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Tomorrow-Café, 1.5k

Postmoderne


Von nichtiger Bedeutung und Begriffsräuberei

Da taucht das Wort Postmoderne auf und so mancher würde es gern des Feldes verweisen. Die Postmoderne scheint im Wort Relevanz zu haben, inklusive dazu bekommt man auch noch eine endlose Stange Bedeutungen geliefert. Was ihr jedoch nicht inne wohnt ist das, was sie zeigen, ja geradezu bedeuten will. Die Perfidie. mit der sie und ihre Adjutanten uns entgegentreten, sorgt gleichzeitig dafür, daß ihre Adjutantur sich als etabliert behaupten kann. Gemeint ist dabei die Art und Weise, wie die Postmoderne oder deren Vertreter immer wieder versuchen, Namen und Begriffe in sich aufzusaugen, um sie irgendwann wie ein Staubsauger, der auf Output geschalten ist, auszuspucken. Der Zweck ihrer Sprache ist Popanz.
Sie bedient sich der Sprache und mythologisiert diese, wie man es bei so manchen postmodernen Denkern bemerkt. Als Beispiel kann man wie schon Sokal(1) in seinem Buch „Eleganter Unsinn – Wie die Denker der Postmoderene die Wissenschaften missbrauchen“, Jacques Lacan herannehmen. Dieser versuchte als Psychoanalytiker naturwissenschaftliche Begriffe (im speziellen aus der Mathematik, er war Fan imaginärer Zahlen) sich heranzuziehen, um sie in seine Analyse einzubauen und verwendete dabei – wie Sokal sagt – falsche Terminologien. Als beispielhaft wird weiterhin Baudrillard angeführt, welcher schrieb: „Die modernen Kriege finden im nicht-euklidischen Raum statt“ (...) dabei „importiert er aus den Naturwissenschaften Begriffe, ohne diesen Import zu rechtfertigen“. Sinn und Zweck solcher Versuche ist die Verklärung der Analysen. (Würde ich mich irren, wäre es traurig. Es würde nur noch mehr zeigen, in wie weit es an der Auseinandersetzung mit den benutzten Begriffen fehlt). Mit wichtigen Begriffen zu hantieren, um über das eigene Unverständnis zu täuschen, ist glatter Selbstbetrug und betrüge man sich nicht selbst, täte man dies dem Zuhörer, Leser oder Mitdiskutanten an.

Über Moderne und Postmoderne

Die Postmoderne scheint ein Lager zu sein. In ihr reihen sich die verschiedensten Kategorien und Begriffe, aber vielleicht ist sie selbst noch Teil davon? Wer Postmoderne hört und mit dem Präfix „post“ (was soviel wie „danach“ heißt) etwas anfangen kann und ein Stück weiter denkt, fragt sich, was denn nun die Moderne ist und in welchem Zusammenhang beides steht. Schandl schreibt, „Diese [DIE Moderne] ist Ausgangspunkt und Abhebungsbegriff“.(2) In wie weit dieses stimmt oder auch nicht, soll nun versucht werden zu erläutern.
Die Postmoderne blies ins Horn, der große Angriff auf das ewige Leben der Moderne sollte vollzogen werden, doch was wurde daraus? Die Postmoderne wollte die moderne Welt ins Wanken bringen, dieses versuchte sie auf unterschiedliche Art und Weise. Sie wollte sich von der Moderne distanzieren, indem sie es ihr gleich tat. Der Versuch nicht nur Randbereiche oder oberflächlich Greifbares in eine Analyse einzubeziehen blieb ihr wie auch ihrem scheinbar Vorgestellten versagt. So blieb es wie auch in der Moderne bei Teilbereichen des Ganzen (geht man von der Gesellschaft als System aus), die herausgegriffen wurden, um sie in eine Gesellschaftskritik einzubeziehen. Postmodernisten, welche von einem „Ende der Geschichte“ sprechen, wie etwa Francis Fukuyama es macht, und dabei vom Punkt der gesellschaftlichen Entwicklung nach dem Ende, dem Zusammenbruch des Ostblockes sprechen, tragen gar dazu bei, die Postmoderne zur Ideologie zu machen. Damit wird postmoderne Kritik zur Affirmation.
Aber zurück zur postmodernen Kritik. Bereiche, die die Postmoderne als Gegenstand der Kritik hat, sind u.a. Medien, Ästhetik, Zeit, Diskurs oder etwa Kultur und Kunst. Die Postmoderne verdunkelt das Licht der Kritik, da die anhaftenden Pluralitäten die Verankerung eines Maßstabes oder Maßes nicht mehr zulassen. Beispielsweise könnte man die Pop-Art dazu zählen, die unverhohlen lapidare Alltagsobjekte sich nimmt, diese dann etwa dupliziert und als Kunst verkauft. Mit welcher Intention der Künstler dabei herangeht, lasse ich mal außen vor. Jedoch zeigt dies ein deutliches Zeichen der Wandlung von Kunst. Einst – und man beziehe sich auf Adorno und dessen Kunstbegriff – trug das Kunstwerk die Hoffnung auf Transzendenz, dem Ausbruch aus der Falschheit und dem Übersteigen gesellschaftlicher Schranken. Für Adorno ist das Kunstwerk Träger des „nichtidentischen“. Das bedeutet, daß es in ihr einen Teil gibt der unbeleuchtet, sich rational nicht fassen lassen kann – etwas, daß nicht im gesellschaftlichen aufgeht. Dieser Anspruch geht verloren, sobald sich Kunst nur noch als Ware offenbart. Die stetige Veränderung und das „Bebomben“ mit Bild und Ton, die fluktuierende Art, beliebig zu deuten, heißt keine feste Entwicklungslinien zu beobachten. So brechen Grenzen auf und Konstanten versiegen scheinbar.

Teilweisheiten

Daß was die Moderne wie auch die Postmoderne auf die Welt brachte, blieb weitgehend unbeleuchtet. Gemeint ist, daß die Postmoderne die Logik des Kapitalismus – die Verwertung des Werts – nicht berücksichtigte. Durch eine solche Methode kann die Welt sich nicht erklären lassen. Nur wenn der Wert als eine festgesetzte Einheit in eine Kritik einbezogen wird, kann die Kritik weiter fassen, da dieser die Schranken der verschieden gesellschaftlichen Bereiche überwindet und die Grundstruktur gesellschaftlichen Denkens wie auch Handelns nicht nur beeinflusst sondern schafft. Die Postmoderne wird dem nicht gerecht. Sie dekonstruiert die Gesellschaft als System in verschiedene Splitter, in „dezentral“ ablaufende Prozesse. Die Welt ist halt so ein zusammengewürfelter Haufen von Subjekten, die sich selbstbedeutend – ja eigenständig – nur den eigenen Logiken unterwerfen und eine Autorität, die gemeinschaftsübergreifend wirkt, nicht wahrnehmen. Ein solches Beharren auf Verschiedenartigkeit und Differenzierung ist nicht weiter wichtig, als dazu sich seine eigenen Wahrheiten und Gültigkeiten zu schaffen und zu bestätigen. Die Ablehnung einer festen Größe oder einer Autorität, die allseitig beschneidend fungiert, erfährt keine Berücksichtigung.
Nur durch Beendigung solcher Teilbereichskritik und einem Blick der weiterreicht, als nur vor die Haustür, kann und wird Kritik den Charakter annehmen, den sie haben sollte – die allumfassende Negation des Bestehenden.
Kaubi

Fussnoten:
(1) Sokal wurde bekannt durch den Artikel „Grenzüberschreitung: Auf dem Weg zu einer transformativen Hermeneutik der Quantengravitation“, mit dem die Sozialwissenschaften auf den Arm genommen wurden. Das hatte einzig den Sinn, die Ideologie der Postmoderne zu enttarnen. Wodurch ist diese charakterisiert? Sokals „Experiment mit den Sozialwissenschaften“ funktionierte so gut, weil er voll auf diese Ideologie einging und sie mit gewolltem Unsinn anreicherte, was die Herausgeber der Zeitschrift „Social Text“ offenbar nicht störte. Er bestärkte sie in der üblich gewordenen Weise, das „altmodische Dogma“ von einer existierenden Welt lächerlich zu machen, deren Eigenschaften angeblich von Menschen unabhängig seien. Er tat so, als ob er als Physiker das ganz genauso sehe. Die physikalische und soziale Welt seien nur linguistische bzw. soziale Konstrukte. Das Ganze gipfelte in der vollkommen grundlosen Behauptung, die Zahl Pi und die Gravitationskonstante g (Newton) zeigten eine „unablösbare Historizität“. Alles Humbug. Aber es war demonstriert: ein solcher Unsinn wird heute für bare Münze genommen und erfreut sich größten Ansehens. Die Zeitschrift, in der Sokal das Veröffentlichte, war zudem noch eine Sondernummer von „Social Text“, die keinen anderen Zweck verfolgte, als den Kritikern der Postmoderne einmal kräftig eines draufzugeben.
(2) Schandl „Post und Bahnhof“

Literaturverzeichnis:
• Sokal: „Eleganter Unsinn – Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften mißbrauchen“
• Zygmunt Bauman: „Ansichten der Postmoderne“

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last modified: 28.3.2007