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"Weißer Januar" – na und?!

Die illustre Runde – vom Theater Schaubühne im Lindenfels, über die freie Akademie der Künste bis hin zum Conne Island – durch gleiche Zwänge zusammengeführt in die Initiative „Leipzig plus Kultur“, kommt trotz des „weißen Januars“ nicht aus den Startlöchern. Eine kurze Einschätzung:

Ausriss aus Zeitpunkt, 23.1k
Ausriss aus: ZeitPunkt Kulturmagazin, Januar 2002 Nr. 133

Geld her, 20.7k
manche Dinge ändern sich nie: Autonome beim Geldeinsammeln

Um der Forderung nach Rücknahme jener, überhaupt erst als Voraussetzung für Gespräche zwischen den Vertretern der „freien Szene“ und der Stadt Leipzig, Nachdruck zu verleihen wurde ein „weißer Januar“ angedroht. Mit dem Ziel die Kulturförderungspolitik grundsätzlich neu zu strukturieren und Kürzungen in Zukunft nach Möglichkeit zu vermeiden. Alle kulturellen Veranstaltungen sollten demnach entfallen, um Entschlossenheit und Fähigkeit zum gemeinsamen Handeln zu demonstrieren und um gesammelt auf einen Monat den durch Kürzungen heraufbeschorenen Verfall der Leipziger Kulturlandschaft zu verdeutlichen.
Dass trotz intensiver Vermittlungsarbeit die Mehrzahl der städtischen Entscheidungsträger für die Kürzung gestimmt haben war Rückschlag für die Initiative und entgültige Bestätigung für die Aktion „weißer Januar“.
Gänzlich erfolglos wollte man sich dann aber doch nicht sehen und flugs wurde der, von der Initiative unbewusst vorbereitete, spektakuläre Auftritt eines privaten Sponsors für die Schaubühne im Lindenfels als Erfolg verkauft. Der grundsätzlichen Neuordnung der städtische Kulturpolitik war es aber eher ein Stein im Weg.
Zumindest ist aber klar geworden, das sich die „freie Kultur[szene]“ in ihrer Heterogenität nicht am Kampf um die verbliebenen Mittel selbst aufreibt. Augenscheinlich hat der „weiße Januar“ darüber hinaus seine Wirkung bis in die Tiefen städtischer Politik entfaltet und ein zumindest quantitativ breites Medienecho hervorgerufen.
Die „freie Kultur“, institutionalisiert in der Initiative „Leipzig plus Kultur“ hat es bisher aber nicht geschafft eine eigene Position oder gar Perspektive zu entwickeln, welche Aufgabe und Bedeutung „freie Kultur“ im Allgemeine und in Leipzig im Speziellen zukommt und zukommen sollte. Vielmehr wird weiterhin darauf gebaut sich als „weicher Standortfaktor“ der Stadt Leipzig zu präsentieren. Bei dieser Argumentation wird aber vergessen, dass die Ausrichtung auf Unterhaltung von Studenten, dynamischen Jungunternehmern und qualifizierten Arbeitnehmern die Aufgabe Seiner Selbst bedeutet. Denn ginge es darum zu unterhalten und identitätsstiftendes Moment für die Stadt Leipzig zu sein, neben Bahnhof, Neuer Messe und Völkerschlachtdenkmal bedürfe es keiner Förderung, bedürfe es nicht eine der sozialen Verantwortung untergeordnete Preisgestaltung. Die Kulturindustrie macht es vor, dabei ist Beliebigkeit beliebt und nicht zwangsläufig niveaulos. Das Ruhekissen gegenüber der Unrast der täglichen Arbeit; Denken abzunehmen, statt anzuregen; das weltoffene, alternative Pendant gegenüber Diskriminierung und „zero tolerance“ Politik, zu sein, kann nicht der sich selbst zugeschriebene Anspruch der „freie Kultur[szene]“sein. Sie spräche sich damit selber mehr und mehr das Existenzrecht ab.
Die Initiative sollte also endlich ihre Hausaufgaben machen und über die, zwischen Selbstbeweihräucherung (ihrer Effizienz) und Wundenlecken schwebenden, strukturellen Vorschläge hinaus auch die Diskussion um die Aufgabe einer „freien“ bzw. Kultur überhaupt führen. Nur so kann der Anspruch auf Förderung wirksam untermauert werden ohne Begleitmusik zum bösen Spiel zu werden.
CS



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last modified: 28.3.2007