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review-corner, 2.7k
Dass die aktuelle Platte von Rage Against The Machine breitester Konsens ist, ist nicht die Schuld der Band, sondern liegt an der Situation an sich.
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RATM, 29.4k

Rage Against The Machine:

„The Battle of Los Angeles“

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Wenn sich momentan etwas maximal frei präsentiert, dann der Musikmarkt. Das unterscheidet die Situation von 1976, jener Absättigung durch Chicago, Supertramp und E.L.O.: Eine Zeit, zu der keine abgedrehten Hippies mehr subkulturell aufschreckten, längst schon in ihren Land-WG’s Decken häkelten. Der pure Stillstand, ein Getriebe im Selbstlauf, und niemand der dorthinein Sand hätte streuen wollen. Bis Punk explodierte. Auch momentan erleben wir etwas, was sich am besten mit den Vokabeln „Sattheit“ und „Stillstand“ bezeichnen ließe, obwohl gerade nicht Bands wie Chicago dafür verantwortlich sind, sondern der harte, ruppige „Underground“. Überflüssig, sie alle hier aufzuführen: Nirvana, Cro Mags, Dinosaur JR., Lemonheads, RATM, Rollins Band und auch der überaus quere Beck: All das macht klar, daß die Stagnation heute ganz andere Züge trägt, die es wesentlich schwieriger machen gegen sie zu reagieren. Wie soll man – Chicago und Supertramp im Hinterkopf – Gangsta Rap und Hardcore auf der linken Spur überholen? Ich gehe nicht so weit zu behaupten, Musiker wie Henri Rollins und RATM seien nun unsere Feinde geworden, weil sie Konsens geworden sind. Es ist die Situation an sich, der man feindselig aber gewissermassen hilflos gegenübersteht: In der „Free World“ ist es einfach zu (d.i. beliebig) geworden. Zu viel geht durch. Wo nichts mehr stört, bleibt Wut und die geballte Faust, die gar nicht mehr um ihr Einschlagloch weiß.
Wie? Was ich will? – Eine neue Bewegung? – Bewahre! Nein, doch die Frage ist ja, ob mit dem Verlust jeglichen Bezugssystems nicht auch jede Form von Präsenz verschwindet – damit auch jede Form von Provokation, Revolte und Dissidenz. Wo Henri Rollins, RATM und Gangsta Rap etwa den Raum einnehmen, den einst Simon&Garfunkel eingenommen haben, bricht der Underground auf und in sich zusammen: Subkultur ist nur noch Gestus, eine bestimmte Bilderfolge im großen Bilderwald. Wo das Härteste (oder vermeintlich Härteste) zur Norm geworden ist, kann nicht mehr mit Härte gegen die Norm vorgegangen werden...
Härte entsteht, wo eine Ästhetik sich der Norm entzieht, wo gewohnte Kommunikationsmuster nicht mehr greifen. Wenn Musik wie die von RATM nicht mehr stört und wenn Graffitis von den Stadtwerken finanziell gefördert werden, muß ein neuer Code der Abgrenzung gefunden werden...
Subversion (und als subversiv sieht sich RATM und als subversiv werden sie goutiert) ist nur wirkungsvoll in Abgrenzung zu einem allgemein anerkannten und vertrauten Bezugssystem. Die Authenzität dessen, was wir subversiv nennen, läßt sich wahrscheinlich nur ästhetisch bestimmen, hat am wenigsten etwas mit Biographie zu tun. Eine üble Mainstreamband wie Chicago ist damit grundsätzlich authentischer als RATM, denn bei Chicago fallen Gestus, Anspruch und Musik zusammen. Aus dieser Stimmigkeit heraus waren sie angreifbar. Wie aber will man Bands wie RATM angreifen, die etwas anderes vorgeben als sie sind?
Martin Büsser in „GG Allin“, Testcard 1

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Nachtrag: Bands, die mit links und ehemals links codierten Symbolen, wenn auch hochgradig naiv, rumspielen, sind mir trotzdem lieber als Produkte der Musikindustrie, die vermeintlich tabubrecherisch mit faschistischen Ästhetiken und Codes hantieren. Von daher und nur aus dieser Sicht kann ich dieser Platte etwas positives abgewinnen. KAY



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last modified: 28.3.2007