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11.09.2014

Stellungnahme zur Absage der Afrob & Megaloh-Tour im Rahmen der Königsklasse 2014

Nach vielen Jahren ist es uns gelungen, die Königsklasse 2014 nach Leipzig zu holen.
Es spielen: Torch & Toni L (20 Jahre 360° Records), Lakmann (Creutzfeld & Jakob), Aphroe (RAG), Chefket, Amewu, Slowy & 12Vince, KET, Speche & Handtrax, Marz und Barack Zobama
Längere Zeit waren auch Afrob & Megaloh angekündigt.
Wir haben uns auf das Konzert von Afrob & Megaloh im Rahmen der Tour gefreut, weil wir Megalohs Werk kennen und schätzen.
Afrobs Wirken und Entwicklung haben wir jedoch in den vergangenen Jahren nicht weiter verfolgt.
Das ist uns in diesem Fall auf die Füße gefallen, denn es hat sich leider sehr bald herausgestellt, dass Afrob für unsere Standards nicht tragbar ist.
Das Conne Island spricht sich eindeutig gegen jeden Antisemitismus und jede Form von Sexismus aus.
Afrob hingegen veröffentliche, vor seinem aktuellen Pop-Album, in seinem 2009er Album Songs mit untragbaren Inhalten, die zum einen antisemitische Stereotypen bedienen und zum anderen sexistische Botschaften zum Ausdruck bringen.
Auch in seinen Interviews gab er Anspielungen zum Besten, die wir eher bei einem Xavier Naidoo vermutet hätten.
Wir haben uns die Absage allerdings wie üblich nicht leicht gemacht.
Stoßen wir bei der Beschäftigung mit Acts auf Probleme oder werden von Dritten darauf hingewiesen, suchen wir in der Regel zuerst den Dialog - so geschehen auch bei Afrob.
Doch statt eine angemessene Antwort zu erhalten, welche sich durch eine sachliche Auseinandersetzung mit den betreffenden Texten und Äußerungen bestenfalls hätte auszeichnen können, sind wir sowohl bei dem Künstler beziehungsweise seinem Management, als auch bei der betreffenden Agentur lediglich auf Desinteresse und Ignoranz gestoßen.
Unser Brief an Afrob, den wir diesem Statement angehängt haben, wurde dem Vernehmen nach nicht einmal an Afrob weitergeleitet.
Wir sind mit unserer Kritik nicht allein.
Auch der freie Journalist und Hip Hop-Spezialist Marcus Staiger setzte sich intensiv mit Afrob auseinander, wiederholt wurde Afrob kritisch auf seine Aussagen angesprochen, wobei er diese zum Bedauern vieler ehemaliger Fans aus der Hip Hop-Szene auch noch inadäquat bekräftigte.
Mit dieser weitgehend erkenntnislosen Situation konfrontiert, hat das Conne Island Plenum den Entschluss zur Absage an Afrob getroffen.
Bedauerlicherweise zog dies wiederum eine Absage des Künstlers Megaloh nach sich, da die betreffende Agentur keine einzelne Show von Megaloh ohne Afrob zulassen wollte.
Vielleicht können wir manchen Gästen einen "Afrob" nicht ersetzten, dies kann aber auch gar nicht das Bestreben des Conne Island sein.
Um unsere Erwartungen und den Anspruch an diesen Abend zu erfüllen, haben wir nun am 3.10. zur Königsklasse einige Artists zusätzlich auf die Bühne gebucht, die im originalen Lineup nicht vertreten waren (siehe oben).
Wir sind der Überzeugung, dass das spitzen Line-Up den Eintrittspreis weiterhin wert ist.
Wer dennoch bereits gekaufte Tickets zurückgeben möchte, kann dies gern ab dem 12.09.2014 bei der entsprechenden Vorverkaufsstelle tun.

Conne Island Plenum, September 2014


Anhang: Brief an Afrob

Hey Afrob,

es ist schon eine Weile her, dass du auf der Bühne des Conne Island in
Leipzig standest. Beinahe 13 Jahre liegt der letzte deiner
immerhin schon drei Auftritte in unserem Laden zurück. Dreimal ist
nicht gerade wenig und die Shows hatten ihre volle Berechtigung: Wir
haben deine Art des Rap geschätzt, ragte er doch qualitativ sowohl in
musikalischer als auch in inhaltlicher Hinsicht deutlich über den
Durchschnitt deutschsprachigen HipHops hinaus. Daraus haben wir keinen
Hehl gemacht, zu deiner Show 2001 wurdest du als „hochintelligente
Ausnahme unter den [...] deutschen HipHop-Interpreten“ angekündigt.
Sympathisch machte dich sicherlich deine klare antirassistische
Positionierung, die zu den am Laden vertretenen Überzeugungen gepasst hat.
Daran dachten wir auch, als wir dich für den 3. Oktober diesen Jahres
zusammen mit Megaloh gebucht haben. Zugeben müssen wir jedoch, dass wir
dich und dein musikalisches Schaffen in der Zwischenzeit etwas aus den
Augen verloren haben. Erst jetzt ist uns aufgefallen, dass die Zeit doch einiges an Veränderungen
mit sich gebracht hat.

Diese sind in unseren Augen so erheblich, dass wir nicht einfach darüber
hinwegsehen können und wollen.
Schwer gestolpert sind wir über deinen Song „Gief Konjunkturpaket VI“ vom
2009er Album „Der letzte seiner Art“.
Darin hast du folgende Strophe getextet: „Es ist sehr lang her und ich
sprach über Araber / Noch immer töten Israelis Babys im Gaza / Stell dir
einmal vor, jemand kommt in dein Land / Schickt dich ins Lager, fremd im
eigenen Land / raubt dir die Grundlage deiner Existenz / Niemand hat
gefragt, mit der Macht der UN / Und sie riefen ihren Staat aus, klar
dass es Krieg gibt / Zeig mir ein Volk, dass sich sone Scheisse bietet /
Waren nicht die Araber, die euch mal vertrieben / Geht doch nach Italien
die Römer bekriegen / Nein, nein ihr geht auf die Schwachen, keine
Armee, paar Raketen als Waffen / Ich bin nicht gegen Juden und gegen
Israels Politik / wenn man sowas sagt, ist man kein Antisemit /
Unschuldige starben bei 'nem Selbstmordattentat / ist dann die Antwort
ein weiteres Massengrab?“

Offensichtlich hantierst du hier mit antisemitischen Stereotypen. Wenn
du rappst, dass Israelis in Gaza noch immer Babys töten würden, ist das
altbekannte Phantasma vom ritualmäßig kindermordenden Juden nicht weit
weg. Wenn du die Macht der UN hervorhebst, die angeblich niemanden
gefragt habe, klingt dahinter der Verweis auf die jüdische Weltverschwörung
deutlich an. Wenn du behauptest, dass sich die Israelis nur an die
Schwachen herantrauen, ist das sehr nah dran am antisemitschen Motiv vom
angeblich feigen und hinterhältigen jüdischen Charakter. Hinzu kommt, dass du dich mit
historischen Fakten nicht aufhältst, stattdessen vermittelst du
falsche Eindeutigkeiten. Den UN-Teilungsplan machst du zu Grundlage
eines vermeintlichen Existenzraubs, obwohl gerade dieser eine
Zweistaatenlösung vorsah und damit auch einen palästinenischen Staat.
Die von dir prominent erwähnten Lager verdanken die Palästinenser vor
allem ihren arabischen Nachbarn, denen sie als Faustpfand und
Manövriermasse gegen einen israelischen Staat gerade gut genug waren –
um mal zwei Beispiele erwähnt zu haben. Das Ganze verknüpfst du mit
einem auf Blut und Boden fixierten Volksbegriff und der
Standard-Tabubrecher-Attitüde: „Wird man ja wohl mal sagen dürfen.“
Dass wir den Track falsch verstehen, ist unwahrscheinlich. In Interviews
nach dem Albumrelease bestätigst du grundlegende Aussagen. Bei rap.de
(http://www.rap.de/features/884) hast du den furchtlosen Tabubrecher
gegeben. Furchtlos, weil du dich ja nicht mit irgendwem anlegst, sondern
mit Israel, dem bekanntermaßen jede Schandtat zuzutrauen ist. Der
Schritt zur Verschwörung, in der Israel schaltet und waltet, wie es
will, gelingt dir erneut problemlos: „Und dass kein Deutscher sich
traut, das so zu schreiben, kann ich schon nachvollziehen, aber es muss
auch mal gesagt werden und ich sage es. Das ist mir auch egal, wenn dann
der Mossad kommt und irgendwo in Berlin eine U-Bahn entgleist. Die
machen so was, glaub mir. Da liegst du dann nicht mit einem Kopfschuss
irgendwo im Bad, wo jeder weiß 'Oh ja der ist erschossen!' Alter, die
machen ganz andere Sachen. (...) Wenn man viel Druck gegen Israel macht,
muss man aufpassen. Und das ist nur die Hälfte von dem, was ich dazu zu
sagen hätte.“ In einem anderen Interview mit aightgenossen.ch
formulierst du deinen Anspruch bzgl. des Nahost-Konflikts
folgendermaßen: „Ich will vor allem die Jüngeren aufklären, darüber was
da passiert ist.“ Unseres Erachtens ist das Gegenteil der Fall. Du
bietest eine einfache und keineswegs neue Antwort: Israel ist Schuld.
Ebenfalls auf deinem 2009er-Album findet sich der Song „Wo sind die
Rapper hin?“. Darin enthalten ist folgende Zeile: „Ist 'ne Frau eine
Schlampe, hat die Mutter sie verzogen/ Weiß 'ne Frau, was sie will, hat
sie dich mit mir betrogen.“ Das ist sexistisches Rumgemacker at its
best, die Frau soll willfähriges Sexobjekt sein, ansonsten ist sie
nichts außer „Schlampe“. Auch darauf wurdest du bereits angesprochen
(http://www.aightgenossen.ch/portal_hiphopmag.php?art_art=art&art_id=104982),
deine Reaktion spricht für sich: „Weißt du, früher hab ich mir über so
was heftige Gedanken gemacht. Dieses Mal hab ich drauf geschissen, damit
müssen die Leute klarkommen.“

Klarkommen – das ist genau das, worauf wir keinen Bock haben.
Weder im Hinblick auf die von dir ausgepackten antisemitischen
Stereotype, noch auf den oben zitierten sexistischen
Blödsinn. Dafür gibt es im Conne Island keine Bühne. In den uns
bekannten Äußerungen können wir nicht erkennen, dass du von diesen
Positionen abgerückt bist. Wenn das der Fall ist, sehen wir
für einen Auftritt bei uns keine Chance.

Conne Island // Juli 2014

09.10.2014
Conne Island, Koburger Str. 3, 04277 Leipzig
Tel.: 0341-3013028, Fax: 0341-3026503
info@conne-island.de, tickets@conne-island.de