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Karneval der (Ska-)Kulturen


Die Tornados, Western Special und Yellow Umbrella

Western Special, 13.4k Na, das ist doch wieder mal ‘ne prächtige Wundertüte – garantiert für jeden Geschmack was dabei, oder? So ein bunter Abend eignet sich übrigens auch ganz vortrefflich dazu, Vorurteile zu pflegen – oder sie (ein wenig, vielleicht) abzubauen. Mal schauen:
Die Tornados sind ein gutes Beispiel dafür, wie lange es im Ska dauern kann, bis aus Musikbegeisterten ohne größere Vorbildung eine Gruppe akzeptabler Instrumente-Spieler und später dann vielleicht auch eine wirklich gute Band wird. Aber spätestens auf der spektakulären Tonträger-Veröffentlichungsfeier zu ihrem bisher einzigen, dafür aber sehr gelungenen Longplayer Heartbeat zu Weihnachten 2000 in der Distillery (ein großer Abend!) haben sie die letzten Zweifler überzeugt und inzwischen fahren sie ja auch überall ihre verdienten credits ein. Das frühere, doch etwas – pardon – planlose Geschrammel ist einem ansprechenden eigenen Stil mit gutem Songwriting und souveräner Bühnenpräsentation gewichen. Da inzwischen etliche Tornado-Musiker in Leipzig herumwirbeln, könnte man fast schon von einer Leipziger Band sprechen. Ein Auftritt im Conne Island war seit langem überfällig! Das wird auf jeden Fall ein absolutes Heimspiel!
Western Special aus Reims haben vor ziemlich genau einem Jahr im Basamo mit ihrer Hot Jamaican Mixture (LP-Titel) massiv gute Laune verbreitet. Schöner gepflegter, grooviger, klassischer Ska und die charmante Saxofonistin ‘at diese göttlische Akzent wie bei ‘arald (die Jungs sind aber auch smart...) Voilá! Alles andere als eine Programmergänzung, zu dieser Band sollte mensch auch gehen, wenn sie irgendwo allein spielen! Der Name stammt von dem großen Instrumental-Klassiker von Potato 5 (vielleicht die beste Ska-Band in den 80ern nach Two Tone).
And now for something completely different: Yellow Umbrella aus Dresden orientieren sich, im Unterschied zu den meisten Bands, die sonst im C.I. auftreten, deutlich stärker in Richtung Pop, natürlich mit sehr vielen Reggae- und Ska-, aber auch anderen „Welt-Musik“-Einflüssen und zielen damit bewußt auf ein wesentlich breiteres Publikum jenseits irgendwelcher Szenen.
Yellow Umbrella Publikum, 16.5k

Das Szenetypisch gekleidete Publikum Yellow Umbrella’s beim überaus berüchtigten „Elbhangfest“ in Dresden.
Als wir uns am Telefon über eine erste Fassung dieses Textes unterhielten, in dem ich an einigen Stellen wohl etwas über’s Ziel hinausgeschossen war und zu sehr meiner persönlichen Meinung Lauf gelassen hatte, sagte mir die Band, daß sehr wohl beabsichtigt ist, auf diese, ihre Art und Weise Leute an die Musik heranzuführen, die sich dann auch mehr mit den ursprünglichen Sounds beschäftigen würden. Bislang findet ihr Stil vor allem bei Leuten Anklang, die sich wahrscheinlich noch nicht so sehr mit den Ursprüngen und der Entwicklung dieser Musik auseinandergesetzt haben und deren Vorstellung über „Reggae“ schon sehr stark von jenem Sound geprägt ist, den Acts wie Bob Marley (von ca. 1973-81), UB 40, No Doubt, Jan Delay etc. populär gemacht haben – und zwar auch deshalb, weil diese sich bewußt den Hörgewohnheiten eines weißen Rockpublikums angenähert haben. Jedenfalls hat die weltweite Rezeption vom alten Bob als der Inbegriff jamaikanischer Musik den Blick vieler Konsumenten für alles verstellt, was sonst noch so da war und damit dem Genre insgesamt überhaupt keinen guten Dienst erwiesen (wofür natürlich Robert Nesta R.I.P. nichts kann). Bin mir deswegen auch nicht sicher, ob der Anstoß tatsächlich so funktionieren kann, wenn die vorher bestehenden Erwartungen dann im Konzert genauso bedient und eigentlich kaum Reibungspunkte angeboten werden. Eine Möglichkeit dafür wäre doch z.B., andere Cover zwischen den Eigenkompositionen zu spielen, aber hier gehen Y.U. leider sehr auf Nummer sicher und bevorzugen Partystampfer wie Hawaii 5-0 und Tequila. Aber gut, solange Band und Publikum zueinanderfinden und Spaß daran haben, soll es ok sein (siehe Einleitung).
Aus den drei Auftritten der Band, die ich erlebt habe, konnte ich mir noch keine so rechte Meinung bilden. Während der letzte Tonträger „Flight No. 20-8-3“ knapp an der Aufnahme in meine persönliche heavy rotation vorbeigeschrammt ist ;-) sind Y.U. live auf jeden Fall sehenswert, wobei ich allerdings finde, dass eine gute Show gute Musik zwar unterstützen, dabei aber nicht zu auffällig im Vordergrund stehen sollte. Würde mich freuen, wenn ich am Ende des Abends feststellen könnte (Stichwort: Vorurteile), dass Yellow Umbrella ja doch tatsächlich besser ins Conne Island passen als in die Moritzbastei.
Was ich auf jeden Fall an der Band schätze, ist folgendes: da sie mit ihrer Philosophie von den wenigen deutschen Ska-Labels wohl nicht so richtig akzeptiert wurden (wobei sie früher allerdings auch musikalisch nicht so beeindruckt haben wie heute), machen sie eben seit Jahren konsequent ihr eigenes Ding als Band, Label (Rain Records) und Konzertveranstalter – und das sehr erfolgreich, wenn man sieht, wie viele Leute sie inzwischen gerade in Dresden erreichen. Zudem haben sie gute Kontakte nach Frankreich geknüpft (deswegen auch der Auftritt von Western Special), wo viele Bands ähnliche Konzepte verfolgen bzw. wo auf Genreschranken nicht so großer Wert gelegt wird.
Wird also auf jeden Fall ein sehr interessanter Abend, bei VVK von 8,- Euro viel Musik fürs Geld. Zwischen den Bands und zur After-Show-Party legen die Jungs vom Phoenix City Sound auf. Die machen einmal im Monat auf Radio Corax in Halle eine coole Sendung mit herrlich originalem Fifties & 6T’s Sound quer durch alle Stile. Bei uns bleibt’s mehr in Richtung Ska, Reggae, Soul – und das ist auch ziemlich gut so, findet

peanutvendor@web.de


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last modified: 28.3.2007