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Aktuelles Heft

INHALT #281

Titelbild
Editorial
• das erste: Das war ein Bruch.
Blutsauger (Film und Gespräch mit Regisseur)
Jan Müller & Rasmus Engler: Vorglühen - Die Lesungen
Documenta15 revisited: Dabei sein ist alles. Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie
Wir verstehen nicht, was geschieht
• interview: Erstes Interview mit H., der aus Bremen gerade nach Leipzig (West) gezogen ist
• review-corner event: [gruppen für den feministischen antifaschismus feat. sekt auf der gala der outside the box]
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Das war ein Bruch.

Wir vom Infoladen im Conne Island haben im letzten Winter eine Veranstaltung mit Jörg Finkenberger von der Redaktion der Zeitschrift Das Grosse Thier organisiert. Eingeladen wurde Finkenberger zur Diskussion seiner Texte »Wozu ist die linke Szene eigentlich gut?« und der Text-Reihe »Neueres zur Pseudo-Linken I-V«. Nachdem Marie Luise Vollbrecht, eine Influencerin, die dem Radikalfeminismus zugeordnet wird, twitterte, zur Veranstaltung gehen zu wollen, kam es zu Drohungen und zur Ansage einer Kundgebung vor dem Conne Island. Uns wurde nachgesagt, einen Rechten eingeladen zu haben, Seilschaften der Rechten zu bedienen und selbst »rechtspopulistische Propaganda« zu betreiben. Am Abend der Veranstaltung wurde durch die Teilnehmer:innen der Gegenkundgebung eine Drohkulisse an der Zufahrt zum Laden aufgebaut. Einzelne Gäste der Veranstaltung wurden bedroht, beschimpft, bespuckt, geschlagen und mit Schneebällen ins Gesicht beworfen. Auch ›Freisitzkids‹ und andere Leute, die an diesem Abends ohne Bezug zur Veranstaltung das Islandgelände betraten, wurden bedroht und beschimpft; Ein Gast wurde mit Reizgas angegriffen. Eine schwangere Frau wurde von ihrem Begleiter getrennt, beschimpft, geschubst und angeraucht – nachdem sie den Angreifer:innen mehrfach sagte, dass sie schwanger sei. Dabei wurde aus der Kundgebung heraus und als Gruppe agiert – einzelne Gäste der Veranstaltung wurden umkreist und angegriffen mit der klaren Absicht, sie zu demütigen und fertig zu machen. Getroffen hat es insbesondere einzelne Frauen auf dem Heimweg. Die Veranstaltungsorga hat versucht die Ereignisse in einem Bericht aufzuarbeiten, den ihr unterhalb findet.

Zu der Kundgebung haben Gruppen wie die Linksjugend Leipzig Ost und das Radikale Flintakollektiv Ost öffentlich aufgerufen. In anderen Gruppen wurde intern mobilisiert. Selbst die Arbeitermacht war durch die K-Gruppe Revolution präsent. Der erste uns bekannte Aufruf zur Kundgebung stammt von einer Secu-Person aus dem Leipziger Club Institut für Zukunft. Die Technik für die Kundgebung wurde von der Linksjugend Leipzig Ost im Linxxnet ausgeliehen. Zwischen 30 und 50 Leute befanden sich über den Zeitraum der Kundgebung vor Ort: 30 bis 50 Leute, die entweder selbst mit angegriffen haben oder nichts dagegen getan haben!

Für uns stellen die Angriffe einen Bruch dar. Dazu gehört aber auch, wie vorher gegen uns und die Veranstaltung agitiert wurde. Scheinbar ist es möglich, mit kruden Anschuldigungen Gruppen Verbindungen nachzusagen und ausgehend davon jegliches Verhalten zu legitimieren. Schlimmer noch, es gesellen sich andere dazu und machen mit: 30 bis 50 Leute aus verschiedenen politischen Strömungen, von queeren Aktivist:innen bis hin zu Anhängern Marxistisch-Leninistisch-Trotzkistischer Gruppen. Wirft jemand erst mal die Begriffe »Terfs«, »Swerfs«, »Faschos« und »Nazis« in den Raum, muss nicht mehr argumentiert – schon gar nicht nachgefragt – werden. Was aber bringen dann noch diese Begriffe, wenn anything goes?

Es gab Zeiten, da hat man Gruppen und deren Texte analytisch seziert und kritisiert. Darauf gab es ebenso Konter. Nicht selten entstanden daraus Debatten. Viele davon kann man in den Archiven des Infoladens nachlesen. Was rund um unsere Veranstaltung passiert ist, das hat damit nichts zu tun. Dieses niedertächtige Verhalten gegenüber uns, Gästen der Veranstaltung und Freisitzkids ist unter aller Kritik, aber es bleibt ein Gegenstand der Kritik. Wir sind damit nicht fertig und werden uns Diskussionen - auch über die Pseudo-Linke - nicht verbieten lassen.

Der Versuch der Verhinderung der Debatte - auch als Warnung, ›heiße Eisen‹ lieber links liegen zu lassen - geht viele an; wie auch viele an diesem Versuch (sprich den Einschüchterungen und Angriffen) beteiligt waren. Darüber wird zu reden sein – nicht nur von uns. Wir wollen hiermit auch andere zu dieser Debatte auffordern.

Gemeinsamer Bericht von Security und Veranstaltungsorganisation zur Veranstaltung am 11.12.

Am Abend des 11. Dezember 2022 kam es vor, während und nach einer Diskussionsveranstaltung des Infoladen im Conne Island unter anderem zu tätlichen Angriffen, Nötigungen und Bedrohungen unserer Gäste seitens einer Protestkundgebung. Geladen für die Veranstaltung war Jörg Finkenberger, Redakteur bei Das Grosse Thier, zur Diskussion seiner Texte »Neues von der Pseudo-Linken« I bis V. Der nachfolgende Bericht soll den Ablauf des Abends rekonstruieren und jene Lügen aufdecken, die seit her kursieren.

Im Vorfeld

Bereits eine knappe Woche vor dem geplanten Termin erreichten uns Informationen zu Falschmeldungen und Diffamierungen, den Referenten sowie die Veranstaltung betreffend, woran sich erste Drohungen in den ›sozialen Medien“ anschlossen. Schließlich wurde die Ankündigung einer Protestkundgebung an uns herangetragen, die als Vorabversion in einem internen Chat des Instituts für Zukunft von einer Person der dortigen Security verbreitet wurde. Offizielle Aufrufe zum Gegenprotest teilten dann, neben diversen Einzelpersonen, Gruppen wie die Linksjugend Leipzig Ost, das Radikale Flinta+ Kollektiv Ost aus Halle oder das Redaktionskollektiv des Planlos-Kalender Leipzig.

Damit konfrontiert, sahen wir uns veranlasst, ein Sicherheitskonzept für den Abend auszuarbeiten. Die Grenzen dieses Konzepts waren jedoch die Grenzen dessen, was für uns erwartbar schien. Wir hielten Störversuche für möglich und auch Blockadeversuche an der Tür – im schlimmsten Fall Angriffe auf den Referenten oder das Personal. Die Kundgebung sollte von unserem Personal nicht tangiert werden. Deshalb konzentrierten sich die Sicherheitsvorkehrungen auf den Saal und den Hof, nicht aber auf den Ort der Kundgebung jenseits des Grundstücks. Das sollte sich im Laufe des Abends als unzureichend herausstellen!

Um unser Vorgehen transparent zu machen, haben zwei Mitarbeiter:innen vor dem Einlass die Gäste angesprochen. Sie erläuterten, dass es vorab Fehlinformationen über die Veranstaltung gab und verteilten Broschüren mit den Texten über die »Neuere Pseudo-Linke«. Damit sollte nochmals erklärt werden, weshalb und zu welchem Thema Finkenberger eingeladen wurde, sowie eine Nachvollziehbarkeit der Texte für den Abend und darüber hinaus geschaffen werden. Des weiteren wurden die Gäste darauf hingewiesen, dass es leider auch zu Drohungen kam, weswegen ein Sicherheitskonzept gelte, das auch Taschenkontrollen vorsähe. So denn die Gäste zustimmten, wurden sie daraufhin von den Secu-Kräften an der Tür kontrolliert.

Zum Einlass

Die Kundgebung wurde an der Koburger Straße zwischen der Brücke und Bushaltestelle abgehalten. Von dort aus führt ein Weg etwa 80 Meter gerade aus zum Parkplatz des Conne Islands; und weitere ca. 70 Meter sind es – am Vorderhaus vorbei – zum Saal des Conne Islands. Durch diese räumliche Trennung, war die Kundgebung nicht einsehbar für unsere Mitarbeiter:innen, außer sie liefen etwa 100 m und dies um eine Ecke. Bereits beim Einlass berichteten uns wiederholt Gäste, dass sie von der Gegenkundgebung aus beschimpft und mit Schneebällen beworfen wurden. Dass einzelne Gäste auch aus nächster Nähe beworfen wurden und auch anderweitig attackiert wurden, war uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Mehr Informationen erhielten wir erst im Verlauf der Veranstaltung und über die Protokolle, welche wir via Email im Nachhinein erhalten haben. Eine Gruppe berichtet:

»Beim Eingang mussten wir leider durch die Gruppe, die sich unter unsere mischte und uns geschubst, bzw. Füße gestellt, beleidigt und angespuckt hat. Einer Frau wurde ein Ellenbogen in die Rippen gerammt.«

Eine weitere Person schildert:

»Als ich am Parkplatz angekommen war, hörte ich Stimmen von der Brücke und drehte mich um. Ich sah dass dort Schneebälle geworfen wurden. Mehrere Frauen wurden umzingelt und wie in einer Art Spießrutenlauf verfolgt und angegangen. Was ihnen genau passiert ist, kann ich nicht sagen. Dafür war ich zu weit weg. Ich ging zurück und auf etwa halber Strecke kamen mir die Frauen die mir unbekannt waren entgegen und wirkten verstört.«

Als der Einlass nahezu beendet war, fand sich eine Gruppe von vier Jugendlichen auf dem Hof des Conne Islands ein. Diese wirkten verängstigt, berichteten dem Einlasspersonal auf Nachfrage, den Umständen entsprechend verstört, dass sie gerade als »transfeindlich« sowie als »Pseudolinke« beschimpft wurden und darüber völlig ratlos seien. Die Jugendlichen wollten weder an der Veranstaltung teilnehmen, noch wussten sie, dass diese stattfindet, sie wollten sich lediglich auf dem Island Freisitz aufhalten.

Während der Veranstaltung

Der Schutz des Saals sah vor, friedlichen Protest kontrolliert zuzulassen, jedoch gewalttätige Störversuche gegen das Publikum, den Referenten, das Personal und die Technik zu unterbinden. Im Saal selbst waren 130 Leute und diskutierten nach einem nicht sehr langem Vortrag miteinander. Unseres Wissens kam es dabei zu keinen Zwischenfällen. Da die Moderation und der Referent sich in der Diskussion zurückhielten, entwickelte sich eine unreglementierte Diskussion innerhalb des Publikum. Was einige als befreiend beschrieben, andere als teilweise unzusammenhängend.

Parallel dazu kam eine Gruppe von der Kundgebung an die Tür, wovon nahezu alle vermummt waren. Unser Personal wurde beleidigt und es wurde verlangt, dass eine Person aus der Gruppe in den Saal gelassen werden soll, um mal »reinzugeiern«, »wer und was da so sei«. Aufgrund der Anfeindungen gegenüber unseren Gäste und des Verhaltens der Gruppe wurde der Einlass mit Verweis auf das Sicherheitskonzept verwehrt. Daraufhin wurde das Personal weiter als »Faschisten«, »Bullenschweine« und »terfs« beleidigt, weswegen das ›Gespräch‹ für beendet erklärt und die Saaltür zum Schutz unserer Mitarbeiter:innen geschlossen wurde. Aus der Gruppe heraus gab es dann einen Tritt gegen die Tür, wonach die Gruppe sich auf dem Hof aufhielt und ihr weiteres Vorgehen zu beraten schien. Als diese sich nach Erkundungsgängen auf dem Gelände wieder in Richtung Kundgebung bewegten, folgten zwei Mitarbeiter:innen der Gruppe mit viel Abstand, um zu sehen, ob am vorderen Gebäude Beschädigungen begangen wurden. Dabei wurde gesehen, wie einzelne aus der Gruppe an die Wand vor dem Conne Island u.a. »Terfs treten« sprühten. Unser Personal beobachtete dies, schritt jedoch nicht ein und entfernte sich nach kurzer Zeit wieder, weil wir eine Konfrontation vermeiden wollten und es sich zudem um eine legale Graffiti-Wand handelte.

Gegen Ende der Veranstaltung

Für uns unerwartet, verweilte der Gegenprotest bis zum Ende der Diskussion, um Gäste, welche die Veranstaltung verlassen wollten, erneut zu drangsalieren. Ein Gast berichtet:

»Ich war auch beim Finkenberger Vortrag; leider fand ich Diskussion und ›Vortrag‹ jetzt nicht so doll und bin deswegen während der Diskussionsrunde gegangen. Mit dem Rad fuhr ich alleine Richtung Koburger Str., die Menschen der Blockade haben sich mir in den Weg gestellt und jede Lücke, die ich von Weitem noch sah, schnell geschlossen. Ich musste absteigen, wurde von allen Seiten umzingelt, als Terf und Swerf bezeichnet. Ich habe nicht provoziert und weder zu Transsexualität noch zu Sex Work Positionen bezogen. Ich wurde auch angefasst, würde das aber nicht mal Schubsen nennen. Dazu kamen Schneebälle. Trotzdem konnte ich mich meinem Rad vorwärts gehen, dann wieder aufsteigen und wegfahren. Die Situation war für mich nicht schön und aufgrund der Mob-Mentalität bedrohlich.«

Andere schrieben uns:

»Am Übergang zur Straße wurden wir (2 Frauen, ein Mann) zunächst von der dort anwesenden Gruppe angeschrien und beschimpft (›verpisst euch‹ ›scheiß terfs‹ ›scheiß nazi wixxer‹) und ich wurde mit diversen schneebällen beworfen.«

Bisher unerwähnt blieb, dass Teile des Gegenprotests die abschüssige Einfahrt zum Conne Island mit Wasser begossen, woraus eine spiegelglatte Fläche entstand:

»Die Kundgebung hat erst wieder angefangen Parolen zu rufen, als sie uns gesehen haben. Wir haben erst gekichert, weil die Situation so absurd erschien, aber dann wurde es bedrohlich. Mir hat jemand einen Schneeball auf die Brille geworfen und sie haben versucht, uns nicht durchzulassen. Außerdem haben sie glatte, vereiste Flächen vor der Kundgebung entstehen lassen, damit Menschen ausrutschen. Sie hatten es definitiv auf uns abgesehen und wollten nicht nur ihr Versammlungsrecht warhnehmen.«

Binnen kurzer Zeit erfuhren wir von mehreren Leuten, dass es zu Angriffen auf Gäste auf dem Heimweg gekommen sei. Wir sprachen von da an mit Leuten, die alleine gehen wollten und wiesen sie auf die Bedrohungslage hin und begleiteten sie teilweise mit Abstand, um einzuschreiten, falls es zu massiven Bedrohungen oder Tätlichkeiten kommt. Selbst dabei wurden Gäste bedroht, beleidigt und geschubst. Unser Personal, das sich mit Absicht im Hintergrund hielt, um nur bei Angriffen einzugreifen, wurde ebenso beleidigt. Den Sicherheitsleuten viel dabei auf, dass es vor allem einzelne Frauen waren, die gezielt umzingelt und angegangen wurden. Allen Gästen wurde geraten, nur in Gruppen den Heimweg anzutreten. Kurz darauf ereignete sich, was in den letzten Tagen zum Spielball verschiedener Gruppierungen – und je nach Verzerrung – Material für die eigene Agenda wurde: Der Gegenprotest bedrängte eine im sechsten Monat schwangere Frau, umzingelte diese, beschimpfte und schubste sie, obwohl diese mehrfach auf ihre Schwangerschaft hinwies. Es folgt ein Ausschnitt ihres Berichts:

»Während wir uns der Gegendemo näherten wurden diese gemeinsam lauter mit gängigen Demo Sprüchen. Da diese sich gut verteilt hatte, entschied ich mich zwischen durch zu laufen und um die Leute rum, ich fragte eine männlich gelesene Person die sich mit in den Weg stellte, ob ich nun gehen oder bleiben sollte und versuchte drumrum zu laufen. Diese Person antwortete mir in einer Sprache die ich nicht kannte und tat, als hätte sie mich nicht verstanden. Sie ließen mich nicht durch und stellten sich immer wieder vor mich. Dann wurde ich angeblafft ›Halt dein Maul du scheiss Terf‹. Ich rief ›Spinnt ihr, lasst mich hier raus, ich bin Schwanger‹. Meine Begleitung trat zeitgleich vor mich und sagte ›Ey, jetzt ist mal gut‹ und wollte mir Platz verschaffen sodass ich raus konnte. Daraufhin wurden die anderen richtig aggressiv und gingen ihn an. Wir wurden getrennt, ich immernoch nicht rausgelassen und angerempelt. Eine Person rauchte aus nächster Nähe sodass ich mich in dem Qualm aufhalten musste. Meine Begleitung wurde heftiger angegangen und nach weiteren Remplern bin ich irgendwie da rausgekommen und habe an der Seite gestanden. Währenddessen rief ich noch ›ihr schubst mich?! Ich bin schwanger‹. Worauf von einem Mann erwidert wurde ›Das stimmt nicht‹. Eine weiblich gelesene Person hat mich angeschrien, ›Halt deinen Freund im Zaun, der schubst hier Leute‹. Ich habe zurück geschrien ob sie spinnt und habe nochmals gesagt, die sollen uns jetzt gehen lassen und dass ich schwanger bin. Einige verfolgten ihn und mich um die Brücke rum, Richtung unserer Autos. Während dieser Zeit kamen Kommentare ›verpisst euch aus Connewitz‹, ›ihr scheiss Terfs, ihr scheiss Swerfs‹ usw.

Irgendwann stand ich vor meinem Auto und die aber auch. Ich habe zu meiner Begleitung gesagt, dass ich bei ihm mitfahren will und er hat per Fernbedienung aufgeschlossen, sodass ich schnell einsteigen konnte. Er kam etwas später hinterher, vll 2 min und wir fuhren sehr schnell los zu seinen Freunden. Dort berichteten wir was passiert ist. Eine Person hatte von Schneeballwürfen gehört. Wir sagten, jemand müsste im Island anrufen, alle sollen zusammen raus gehen. Ich hatte während der Zeit Angst um meine Begleitung, da sich so viele Leute auf ihn stürzten, vor allem aber auf den Bauch zu fallen und um das Baby.«

Ihr Begleiter schildert die Ereignisse wie folgt:

»Als wir an der Brücke ankamen stellten diese sich uns in den Weg mit der Frage: ›Na hattet ihr eine schöne Veranstaltung?‹ Ich konnte das nicht so richtig einordnen und antwortete: ›Ja, und es gab eine gute und solidarische Diskussion‹. Daraufhin kam keine Antwort und wir standen uns gegenüber. Ich war etwas irritiert und ging links Richtung Bushaltestelle wo eine Lücke war, meine Freundin direkt vor mir. Dieses ›Ausweichen‹ löste eine große Gruppenbewegung aus und es schoben sich etwa 10 bis 20 Personen zwischen uns. Ich bekam einen vereisten Schneeball mit Wucht aus etwa 2m ins Gesicht geworfen. Ich wurde von etwa 10 bis 15 Personen in Richtung Brücke gedrängt. Meine Freundin wurde im Bereich der Bushaltestelle umringt und angegangen. Was genau passiert ist konnte ich aus meiner Perspektive nicht genau sehen, was ich sehen konnte war dass sie mehrfach sagte: ›Leute, bitte ich bin schwanger‹, woraufhin ihr ein Mann aus nächster Nähe Zigarettenrauch ins Gesicht blies. Mehrere Personen vor allem eine männliche Person machten Faust Schläge in meine Richtung jedoch ohne die Trefftdistanz zu unterschreiten und ich bewegte mich mit Meidbewegung rückwärts, war orientierungslos da ich gerade von vermeintlichen Genossen angegriffen wurde. Ich blieb etwa auf der Hälfte der Brücke stehen, Nachdem ich sah dass meine Freundin in meine Richtung ging und von mehreren Personen verfolgt wurde die sie schubsten und stießen. Sie lief ein wenig vor und ich ging rückwärts verfolgt von einem etwa zehnköpfigen Mob der ab Beginn der parkenden PKWs auf etwa 5 Personen abnahmen. Besonders hervor tat sich eine männliche Person die mich als turf Schwein beschimpfte. Als ich daraufhin entgegnete dass das nicht stimmt und ich Kommunist sei und daher für mich jeder Mensch gleich entgegnete dieser ›das habe ich mir gedacht, ein Kommunistenschwein‹. Wir gingen nun etwa 50m rechts die Straße rein da mein PKW etwa auf Höhe ist Trafohäuschen stand verfolgt von diesen etwa 5 Personen, von denen einige Regenschirme oder Spazierstöcke dabei hatten. Ich wollte auf keinen Fall so ins Auto einsteigen und riskieren das meine schwangere Freundin Glassplitter abbekommt, daher wich ich einem Faustschlag aus und schubste die Person mit flacher Hand heftig gegen die Brust und sagt ihm ›Ich habe jetzt die Schnauze voll du autoritäres Arschloch‹. Daraufhin kamen drei oder vier Frauen und zogen den Mann zurück. Es erinnerte ein bisschen an eine Situation die man unter jungen Erwachsenen vor Dorf Großraumdisco erlebt. Wir stiegen jetzt ins Auto und fuhren Richtung Wolfgang-Heinze-Straße. Beim Wegfahren konnte ich sehen, das auf der Brücke mehrere Frauen die Köpfe einzogen und von den eher männlichen Personen leichte Schelle an die Hinterköpfe bekamen. Ein Eingreifen unsererseits war ausgeschlossen. Im Nachgang betrachtet würde ich sagen dass es den Menschen auf der Brücke nicht darum ging andere schwer zu verletzen, es war vielmehr so dass es darum ging Menschen zu demütigen und das sie es durch johlen aus der in der Gruppe ausgeübten macht über schwächere sichtlich genossen., eine Strategie die man aus dem Maoismus kennt.«

Darauf folgend beriet sich das Sicherheitspersonal und empfahl der Veranstaltungsorganisation, die Veranstaltung kontrolliert zu beenden, um das Publikum mit einem Mal in einer großen Gruppe vom Gelände geleiten zu können. Dies wurde der Moderation weitergegeben, die über Mikrofon das baldige Ende der Veranstaltung verkündete und das Publikum auf die Bedrohungslage hinwies. Einzelne, die trotzdem bereits vor dem Ende gehen wollten, wurden nochmal angesprochen, dass momentan nicht für ihren sicheren Heimweg garantiert werden könne – wir sie aber auch nicht hindern werden. Eine kleinere Gruppe ging daraufhin trotzdem bereits los, ein Teil unseres Personals ging ihnen mit Abstand nach. An der Brücke angekommen, wurden zwei Personen aus der Gruppe direkt angegangen. Es entstand ein Gerangel, wobei einem Gast die Mütze gestohlen und in den Bach geworfen wurde. Daraufhin ist unser Ladenpersonal eingeschritten und zog die Personen auseinander. Kurz schien die Lage etwas gelöst, als sich die zweite Person auf ein Wortgefecht einließ und umringt wurde – mehrere Meter von den Secu-Kräften entfernt – und von einer Person mit Reizgas angegriffen wurde. Schilderung der Person:

»Ich forderte die Personen ca. 10 mal auf es zu unterlassen mich anzufassen, wurde nur einmal dabei laut. Die Personen schienen recht fröhlich zu sein, sie grinsten während sie mich belästigten. Ich riss mich irgendwann los, wollte um den Mob herum zurück zum Island gehen, ein paar Securities waren zu diesem Zeitpunkt schon vorn am Bach, das hatte ich jedoch nicht so recht im Blick. Dann stellte sich ein vermummter Mann aus dem Gegenprotest vor mich um mir den Weg zu blockieren, ich fragte ihn was das jetzt wieder soll, dann sprühte er mir Pfefferspray ins Linke Auge aus <2 cm Entfernung. Ich war kurz vorm Verlieren meiner Fassung, dann führten mich Menschen aus dem Conne Island in die Räumlichkeiten zurück...«

Nach diesem Angriff erklärte eine Person über Mikrofon die Kundgebung für beendet und die Gruppe setzte sich sehr rasch in Bewegung – wahrscheinlich aus Angst vor Strafverfolgung. Parallel dazu konnte eine große Gruppe mit Gästen den Ort verlassen, die bei der Nachricht des Einsatzes von Reizgas gebeten wurde, noch am Saal zu warten. Innerhalb kurzer Zeit war nur noch unser Personal vor Ort und wir führten ein erstes Nachgespräch. Dabei wurde auch besprochen, ob das Rufen der Polizei die Gäste hätte schützen können, wo unser Sicherheitskonzept es nicht nicht konnte – vor allem, weil die Angriffe auf unsere Gäste nicht auf dem Gelände des Conne Islands stattgefunden haben.

Was aus allen Protokollen hervorgeht (sowohl aus denen unserer Mitarbeiter:innen, wie auch der uns zugesandten), ist, dass es nicht um Einzelne parallel zur Kundgebung agierende Akteur:innen geht von denen die Angriffen ausgingen: Die Aktionen gingen von der Kundgebung aus und wurden von der Menge getragen. Ein weiteres Detail ist, dass vor allem Leute in kleinen Gruppen oder einzelne Personen angegangen wurden. Außerdem wird deutlich, und das stützen auch die Aussagen einzelner Crew-Mitglieder, welche Angriffe beobachtet haben, dass die Betroffenen gezielt umringt und gedemütigt werden sollten - durch spucken, Schneebälle aus nächster Nähe, Schläge auf den Hinterkopf usw. Diese gruppenbasierten Demütigungstechniken im Kontext politischer Gruppen waren für uns besonders schockierend und erinnern tatsächlich stark an das Vorgehen maoistischer Gruppen der 1970er Jahre.

Wir haben solches Abpassen von Gästen einer Veranstaltung so noch nie erlebt und betrachten die Angriffe als einen Bruch, der in seiner Bedeutung für die Szene, für die Organisation von kontroversen Veranstaltungen und das Miteinander in Debatten analysiert werden muss. Auch, damit Fehleinschätzungen, wie sie uns unterlaufen sind, sich nicht wiederholen.



Infoladen

31.05.2023
Conne Island, Koburger Str. 3, 04277 Leipzig
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