Presseerklärung, Berlin, den 1.12.2005
HipHop, Skateboarder und Punks sind am populärsten die Rechten
stehen auch bei ostdeutschen Jugendlichen auf der Anti-Beliebtheitsskala ganz
oben, fand jetzt das Berliner Archiv der Jugendkulturen in einer neuen Studie
heraus.
Aus westdeutscher Perspektive erzeugte die Maueröffnung ein interessantes
Phänomen: In den 80er Jahren war Neonazismus in den Altbundesländern
noch ein großes Thema. 1989/90 verschwand der westdeutsche
Rechtsextremismus plötzlich von der Agenda der Medien und der politischen
Bildung. Für Rechtsextremismus war nun der Osten Deutschlands
zuständig. Der Eindruck wurde erweckt, als seien Neonazis die dominante
Jugendkultur Ostdeutschlands, ganze Städte als national befreite
Zonen in der Hand der Rechtsextremen. Doch auch wenn es immer wieder
kolportiert wird, ist es noch lange nicht wahr.
Denn fast alles, was wir über die Jugend und ihre Kulturen wissen,
wissen wir aus den Medien. Diese sind aber naturgemäß vor allem an
dem Extremen und dem Negativen interessiert. Sie leben nun einmal davon, stets
das Außergewöhnliche, Nicht-Alltägliche in den Vordergrund zu
rücken: Jugendliche, die sich monatelang in antifaschistischen
Jugendgruppen oder Schülerinitiativen wie Schule ohne Rassismus
aktiv gegen Rassismus und Rechtsextremismus engagieren, sind in der Regel kaum
der Lokalzeitung ein paar Zeilen wert; drei randalierende Neonazis, die
Sieg heil! gröhlend durch ein Dorf laufen, erfahren sofort eine
bundesweite Medienresonanz. Vor allem, wenn sie aus dem Osten Deutschlands
stammen.
Richtig ist, dass Fremdenphobie in den neuen Bundesländern stärker
grassiert als im weltoffener sozialisierten westdeutschen Bürgertum.
Richtig ist auch, dass die Gewaltbereitschaft männlicher ostdeutscher
Jugendlicher größer ist als die ihrer westdeutschen Altersgenossen.
Das ist allerdings nicht nur eine Folge ost-/westdeutscher Prägung (des
fast kompletten Fehlens der Mittelschicht in den neuen Bundesländern),
sondern auch der im Osten vorherrschenden kleinstädtischen Struktur. Hier
und nur hier hat eine Handvoll Neonazis die Chance, durch
Besetzung strategisch wichtiger Räume (Bahnhofsvorplatz, Bushaltestelle
vor der Schule usw.) und permanente Zurschaustellung körperlicher
Aggressivität eine ganze Stadt zu 'kontrollieren', unerwünschte
Fremde zu vertreiben. Und darum geht es der rechten Szene
schließlich: Der militante Neonazismus ist für die Mehrzahl der
Angehörigen rechtsextremer Cliquen weniger ein strategisches politisches
Konzept, sondern der Versuch von der bunten Vielfalt des Lebens verwirrter
Untertanengeister, ihr kleines Stück Umwelt so weit ihre Blicke und
Fäuste reichen frei von jeglichem Fremden zu halten
seien es die linken Zecken (Punks u. a.), die multikulturellen
HipHopper und Skateboarder, Selbstbewusstsein ausstrahlende Frauen oder die
Ausländer. Das Idealbild der Rechtsextremen ist ein absolut
statisches: Selbst wenn sie einmal für einen längeren Zeitraum ihre
Heimatstadt verlassen mussten, was sie höchst ungern und deshalb meist nur
gezwungenermaßen, etwa, um eine Haftstrafe abzusitzen, tun, möchten
sie nach ihrer Heimkehr alles unverändert vorfinden. Schon die neue Frisur
der Freundin (sofern vorhanden) oder der Wechsel der Stammkneipe zu einer
unbekannten Brauerei kann sie zutiefst verstören. Und dann schlagen sie
empört zurück.
Nicht ein wachsendes politisches Interesse, sondern die extreme
Gewaltbereitschaft der rechten Szene führte in den 90er Jahren
zwangsläufig dazu, dass sich der kulturelle Alltag vieler Jugendlicher auf
die einzige Frage zuspitzte: Bist du rechts oder links?
Definitionsmerkmale für rechts und links waren (und sind)
dabei nicht fundierte politische Positionen, sondern subkulturelle Stilelemente
(Kleidungsmarken, Musikgeschmack
) und die Einstellung zu
Ausländern. Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass etwa jeder
achte Deutsche über ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild verfügt
und 30 bis 45 Prozent der Deutschen fremdenfeindlich denken (entgegen der
öffentlichen Wahrnehmung Jugendliche signifikant weniger als
35-55-Jährige). Zugleich lehnt aber die Mehrheit der Jugendlichen
auch in den neuen Bundesländern die militante rechte Szene ab und
will mit deren Angehörigen im persönlichen Umfeld nichts zu tun
haben. Dies zeigt sich beispielsweise an der von der rechtsextremen Szene
produzierten Musik: In jeder Schulklasse Deutschlands sind Bands wie Landser
oder Die Zillertaler Türkenjäger wohlbekannt. Hunderttausende von
Jugendlichen haben sich deren Lieder von Freunden kopiert oder aus dem Internet
heruntergeladen. Doch die Urteile der meisten Jugendlichen über diese
Musik fallen zumeist nicht sehr positiv aus: Rechtsrock aus Deutschland
ist in der Regel grottenschlechter Agit-Prop von Musikern, die weder spannende
Geschichten zu erzählen wissen noch ihre Instrumente beherrschen: Musik
aus der Szene nur für die bereits Recht(s)gläubigen in der Szene. Die
größte Faszination dieser in der Regel ein aggressiv rassistisches
Weltbild transportierenden Musik ist offenbar das Provokative, der Ruch des
Verbotenen: Jede Indizierung treibt die Verkaufs- und Kopierzahlen in die
Höhe.
Eine Ursache für die Ablehnung der rechten Szene und ihrer Kulturangebote
ist die seit Mitte der 90er Jahre rasant gestiegene Attraktivität
alternativer Musik- und Jugendkulturen. Millionen Jugendliche in Ost und West
fühlen sich heute der HipHop- und Skateboarder-Szene verbunden, sind
Techno-, House-, Punk-, Hardcore-, Reggae- oder Soul-Fans. Die Rechtsextremen
gelten heute bei immer mehr Gleichaltrigen nicht mehr als die Avantgarde von
morgen, sondern als die letzten Deppen von gestern, die es immer noch nicht
geschafft haben, auf den Zug der Zeit zu springen. Daran ändern auch bunte
Kostümierungen einzelner Vorzeige-Neonazis wenig, die strategisch clever
bei medienwirksamen Auftritten Che-Guevara-Trägerhemden,
Palästinensertücher und Beckham-Iros spazieren führen.
Dass Neonazis derzeit die (anderen) Jugendkulturen entdecken und massiv
versuchen, wo immer möglich einen Fuß in die Tür bzw.
Party zu bekommen, hat gute Gründe: Für viele Jugendliche sind
Jugendkulturen Orte hohen Engagements und emotional stark besetzte
Beziehungsnetzwerke. Denn dort kommt alles zusammen, was Jugendliche
fasziniert: Musik, Mode, Körperkult, Gleichaltrigenstrukturen.
Jugendkulturen sind artificial tribes, künstliche Stämme und
Solidargemeinschaften, deren Angehörige einander häufig bereits am
Äußeren erkennen. Sie füllen als Sozialisationsinstanzen das
Vakuum an Normen, Regeln und Moralvorräten aus, das die zunehmend
unverbindlichere, entgrenzte und individualisierte Gesamtgesellschaft
hinterlässt.
Keine Jugendkultur zuvor hat so viele Junge aktiviert wie HipHop.
Kreativität und Realness authentisch sein sind dort der
einzige Weg, sich Respekt zu verdienen. Auch die Technoszene, Punks und
Skateboarder haben deshalb keine Nachwuchssorgen, weil sie zumindest von den
Kernszene-Angehörigen ein hohes Maß an Engagement fordern und
damit gerade für jene (Minderheiten) attraktiv werden, die genau so etwas
suchen. Es sind oft die Kreativsten ihrer Generation. Denn trotz aller
Kommerzialisierung wo Jugendkulturen sind, ist die Industrie nicht fern
sind es schließlich die Jugendlichen selbst, die die Szenen am
Leben erhalten. Sie organisieren die Partys und andere Events, sie produzieren
die Musik, sie geben derzeit in Deutschland mehrere tausend szene-eigene
Zeitschriften sog. Fanzines mit einer Gesamtauflage von mehr als
einer Million Exemplaren jährlich heraus. Zumindest für die
Kernszene-Angehörigen sind Jugendkulturen vor allem Orte der
Kreativität und des Respektes, den sie sich durch aktives Engagement,
nicht durch das Tragen der richtigen teuren Streetwear verdienen.
20 bis 25 Prozent der Unter-Dreißigjährigen (Jugend endet
schon längst nicht mehr mit 18) gehören Jugendkulturen an,
identifizieren sich mit ihrer Szene, tendenziell mehr in Großstädten
als ländlichen Regionen. Doch das Wissen über und die
Sympathie/Antipathie-Werte für Jugendkulturen unterscheiden sich kaum noch
von Stadt zu Land, Ost zu West. Denn auch der Kreuzberger HipHopper erhält
seine Infos über neue Tonträger/Events/Trends etc. in seiner Szene
nicht auf der Straße, sondern via MTV, Internet und anderen Medien. So
wirken sich regional unterschiedliche Lebensbedingungen jugendkulturell nicht
mehr aus.
Um den Kern der Aktiven jeder Jugendkultur herum schwirrt ein großer
Schwarm von Mitläufern und Sympathisanten, die nicht völlig in einer
(einzigen) Jugendkultur aufgehen wollen, sich aber doch in zahlreichen
Bereichen ihres Lebens an diesen orientieren. Die Minderheit der
Szeneangehörigen ist zugleich der opinion leader und das role model
für die Mehrheit der Gleichaltrigen. So geben sich in der
Jugendkulturen-Präferenzstudie 2004/2005 des Archiv der Jugendkulturen
rund zwei Drittel der befragten 1001 14-18-jährigen ostdeutschen
SchülerInnen als Sympathisanten wenigstens einer Jugendkultur zu erkennen.
Welche Jugendkulturen/Szenen findest Du absolut gut/sympathisch? (N = 1.001*)
1. HipHop-Szene (257)
2. Punks (233)
3. Skater (122)
4. Gothics/Gruftis (86)
5. Keine (84)
6. Techno (58)
7. Heavy-Metal-Szene (50)
8. Sprayer/Graffiti-Szene (50)
9. linke Szene (37)
10 rechte Szene (28)
11. Fußballfans (24)
*Mehrfachnennungen möglich
Quelle: Jugendkulturen-Präferenzstudie 2004/2005; Archiv der
Jugendkulturen e.V., Berlin 2005
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Den Spitzenplatz in der Popularitätsskala der Jugendkulturen nimmt nach
wie vor die HipHop-Szene ein. Kein anderes Musikgenre ist so populär,
keine andere Szene prägt so sehr die Sprache, Mode,
Begrüßungsrituale und vieles mehr vor allem der 14-16-Jährigen
beiderlei Geschlechts. HipHop-Fans und -Aktivisten (Rapper, DJs, Sprayer,
Breakdancer) finden sich heute in jeder ostdeutschen (Klein-)Stadt, oft
verschwistert und zum Teil identisch mit der Skaterszene (die ihr zweites
großes Standbein in der Punkszene hat). Doch während die
Skateboarder fast uneingeschränkte Beliebtheit genießen (nur 1
Prozent der männlichen Jugendlichen finden Skater
unsympathisch), reagiert ein Teil der Jugendlichen (vor allem ab 16 Jahren)
inzwischen genervt auf das bisweilen penetrant coole Macho-Gehabe und die
zunehmende Aggressivität und Gewaltbereitschaft eines Teils der Szene
sowie auf die mediale Überpräsenz aus Szene-Sicht: den
Ausverkauf von Rap/HipHop bis in Castingshows und
Tütensuppenwerbespots hinein. Ein wichtiger Anspruch der
Jugendkulturen auf Exklusivität und Abgrenzungsmöglichkeiten
gegenüber der gesamten langweiligen Spießerwelt der
restlichen Gesellschaft lässt sich im HipHop kaum noch verwirklichen.
HipHop ist längst Pop geworden. Auch beim Punk spaltet sich die
ostdeutsche Jugend in zwei etwa gleich große Lager: Einerseits erlebt
Punk seit einigen Jahren einen erstaunlichen Popularitätsboom, begleitet
von einer ebenfalls wachsenden Zahl an ostdeutschen Bands, Konzerten,
Vertrieben, Fanzines, Homepages etc., andererseits ist der Punk-Stil rund einem
Viertel der Jugendlichen deutlich zu extrem.
Dass die Gothics oder Gruftis, wie die Szene der Schwarzen früher
vorwiegend genannt wurde, trotz ihres ebenfalls deutlichen Aufschwungs
(Marketingstudien sprechen inzwischen von mehr als 300.000
Szene-Angehörigen) gut doppelt so viele Gegner wie Fans unter den
Gleichaltrigen hat, liegt im Wesentlichen an der immer wieder von Pfarrern,
Lehrern und Medien kolportierten, aber nichtsdestotrotz falschen Vermutung, bei
dieser weit und breit einzigen nicht männlich dominierten Jugendkultur
handele es sich um Satanisten. Das riecht nach Gewalt und wo
Gewalt herrscht, geht die große Mehrheit der Jugendlichen auf Distanz
(siehe auch traditionell Rocker, Skinheads und Hooligans oder aktuell die
HipHop-Szene).
Aber wirklich eindeutig fällt das Urteil lediglich bei der rechten Szene
aus: Während nur knapp drei Prozent der Befragten Sympathien für
diese Szene äußern, sichern 50 Prozent der Befragten ihr den ersten
Platz auf der Antipathie-Skala. Entscheidende Gründe für die
Ablehnung sind die hohe Gewaltbereitschaft, der oft ebenso extreme
Alkoholkonsum und die rigiden autoritären Strukturen, die im Widerspruch
zu zentralen jugendlichen Bedürfnissen nach bewussten
Grenzüberschreitungen und Regeln brechen stehen und selbstbewussten,
individualistisch denkenden Jugendlichen unattraktiv erscheinen vor
allem, wenn sie bereits andere Jugendkulturen kennen gelernt haben.
Welche Jugendkulturen findest Du absolut schlecht/unsympathisch? (N = 1.001*)
1. rechte Szene (500)
2. Punks (209)
3. Gothics/Gruftis (174)
4. Satanisten (96)
5. HipHop-Szene (75)
6. Skinheads (74)
7. Techno-Szene (64)
8. Keine (36)
9. Hooligans (34)
10. linke Szene (34)
11. Drogenszene/Kiffer (29)
*Mehrfachnennungen möglich
Jugendkulturen-Präferenzstudie 2004/2005; Archiv der Jugendkulturen e.V.,
Berlin 2005
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Kurz und gut: Auch für die Mehrzahl der ostdeutschen Regionen, Schulen,
Jugendklubs etc. gilt inzwischen: Wer auf dem jugendkulturellen Beziehungsmarkt
nicht zum Außenseiter werden will, meidet die rechte Szene und wendet
sich angesagteren Jugendkulturen zu, derzeit eben insbesondere HipHop, Punk und
der Skaterszene. Deren Image ist traditionell anti-rechts, anti-rassistisch.
Dass die rechte Szene selbst diese zumeist hybriden Kulturen als
nicht-deutsch klassifiziert und Angehörige dieser Szenen oft Opfer
rechter Gewalt wurden und werden, hat die Antisympathie in den letzten Jahren
weiter verstärkt. Nun führt aber der Boom dieser Szenen dazu, dass
sich ihnen vermehrt sogar Jugendliche anschließen, die zu jenen 30 bis 45
Prozent der Deutschen gehören, die rassistisch denken. Nirvana- und
Landser-Fan zu sein ist für diese kein Gegensatz mehr, HipHop mit
rassistischen Texten, gewalttätige Gothics und Nazi-Punks sind
randständige, aber dennoch existierende Phänomene. Anders als an
westdeutschen Gymnasien tradiert, steht in den neuen Bundesländern die
politische Reflexion über die identitätsstiftende Basis einer Szene
beim Einstieg in dieselbe nicht unbedingt im Vordergrund. Sie entwickelt sich
zumeist erst im Zuge des Hineinwachsens in die gewählte Szene, bei der
Beschäftigung mit den Lyrics und Interviewstatements der Szene-Bands oder
in Face-to-Face-Gesprächen und Internet-Chats mit anderen,
langjährigen Szeneangehörigen. Damit sind Jugendkulturen heute, ob
sie es mögen oder nicht, zu Orten der politischen Bildung und Streitkultur
geworden. Es geht dabei nicht mehr um links oder rechts
(Kategorien, mit denen die Mehrzahl der Jugendlichen ohnehin nichts anfangen
kann), sondern um die Frage: Wem gehört die Jugendkultur?
Auseinandersetzungen, die die Skinheadszene schon seit zwanzig Jahren
führt, haben nun auch HipHop, Techno, Punk, Gothic, Hardcore und viele
andere Jugendkulturen erreicht. Das Eindringen von
rechtsorientierten/xenophoben Jugendlichen in die anderen spannenderen
Jugendkulturen sowie die Versuche der rechten Kameradschaftsszene, sich
kulturell zu modernisieren, haben unfreiwillig eine neue Opposition geschaffen.
Es geht um Besitzstände, um zwischenmenschliche Umgangsformen und den
Wunsch nach gewaltfreien Events, nicht zuletzt um Grenzziehungen.
Das bedeutet nicht Entwarnung. Selbstverständlich gibt es in allen
Regionen Ostdeutschlands weiterhin deutlich sichtbarer als im Westen sehr
kleine, aber hochgradig aggressive und aktive rechtsextreme Cliquen und
Kameradschaften; die Zahl der Gewalt- und anderen Straftaten bleibt
konstant hoch oder steigt aktuell sogar wieder leicht an; noch immer denken
mehr als ein Drittel der ostdeutschen Jugendlichen fremdenfeindlich bis offen
rassistisch/antisemitisch. Die gleichzeitige Distanzierung von der
gewaltbereiten rechtsextremen Szene ist ein erster hoffnungsvoller Schritt, der
auf Brüche in der Identität vieler dieser Jugendlicher verweist.
Stabilisieren wird sich dieser Trend allerdings erst dann, wenn mehr
Jugendliche auch den Mut finden, ihre Haltung eindeutig zu artikulieren.
Dort, wo die Konkurrenz stark ist, wo eine breite Vielfalt jugendlicher
Subkulturen herrscht, haben es Rechtsextreme erfahrungsgemäß schwer,
überhaupt erst die gewünschte Dominanz über jugendliche
Lebenswelten zu gewinnen. Die effektivste Waffe gegen rechte Szenen ist
offensichtlich nicht (nur) der Kampf gegen rechtsorientierte Jugendliche
und ihre kulturellen Ausdrucksformen, sondern die Förderung bzw. Duldung
der auf dem jugendlichen Freizeit- und Identitätsmarkt mit den Rechten um
den Nachwuchs konkurrierenden anderen gewaltablehnenden,
nicht-rassistischen, toleranten Kulturen, der Respekt für die
Jugendlichen, die sich entschieden haben, sich gegen Rechtsextremismus und
Rassismus, auch in ihrem eigenen Freundes-, Mitschüler- und
Bekanntenkreis, zu wehren. Diese gilt es in Zukunft weiter zu bestärken
und zu fördern.
Klaus Farin, Jahrgang 1958, ist Fachautor, Lektor, Dozent und Leiter des
Berliner Archiv der Jugendkulturen e.V.
Quellen und Literatur:
Archiv der Jugendkulturen e.V.: Jugendkulturen-Präsenzstudie 2004/2005,
Berlin 2005 (unveröffentlicht)
Archiv der Jugendkulturen e.V. (Hrsg.): Pop und Politik. HipHop, Techno, Punk,
Hardcore, Reggae/Dancehall. Archiv der Jugendkulturen Verlag, Berlin 2006
Kommentar
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