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Billy Mahonie + Diario, 3.6k

Es ist vollbracht – ein hoffentlich gelungener anspruchsvoller Musikmonat November im CONNE ISLAND, der seiner Jahreszeit Herbst alle Ehre macht, holt aus zum nächsten Streich:

Billy Mahonie, 27.0k Diario, 22.5k
New Wave ist das neue alte Ding nach Britpop auf der Insel. Das Comeback alter Helden wie NEW ORDER oder alter Newcomer wie ZOOT WOMAN begeistern derzeit nicht nur – nicht mal unberechtigterweise – all die Vivas und Spexes dieser Welt. Dennoch ist es sinnig mit Verweis darauf einen Artikel einzuleiten, der eine Band ankündigen soll, die außer der englischsprachigen Gemeinsamkeit rein garnichts damit zu tun hat.
Nun ja, Grossbritanien scheint nun mal eine Insel zu sein, von der aus Sounds kreiert und erwartet werden, die gleichzeitig auf dem Festland doch nur billige Imitatoren finden. Deren Qualität auf keinen Fall in Frage zu stellen, nur die auffällige Gleichförmigkeit jener, besonders im Gitarren und Pop-Bereich hervorzuheben, sollte hier als Einleitung dienen.
Und genau da setzen BILLY MAHONIE ein. Eine Band aus dem regnerischen London, die einfach nicht in diesen britischen Rahmen passen wollen, indem sie agieren ohne jenes „OASISches“, „TRAVISches“ Songverständnis, bei dem nachwie vor noch die all(mitt)wöchentliche MB-crowd bis zur Besinnungslosigkeit ausflippt. Dahinter steht eine Herangehensweise, die vielen aus DEM „Übersee-Kreativzentrum“ Chicago nicht unbekannt sein dürfte. Als scheinbare uneheliche Enkel von TORTOISE, somit POSTROCK und Konsorten, verzichten die vier jungen Herren ebenfalls weitgehend auf Gesang und erzählen dennoch – strikt reduziert auf ihre Instrumente – mit ihren Songs mehr als es manch musikalischer Versuch mittels vokaler Unterstützung vollbringen vermag. Nicht daß es nicht wichtig wäre etwas zu sagen bzw. zu singen zu haben, allerdings sei mir der Ausflug in die Gefilde des Hip Hop erlaubt. Wenn Samy Deluxe vom nicht Sehen des Waldes vor lauter Bäumen in seinem derzeit rauf und runter gespielten Kracher spricht und dabei allerdings auf einem der ersten der von ihm besungenen Bäume ganz weit oben tanzt, stellt sich mir erneut die Frage nach dem Sinn derartiger mit scheinbaren Wahrheiten gefütterter Songtexte. Ähnlich wie im Punk oder sonstwas-Core, um wieder den Schwenk zur Gitarre zu machen. Doch von Resignation soll keine Rede sein und auch nicht von der Einzigartigkeit instrumentaler Musik, denn auch jene ist erst recht nicht vor dem Übel der Beliebigkeit gefeit.
B.M. machen es einem nicht einfach, warum sollten sie auch – und genau deshalb werden sie als einer DER derzeit besten englischen Liveacts gehandelt. Detailverliebt, komplex und mit genügend Noise im Rücken, als Antwort auf sonstiges schwerfälliges Rumgedüdel, lohnt es sich mehr als nur ein Ohr bedenkenlos an sie zu verschenken. B.M. zeigen sich nich abgeneigt dem Jazz und jener Idee, der nötigen Freiheit in der Musik, einiges abzugewinnen, ohne sich jedoch alten verstaubten elitären Assoziationen ausgesetzt wiederzufinden. Vielmehr bedienen sie sich eher der erfrischenden Entwicklung, wenn es darum geht, mit altgedienten elektrisch verstärkten Gitarrenklängen heutzutage doch noch einiges an Aufmerksamkeiten zu erregen – indem Hörgewohnheiten bewusst aufgebrochen werden ohne dabei die nötige Authentizität einzubüßen. Dafür lassen es B.M. viel zu gerne krachen und rocken dazu noch wie Schwein. Abwechslungsreichtum wird grossgeschrieben, nichts bleibt dem Zufall überlassen und der Punk steckt doch noch in allen Gliedern. Es bleibt schwer, jene Band anzukündigen, wenn der direkte Vergleich mit Anderen – aufgrund ähnlicher leidiger Unpopularität – bewusst vermieden werden will, aber trotzdem Überbewertungen aus dem Wege zu gehen. So bleibt letztendlich nur die Hoffnung auf die geweckte Neugierde der hiesigen Hörerschaft, auf das längst überfällige Ablegen jenes Verhaltens Musikbegeisterter a la „was der bauer nicht kennt, das frisst er nicht“ und auf die Vorfreude auf ein intensives Konzerterlebniss, ohne Frage. Mit am Start DIARIO aus LEIPZIG.
Janer



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last modified: 28.3.2007