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1.8.1996

Hallo CEE IEH!


Cover #24, 7.5k Weil ich auf dem neuesten CEE IEH-Titel auf ein brennendes Peacezeichen gestoßen bin & mich erinnern kann, daß in einem der letzten Hefte stand, daß es das Conne Island nicht mit „hippiesprüchen“ so herrlich weit gebracht habe, will ich noch mal was zum Thema Hippies schreiben.
Ich hab nämlich - neben Hauschnupfen - in letzter Zeit ne Allergie: gegen abfällige Bemerkungen über Hippies. Eine richtige Allergie mit möglichen Überreaktionen bei geringstem Anlaß & natürlich auch auslösenden Momenten: neben dummen Sprüchen aus dem Stö-Unfeld liegen letztere auch in Eurem Blatt.
Ich kann das Gefühl nicht unterdrücken, daß Hippies von manchem zu Sündenböcken für die allgemeine Wut im Bauch gemacht werden (die sind geeeignet, weil sie ja nicht zurückhauen & eigentlich kennt man auch keinen persönlich). Und das ist für mich ein typischer Fall von Diskriminierung. Da zur Zeit grade ein Pseudopunk-Revival läuft, das ich eh mit Mißtrauen betrachte, führte solche Diskriminierung bei besonders bescheuerten Hippiehassern dazu, daß Leuten nach der Woodstock-Disko die Haare angebrannt wurden.
Ich bin zwar kein Hippie, beziehe aber sozusagen meine Werte von da.
Deshalb hätte ich gern noch ein klares Wort zum Thema.
Vielleicht meint der Begriff „Hippiekacke“, „Hippiesprüche“, Hippieschweine“ ja lediglich die ganzen Mittelklassekids, die Ende der 60er ein bißchen mitschwammen, um vor der Karriere noch’n bißchen Spaß zu haben. Dann sollte man sich ‘n anderen Begriff einfallen lassen.
Ernster würde es für mich sein, wenn er sich auf die Gegenkultur-Entwürfe der 50er/60er Jahre - Acid Tests, Diggers, bargeldlose Läden, Yippies, Bands wie Fugs, Grateful Death, MC5 (WAYNE KRAMER!) beziehen würde. Das kann man doch nicht einfach in den Skat drücken, oder?
Bloß weil einem der Glauben dieser Leute, die Welt umkrempeln und das mit Gewaltlosigkeit schaffen zu können, heute manchmal naiv vorkommt.
Ich halte die Hippiebewegung für den bis jetzt weitreichendsten Versuch, dem modernen Kapitalismus der „Ersten Welt“ mit seinem ausgebufften Psychoterror etwas entgegenzusetzen. Und ich halte es für einen Riesenfehler, diesen Versuch zu mißachten. Daß er fehlschlug und die Ideen der Hippies dazu dienen mußten, den Alltag der Stinos bißchen aufzupeppen, ist nur zum Teil Schuld der Hippies. Punk, HC und Techno erlitten (in kürzerer Zeit!) dasselbe Schicksal.
Ihr mußtet bei Euren Publikumsbefragungen im letzten Heft feststellen, daß ein Teil Eures Publikums politisch desinteressiert ist & sich stark über Äußerlichkeiten definiert. HC macht eben auch nicht die besseren Menschen. Man darf die Probleme, die alle Subkulturen haben, nicht einer einzigen anlasten.
Ich bestreite jedenfalls, daß Leute, die sich zu den Hippies hingezogen fühlen, prinzipiell naiv, feige, eskapistisch, unpolitisch und gar konsumorientiert sind. Da bin ich lieber uncool.
Und was seid Ihr?

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last modified: 28.3.2007