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Im folgenden dokumentieren wir einen Redebeitrag der Grenzcamp-Vorbereitungsgruppe Leipzig zur Wurzen-Demo am 27.02.1999 und einen Text der gruppe el sol, der zur Beteiligung am Grencam aufruft:
, 0.0k [Redebeitrag der Grenzcamp-Vorbereitungsgruppe] [Aufruf der Gruppe el sol]

Offene Grenzen für alle!

Wenn die Nazis mal wieder jemanden umgebracht haben, ist die Öffentlichkeit mit Lichterketten und Betroffenheitsäußerung immer schnell zur Stelle. Und selbst auf diesen vermeintlichen Gutmenschen-Veranstaltungen macht die Öffentlichkeit aus ihrem Rassismus keinen Hehl. Warum gibt sie sich dann überhaupt die Mühe? Das liegt daran, daß im politischen Denken dieser Öffentlichkeit die Ökonomie das Primat vor dem Rassismus hat. Um den angeblich guten Ruf Deutschlands im Ausland zu wahren, distanziert sich die Öffentlichkeit von den Nazischlägern, die die deutschen Exportbilanzen stören könnten.
Ob es für die antifaschistische und antirassistische Arbeit einen anderen Ansatzpunkt als die Angst um den Standort Deutschland gibt, sei dahingestellt. Fakt aber ist, daß es dort, wo der Rassismus wichtiger als die Wirtschaft geworden ist, nicht mehr viel auszurichten gibt. Eine dieser Regionen ist die achtung, sie koennten bemerkt werden..., 7.7k sächsische Ostgrenze. Wieviele Menschen dort jährlich sterben, sei es weil sie ertrinken, erfrieren, vom BGS zu Tode gehetzt werden oder nach einer Denunziation durch Ossis wieder in ihr „Heimat“-Land abgeschoben werden, ist inzwischen sogar in den bürgerlichen Medien nachzulesen. Das ist der alltägliche Rassismus und die uns von überall her bekannte Kooperation von rassistischen Behörden und rassistischem Mob. Die neue Qualität im sächsischen Grenzraum zeigt sich aber darin, daß TaxifahrerInnen, die Menschen von A nach B transportiert haben, zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt werden. Diese TaxifahrerInnen waren weder AntirassistInnen noch SchleuserInnen. Das zeigt sich schon daran, daß inzwischen die TaxifahrerInnen Menschen, die nicht „deutsch“ aussehen, nicht mehr mitnehmen.
Die meisten TaxifahrerInnen tun uns nicht sonderlich leid, deutlich wird aber, daß die Öffentlichkeit in der Grenzregion bereit ist, zur Durchsetzung rassistischer Ausgrenzungspraktiken wirtschaftspolitische Grundprinzipien zum Teufel zu jagen. Der Eskalation dieser rassistischen Praxis versuchen seit Jahren antirassistische Gruppen entgegenzutreten. So fand 1998 ein Grenzcamp statt, welches sich zum Ziel gesetzt hatte,
  1. den BGS anzugreifen und bei seiner Arbeit zu behindern,
  2. den Denunziationswillen der Bevölkerung zu schwächen,
  3. über Theorie und Alltag des Grenzregimes aufzuklären
  4. und Antifa-Gruppen in der Region zu unterstützen.
Da die beteiligten Personen und Gruppen dieses Camp als Erfolg einschätzten, soll es dieses Jahr ein ähnliches Camp geben. Es wird in der zweiten Augustwoche in der Nähe von Zittau stattfinden.

Beteiligt Euch an der Vorbereitung und fahrt hin.
Weg mit dem BGS!
Zwangsumsiedlung aller Denunzianten nach Bonn!
Offene Grenzen für alle!


[Redebeitrag der Grenzcamp-Vorbereitungsgruppe] [Aufruf der Gruppe el sol]

! Wählt ! BGSPD
(Bundesgrenzschutzpartei Deutschlands)

Nachdem am 1.November 1994 das neues BGS-Gesetz in Kraft trat und damit die rechtliche Grundlage der sog. „Schleierfahndung“ (Grenze + 30km-Zone) geschaffen wurde, gehörte die damalige SPD-Führung zu den Kritikern des neuen Gesetzes. Eindringlich wurde vor der „Aufweichung des Trennungsgrundsatzes von Geheimdiensten und Polizei und dem schrittweisen Abbau der Kompetenzen der föderalen Polizeien zugunsten bundesweiter Polizeistrukturen“ gewarnt.
Inzwischen sind knapp fünf Jahre vergangen und die SPD könnte ihre Kritik..., aber... alles kam ganz anders...
Am 25.Juni 1998 verabschiedete der Bundestag eine Befugniserweiterung für den BGS. Dabei handelte es sich um Maßnahmen, die u.a. verdachtsunabhängige Personenkontrollen auf Flughäfen, Bahnhöfen und in Zügen mit grenzüberschreitendem Verkehr ermöglichen. Es sollte sich dabei „lediglich um Einzelkontrollen handeln, bei denen der Paß eingesehen sowie das Gepäck in Augenschein genommen werden darf. anerkennung frauenspezifischer fluchtgruende, 8.5k Für eine Durchsuchung oder gar vorübergehende Festnahme muß ein konkretes Verdachtsmoment vorliegen.“ Gegen diese Maßnahme sprachen sich Bündnis 90/Die Grünen (jaja, früher...), die PDS und selbst Teile der FDP aus, sahen sie doch „völkerrechtliche Bedenken“, einen Verstoß gegen das Schengen-Abkommen und sogar einen Verstoß gegen die Verfassung, da ja „jeder Bürger fortan ohne tatsächlichen Anlaß als Rechtsbrecher behandelt werden könne“. Immerhin meldete auch der Bundesrat im Vorfeld (19. Juni 1998) Bedenken gegen diese Kompetenzerweiterung an. Als Begründung wurden ebenfalls Verstöße gegen das Schengener Durchführungsübereinkommen („Identitätsfeststellung bei Grenzübertritt“) angeführt. Außerdem würde die flächendeckende Kontrollpräsenz im Inland durch den Bundesgrenzschutz zur Verletzung der Länderkompetenzen in Bezug auf den allgemein-polizeilichen Aufgabenbereich führen. Weiterhin hieß es dazu in der Presseerklärung des Bundesrates: „Diese Intention kollidiere mit einem Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes vom Januar 1998, in dem es heißt, daß der Bundesgrenzschutz nicht zu einer allgemeinen, mit den Landespolizeien konkurrierenden Bundespolizei ausgebaut werden und damit sein Gepräge als Polizei mit begrenzten Aufgaben verlieren dürfe.“
Doch schon drei Wochen später sieht alles ganz anders aus. Der Bundesrat beschließt die Änderung des Bundesgrenzschutzgesetzes für zunächst fünf Jahre. Ergänzend dazu „unterstütze der Bundesrat Initiativen, die darauf abzielten, die Sicherheit der Grenzen zu stärken.“
Nachdem nun am 1. September 1998 diese Änderung des BGS-Gesetzes in Kraft trat, kann der Bundesgrenzschutz seine „erweiterten Befugnisse“ im gesamten Bundesgebiet wahrnehmen. Ebenfalls noch im September kündigte unser sorgsamer Innenminister Hardraht (CDU) an, die sächsische Bereitschaftspolizei zur Unterstützung des BGS bei der Menschenjagd „in einer zweiten Linie“ an die Grenze zu verlegen, da die Verstärkungsmaßnahmen beim BGS „nicht ausreichend“ seien.
Die „tiefgreifenden Neuerungen“ nach den Wahlen im Herbst 1998 zeigten sich bereits wenige Monate später. Aus einer Presseerklärung des Innenministeriums vom 24. Februar 1999 geht hervor, daß die Überprüfung der Neuorganisation des BGS abgeschlossen wurde. Da die „Planstellenstruktur erhebliche Defizite“ aufwies, stimmte das Bundeskabinett sofort Bundesinnenminister Schilys (SPD) Vorschlag „auf Verdoppelung der ursprünglich (von der Vorgängerregierung!) vorgesehenen Planungszahlungen“ im Haushalt 1999 zu. Damit ergeben sich für 1999 u.a. rund 2.700 Beförderungsmöglichkeiten in allen Laufbahnen des BGS. Doch damit nicht genug. Schily will weiterhin die im Haushalt 1999 vorgesehenen 200 Mio. DM zur weiteren technischen Hochrüstung des BGS trotz allgemeiner Sparzwänge unbedingt durchsetzen. Das bedeutet eine Steigerung der Ausgaben um 20%(!!!) gegenüber 1998.
Bundesinnenminister Schily brachte bei seinem alljährlich stattfindenden Besuch seines sächsischen Kollegen im Frühjahr 1999 wieder eine kleine Überraschung mit. Künftig rücken BGS und Landespolizei Sachsen bei der Bekämpfung der „Schleuserkriminalität“ noch enger zusammen. Es wird gemeinsame Dienststellen geben, natürlich auch einen erweiterten Informationsaustausch und sechs „Sicherheitskommissionen“ entlang der Grenze. Danke, bis nächstes Jahr!
Spätestens hier sollte allen klar werden, daß der Bundesgrenzschutz intensiv zur Durchsetzung des Programms „Innere Sicherheit“ herangezogen wird. Dabei gilt es, den Beschluß der Alliierten zur strikten Trennung von Bundes- bzw. Länderorganen bewußt verschwimmen zu lassen.
Welche Auswirkungen diese Maßnahmen haben werden, zeigt sich in der seit kein mensch ist illegal, 6.4k Ende 1994 existierenden 30km-Zone entlang der Grenze. Der Bundesgrenzschutz genießt dort – ausgestattet mit unzähligen Befugnissen und Sonderrechten – Narrenfreiheit. Menschen mit „undeutschem Verhaltens- und Kleidungsmuster“ – abgesehen von ihrem jeweiligen Aufenthaltsstatus – leben entlang der Grenze in einer unerträglichen Situation: ständige Kontrollen, Mitnahmen, Verhöre usw. durch den BGS. Hinzu kommt, daß es inzwischen praktisch unmöglich ist, ein Taxi zu benutzen (trotz der grundsätzlichen Beförderungspflicht!). Aber auch Personen, die sich gegen diese Situation wehren, sind dem Repressionsdruck des BGS ausgesetzt.
Sonst ist alles, wie es war. Es wird fleißig denunziert und angerufen, gejagt und aufgegriffen, ausgegeben und aufgerüstet, abgelehnt und abgeschoben, durchsucht und verhaftet, angeklagt und eingesperrt. Und gemordet. Ach nein, das war ja ein Unfall...
el sol

Staatlicher Rassismus existiert!
Augen auf! Wehrt euch!
Kommt zum Grenzcam!


[Redebeitrag der Grenzcamp-Vorbereitungsgruppe] [Aufruf der Gruppe el sol]

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last modified: 28.3.2007