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Radikale Spektakelkritik oder spektakuläre Farbattacken?

Splasher, Street Art und die Situationistische Internationale

1. Einleitung

Ab Ende 2006 wurden in New York Street Art Bilder von bekannten KünstlerInnen systematisch zerstört. Die Täter benutzten Farbbeutel, mit denen sie die Werke von Leuten wie Shepard Fairey oder Caledonia unkenntlich machten. Dazu plakatierten sie Flugblätter mit Erklärungen zu den Aktionen. Die Gruppe nennt sich selbst „Splasher“ und ihre gesammelten Texte kursieren im Internet als 16-seitiges pdf-File mit dem Titel „if we did it, this is how it would've
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happened“. Die Aktionen der Gruppe erfuhren ein gesteigertes Maß an medialer Berichterstattung und wurden in der Street Art Community sowie in den Feuilletons diskutiert. Radikal politische Anti-Street Art? Grund genug für mich, das Wirken von Splasher ideologiekritisch zu durchleuchten.

Einige Probleme taten sich beim Schreiben dieses Textes auf. Die 16 Seiten des Manifestes von Splasher sind nicht homogen, sondern in ihrer Machart und Intention ziemlich unterschiedlich und wirken wie ein Sammelsurium. Es gibt einige längere Texte im Format von Magazinen, dazu Comic-Zeichnungen und kürzere Pamphlete. Wie weit es sich bei dem Manifest um eine durchdachte Eigenleistung handelt oder ob eher wild Ideen zusammen kopiert wurden, ist schwer festzustellen. Im Manifest wird sich positiv auf die Idee des Plagiarismus bezogen, dessen Verbreitung im post-situationistischen, anarchistischen Milieu im englischsprachigen Raum recht hoch ist. Schon die Situationistische Internationale (S.I.) plädierte für ein Entwenden und Wiederverwenden von kulturellen Artefakten – allerdings wohl eher nicht für eine bunt zusammengewürfelte Theorie. Sätze wie „Plagiarism is necessary, progress implies it“ (Splasher Manifest S.14) sind direkt der „Gesellschaft des Spektakels“ von Guy Debord entnommen (GdS§207).

Es werden im Splasher-Manifest recht viele unterschiedliche Themen behandelt, auf die alle wegen des begrenzten Platzes nicht eingegangen werden kann. Ich habe die mir interessant erscheinenden Punkte herausgearbeitet und einen Vergleich mit den Positionen der S.I. zu angestellt. Ein Vergleich beider Gruppen bietet sich an, da Splasher sich explizit auf die S.I. bezieht.

2. Wer produziert denn da Kunst?

Der Begriff der Avantgarde wird sowohl von der S.I. als auch von Splasher verwendet. Dabei ist es heute fraglich, ob sich dieser Begriff überhaupt noch auf eine existierende künstlerische Strömung anwenden lässt. An sich gibt es seit dem Ende des Surrealismus keine Kunstrichtung mehr, die noch als Avantgarde etikettiert werden könnte. Splasher dagegen bleibt in den Termini der S.I.; rechnet Street Art der Avantgarde zu und meint, dass die Innovation von ihr ausgeht um „fresh and pioneering methods of cultural production“ (Splasher-Manifest S.6) zu entwerfen, um die Subjekte den Gesetzen des Kapitals zu unterwerfen.

Die Avantgarde produziert, doch dann kommt das Kapital und vereinnahmt all die schönen Produkte – so in etwa lautet die Analyse von Splasher. Die Probleme der Warenproduktion werden ausschließlich auf das Problem der Vereinnahmung bzw. des Sell-Out reduziert. Die künstlerische Avantgarde operiert demnach im luftleeren Raum außerhalb des Kapitalismus. Dort sind auch die „social relations“ angesiedelt, auf die sich im Manifest unentwegt berufen wird (vgl. 1. Abschnitt Splasher Manifest S.10 – dort taucht in jedem Satz „social conditions“ bzw. „relations“ auf). Das Soziale gilt damit als eigenständiger gesellschaftlicher Bereich, der erstmal nichts mit der kapitalistischen Totalität zu tun hat, aber ständig von außen bedroht wird.
Weiterhin wird konstatiert, dass „die Linke“ und diverse Street Art-Künstler vom Kapital für dessen Zwecke vereinnahmt worden wäre, um angesagte Waren an die „Pepsi-Generation“ zu verkaufen (Splasher Manifest S.4). Dies ist der in linken Subkulturen gerne gepflegte Mythos vom Verrat der unbefleckten Ideale an das Kapital.

Das Splasher Manifest erzählt eine Geschichte vom Ausverkauf der Avantgarde und Gegenkultur (Street Art soll beides sein). Was einst rebellisch war, wird nun auf einmal zum Trend im Mainstream und kapitalistischer Raketen-Treibstoff (Splasher Manifest S.4). Der Vorwurf von Splasher an die Street Artists, deren Bilder mit Farbe attackiert wurden, lautet auf Kommerzialisierung. KünstlerInnen wie Caledonia („Swoon“) oder Shepard Fairey („Obey the giant“) wird der Verkauf ihrer Kunst angekreidet.(1)
Letztenendes wird auf das Individuum verwiesen, das sich angeblich aussuchen könne, kapitalistisch oder nicht-kapitalistisch zu handeln. Der Einwand, dass auch Künstler essen müssten, also durch Arbeit ihren Lebensunterhalt bestreiten, wird nicht zugelassen. Shepard Faireys Kunst sei eine Beleidigung an alle Leute, die „real creativity“ (Splasher Manifest S.4) schätzten. Neben dem Bezug auf „echt“ versus „unecht“ wird hier die Verantwortung für soziale Ungleichheit dem Individuum aufgebrummt; dieses hätte eine moralische Verantwortung und müsse sich für seine Taten rechtfertigen. Kapitalismuskritik wird zur Verzichtsethik, wobei der Einzelne auf die Entschädigungen für die Entbehrungen durch die Verausgabung seiner Arbeitskraft verzichten solle: nämlich eine Beteiligung am produzierten Mehrwert. Ein reichlich irrwitziger Gedanke, denn danach wäre Lohnverzicht und unentgeltliches Arbeiten der Königsweg zum Kommunismus.
Nicht beachtet wird von Splasher, dass Künstler in einem zu großen Teilen hochsubventionierten Bereich tätig sind, und sich entweder durch staatliche (Subventionen, Sozialtransfers) oder privatwirtschaftliche Transferleistungen (Sponsoring, Geld durch Familie) finanzieren – und zu oft eben nicht durch den Verkauf der Kunst auf dem Markt. Street Art war von Anfang an ein Resultat kapitalistischer Vergesellschaftung – wo Splasher sich dumm stellt, von der kapitalistischen Produktionsweise nichts wissen und die verlorene Unschuld der Kunst verteidigen will.

Was als Kunst verstanden wird, ist die klassische Hochkultur. Dabei wird sich auf die Kritik der S.I. berufen, die Kunst in Museen verortete und entsprechende Phänomene attackierte (Trocchi 2005, S.50).(2)
Diese Kritik an Museen wird von Splasher unreflektiert übernommen, ohne zu sehen, dass diese längst einen anderen Stellenwert haben als in den 1960er Jahren. Zwar sind sie sicher auch noch Orte, über die sich das Bürgertum definiert, doch in der Zwischenzeit sind sie kommerzielle Einrichtungen für die breite Masse und nicht mehr exklusive Orte. Hier gibt es wenig Grund die demokratische Öffnung zu bejubeln. Vielmehr ist dies ein Beleg dafür, dass die alte Unterscheidung zwischen Hochkultur und Populärkultur so nicht mehr zutrifft. Die alte Hochkultur existiert weiterhin – als Bereich innerhalb der Kulturindustrie. Ein sich ausschließender Widerspruch zwischen Hoch- und Popkultur ist nicht zu erkennen. Die heutige Kunst in Museen zitiert Popkultur und umgekehrt; bildende Künstler (bzw. Performancekünstler) wie Jonathan Meese werden als Popstars gehandelt.
Genau das hat eine Kritik der bürgerlichen Kultur zu reflektieren, was Splasher eben nicht leistet, sondern sich an einem überkommenen Modell abarbeitet: Hochkultur ist gleich bürgerliche Kunst. Der vermeintliche Klassencharakter der Kunst wird kritisiert, ohne zu beachten, dass die Proletin vor dem Fernseher sich genauso mit Kultur sättigt wie die Besucherin eines Museums.
Street Art wird von Splasher als Hochkultur kritisiert, nicht jedoch als Popkultur oder Kulturindustrie – und auch nicht unter dem Aspekt der Subkultur.

3. Kapitalismuskritik ohne Produktion

Splasher bezieht sich auf die Sphäre des Alltags und die Sphäre der Kunst. Ein Bezug auf Produktion ist nicht zu finden, genausowenig wie ein Bezug auf die Produzenten. Von Klasse und Proletariat ist im Vergleich zu den Schriften der S.I. kaum die Rede. Kapitalismus wird nicht als warenproduzierendes System benannt, was bei Debord den Kern der Kritik ausmacht.

Zentral in den Schriften der S.I. ist der Begriff der Trennung. Getrennt ist der Arbeiter von den Produktionsmitteln. Daraus ergibt sich die Entfremdung von Arbeit, denn die Produzenten können nicht über die Produkte ihrer Arbeitskraft frei verfügen (GdS §26). Die Produktion wird nicht mehr von den Produzenten gelenkt, stattdessen wird für eine „unabhängige Macht“ (GdS §31) produziert. Der Tauschwert beherrscht den Gebrauchswert (GdS§46). Die Basis der Produktionsweise, die Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, wird verschleiert und so scheinen den Produkten naturwüchsige Eigenschaften innezuwohnen (GdS §36). Die Ware herrscht über den Warenproduzenten und die Entfremdung verdichtet sich im Spektakel, das in einer Bildhaftigkeit mündet, in dem der Schein herrscht (GdS §1). Die Menschen werden zu passiven Protagonisten eines Schauspiels, das sie zwar aufführen, dessen Verlauf sie aber nicht beeinflussen können.

Diese auf Karl Marx basierende Kritik der politischen Ökonomie ist das Kernstück des wichtigsten Textes der S.I., der „Gesellschaft des Spektakels“. Splasher bedient sich nun einiger Versatzstücke daraus und setzt aus ihnen die eigenen Texte zusammen. Von Debord wird der Begriff der „Trennung“ ausgeliehen und auf eine simple Weise „Entfremdung“ kritisiert. Dazu gehört das Motiv, dass jede soziale Handlung gut sei, das Kapital jedoch diese Handlung vom „echten Leben“ trennen würde. Auf Kunst bezogen heisst es: “Art as alienation: the inevitable outcome of a culture which is divorced from real life.” (Splasher Manifest S.14). Hier die schaffende, soziale Handlung des wahren Lebens – dort das akkumulierende Kapital, das tote Handlungen als Kunst anhäuft.
Im Gegensatz dazu wird das Alltagsleben von der S.I. als Freizeit – und damit Gegenstück zur Arbeit – definiert. Es wird vom Spektakel durchdrungen und ist notwendigerweise mit der Sphäre der Produktion verbunden. Die S.I. hat eine Ahnung davon, dass Kapitalismus erst die Kunst hervorbringt, lässt sich dann aber gelegentlich doch zu Aussagen über „das Wahre“ (siehe 4.) hinreißen.

Statt dialektischer Widersprüche operiert Splasher mit platten Gegenüberstellungen. Besonders anschaulich ist diese Methode im Abschnitt über Gentrification nachzulesen. Über die Lower East Side in Manhatten heisst es dort: “This site of this “brave art scene” was a strategic urban area where the city financed by big capital, waged its war of position against an impoverished and increasingly isolated local population.” (Splasher Manifest S.8) Urwüchsig wohnt die unschuldige Bevölkerung in ihrem angestammten Lebensraum bis plötzlich eine niederträchtige Verschwörung von Staat und Großkapital einen Krieg gegen sie losbricht und ihre Gebiete aufwertet.
Es braucht in diesem Schauspiel neben den Schuldigen bei dem Verbrechen gegen die Bewohner auch die ambivalente Nebenrolle des Kollaborateurs: die KünstlerInnen. Der Zusammenhang zwischen Street Art und Aufwertung wird benannt: “Street Art gives the green lights to investors, becomes the repugnant drug to tourism, and speed the process of gentrification.” Splasher Manifest S.8) Belege dafür? Keine. Es gibt in New York Gentrification, sicher, nur ist der Prozess eben nicht so einfach, wie von Splasher beschrieben.
Widersprüchlichkeiten, wie etwa „Buffen“ kennt Splasher nicht. Street Art wird von Stadtverwaltungen (oder auch von privaten HausbesitzerInnen oder PassantInnen) entfernt. Insbesondere das Handeln der lokalen Administration untersucht Splasher nicht. So berichtet der von Splasher gescholtene Shepard Fairey von seinen Verhaftungen in New York beim Kleben seiner Kunst genau wegen diesem Delikt als „Mayor Giuliani Quality-of-Life Crime“ (Fairey 2006, S.229). Statt komplexe Vorgänge zu verstehen (und sich dann Interventionsmöglichkeiten zu überlegen), sucht Splasher nach einem Schuldigen und findet ihn: das Kapital, die Stadtverwaltung als Aufwertungshandlanger, ImmobilienmaklerInnen und die VerräterInnen.

Wird hier mehr schlecht als recht verdeckt gegen vermeintlich „Reiche“ bzw. Erfolgreiche agitiert?
Das Kapital hat einen Namen und eine Adresse und so sind es dann am Ende konkret benennbare Personen, die die Profiteure sein sollen. Mit Farbbeuteln auf Kunstwerke namhafter KünstlerInnen wird nicht das System Kunst als solches angegriffen, sondern die Werke konkreter Personen. Von den Begriffen „Charaktermaske“ und „abstrakte Herrschaft“ bleibt da nichts übrig. Wie auch – es war ja nie etwas davon bei Splasher vorhanden. Splasher betreibt die klassische, personalisierende Kapitalismuskritik.

Als ob das nicht schon schlimm genug wäre: was ist, wenn sich der Zorn nicht gegen reiche Künstler richtet, sondern sich andere Ersatzobjekte des Hasses sucht? Dass die Bedürfnisse der Subjekte unter den gegebenen Umständen nicht nur konformistisch, sondern darüber hinaus gefährlich sein können, wird nicht zur Kenntnis genommen. Ein Abgleiten ins Reaktionäre ist damit angelegt.

4. Das wahre Bedürfnis Destruktion

Echt und künstlich – dieser naturalistische Fehlschluß hinsichtlich der Bedürfnisstruktur des Menschen ist bereits in den Texten der S.I. präsent. Guy Debord schreibt etwa: „Ihre [die der gesellschaftlichen Bedürfnisse, d.A.] mechanische Akkumulation macht ein unbeschränktes Künstliches frei, angesichts dessen die lebendige Begierde entwaffnet ist. Die kumulative Macht eines unabhängig Künstlichen zieht überall die Verfälschung des gesellschaftlichen Lebens mit sich.“ (GdS §68).

Was in der mangelnden Analyse der S.I. seinen Ausgangspunkt hat, nimmt bei Splasher die Wendung in die Gewaltanwendung, wo der Einsatz von Gewalt den Kapitalismus überwinden soll. Gewalt wird zum Allheilmittel gegen das Kapital: “True creativity is the joyful destruction of this hierarchy; it is the unmediated actualization of our desires.” (Splasher Manifest S.7)
In der Zerstörung soll das Subjekt seine Bedürfnisse verwirklichen. Die Gewalt soll dabei der kreative Akt sein, bei dem das Subjekt zu sich selbst kommt; eine Art revolutionäre Selbsterfahrungsgruppe, in der mit dem infantilen Ausleben von Gewalt das Falsche hinweggefegt werden soll. Das Wahre wird gegen die verlogene Wirklichkeit gestellt und nebenbei das Kapitalverhältnis externalisiert. Auf der einen Seite die Subjekte mit ihren natürlichen Bedürfnissen – auf der anderen das Kapital und dessen ProtagonistInnen.

Der Bezug auf das subjektive Verlangen und die eigenen Bedürfnisse ähnelt dem Hedonismus. Wo dieser jedoch das Ausleben lustbetonter Bedürfnisse zur Glückssteigerung des Einzelnen propagiert, wird hier nicht Eros, sondern Thanatos gehuldigt. Im Unterschied zum Hedonismus wird die Destruktion als politisches Mittel zur Verwirklichung des Subjekts bei gleichzeitiger Überwindung der derzeitigen Verhältnisse definiert. Doch genau wie im Hedonismus werden die Konstitutionsbedingungen von Subjektivität ignoriert: die Subjekte sind nicht „einfach da“, sie haben „nicht einfach“ Bedürfnisse. Wesentlich plausibler hinsichtlich der Bedürfnisstruktur sind die Ausführungen Adornos, der darlegt, wie diese gesellschaftlich hervorgebracht und gleichzeitig deformiert werden. Bedürfnisse sind bei Adorno Ausdruck des Entwicklungsstandes einer Gesellschaft und gleichzeitig „Konglomerat des Wahren und Falschen“ (Adorno 1986, S.100). Davon will Splasher – leider auch die S.I. - nichts wissen. Idealistisch posaunt Splasher heraus: “We are all capable of manifesting our desires directly, free of representation and commodification.” (Splasher Manifest S.7) Genau das stimmt eben nicht – Bedürfnisse sind keine überhistorisch-natürlichen Wesenszüge des Menschen und das Gerede von “Freiheit” affirmiert die falschen Zustände. Lars Quadfasel hat dies treffend an der S.I. kritisiert: „Unter dem Pflaster liegt, irgendwie, doch immer noch der Strand; äußerlich vielleicht überdeckt durchs Spektakel, aber im Innern unangetastet. Das Wahre hat wieder Ewigkeitswert. Scheinbar vergänglich ist bloß, wie im urbürgerlichen Idealismus, das Falsche.“ (Quadfasel 2005, S.54)

5. Guerilla und Gewalt

Splasher wähnt sich selbst mitten im Krieg, wie das martialische Vokabular des Manifests belegt. Dass es dabei nicht bei einer symbolischen Androhung bleibt – es also nicht um Kommunikationsguerilla geht – sondern auch um physische Gewaltanwendung, zeigt die Praxis von Splasher.
Der Aspekt der Sachbeschädigung ist dabei eher harmlos: es werden per Farbe illegal geklebte Kunstwerke übermalt – vermutlich handelt es sich dabei rein rechtlich noch nicht einmal um eine Ordnungswidrigkeit.(3)

Allerdings werden zu den Taten politische Manifeste als Bekennerschreiben geklebt um die Aktionen zu interpretieren und die dahinter stehende Motivation zu erklären und dafür zu werben. Dies steht schon eher in der Tradition linker Guerilla- und Terrorgruppen.

Splasher will es nicht nur bei der Sachbeschädigung belassen, sondern nimmt Personenschäden in Kauf. In den Leim der plakatierten Manifeste wurden laut einem Hinweis Glassplitter gemischt, um eine Entfernung zu verhindern. Ebenso wurde bei einem Verteilen von Flugblättern behauptet, diese seien mit Anthrax-Erregern verseucht. Zudem wurde versucht auf einer Ausstellungseröffnung eine Stinkbombe zu zünden. Dabei wurde ein Verdächtiger verhaftet – das war's dann mit der anonymen Identität von Splasher (New York Times 28.7.2007).
Auf jeden Fall ist diese Praxis als politische Handlung weniger im historischen Vorbild der S.I. zu suchen, sondern geht potentiell auf die Idee der „direkten Aktion“ und der „Propaganda der Tat“ zurück, ein Konzept, das der anarchistischen Bewegung entstammt. In spektakulären Einzelaktionen sollten so Fanale gegen die Obrigkeit gesetzt werden. Aus gutem Grund wurde dies schon früh kritisiert, so schrieb Trotzki beispielsweise 1911 in „Über den Terror“ von „individuellen Racheakten“, die gegen Repräsentanten, aber nicht das apersonale Herrschaftsverhältnis dahinter gerichtet und damit unbrauchbar seien.
Aber das dilettantische Auftreten von Splasher erinnert mehr an die Imitation einer Guerillagruppe mit künstlerischen Mitteln, als an eine bewaffnete Organisation selbst. Und ob sich hinter Splasher entgegen der vollmundigen Behauptungen im Manifest mehr als 2 Personen verbergen, ist nebulös.

Die Gewalt gegen Menschen ist bereits im politischen Programm von Splasher angelegt. Inwieweit zwischen der Gewalt gegen Sachen und Personen unterschieden wird, ist fraglich, wenn letzten Endes jeder durch die falsche Handlung und zu viele finanzielle Einnahmen ein Agent des Spektakels und damit ein Feind sein kann.

6. Revolutionäre Avantgarde und Bewegung

Der S.I. war klar, dass die Abschaffung der Kunst im Rahmen einer proletarischen Revolution zu erfolgen habe. Die Hoffnung auf die Umwälzung der Gesellschaft gründete sich im richtigen Bewußtsein und der daraus folgenden Organisierung der Massen. Die SituationistInnen sahen sich nicht als Avantgarde. Nicht die Belehrung von oben, sondern die aktive Teilnahme im Prozess als Teil des Proletariats, das „savoir attendre“, sah die S.I. als ihre Aufgabe an (BBZN 2005, S.155). Im Gegensatz zu Splasher stand bei der S.I. als zentraler Bezugspunkt das Proletariat als revolutionärer Bewegung. Jedes kollektive Handeln der proletarisierten Massen wurde gutgeheissen. Zum Beispiel der Aufstand 1965 im Viertel Watts von Los Angeles, bei dem sich die vornehmlich schwarze Bevölkerung tagelang gegen die Obrigkeit erhob und Geschäfte plünderte. Klassenkampf und Arbeiterselbstverwaltung sind die zentralen Theoreme der S.I., die auf sämtliche sozialen Konflikte (Riots, antikoloniale Bewegungen, Nahostkonflikt) angewandt wurden. Das revolutionäre Subjekt der S.I. ist das organisierte Proletariat.(4)

Daraus ergibt sich auch die Rolle der SituationistInnen in der Bewegung. So lehnte die S.I. strikt jede Vorherrschaft in der Bewegung ab, sie sah sich gerade nicht dem Bewußtsein des Proletariats voraus, sondern als „gleichzeitig mit der revolutionären Wirklichkeit da.“ (Situationistische Internationale 2005, S.84). Weder Avantgarde noch Elite, sondern Teil der Bewegung.

Im Manifest von Splasher wird dagegen recht diffus vom Proletariat geschrieben. Splasher ist maximal die revolutionäre Vorhut, die den Massen den Weg weisen will. Splasher bezieht sich auf keine existierende Bewegung und hinter Splasher steht keine Bewegung. Insofern steht die Gruppe in der Tradition des linken Aktivismus: die historische Analyse der eigenen Lage und der sich daraus ergebenden Handlungsoptionen fehlt. Von einer Strategie ist wenig zu merken, eher herrscht in den Texten eine ohnmächtige Wut vor.
Splasher ist als Zerfallsprodukt eines leninistischen Avantgardemodells zu begreifen, wo diese den Massen in vorausschauender Weitsicht und mit dem richtigen Bewußtsein ausgestattet den richtigen Weg weist. Zerfallsprodukt, weil der Bezug auf die sich organisierenden Massen fehlt. Es ist quasi nur noch der körperlose Kopf vorhanden, der heroisch den Kampf um die Abschaffung der Kunst (und des Kapitalismus) im Alleingang übernimmt. Wo sich die S.I. selbst zugunsten des Proletariats zurücknahm, stellt sich Splasher als handelndes Subjekt in den Vordergrund.
Und das ist genau das grundlegende Problem von Splasher: es handelt sich um ein identitätsstiftendes Projekt, bei dem die Gruppe „wir“ in Abgrenzung der Gruppe „die Anderen“ gebildet wird. Man kann nur einfach mal die Verwendung des Pronomen „we“ zählen. Der Drang nach Masse spricht förmlich aus dem Text ebenso wie – klassisch linker Aktivismus – die „Politik der ersten Person“, siehe etwa die gewählte Form des Interviews um die eigenen Standpunkte zu vermitteln. Das eigene Selbst ist zentraler Angelpunkt der Argumentation. Die Kritik am Spektakel ist nicht mehr materialistisch begründet, als vielmehr aus einer subjekiven Gefühlslage heraus, also emotional.
Überdeckt wird diese Konzeptlosigkeit mit revolutionärem Pathos, als ob eine kleine Gruppe den Kapitalismus mit ein paar Farbbeuteln überwinden könne.

7. Wie innovativ ist die künstlerische Praxis von Splasher?
Die rekuperierte Kunstzerstörung


Splasher bezieht sich neben der politischen auf die künstlerische Avantgarde, die ja zumeist mit dem Begriff der „Neuerung“ assoziiert wird. Betrachtet man die Interventionen von Splasher jedoch näher, dann sind die verwendeten Techniken so neu nicht.
Wenn ein Graffiti irgendwo in New York von einem anderen Artist getaggt wird, so ist das wohl kaum eine Zeitungsmeldung wert. Aber Splasher verwendet dieses „crossen“ als künstlerische Praxis. Das „crossen“ ist kein Anschlag auf die Kunst als solche, sondern folgt nur den Regeln der Graffiti-Community, wonach sich mit großflächigen Bildern ein Aufstieg in der sozialen Hackordnung gesichert wird – und umgekehrt „Toys“ die Bilder durchgestrichen werden.
Diese Übernahme der rüpelhaften Methoden von Graffiti in die Kuschelwelt der Street Art löst in letzterer Schocks aus. Im Graffitibereich würde eine Beschädigung von Kunstwerken ein Achselzucken auslösen – denn die Beschädigung, das Übermalen, das Entfernen anderer Kunstwerke durch Stadtverwaltungen und andere Sprayer gehört dort zum Alltag. In der Street Art Community, in der man mit mehr oder weniger intellektuellem Anspruch Kunst herstellen will, ist diese krasse Regelverletzung dagegen ein echter Skandal. Ungefähr so, als ob ein Battlerap zwischen Bushido und Blumentopf stattfinden würde. Street Art – und das erkennt Splasher durchaus realistisch – steuert zielsicher auf Ausstellungen in Museen, Paneldiskussionen und Kunstmagazine zu und da schafft es Splasher, mit Interventionen Aufmerksamkeit für seine Sache zu erzielen. Dass die Subkultur Street Art kein bequemer Rückzugsraum für handzahme Gesellschaftskritik ist, daran erinnert Splasher.

Nur ist das Übermalen von Kunst nicht nur eine geborgte Kulturtechnik aus der Graffiti-Szene. Denn auch „crossen“ als Praxis in der Hochkultur ist nicht wirklich neu. Das Zerstören oder Modifzieren von Kunstwerken ist längst in den Kunstbetrieb eingegangen und dort gängige Technik (etwa die Bildübermalung von Debord 1963 oder die Entweihung von Duchamps „Fountain“). Nun liefert die Praxis von Splasher ironischerweise den Beleg für die These der Rekuperation. Die Abschaffung der Kunst wird mit Mitteln der Zerstörung der Kunst zu erreichen versucht. Splasher attackiert die bildende Kunst an Wänden, greift dabei aber selbst auf tradierte Techniken zurück. Die Bildübermalung war einst revolutionär, wurde dann aber einfach in den Kanon akzeptierter Kulturtechniken aufgenommen. Malerei besteht heute nicht mehr aus den Meisterwerken klassischer Maler, die in Museen hängen.

Durch die historischen Avantgarden hat die bildende Kunst eine post-avantgardistische Phase erreicht. Die Attacken auf die Institution Kunst waren nicht erfolgreich. Die Avantgarden wollten die Kunst aufheben, indem sie ihren Autonomiestatus in Lebenspraxis auflösen wollten. Diese Negation schlug fehl, und der Protest wurde selbst als Kunst rezipiert (Bürger 1974, S.66-73). Peter Bürger spricht von der Inauthentizität der Neo-Avantgarden. Diese wiederholen die Provokationen der historischen Avantgarde, nur sind diese Provokationen heute bedeutungslos und reine Stilmittel, da sie nicht beliebig oft wiederholbar sind.
Die Farbattacken von Splasher werden so zu einer Art spektakulärer Performancekunst – und als solche medial rezipiert. Eine wirkliche Gefahr für die öffentliche Ordnung wäre dagegen ein Eindringen in den Alltag ohne Kunst-Charakter, etwa wenn Punks vor Museen rumlungern, anstatt die Werke ihrer Subkultur darin zu betrachten (Büsser 2007, S.24). Wie die Praxis zeigt, wird Street Art vom Kunstbetrieb (und auch als Eigendefinition der Community) als Kunst definiert und nahezu jeder Bezug auf sie wird in den Kanon der Kunst eingemeindet.(5)

Avantgardistische Angriffe auf die Kunst schlagen so zurück und erhalten selbst Werkcharakter (Grimberg 2006, S.186). Was im Zusammenhang mit Street Art „Werk“ bedeutet, und was dies für eine Vermarktung von Kunst heißt, müsste auch noch näher geklärt werden.
Denn Splasher attackiert nicht den Wert der Straßenkunstwerke von Swoon, denn diese werden im Unterschied zu herkömmlichen Gemälden nicht in Galerien gehandelt. Eher noch wird der Marktwert der Künstlerin Swoon gesteigert durch die verstärkte Aufmerksamkeit. Ihr Schaffen wird zusätzlich aufgewertet, eine gewalttätige Kritik daran gilt als Zeichen der gesellschaftlichen Relevanz; und das gerade bei Künstlerinnen und Künstlern mit gesellschaftskritischem Anspruch.

8. Mediale Rezeption von Splasher

Aus der windschiefen Analyse und der Wahl ungeeigneter Mittel ergeben sich zusätzlich unintendierte Folgen. Denn Splasher selbst wird zu einem spektakulären Medienereignis. Begierig rotiert die Diskursmaschine und die dem Kunstbetrieb angeschlossenen Feuilletons stürzen sich auf ein weiteres Thema rund um den heißen Scheiß „Street Art“, wie etwa die New York Times oder das Art-Magazin. Verwunderlich ist das weiter nicht, lässt sich aus dem Splasher-Manifest doch auch genau jenes dumpfe Ressentiment gegen Kapitalismus herauslesen, das die Anti-Globalisierungsbewegung und die linke Intelligenzia teilt. Die rebellischen Phrasen von Splasher werden bei dem einen oder anderen Redakteur nostalgische Erinnerungen an die eigene Jugend- bzw. Studienzeit wecken. Splasher rennt in den Kulturredaktionen offene Türen ein, denn dort sitzt genau das Klientel, das verwässerte Kapitalismuskritik mit dem Hang zur Personalisierung begrüßt.

Hier wird das ur-bürgerliche Bedürfnis nach einer kritischen Kommentierung der Kunst befriedigt. Dies wird von Splasher zwar ansatzweise reflektiert, indem Panel-Diskussionen über Street Art und deren Aussagen zur Rolle von Frauen in der Street Art kritisiert werden (Splasher Manifest S.13). Nur ohne Konsequenzen daraus zu ziehen. Angeblich wird der Dialog von Seiten Splashers verweigert – das stört die angegriffene Seite aber wenig und so wird über die Aktionen von Splasher berichtet und sogar das Manifest von der New York Times abgedruckt. Wenn man schon nicht mit Splasher diskutieren kann (wie ein Mitglied des Faile-Kunstkollektives im oben genannten New York Times-Artikel bemängelte), dann schreibt man eben über Splasher.
Insofern erscheint es dem unbedarften Betrachter höchst suspekt, wenn bezüglich der Medienresonanz von Splasher behauptet wird: „To be honest, our work was never foreseen to receive as much recognition as it did.“ (Splasher Manifest S.2). Kann man wirklich so naiv sein? Da wirken andere, ältere Initiativen im post-situationistischen Milieu wesentlich durchdachter, die das Spiel mit den Medien von Anfang an einkalkuliert hatten. Etwa das Verbrennen von einer Millionen britischer Pfund von der „K-Foundation“ (aka THE KLF) im August 1994.

Generell wird Splasher einen Hype um Street Art eher verstärken. Wo Kontroverse, da Aufmerksamkeit, also Werbung für die Sache. Splasher liefert der medialen Öffentlichkeit Gesprächsstoff durch einen weiteren Pseudo-Skandal. Selbst die Drohung mit Gewalt und terroristischen Methoden scheint weder Kunstbetrieb noch Feuilleton einzuschüchtern, sondern liefert spektakuläre Bilder und Berichte. Die Kulturindustrie liefert heute ihre eigene Kritik frei Haus mit – und so wird auch Splasher als ein weiterer interessanter und kritischer Kommentar zu Street Art rezipiert.

Müsste eine revolutionäre Bestrebung neue Techniken erfinden, die noch nicht rekuperiert sind? Ich glaube nicht. Denn die Art der Rezeption von Splasher ist ein Beleg für die These, dass sich Widerstand gegen die Ware heute selbst nur spektakulärer Mittel bedienen kann. Die Kulturindustrie als Totalität lässt kein Außen mehr zu, das es zu verteidigen gelte. Der Kampf um Emanzipation spielt sich innerhalb der Warenökonomie ab und kann sich logischerweise auch nur ihrer Sprache bedienen. Es geht um nichts weniger als das Kunststück, sich wie Baron Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Splasher wähnt sich dagegen auf einem unberührten Naturstück (mitten in New York!) und will mit Klauen und Zähnen gegen die hereinbrechende Kommodifizierung ankämpfen. Diese Verwechslung des Standpunktes markiert einen Unterschied ums Ganze.

9. Fazit

Das bleibt von Splasher übrig: man bastelt per copy & paste ein paar kraftmeierische Ausdrücke zusammen und überdeckt seine Konzeptlosigkeit durch markigen Aktivismus. Gerade das aufputschende Vokabular des Splasher Manifestes zeigt den Aktionismus von Splasher auf. Man hat nichts verstanden und will nichts verstehen außer einem dumpfen Gefühl, dass Kapitalismus böse sei und schlimme Dinge verursachen würde. Da bleibt dann nur der Weg der blinden Wut, die Forderung nach Zerstörung des ganzen Elends, welches dem eigenen Ich Unheil antut.

Der Plagiarismus von politischen Inhalten ist dort zurückzuweisen, wo er nur idiotische Phrasen liefert, die im schlechtesten Fall dem Ressentiment Vorschub leisten. Statt einer grundlegenden Kritik der Verhältnisse liefert Splasher personalisierte Kapitalismuskritik, die einen Schuldigen für die Misere sucht. Nicht die abstrakte Herrschaft wird kritisiert; es werden Handlungen von Individuen als kapitalistisch und damit schlecht gebrandmarkt.
Dass das alles nicht so einfach ist mit der Kunst, zeigt sich bei näherer Betrachtung: ist der/die einzelne KünstlerIn nun KleinstproduzentIn, KulturarbeiterIn, VerwerterIn seiner Produkte, KapitalistIn – oder was auch immer? Den Wandel des Kapitalismus und der Kunst seit den 1960er Jahren erfasst Splasher nicht und beruft sich teilweise auf eine Analyse der SituationistInnen, die aus eben dieser Zeit stammt und Kunst nur als Hochkultur definiert. Und selbst da bleibt Splasher hinter den Originalen zurück: Statt „Aufhebung und Verwirklichung“ der Kunst (GdS§191), wird von Splasher ihre Zerstörung mittels Attacken auf einzelne KünstlerInnen eingefordert, was seinerseits selbst im medialen Spektakel endet.

Splasher gebärdet sich radikal, dabei ist die Praxis reichlich dünn. Da ist mehr drin. Ein kurzer Blick in die Geschichte post-situationistischer Anti-Kunst wie dem Neoismus zeigt, dass doch einiges an Subversion im und gegen den Kunstbetrieb möglich ist. Der Illusion, dass sich Kapitalismus mit Bauernschläue und ein wenig symbolischer Medienrandale überwinden ließe, sollte man sich jedoch besser nicht hingeben. Es wäre an der Zeit, die Intention der Situationistischen Internationale neu zu entdecken: die radikale Kritik (als dialektisches Verhältnis von Theorie und Praxis) des zeitgenössischen Kapitalismus mit dem Ziel der Einrichtung des Kommunismus.

Hans-Christian Psaar

Literatur

Bücher und Zeitschriften

Adorno, Theodor W. (1986): Negative Dialektik. Gesammelte Schriften Band 6. Frankfurt a.M.: Suhrkamp
Biene/ Baumeister/ Negator, Zwi (2005): Situationistische Revolutionstheorie. Eine Aneignung. Vol. I: Enchiridion. Stuttgart: Schmetterling
Bürger, Peter (1974). Theorie der Avantgarde. Frankfurt am Main: Suhrkamp
Büsser, Martin (2007): Alles nur ein Mißverständnis. Über die Verwurzelung „extremer“ Musik in der bürgerlichen Kultur und den „Extremismus“ der Mitte. In: Testcard #16
Debord, Guy (2006)[1967]: Die Gesellschaft des Spektakels. In: Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft (Hrsg.): Texte der Situationistischen Internationalen. Band V. (GdS)
Grimberg, Eiko (2006): Verwirklichen und Wegschaffen. Was die SI mit der Kunst wollte. In: Grigat, Stephan/ Grenzfurthner, Johannes/ Friesinger, Günther (Hg.): Spektakel Kunst Gesellschaft. Guy Debord und die Situationistische Internationale. Berlin: Verbrecher Verlag
Fairey, Shepard (2006): Obey Supply & Demand. The Work of Shepard Fairey. Corte Madera: Ginko Press
Quadfasel, Lars (2005): Bedürfnis und Befreiung. Zur Kritik der Situationistischen Revolutionstheorie. In: Phase2, Nr. 17
Situationistische Internationale (2005): Die Elite und der Rückstand. In: Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft (Hrsg.): Texte der Situationistischen Internationalen. Heft IV
Trocchi, Alexander (2005)[1963]: Technik des Weltcoup. In: Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft (Hrsg.): Texte der Situationistischen Internationalen. Heft II

Tageszeitungen, Dokumentation, Onlinequellen

As Street Art Goes Commercial, a Resistance Raises a Real Stink. New York Times 28.7.2007
Krieg der Farben. Art-Magazin 6.8.2007
Splasher raise a hollow stink. The Guardian – Francesca Gavin Blog 28.6.2007
Splasher Manifest. Online abrufbar bei Rebel:art
Trotzki, Leo (1911): Über den Terror.

Anmerkungen

(1) Der Erfolg ist das Kriterium. Andere KünstlerInnen verkaufen ihre Kunst auch, ohne dass sie Attacken von Splasher ausgesetzt würden.

(2) Generell kann ein blinder Fleck ausgemacht werden: mit populären Kulturphänomenen (Film, Popmusik etc.) beschäftigte sich die S.I. kaum. Der Jazz etwa wurde wegen seiner „Spontanität und Lebenskraft“(Trocchi 2005, S.51) befürwortet; ansonsten findet sich in den Schriften der S.I. eher eine generalisierte Beschäftigung mit dem Bereich der Freizeit.

(3) Im deutschen Sprachraum wird bei dem Werfen von Farbbeuteln gerne von „Farbanschlägen“ gesprochen. Die an sich harmlose Tat wird so in die Aura des Gefährlichen gehüllt.

(4) Was aber, wenn sich das Bewußtsein der Massen nicht mit dem der linken (Vor-)DenkerInnen deckt? Im Mai 1968 fiel beides zusammen. Was aber, wenn statt Räteorganisierung die Proletarisierten sich für das Pogrom entscheiden? Abgesehen von dem messianischen Glauben an das Proletariat ergibt sich die Frage, warum denn noch theoretische Überlegungen unternommen werden sollten, wenn das Proletariat sowieso schon das Richtige machen wird und auch keine Handlungsanweisungen braucht. Inwieweit im Wirken der S.I. leninistische Avantgardekonzeptionen unreflektiert vorhanden waren (der rigorose Auschluß von Mitgliedern mit den nichtigsten Begründungen ist haarsträubend), wurde bisher noch nicht reflektiert.

(5) Wohl nicht mehr unter „Kunst“ fallen würde die Anwendung von extremer Gewalt gegen Menschen, die von Splasher nur angedroht wird. Wo Sachbeschädigungen noch akzeptiert werden, endet bei Mord oder der physischen Verletzung von Personen das Kunstverständnis.

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last modified: 24.12.2007