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Editorial. |
* 11.09.1903 # 06.08.1969 Es heißt, Theodor W. Adorno, der am 11.9. hundert Jahre alt geworden wäre, wurde in den 60er Jahren von einer Studentin in einer Vorlesung mit der Aussage konfrontiert, sie traue sich seit der Beschäftigung mit seinen Reflexionen zur Kulturindustrie nicht mehr, auf Rockkonzerte zu gehen, wo sie doch eigentlich so gerne tanzen würde. Adorno muss hochrot angelaufen sein und über beide Ohren gegrinst haben, um schließlich inbrünstig zu antworten: "Tanzen Sie, amüsieren Sie sich." Das Gerücht, Adorno hätte Jazz und andere Rockmusik gehasst, ist nur die halbe Wahrheit. Bekämpfen tat er die Aufblähung kulturindustrieller Unterhaltung zu Kunst, die für ihn im Ernst und in der Reflexion und nicht in Unterhaltsamkeit und in der Spekulation auf Resonanz ihr Wesen hat. Unterhaltungskultur ist eine "Ersatzbefriedigung", die uns diese Gesellschaft anstatt der Emanzipation von den anonymen Kräften des Kapitals und der freien Verfügbarkeit der materiellen Güter zu bieten hat. Jene Ersatzbefriedigung nicht zu nutzen, würde gar keine Befriedigung bedeuten und wäre lebensfeindlich. Jene Ersatzbefriedigung als subversiv und kritisch zu bezeichnen, hieße letztendlich, sich mit dem Bestehenden zu arrangieren, welches tatsächlich denunziert werden muss. Im ersten Teil unseres Heftes finden sich Ankündigungen zu mehr oder weniger guter Unterhaltungsveranstaltungen, im zweiten Teil Texte, die mehr oder weniger zur Denunziation des Bestehenden taugen. |