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Reinheitsgebot der Kriegspropaganda

Eine Lüge der Nato zur Legitimation des Krieges gegen Jugoslawien jagt die nächste. Fest steht: einen herkömmlichen logischen Kriegsgrund gab es nie.

racak, 26.7k 16. Januar 1999
Das Massaker von Racak, wo 45
albanische Zivilisten liquidiert werden, gilt
inzwischen als Wendepunkt für die Diplomatie

„Lügen wie gedruckt“ – Die Zeit vom 12. Mai 1999

Die omnipräsente mediale Skandalisierung der Verwendung von Uranmunition seitens der Nato erhält erst dann seine wirkliche Dimension, wenn man dieses aufgebauschte Thema einmal mit den Lügen abgleicht, die von der Nato-Seite erfunden und von allen bürgerlichen Medien kolportiert wurden, um den Krieg gegen Rest-Jugoslawien anfang 1999 legitimieren zu können. Die unglaubliche öffentliche Aufblähung und moralische Empörung über eingesetzte Uranmunition erklärt sich aus der handelsüblichen Unterwerfung ganzer Heerscharen bürgerlicher Journalisten unter das Reinheitsgebot der Kriegspropaganda.
Seit gegen Jugoslawien von Deutschland kurz nach der Wiedervereinigung offen zu Felde gezogen wird, war keine dreiste Lüge plump genug, um die ethnische Parzellierung unter der urdeutschen völkischen Klausel der „Selbstbestimmung der Völker“ voranzutreiben. Man hat es hierzulande geglaubt, weil man sich in Volkstumspolitik von je her so Experten-sicher gibt wie niemand sonst auf der weiten weiten Welt. Ob nun die Leugnung ethnischer kroatischer Säuberungen gegen Serben oder die bis heute trotz unzähliger Wiederlegung immer wieder reproduzierte Lüge über ein angebliches „Massaker“ in Srebrenica – gipfelnd in der Unglaublichkeit eines Freimuth Duve und seinem Gerede von der „Rampe von Srebrenica“ als Gleichnis zu Auschwitz.
Die Vielzahl dieser kleinen und großen Propaganda-Lügen mußten im Großen und Ganzen nicht einmal zu manipulativen Zwecken gegenüber der Bevölkerung benutzt werden. Kategorien wie Humanismus oder Menschenrechte werden in der westlichen Welt ohnehin ganz offen als Synoyme und Legitimierungen für imperialistisches Handeln begriffen. (Historisch gesehen übrigens nicht zu unrecht, nur müßte das statt zur Affirmation strikt zur Kritik von Humanismus und Menschenrechten zwingen.)
Anfang Dezember vorigen Jahres hatte die Parlamentarische Versammlung der Nato – „ein von der Nato unabhängiges Gremium, das als Bindeglied zwischen dem Bündnis und den nationalen Parlamenten fungiert“ (FAZ), unter typischer Deckelung durch die breite Öffentlichkeit in einem „Generalbericht“ zur Kosovo-Intervention der Nato festgesellt, daß die bewaffneten kosovarischen Nationalbefreier von der UCK ganz gezielt Terror gegen die ansässigen Serben ausübten, um die Konfliktsituation ins unerträgliche zuzuspitzen. „Mit anderen Worten“, wie die FAZ feststellte: „Nach dem aktuellen Generalbericht und entgegen offiziellen Nato-Darstellungen, insbesondere vor dem Krieg, waren also nicht die Serben, sondern war die UCK verantwortlich für die Konflikteskalation und die Erzeugung der Krise im Kosovo“.
Dieser Generalbericht, so lügt die FAZ wie gedruckt, wäre „unbemerkt von den Medien“ verabschiedet worden. Und überhaupt, wäre dieser Bericht nur eine Art Ansichtssache, „eine späte, eine zu späte Einsicht“ und sonst nichts.
Es wird hier ganz klar deutlich, warum die Rolle der bürgerlichen Medien völlig zu Recht als vierte Gewalt im Staate bezeichnet wird. Sie ist mit dem Staat verwachsen und bekennt sich offen als Teilgewalt (neben Exekutive, Judikative und Legislative). Wenn also etwas „unbemerkt“ bleibt, dann nur als vorsätzliche Mittäterschaft.
Wenn nicht Racak oder der Hufeisenplan, dann ist der Grund für den Nato-Krieg vielleicht ja, weil Milosevic nicht im Sitzen pißt, sondern im Stehen.
Nun hat sich neben der ungeheuerlichen österreichisch-deutschen Lüge eines angeblich serbischen „Hufeisenplans“ zur Vernichtung der albanischen Kosovaren als quasi Serbenpendant zur Wannseekonferenz der Nazis, über die in oben erwähntem Generalbericht ebenfalls der Mantel des Schweigens gedeckt wird, eine weiterer Wahnsinn entpuppt: die Lüge über das „Massaker von Racak“.
„Racak“, sagt Joschka Fischer, war ‘für mich der Wendepunkt’. 45 Zivilisten sind in diesem Dorf im Kosovo am 15. Januar 1999 liquidiert worden.“ (Die Zeit)
Nach langem bezeichnendem Hadern und Zögern hat nun vor einer Weile die von der OSZE eingesetzte finnische Expertenkommission mit der Sprache rausgerückt. Nachdem von der Kommission erst einmal anderes in Umlauf kam – „die Ergebnisse sind eindeutig: eine geplante Mordtat an 45 Menschen“ (Die Zeit) – gebe es nun laut Abschlußbericht der finnischen Gerichtsmediziner „keine Beweise“, daß serbische Soldaten die Morde begangen hätten. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, „daß in Racak eine Gruppe albanischer Dorfbewohner von serbischen Sicherheitskräften ermordet worden sei“.
Das Ereignis von Racak war innerhalb des Nato-Bündnisses der endgültige Ausschlag für den Angriffskrieg gegen Rest-Jugoslawien. Das „Hinschlachten von Zivilisten durch die Serben im Januar in Racak“, so Ludger Volmer, grüner Staatsminister im Auswärtigen Amt, habe das Maß endgültig voll gemacht. Und es werde nun Mord mit Bombe vergolten.
„Recak“, wie die FAZ in örtlicher Vokalistik Racak nach dem Abschlußbericht der finnischen OSZE-Kommission nennt, „soll jetzt das Maß für Sinn und Unsinn des ganzen Kosovo-Krieges sein.“ Diese dreiste Verdrehung spricht allerdings Bände. Dabei hätten es Demokraten doch immer so schwer, wie die FAZ meint, „wenn sie es mit Potentaten (wie Milosevic – R.) zu tun haben, von denen gute Demokraten nie glauben wollen, sie könnten andere Werte haben“, als die westlichen.
Nach dem die Lüge von Racak als eine weitere dreiste Nato-Lüge aufgeflogen ist, muß sich einmal mehr feststellen lassen, daß es im bürgerlichen Sinne (!) keine logischen Kriegsgründe geben kann, weil der imperialistische politische Charakter grundsätzlich strikt geleugnet wird. Wenn nicht Racak oder der Hufeisenplan, dann ist der „Grund“ vielleicht ja, weil Milosevic nicht im Sitzen pißt, sondern im Stehen.
Die imperialistische Logik wird in der bürgerlichen Öffenlichkeit – also überall – verschleiert und es werden „logische“ Interventionsgründe konstruiert und präsentiert. Das ist bekanntlich nichts neues. Dennoch ist nicht alles zufällig und willkürlich. Die imperialistische Einteilung in Schurken und Vasallen hangelt sich am erwarteten vorauseilenden Gehorsam gegenüber westlichem Humanismus und Menschenrechten entlang, deren eigentlicher Charakter die Bestimmung von Pro und Contra freiem Markt ist: werden die einen gemaßregelt, weil sie keine Rechtssicherheit für das Kapital gewähren wollen, werden es die anderen, weil sie den grenzenlosen Welthandel der freien Konkurrenz im Tausch beschneiden wollen.
Das ist so, seit es Kapitalismus gibt, und fürwahr nichts neues. Gerade die Linken sollten mal ihr Gedächtnis auffrischen, dann klappts auch mit radikaler Kritik der Verhältnisse.
Ralf



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last modified: 28.3.2007