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Jahresbericht 2022 online
Projekt Verein e. V.
Soziokulturelles Zentrum Conne Island
Tätigkeitsbericht
2022 war eine weitere Herausforderung für das soziokulturelle Zentrum Conne Island. Zwar haben sich die Bedingungen für Kulturveranstaltungen nach zwei Jahren Corona-Pandemie wieder gebessert, die gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen haben sich in Folge des Krieges in der Ukraine jedoch erneut zugespitzt. Die erhoffte Stabilisierung mit dem Ausklingen der Pandemie setzte nicht ein, stattdessen überlagerten sich verschiedene Problemlagen und Herausforderungen.
Dennoch konnten die Betreiber:innen des Conne Island ein ausgewähltes Kulturprogramm, umfangreiche Projekte der kulturellen und politischen Bildung sowie zahlreiche partizipative Angebote umsetzten, welche sich von denen der Vorjahre positiv abheben. Es konnten wieder deutlich mehr Konzerte sowie Lesungen und Vorträge stattfinden, zu denen es auch wieder möglich war, internationale Künstler:innen einzuladen. Auch die offenen und regelmäßigen Angebote wurden wieder stärker genutzt, wofür ein umfangreiches Digitalisierungsprojekt des Infoladens exemplarisch steht.
Begonnen hat das Jahr 2022 in einer bedrückenden Stille. Mitte Januar zum eigentlichen Saisonstart konnten wir nur festhalten, dass das Conne Island weiter geschlossen bleibt, alle Verträge mit den freien Mitarbeiter:innen wieder gekündigt werden mussten und die Festangestellten erneut in Kurzarbeit gingen. Erst im März konnte ein Alltagsbetrieb langsam anlaufen und Ende April war es erstmals wieder möglich, Konzerte und Veranstaltungen in voller Auslastung umzusetzen. Auch wenn damit Entspannung einsetzte, drohte das gesamte Jahr über die Möglichkeit, es könnte erneute Einschränkungen oder gar einen (Teil-)Lockdown geben. Ein wirkliches Ende der Corona-Einschränkungen mit einem verantwortungsbewussten Umgang gegenüber den Nutzer:innen und Besucher:innen des Conne Island war erst in den späten Herbstmonaten 2022 gegeben.
Zu dieser Zeit bestimmten bereits andere Themen das Tagesgeschehen. Die Folgen und politische Einordnung des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine wurde in zahlreichen Info- und Diskussionsveranstaltungen im Conne Island thematisiert, außerdem gab es Unterstützungsangebote für die geflohenen Menschen aus der Ukraine. Auch die ökonomischen Folgen des Krieges wirkten sich auf die ohnehin schon angespannte finanzielle Situation im dritten Corona-Jahr aus. Steigende Kosten vor allem für Veranstaltungen sowie die Notwendigkeit, die Löhne der freien und hauptamtlichen Mitarbeiter:innen anzupassen, stellten die Betreiber:innen des Conne Island vor große Herausforderungen, welche sich auch über das Jahr 2022 hinaus auswirken. Das kollektive Aushandeln, welche Einsparungen akzeptabel sind und wie viel Druck die bezahlten Mitarbeiter:innen, aber vor allem auch die ehrenamtlich Engagierten in dieser Situation aushalten können, hat im vergangenen Jahr viel Zeit eingenommen. In dieser belasteten und unsicheren Zeit wieder Routine und Gelassenheit zu finden war eine große Aufgabe im vergangenen Jahr.
Intensiv wurde sich außerdem mit der Frage der Profilentwicklung und damit auch dem Selbstverständnis des Conne Island beschäftigt. Dieses Thema zog sich über das gesamte Jahr und war intern das wichtigste Topic. Die intensivste und kontroverseste Diskussion entfachte sich dabei an der zukünftigen Nutzung des Vereinscafés. Aus finanziellen und personellen Gründen wurde sich dafür entschieden, den regelmäßigen Café-Betrieb einzustellen. Der Vorschlag, den Raum als selbstverwaltete Kneipe rein ehrenamtlich neu zu organisieren, fand jedoch keine Zustimmung. Auch der Versuch, ein aktualisiertes Selbstverständnis zu erarbeiten, scheiterte an zu unterschiedlichen Erwartungen und fehlender Einsicht für die Notwendigkeit eines solchen Papiers. In diesen internen Kontroversen zeigen sich auch die Verwerfungen und Spannung durch drei Krisenjahre, welche nur in Ansätzen gelöst werden konnten.
Kultur -- Viel mehr als Konzerte und Klub
Das Conne Island ist im vergangenen Jahr seinem bewährten und geschätzten Veranstaltungsprofil treu geblieben, mit dem Schwerpunkt auf zeitgemäßer Live-Musik, in der sich jugendkulturelle, politische und ästhetische Prägungen wiederfinden. Auch wenn sich der rebellische und subversive Charakter von Subkulturen an vielen Stellen verloren hat, bleibt der politische Anspruch an Künstler:innen, welche im vergangenen Jahr auftraten, bestehen. Dabei bewegten sich die Konzerte wieder durch die verschiedensten Genres von Pop, Punk, Rap, Indie, Experimental bis House, Techno und gebrochenen Beats. Den zweitgrößten Teil des Programms machten wieder Vorträge, Lesungen und andere Bildungs- bzw. Vermittlungsformate aus. Damit war das Conne Island auch 2022 wieder ein zentraler Anlaufpunkt für politisch und kulturell interessierte Menschen aus Leipzig und darüber hinaus. Obwohl es einen Fokus auf Jugendliche und junge Erwachsene aus verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Verhältnissen gibt, ging auch im vergangenen Jahr die erreichte Zielgruppe weit darüber hinaus. Das zeigt sich etwa zur ausverkauften KINDERDISKO oder zum Konzert der Noise-Rock Legende SHELLAC, bei dem der Altersdurchschnitt bei 50+ Jahren lag.
Insgesamt fanden im letzten Jahr 184 Veranstaltungen statt. Das waren Konzerte, Klubveranstaltungen, Lesungen, Podien, Workshops, Seminare, Vorträge, Theaterstücke, Informations-, Solidaritäts- und Sportveranstaltungen. Davon waren lediglich vier Online-Veranstaltungen. Außerdem mussten 34 Veranstaltungen verschoben oder abgesagt werden, zum größten Teil zu Beginn des Jahres durch die noch gültigen Corona-Beschränkungen sowie durch Erkrankungen von Künstler:innen oder Referent:innen. Unter Berücksichtigung der unübersichtlichen Gesamtsituation in Bezug auf Planbarkeit und Verlässlichkeit von Veranstaltungen, ist die Anzahl und Qualität der stattgefunden Veranstaltungen ein großer Erfolg.
Bei einem so umfangreichen Programm ist es nicht leicht, die Highlights für ein ganzes Jahr zu definieren. Gemessen an der Resonanz des Publikums lassen sich jedoch ein paar Konzerte hervorheben. Der Auftritt der australischen Band AMYL AND THE SNIFFERS im Rahmen des TransCentury Update Festival, einer Kooperation mit dem UT Connewitz, war mit Sicherheit eines dieser Highlights. Das ausschließlich im Sitzen stattgefundene Konzert von DANGER DAN am Piano zählte auch zu den besonderen Konzerten des Jahres. Dazu kamen noch die beiden großen Open-Air-Konzerte mit extra Bühne auf dem Freigelände des Conne Island. Mit den Headlinern LOIKAEMIE und PÖBEL MC waren altbekannte und geschätzte Künstler zu Gast, die Konzerte waren trotz großem Aufwand ein Höhepunkt für Gäste sowie die Crew des Conne Island. Erstmals seit 2015 fanden wieder derartige Großveranstaltungen mit 1.500 Gästen statt.
Über diese beiden großen Open Airs hinaus bot der Sommer noch einige andere musikalische Höhepunkte im Freien. Dank der neu eingerichteten Veranstaltungsfläche neben dem Skatebowl konnten das Beard Ättäck Fest im Juni ein ganzes Wochenende drin und draußen stattfinden. Unvergessen für alle, die da waren, ist sicher das Konzert der Brooklyner Band SURFBORT. Dieses und einige andere Konzerte wurden durch Neustart Kultur gefördert. Dank dieser Unterstützung war es möglich, das Veranstaltungsprogramm im Jahr 2022 in einer gewissen Unabhängigkeit von der finanziellen Situation zu planen.
Im Rahmen von Lesungen, Workshops, Vorträgen und Theater wurde sich 2022 mit Themen wie Antisemitismus und Antiimperialismus, Feminismus und Solidarität, Flucht und Asyl sowie aus aktuellem Anlass mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine auseinandergesetzt. Dazu gab es auch praktische Workshops im Bereich Sport und Technik, wie etwa zum jährlichen Girlsday oder im Rahmen des Ferienpasses in den Sommermonaten. Die Partizipations- und Bildungsangebote für Jugendliche wurden im letzten Jahr um die Skill Sharing Workshopreihe ergänzt. Dabei werden emanzipatorische Theorie und Praxis auf niedrigschwellige Art an junge Menschen vermittelt.
Als besonders Format muss der Büchergarten im August 2022 hervorgehoben werden. Dort präsentierten Buchhandlungen, Verlage und Magazine ihr Programm in angenehmer Atmosphäre auf dem Freigelände des Conne Island. Zu erwähnen sind drei weitere Veranstaltungen, welche exemplarisch für das vielfältige Programm stehen. Im März war das Kollektiv Angry Workers im Conne Island für eine Lesung und anschließender Diskussion ihres Buches „Class Power! Über Produktion und Aufstand" zu Gast. Darin beschreiben sie ihre Erlebnisse und Erkenntnisse, Menschen in Fabriken und Warenlagern selbst und unabhängig zu organisieren. Sechs Jahre waren sie dafür in Logistik- und Versorgungsbetrieben im Westen Londons aktiv.
Im Mai stellte die Bühne für Menschenrechte ihr Stück „KEINE MEHR -- ein dokumentarisches Theaterstück über Solidarität" auf die Bühne des Conne Island. Im Stück wurden Gewalterfahrungen von Frauen geschildert, sowie der Trost und die Kraft gebende Solidarität von gegenseitiger Hilfe und Organisierung. Die Veranstaltungsreihe „(Un-)Consciousness Rising! Erfahrung als umkämpfte politische Kategorie" organisiert von outside the box -- Zeitschrift für feministische Gesellschaftskritik soll an dieser Stelle als letztes Beispiel dienen. In drei Veranstaltungen wurde über die fehlende Theoretisierung von Erfahrungen im Zusammenhang mit feministischer Theoriebildung und feministischen Kämpfen in Gegenwart und Geschichte gestritten.
Projekte und Angebote
Die offenen Angebote der politischen und kulturellen Bildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene waren auch 2022 fester Bestandteil der Arbeit des Conne Island. Zu den regelmäßigen Angeboten gehörten der Dj-Proberaum, der Infoladen (Bibliothek und Archiv) mit Seminarräumen, der Skatepark sowie die Graffitifame. Ergänzt wurden diese durch temporäre Projekte und einzelne Events. All diese Formate waren kostenlos und ermöglichten auch Jugendlichen und Erwachsenen mit geringen finanziellen Mitteln die Teilhabe an Kultur, Bildung, sportlicher Betätigung sowie gesellschaftlichem Diskurs. Außerdem dienten sie als Türöffner für die Partizipation an den bereitgestellten Strukturen und als Unterstützung für die individuelle Entfaltung und Verwirklichung. Leider nur mit mäßigem Erfolg konnte der Zugang für die aus der Ukraine geflüchteten Menschen hergestellt werden. Trotz einiger thematischer Veranstaltungen, der Beteiligung an Solidaritätsaktionen und der Neuauflage des verminderten Eintritts auf 0,50 € für geflüchtete Menschen für alle Veranstaltungen war das Conne Island für die ukrainische Community von wenig Interesse. Selbstkritisch müssen wir anmerken, dass die Angebote an den Bedürfnissen der Menschen vorbei gingen und die Sprachbarriere kaum überwunden werden konnte.
Antisemitismus, personifizierte Herrschaftskritik und Antiimperialismus
Das Projekt richtete sich mit drei Einführungsworkshops an Jugendliche und junge Heranwachsende aller Schichten und Milieus, mit besonderem Fokus auf marginalisierten Gruppen, die selten ein explizites Empowerment und Argumentationstraining erhalten. Die jungen Teilnehmenden haben sowohl die Herleitung und ein Verständnis antisemitischer Erzählungen als auch deren Gefahrenpotenzial kennengelernt. Weiterhin wurde das Argumentieren gegen Antisemitismus erprobt. Dabei lag der Fokus auf einer interaktiven und partizipativen Arbeit. Die Workshops haben einen Rahmen geboten, zu lernen, demokratisch zu debattieren und sich zu erproben, ohne Furcht vor Ausgrenzung und in Anerkennung der anderen. Das Projekt wurde gemeinsam mit der feministischen Bibliothek MONAliesA organisiert und über das Förderprogramm Leipzig. Ort der Vielfalt finanziert.
Quo vadis Voluntarius? -- Ehrenamt als wichtigste Stütze Soziokultureller Arbeit
Eine drastische Folge der Corona-Pandemie für das Conne Island ist der starke Rückgang von ehrenamtlichem Engagement. Aus dieser Erkenntnis entwickelte eine Gruppe aus haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen ein über das gesamte Jahr 2022 andauerndes Projekt, welches in eine Zukunftswerkstatt für den gesamten Verein mündete. Alle aktiven Menschen waren aufgefordert, sich an einem aktualisierten Selbstverständnis für die Arbeit des Conne Island zu beteiligen und ihre Ideale und Vorstellungen mit einzubringen. An vier Klausurwochenende wurde mit externer Unterstützung viel über die Geschichte und Entwicklung des Conne Island gesprochen und über die zukünftige Ausrichtung diskutiert. Dabei wurden auch unbearbeitete Konflikte ideeller und persönlicher Natur angesprochen und teilweise bearbeitet. Außerdem zeigte sich, dass es Unklarheiten und Unzufriedenheiten mit den Entscheidungsstrukturen gibt, wobei für alle die basisdemokratische und konsensbasierte Plenumsstruktur einer der wichtigsten Grundpfeiler des Conne Island ist. Die Einigung auf ein aktualisiertes Selbstverständnis konnte nicht erzielt werden. Daher wird der Prozess im kommenden Jahr weitergeführt, um Entscheidungsfindungen besser zu strukturieren und Lösungen zur Eindämmung von Konflikten zu finden.
Flying Wheels -- Girls Empowerment & Wheelchair Skating
Dank der Projektförderung des Amts für Jugend und Familie konnte auch 2022 ein umfangreiches Workshop-Programm für Kinder und Jugendliche in den Sommermonaten realisiert werden. Das Projekt startete mit einem DJ- und Tontechnik-Workshop zum Girlsday 2022. Dieser richtete sich an Mädchen ab der 7. Klassenstufe.
Die Zielgruppe des zweiten Projektteils waren Mädchen und junge Frauen von 6 bis 27 Jahren. So fanden im Rahmen des Ferienpasses (Sommerferien 2022) insgesamt neun Skateboard Workshops für die Altersgruppe 6 bis 12 Jahre statt, sowie im August und September zwei Workshops für die Altersgruppe 12 bis 27. Die Nachfrage nach Skateboard-Workshops für Mädchen und Frauen war auch im letzten Jahr deutlich höher, als sie das Projekt abdecken konnte.
Am ersten Septemberwochenende fanden in Kooperation mit dem Heizhaus Leipzig die Wheelchair Skate Days statt. Angeleitet wurden diese wieder von Lisa Schmidt und David Lebuser, dem ersten professionellen Chairskater Deutschlands. Nachdem der Wheelchair Skate Day acht Jahre in Folge im Conne Island Skatepark stattgefunden hat, wird er ab dem kommenden Jahr im neuen Park am Heizhaus in Leipzig-Grünau sein. Dieser Wechsel erfolgt in Absprache mit allen Beteiligten und ist sehr sinnvoll, da der neue Skatepark sich durch seine Größe deutlich besser für dieses Angebot eignet.
G-Edit DJ-Proberaum
Nach wie vor eines der wichtigsten Projekte des Conne Island ist der Dj-Proberaum. Ziel war es auch 2022, die Präsentation und Repräsentation von Künstlerinnen in der regionalen und überregionalen Musik- und Clubkultur zu stärken. In einem kollegialen und solidarischen Umfeld wurden die Bedingungen für FLINTA (Frauen, Lesben, Inter, Non-binary, Trans und Agender) geschaffen, unter welchem sie auflegen, Musik-Produktion und den Umgang im Clubbusiness erlernen konnten. Empowerment und Nachwuchsförderung von FLINTA sind die großen Ziele des Projektes.
Das 2021 begonnen Mentoring-Programm für Einsteiger:innen in die Musikproduktion und das Auflegen konnte auch im vergangenen Jahr weiter geführt werden. Die Nachfrage war wieder deutlich höher als die Kapazitäten der ehrenamtlich Engagierten es ermöglichen konnten. Dank der Ehrenamtsförderung Wir für Sachsen konnte dieses große Engagement zumindest mit kleinen Aufwandsentschädigungen honoriert werden.
Infoladen -- Bibliothek, Archiv und Kollektiv
Der Infoladen im Conne Island ist eines der bundesweit größten Archive und Bibliotheken für Bücher, Broschüren, Zeitschriften, Plakate und Videos von und über soziale, linke und alternative Bewegungen. Neben den über 7.000 ausleihbaren Bänden sind es die etwa 60 abonnierten Zeitschriften und die große Fülle an 'Grauer Literatur', welche das Projekt auch in Zeiten der digitalen Verfügbarkeit von Wissen so wertvoll machen.
Auch 2022 organisierte das ehrenamtliche Betreiber:innenkollektiv neben dem Alltag (mit Ausleihe, Bestellung und Eingabe der Medien) auch Lesungen, Seminare und Lesekreise. Das größte Engagement ging 2022 jedoch in ein umfangreiches Digitalisierungsprogramm. Gefördert über das Programm WissensWandel des Deutschen Bibliotheksverbandes wurde eine eigene Digitalisierungsstrategie für den Infoladen erarbeitet und insgesamt 330 Zeitschriften, 150 Bücher und 600 Broschüren digitalisiert. Dank der Anschaffung der entsprechenden Technik wird die Digitalisierung der Bestände auch in den kommenden Jahren fortgeführt.
Kooperationen
Ein Großteil der Veranstaltungen und Projekte fand auch 2022 in Kooperation mit Initiativen, Vereinen, Stiftungen, Verlagen, Agenturen, anderen Zentren und Klubs, Crews oder Einzelpersonen statt. Eine der umfangreichsten Kooperationen war das Projekt mobile Soziokultur gemeinsam mit den soziokulturellen Zentren Werk 2 und Frauenkultur. Dabei ging es um die Konzeptentwicklung für dauerhafte soziokulturelle Angebote in den Leipziger Randbezirken und den angrenzenden Landkreisen. Ziel des Projektes ist es, einen multifunktionalen Bus auszubauen und mit diesem eigene und unterstützende Angebote für alle Altersgruppen zu ermöglichen. Dank des außerordentlichen Engagements der Projektmitarbeiterin konnte das Projekt 2022 starten und ein großes Netzwerk von Partner:innen aufgebaut werden. Die Realisierung des Fahrzeuges steht für 2023 an.
Eine andere außergewöhnliche Zusammenarbeit entstand im letzten Jahr mit der Fakultät Bauwesen der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK). Ein Seminar der Vermessungskunde hat im Frühjahr und Sommer das Freigelände des Conne Island vermessen und einen 3D-Scan des Veranstaltungssaals erstellt. Zum beidseitigen Vorteil konnten die Studierenden ihre Fähigkeiten und Techniken ausprobieren, das Conne Island profitiert von aktuellen Plänen und einem 3D Model des eigenen Geländes.
Gemeinsam mit dem OFT Paradise, dem Streetwork-Team Suedpol, dem Werk 2 und einigen Einzelpersonen wurde am 23.09.2022 in Leipzig-Lößnig ein kleines Open Air mit DEXTER und JUNO030 veranstaltet. Dies fand im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts der AG Soziokultur statt und wurde durch Workshops im Vorfeld und am Tag selbst ergänzt. Als Reaktion auf den großen Zuspruch der jugendlichen Besucher:innen aus dem Stadtteil wird es im kommenden Jahr eine zweite Auflage geben.
Außerdem gab es im vergangenen Jahr Kooperationsveranstaltungen mit der feministischen Bibliothek MONAliesA, dem Urban Souls e.V., der Refugee Law Clinic Leipzig, der Rosa Luxemburg Stiftung, dem Institut für Zukunft (IFZ), dem UT Connewitz und diversen anderen Initiativen, Verlagen und Crews.
Personalsituation
Das Jahr 2022 begann für alle festangestellten Mitarbeiter:innen in Kurzarbeit sowie der Kündigung aller Minijob-Anstellungen. Auch wenn ab April wieder neue Verträge ausgestellt werden konnten, war die Situation für die freiberuflichen Mitarbeiter:innen äußerst prekär. Nur einigen war es möglich, sich auf diese Unsicherheit einzulassen. Damit musste zum wiederholten Mal innerhalb der letzten drei Jahre ein neues Team aufgebaut werden.
Unter den Festangestellten gab es hingegen nur wenig Fluktuation. Mit dem Ende der Kurzarbeit im März, konnte zum April eine der drei Bookingstellen neu besetzt werden. Relativ kurzfristig wurde im Frühjahr eine der zwei Finanzstellen frei, glücklicherweise konnte dafür zügig eine sehr geeignete Person gefunden werden. Damit bestanden im Verein 2022 15 Festanstellungen, davon sechs volle Stellen und acht Teilzeit Stellen. Zusätzlich gab es wieder eine FSJ-Kultur-Beschäftigung. Außerdem waren acht Personen auf Basis eines 450€-Jobs beschäftigt.
Die steigende Inflation und die immer wieder verschobene Gehaltsanpassung machten es nötig eine Erhöhung des Einheitstarifes zu diskutieren und zu beschließen. Keine einfache Entscheidung vor dem Hintergrund eines möglichen neuen Lockdowns und der Perspektive auf rapide steigende Energie- und Veranstaltungskosten. Dennoch eine wichtige und richtige Entscheidung, um den freiberuflichen und festangestellten Mitarbeiter:innen eine Perspektive am Conne Island zu geben.
Ehrenamt im Wandel
Neben den festangestellten Mitarbeiter:innen ist das umfangreiche ehrenamtliche Engagement die zweite wichtige Stütze der Arbeit des Conne Island. Ehrenamt bedeutet dabei die Möglichkeit der Partizipation in allen Bereichen und den Raum, über alles mitzuentscheiden. So war auch 2022 das wöchentliche Plenum die höchste Entscheidungsinstanz, bei der alle Anwesenden, ehrenamtlich wie angestellt, im Konsens entschieden.
Nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie finden immer weniger Menschen die Zeit und Energie, sich ehrenamtlich im Conne Island einzubringen. Die dadurch entstandene Lücke ist seit vielen Jahren eine Herausforderung, mit der sich 2022 systematisch beschäftigt wurde. Dabei wurde deutlich, dass es nach wie vor viel Bereitschaft gibt sich einzubringen, es jedoch an der Vermittlung zwischen den interessierten Menschen und der Struktur und den Aufgaben des Conne Island hängt. Zu geringe Transparenz und Nachvollziehbarkeit sowie der Mangel an sozialem Austausch führten dazu, dass eine dauerhafte Anbindung von interessierten Menschen ausgeblieben ist. Diese Vermittlung und Öffnung der Strukturen gilt es in der kommenden Zeit voranzutreiben. Als kleiner Schritt in diese Richtung wurde im letzten Jahr eine dauerhafte Kinderbetreuung für die Zeit des wöchentlichen Plenums eingerichtet.
Als positive Entwicklung kann noch erwähnt werden, dass es im letzten Jahr erstmals seit 2019 wieder möglich war, auf ein Klausurwochenende außerhalb des Conne Island zu fahren. Diese Fahrten erfreuen sich im Team großer Beliebtheit, da sie den Rahmen für ausführliche Gespräche und ein geselliges Zusammensein bieten. Beides Dinge, die im Alltag häufig zu kurz kommen.
Finanzierung
Die institutionelle Förderung durch das Kulturamt der Stadt Leipzig war auch im vergangenen Jahr die wichtigste Säule für den Haushalt des Conne Island. Dazu kamen wieder deutlich gestiegene Einnahmen aus dem wirtschaftlichen Eigenbetrieb (den Ticketverkäufen) und dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (der Gastronomie). Allein gereicht hätten diese Einnahmen jedoch nicht. Es waren noch einmal etwa 120.000€ an Corona-Hilfen, die Überbrückungshilfen III und IV sowie der Liquiditätszuschuss, welche am Ende für einen ausgeglichenen Haushalt gesorgt haben. In geringerem Umfang kamen außerdem noch Unterstützung durch das Kurzarbeitsgeld für die Monate Januar bis März sowie Förderungen über das Bundesprogramm NEUSTART KULTUR hinzu.
Den gestiegenen Einnahmen in der Kultur und der Gastronomie stehen auch deutlich gestiegene Kosten für Gagen, Honorare, Einkaufspreise und Personal gegenüber. Diese Abweichungen in der Haushaltsplanung sind auf der einen Seite erfreulich, da sie davon zeugen, dass 2022 wieder deutlich mehr Veranstaltungen möglich waren als geplant, auf der anderen Seite zeigen sie auch, dass die Kostenkalkulationen angepasst werden müssen. Die Kostensteigerungen für Kulturveranstaltungen konnten mit den erzielten Ticketeinnahmen nicht komplett gedeckt werden.
Zu starken Verschiebungen führten die Zahlungen von Abschlägen für die Betriebskosten und an die Künstlersozialkasse (KSK). Beide Posten sind auf der Bemessungsgrundlage von 2021 in Rechnung gestellt worden und waren damit viel geringer als die tatsächlichen Kosten. Zum Vergleich: im Jahr 2021 war das Conne Island durch die Corona-Verordnungen für sechs Monate für Besucher:innen und Nutzer:innen geschlossen. Dazu kommen die noch immer nicht absehbaren Preissteigerungen für Energiekosten. Dadurch entsteht eine noch nicht gänzlich absehbare Hypothek für das Jahr 2023.
Renovierung, Bau und Barrierefreiheit
Aufgrund der finanziellen Situation konnten 2022 keine größeren Baumaßnahmen oder Investitionen getätigt werden. Erfreulicherweise konnte wie geplant die neue Open Air Veranstaltungsfläche weiter ausgebaut werden. Über das Schauspiel Leipzig konnte eine umfangreiche Publikumstribüne günstig angeschafft werden. Ergänzt wurde die Freifläche noch um eine Bühnenzeltkonstruktion, welche über NEUSTART KULTUR mitfinanziert werden konnte. Damit wurde ein sehr gemütlicher Ort für Lesungen, Konzerte oder kleine Feste geschaffen.
Eine Reihe von anderen Baumaßnahmen sind bereits mit dem Kulturamt in Planung, konnten jedoch 2022 nicht umgesetzt werden. Dazu zählt die Asphaltierung der Zufahrt zum Skatebowl, die Neugestaltung des Spielplatzes sowie die Umrüstung der Schließanlage auf ein elektronisches System.
Perspektive
Erstmals seit drei Jahren lässt sich wieder mit Zuversicht auf die Planung und Umsetzung von Bildungs- und Kulturveranstaltungen blicken. Der Veranstaltungsplan für 2023 ist randvoll und die Resonanz von Publikum und Betreiber:innen auf die kommenden Veranstaltungen sehr positiv. Für das kommende Jahr ist wieder ein umfangreiches Sommerkino-Programm in Kooperation mit der Cinémathèque Leipzig geplant. Außerdem wird der Biergarten erweitert, um das Freigelände des Conne Island noch besser nutzen zu können.
Auch die angestoßenen Änderungen der Organisations- und Entscheidungs-strukturen werden im kommenden Jahr weitergeführt. Für diese Profilentwicklung sind weitere Förderungen über den Fonds Soziokultur vorgesehen.
Die größte Herausforderung der kommenden Jahre wird die Stabilisierung des Haushaltsplans werden. Dabei gilt es, die Kostensteigerungen und das Wegfallen der Corona-Hilfen zu kompensieren. Erfreulich ist die bereits bewilligte Erhöhung der institutionellen Förderung und der Ausblick auf einige bereits ausverkaufte Konzerte. Unsicherheiten wie die Entwicklung der Energiekosten oder die steigende Konkurrenz zwischen Konzertagenturen, Ticketanbieter:innen und Spielstätten bleiben bestehen.
Projekt Verein e.V.
April 2023