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Aktuelles Heft

INHALT #241

Titelbild
„Der April macht was er will“
• das erste: Linkes Neuland
Das 5 vor 12 Syndrom – Arbeitsdruck in linken Zusammenhängen

»Wer nicht feiert...«
Darkest Hour
Girlz Edit pres.: Diskussionsveranstaltung // Featuring Females* - Frauen im Musikbusiness
Crowbar
Rixe (Cafékonzert)
Kritik des Familismus. Geschichte, Theorie und Realität eines ideologischen Gemäldes
SOOKEE

Love A
Lesung und Diskussion: Verheerende Bilanz - Der Antisemitismus der Linken

• position: Kleinkrieg in Perversien
• doku: »Flüchtlingskrise« und autoritäre Integration
• das letzte: Kapitalverbrechen Terror

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Kapitalverbrechen Terror

Als am Abend des 11. April drei Sprengsätze neben dem Mannschaftsbus des BVB explodierten und einen Fußballspieler sowie einen Polizisten verletzten, herrschte zunächst große Ratlosigkeit bei der Suche nach Tätern und Tatmotiv. Auch wenn die polizeilichen Ermittler Medienvertreter zunächst darum baten, Spekulationen zu unterlassen, war die Stoßrichtung der Ermittlung selbst festgelegt. Terrorismus, dass lehrt man beispielsweise in der Hochschule des Bundes für öffentliches Recht (HS Bund) im hundert Kilometer entfernten Brühl, ist im Extremismus zu verorten. Diese Verbindung findet sich dort etwa in dem seit 2008 von dem Soziologen, Politikwissenschaftler und ehemaligen Referatsleiter des deutschen Inlandsgeheimdiensts, Armin Pfahl-Traughber, herausgegebenen und zur gleichnamigen Schriftenreihe gehörenden Jahrbuchs für Extremismus- und Terrorismusforschung.
Obwohl also an der Authentizität der in Tatortnähe gefundenen islamistischen Bekennerschreiben von Beginn an Zweifel bestanden, durchsuchte die Polizei zuerst die Wohnungen eines 26-jährigen Irakers und eines 28-jährigen Deutsch-Libyers. Während bei dem Ersten, der als Kämpfer und Unterstützer des Islamischen Staats (IS) ohnehin unter Beobachtung der Behörden stand, ein abgehörtes Telefonat im Vorfeld des Anschlags Anlass für einen Tatverdacht bot, wurde dem Zweiten ein Schirm mit dem Logo des Mannschaftshotels zum Verhängnis, an den sich ein Polizist erinnerte, der am Tag des Anschlags wegen einer anderen Angelegenheit seine Wohnung betreten hatte.
Nachdem der Leiter des nordrhein-westfälischen Inlandsgeheimdiensts, Burkhard Freyer, seine Zweifel am islamistischen Bekennerschreiben geäußert hatte, weil darin »arabische Floskeln« fehlten und politische Forderungen aufgestellt wurden, erweiterte er die Gruppe der Tatverdächtigen berufsmäßig auf Links- und Rechtsextremisten. Ein auf dem linksradikalen Informationsnetzwerk indymedia zu diesem Zeitpunkt bereits anonym veröffentlichtes Bekennerschreiben versuchte die Ermittlungen in den Bereich Linksextremismus zu lenken, wurde jedoch ebenfalls schnell angezweifelt. Ebenso verhielt es sich mit einem rechtsextremistischen Bekennerschreiben, das zwei Tage nach dem Anschlag den Redaktionen von Tagesspiegel und Die Welt/N24 zugespielt wurde.
BILD lancierte hingegen eine Meldung, wonach sich Fans von RB Leipzig für die gewaltsamen Übergriffe von Dortmunder Hooligans Anfang Februar in Leipzig rächen wollten. Damals hatten 400 Dortmunder Hooligans versucht den Mannschaftsbus von RB Leipzig anzugreifen und dabei mehrere RBL-Fans und Polizisten verletzt. Als Indiz für diese Theorie wurde vorgebracht, dass die von Freyer als für den IS untypisch bezeichneten Forderungen eigentlich dem Forderungskatalog Legidas entstammten und das islamistische Bekennerschreiben lediglich fingiert worden sei, um in der Bevölkerung Angst vor Muslimen und Flüchtlingen zu schüren.
Zehn Tage nach dem Anschlag präsentierten die Ermittler dann einen Terroristen, der so gar nicht ins Schema Extremismus passt: den 28-jährigen Deutschrussen Sergej W.. Eine Woche lang hatte die Polizei ihn observiert, nachdem sie von seiner Bank den Hinweis auf ungewöhnliche Aktivitäten erhalten hatte. Der Verdächtige hatte zwei Tage vor dem Anschlag ein Hotelzimmer mit Blick auf den Anschlagsort bezogen und am Tag des Anschlags 15.000 Put-Optionsscheine auf die Aktie von Borussia Dortmund gekauft. Er spekulierte damit auf fallende Kurse: Hätte der Anschlag Spieler schwer verletzt oder getötet, wäre ein erheblicher Kursverlust der Aktie wahrscheinlich gewesen, der zu einer Vervielfachung des eingesetzten Geldes für Sergej W. hätte führen können. Für diese Investition nahm der Tatverdächtige eine Woche vor dem Anschlag sogar einen Verbraucherkredit auf.
»Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn«, zitierte Karl Marx im Kapital zustimmend den britischen Gewerkschafter Thomas Josph Dunning. »Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel« - und Terror.
Dabei ist nicht entscheidend, dass der in den Medien mit unterschiedlicher Höhe angegebene Verbraucherkredit (40.000 bzw. 79.000 Euro) gar nicht zu dem – von BILD auf 3,9 Mio. Euro bezifferten - »Millionengewinn« hätte führen können. Dort hatte man den Basis- für den Kaufpreis der Optionsscheine gehalten und war zu einer Investition von 78.000 Euro gelangt. Auf Grundlage des Kaufpreises ist hingegen von einer niedrigen bis mittleren vierstelligen Summe auszugehen, die Sergej W. zum Kauf der Optionsscheine eingesetzt haben muss. Es waren bezeichnenderweise die beruflich damit vertrauten Kapitalexperten von Wirtschaftswoche und dem Börsenbericht der ARD, die auch den zu erwartenden Gewinn auf maximal 276.000 Euro herunterrechneten.
Es stellt sich die Frage, ob Sergej W. im Falle der Tatschuld über eine ähnliche Rechenexpertise wie die Wirtschaftsredaktionen deutscher Leitmedien verfügte oder die dennoch beeindruckende Profitrate entsprechend Dunnings Beobachtung das Verbrechen rechtfertigte. Für Kapitaleigner und -experten wäre das Risiko angesichts der geringen Profitmasse hingegen zu unattraktiv gewesen. Und so schlug sich laut boerse.ARD nach der Festnahme »Erleichterung« unter den Anlegern »nieder […]. Die BVB-Aktie erholte sich um 2,5 Prozent.«


shadab

01.06.2017
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