gewinn spekuliert, den das Unternehmen erwarten kann. Voraussetzung ist aber eine rentable Wirtschaftsweise, die durch Kapital und Staat bedingt ist. Fällt eine gewinnbringende Akkumulation flach, ist es um beiderlei Jobs schlecht bestellt.

(14) Kapitalisten besitzen in dem Sinne mehr als die Arbeiter, als dass sie Rohstoffe, Maschinen und Arbeitskräfte gewinnbringend einsetzen können und nicht alleine auf die Vernutzung ihrer eigenen Arbeitskraft angewiesen sind. Das macht den grundlegenden Unterschied zwischen Lohnarbeiter und der Person, der sie anstellt, aus.

(15) Unsicherheiten müssen aber auftreten, wenn es bspw. um Kinderarbeit geht, die sich durch die vollständige Unterwerfung der kindlichen Arbeitskraft auszeichnet. Diesen Misszustand einer Kritik zu unterziehen, sollte bei der allgemeinen Kritik von Ausbeutung einer Arbeitskraft durch Lohnarbeit in gesicherten und geregelten Arbeitsschutzverhältnissen nicht zu kurz kommen, kann aber an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Verwiesen sei auf die Ausführungen Karl Marx ’ im Kapital Band 1 (MEW 23) zur Kinderarbeit.

(16) Wegen des Vorhandenseins struktureller Zwänge ist die Berufung auf eine gewaltfreie Gesellschaft schwachsinnig; Menschen sind unweigerlich strukturelle Gewaltreproduzenten. Die offene Ablehnung von Gewalt entspringt einem fetischistischen Reflex, der nicht über den allgemein vorherrschenden Verblendungszusammenhang hinwegtäuschen sollte.

(17) Eine entscheidende Frage ist aber, welche Rechtsauffassung im jeweiligen Land vertreten und durchgesetzt wird. Die Unterscheidung der rechtlichen Verkehrsformen drückt sich wesentlich durch das Verhältnis der BürgerInnen zu ihrem Staat aus, sofern man überhaupt von bürgerlichen Subjekten ausgehen kann. Hierbei sei auf die im CEE IEH #135 geführte Diskussion verwiesen, die sich mit der Frage der „nachbürgerlichen Gesellschaft “ auseinandersetzt.

(18) Islamistische Länder verweigern Israel aus vernichtungswütigen Gründen den Abschluss von Friedensverträgen und stellen sich so wirtschaftlichen Vorteilen in den Weg. Hierbei wird auch eine andere Dimension dieser gefährlichen Ideologie deutlich: Die leidende arabische Bevölkerung wird nur noch mehr dem Leid überantwortet, obwohl es viele Möglichkeiten, bessere Zustände zu schaffen, gegeben hat. Auch der Libanon trägt heutzutage dazu bei: Ministerpräsident Siniora hat einen Frieden mit Israel kategorisch ausgeschlossen und stellt sich so einer schnellen wirtschaftlichen Hilfe von außen entgegen.

(19) Siehe Fußnote 6

(20) Der im innerstaatlichen Kontext vorherrschende Zwang des Gegeneinanders als Konkurrenten wird, wie oben erwähnt, durch die Gleichheit der Warenbesitzer als Rechtssubjekte durchgesetzt. Voraussetzung ist, dass sich die Beteiligten an die vorherrschende Rechtsordnung halten und sie bis zu einem gewissen Grade anerkennen. Die unterschiedlichen wirtschaftlichen Ausgangslagen ändern nichts an dieser Tatsache. Auf einer überstaatlichen Ebene jedoch, von einem einhelligen Bezug aller Staaten auf eine demokratisch e Rechtsordnung zu sprechen, ist ein Hohn auf all diejenigen, die an Leib und Seele erfahren müssen, was es bedeutet, in einem nicht-demokratischen Land aufzuwachsen. Dazu im nächsten Abschnitt mehr.

(21) Die Unterschiede in den (Un-)Rechtsauffassungen der einzelnen Länder als solche – auch im Bezug auf das Völkerrecht – interessieren in diesem Zusammenhang bezeichnenderweise nicht.

(22) In der Präambel der Vereinten Nationen steht geschrieben: „ WIR, DIE VÖLKER DER VEREINTEN NATIONEN - FEST ENTSCHLOSSEN, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat, unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau […],erneut zu bekräftigen, Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können“ (Fett gedruckt wie im Original, kursiv durch den Autor.)

(23) Kapitel 1, Artikel 2, Ziffer 7 der UN-Charta

(24) Zitiert nach G. Scheit, S.63

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last modified: 28.3.2007