home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt
[53][<<][>>]

Die Querelen um den Grünauer Nazitreff im Kirschberghaus, dem Treff 2, schlagen seit Wochen hohe Wellen. Die Forderung nach Schließung des Treffs wurden immer lauter. Auch die Leipziger Volkszeitung (LVZ) berichtete desöfteren. Einen traurigen Höhepunkt dieser Berichterstattung erlebte die Öffentlichkeit in der Wochenendausgabe vom 6. Februar 1999. In einer ungebremst tendenziösen Berichterstattung wurde dort der skandalöse Versuch unternommen, „Links und „Rechts“ als zwei völlig gleiche „Randerscheinungen“ darzustellen.
Das Conne Island-Plenum sah sich deshalb genötigt, mit einem offenen Brief auf die Dreistigkeit der LVZ zu reagieren.
, 0.0k

Kirschberghaus und Kollektivpsychose.

, 0.0k

Offener Brief des Kultur- und Jugendzentrums Conne Island zur Berichterstattung der Leipziger Volkszeitung in ihrer Lokalausgabe vom 6. Februar 1999

In der Leipziger Volkszeitung vom 6. Februar 1999 nimmt sich Ihre Zeitung des selbst so betitelten Themas „rechte und linke Jugendliche über ihre Ansichten“ an. Hintergrund dafür seien, so Ihr Blatt weiter, „Krawalle der zurückliegenden Wochen in Leipzig“.

Dabei wird mehrmals das Conne Island erwähnt, weil dort jeweils donnerstags das Offene Antifaschistische Plenum stattfindet, das nach Auskunft des recherchierenden LVZ-Journalisten Jens Rometsch selbigem ein Interview versagte, wo er doch „nur“, nach eigenen Worten, „Vertretern von Rechts und Links eine Stimme (...) geben“ wollte. Wir können gut nachvollziehen, warum einem Menschen, der seiner wahrscheinlich als natürlich begriffenen journalistischen Mission zwanghaft nachgehen „muß“, indem er offenen Nationalsozialisten und Rassisten des Treff 2 im Leipzig-Grünauer Jugendzentum Kirschberghaus „eine Stimme“ gibt, ein Interview verweigert wurde. Es versteht sich nach unserem Dafürhalten von selbst, daß man der dummdreisten Gleichsetzung von „Links“ und „Rechts“ als mutmaßliche „Extremisten“-Pole nicht auf den Leim geht und sich dieser widerwärtigen ahistorischen Interpretation entzieht und das Spielchen einfach mal nicht mitspielt. Daß der arme, karierreorientierte Journalistentropf Jens Rometsch mit dieser Situation womöglich völlig überfordert war, liegt wohl daran, daß es ihm während seines bisherigen Journalistenstudiums kein Prof. sozusagen am „Reißbrett“ erklärt hat, wie in diesem Falle zu verfahren sei.
Der beim Studium eingetrichterte Journalisten-Ethos der „Objektivität“ und „Neutralität“ kam bei Rometschs Berichterstattung über „sogenannnte rechte und linke Jugendliche“ in Leipzig voll zum Tragen.
Frei von der Leber hackt er sodann hanebüchenen Blödsinnn auf seiner Tastatur in den Computer: Der Treff 2 im Grünauer Kirschberghaus, so Rometsch, sei der „einzige Klub in Leipzig, der für extrem rechts orientierte Jugendliche reserviert ist“. Nur ein bißchen Verständis von der Eigendynamik subkultureller Hegemonie und der Rometsch verstünde, wie es in sehr vielen offenen Jugendeinrichtungen Leipzigs aussieht – genauso nämlich wie auf den Straßen Leipzigs dominiert der rechtsradikale, dem NS anhängende rassistische Mainstream nazis im kirschberghaus, 7.0k das Straßenbild. Doch um das zu verstehen und zu reflektieren müßte Rometsch etwas über subkulturelle Kleidungscodes, Musik und der damit transportierten Werte wissen. Daß dies absolut nicht der Fall ist, offenbart sich, wenn Rometsch völlig sinngemäß Zitate eines Nazis aus dem Treff 2 wiedergibt – „Wenn sein Treff schließe, müßten auch Werk II oder Conne Island dichtmachen, ‘wo Glatzen niemals reinkommen’“. Ohne zu wissen, daß wir als Conne Island seit Jahren antirassistische bzw. nicht-rassistische Oi!-Skin-Konzerte veranstalten und wirkliche(!) Skinheads tagein tagaus im Conne Island wie auch im Werk II verkehren, übernimmt Rometsch die vor Dummheit strotzende Annahme der Nazis aus dem Treff 2 – und um nichts anderes wie offene Nazis mit entsprechendem Weltbild handelt es sich bei diesem Klientel –, die dortigen Faschoglatzen seien so eine Art Skinheads. Vielmehr aber sind diese Männer und Frauen, die den Treff 2 frequentieren, Leute, die seit Jahren versuchen, die Geschichte der Skinheadbewegung für sich unnd ihre Nazi-Bewegung zurechtzulügen. Dagegen arbeiten wir seit Jahren erfolgreich und präsentieren die wirklichen Oi! Skin-Bands aus Europa und Übersee.
LVZ-Rometsch zitiert auch von den Nazis des Treff 2 genannte Fakten: „Die Hälfte der Leute im Treff 2 sei nicht politisch aktiv“. Ohne auch nur ein Fünkchen Sensibilität an den Tag zu legen, läßt Rometsch diesen Fakt einfach so stehen, als wäre das das schönste von der Welt, wo alle ja immer nur über „Politikverdrossenheit“ bei der Jugend jammerten. Reden wir also mal Tacheles, weil es Rometsch in seinem beschönigend-affirmativen Betroffenheitsduktus nicht für nötig hält: 50 Prozent aller im Treff 2 verkehrenden Nationalsozialisten sind also „politisch aktiv“. Daß die Sozialarbeiter im Kirschberghaus auch noch in hundert – oder besser: tausend Jahren diese Selbstbezichtigungen klein reden werden und verharmlosen, nehmen wir als dortigen praktizierten alltäglichen, distanzlosen Täterschutz einmal mehr zur Kenntnis.
Die Hälfte aller im Treff 2 verkehrenden Nazis sind also „politisch aktiv“. Was mag das wohl bei überzeugten Nationalsozialisten heißen? Sind sie alle aktive Greenpeacemitglieder? Engagieren sie sich für den Tierschutz und betreuen „Eltern“-lose Tiere im Tierheim um die Ecke? Oder sammeln sie gar Unterschriften gegen die sogenannte doppelte Staatsbürgerschaft für die CDU? Die Antwort steht beispielsweise in der vom „Zentrum demokratische Kultur“ veröffentlichten Studie über die Situation um das Grünauer Kirschberghaus. Doch LVZ-Rometsch, nicht müde, peilt die didaktisch angelesene Ausgewogenheit der Berichterstattung an und zitiert sofort im nächsten Satz den Ex-Kirschberghaus Sozialarbeiter namens Andreas Strobel, der mir nichts – dir nichts rausposaunt, daß die Studie „zum großen Teil faktenwidrig“ sei. Was der Strobel aber damit meint, ist nicht das, was er sagt, sondern daß, was er weiß: Die Studie belastet den Treff 2 schwer und somit auch seine geleistete Arbeit. Und wer kann dazu schon ja sagen... Der Chef des jbv, dem Trägerverein des Treff 2, Wolfgang Dreßler, läßt Rometsch offenkundig lügen: „Gewalttätige Übergriffe gingen in den letzten Jahren nachweisbar nicht vom Kirschberghaus aus“. Was Dreßler damit sagen will, meint eines der Grundessentials der Kritik am sozialarbeiterischen Ansatz im Treff 2: Wenn die dort verkehrenden Nazis nur ein bißchen Grips in der Birne haben – bei den meisten ist das ja der Fall und sie werden deshalb ja auch von Antifaschistinnen und Antifaschisten ernst genommen –, lassen sie ihre Aktionen nicht direkt vom Kirschberghaus starten, sondern nutzen den Treff 2 nur für Absprachen, als sozialen Ort allgemein und Rekrutierungsfeld im besonderen. Daß trotzdem immer wieder Aktionen vom Kirschberghaus direkt ausgegangen sind, spricht zum einen für die Bedeppertheit der dort verkehrenden Nazis und zum anderen für die Unverfrorenheit, mit welcher die verantwortlichen Sozialarbeiter die Situation in und um den Treff 2 verharmlosen, entschuldigen und schützen. Jens Rometsch, der aufstrebende, halbgebildete Journalist und mutmaßlich eifriger Verfechter der Totalitarismusthese, springt, um beim Provinzblatt LVZ Karriere machen zu können, blindlings den Kirschberghausverantwortlichen zur Seite, in dem er deren Verharmlosungsstrategie in der Öffentlichkeit via Zitate kolportiert. (Was eine Kolportage ist, dürfte Rometsch mittlerweile durch sein Journalismusstudium gelernt haben.)
Ungeprüft bringt Rometsch sämtlichen Blödsinn, der ihm ins Diktiergerät gequasselt wird, zu Protokoll: Er läßt einen Sozialarbeiter des Kirschberghauses vom Leder ziehen, ohne richtigzustellen: „Von den Leuten, die sich pausenlos zu unserem Klub äußern, war niemand hier und hat mit den Kids gesprochen.“ Die Fakten liegen jedoch anders: Trotzdem die Gefährdung der Gesundheit für alle Kritiker des Treffs 2 bei einem Besuch allgegenwärtig ist – mit Angriffen gegen die jeweiligen Personen muß jederzeit gerechnet werden, selbst wenn die Sozialarbeiter dabei sind – suchten etliche Kritikerinnen und Kritiker die Einrichtung trotzdem auf, um sich selbst ein Bild zu machen. Auch wenn sie aus Angst Blut und Wasser geschwitzt haben, ist den meisten – wohlgemerkt den meisten – nach unserem Kenntnisstand nichts passiert. Für die Sozialarbeiter ist dieser Fakt Beleg genug, um sich schützend vor die Nazis zu stellen. Und Rometsch, der gutmenschelnde Rometsch, liefert dafür dann die entprechenden O-Töne der Nazis frei Haus: „Wir wollen nur unsere Ruhe und etwas Spaß, nach der Arbeit mit Kumpels quatschen“. So nebenbei fliegt der Stuß von der Verelendungstheorie auf, nach der ja bekanntlich Nazis deshalb zu Nazis würden, weil sie keine Arbeit hätten. Doch Rometsch ficht solch Nebensächlickeit nicht an. Viel lieber zitiert er genußvoll den Drummer der schlimmsten Nazi-Band Leipzigs, ODESSA, der sich darüber ausheulen kann, wie Rometsch schreibt, daß „der Probenraum im kommunalen Teil des Objektes für seine Band gestrichen wurde“. Warum und weshalb die Band dort nicht mehr probt, darüber verliert Rometsch keine Silbe – wir aber wissen es: Stillschweigend nahmen die Sozialarbeiter eine Ewigkeit in Kauf, daß die Band allenthalben den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt und die Aufstachelung zum Rassennhaß proklamiert. Selbst als die Titel der Band indiziert wurden, konnte die Band weiter proben. Erst als beherzte Leute auf allen administrativen Ebenen Informationen lieferten und Druck ausübten, flog die Band aus dem Proberaum im Kirschberghaus raus.
Auch dafür, daß im Treff 2 ein, wie Rometsch zitiert, „orthodoxer Nationalsozialist“ sich outet, der zudem noch „30 conne island, 10.1k Jahre“ ist und deshalb wohl noch weniger dort etwas verloren haben muß, wie seine jüngeren „Kameraden“, hat Rometsch keine kritische Würdigung parat.
Es ist ein alter Hut, was sich in dem Artikel der LVZ vom 6. Februar widerspiegelt: Die Täter werden zu Opfern gemacht! Mutmaßlich handelt es sich dabei um die Kollektivpsychose, mit der auch 1945 die „Stunde Null“ herbeigelogen wurde: Es gab weder vor ‘33 eine NS-Massenbewegung noch zwischen ‘33 und ‘45 ein deutsches Volk, daß in der Mehrheit mitgemacht hat. In die entprechenden Relationen des Geschichtsbewußtseins gesetzt, läßt sich der LVZ-Artikel des Autors Rometsch als gründlicher Persilschein für nazistische Betätigung und Denkweise lesen – gewürzt mit der fast schon hierzulande obligatorischen Gleichsetzung mit einer ominösen Linken.
Was sollen wir von einem Autoren wie J. Rometsch halten, der einige Tage vorher in der LVZ (Ausgabe vom 2. Februar) indirekt zugibt, daß er noch nie etwas von dem wirklich medial omnipräsenten Rechtsextremismus-Experten Bernd Wagner gehört hat? Rometsch entblödete sich tatsächlich nicht, den von fast allen Medien letztendlich zum Experten geadelten Wagner zu einem selbsternannten Besserwisser in Sachen Rechtsextremismus zu degradieren. Das läßt hinsichtlich tatsächlicher Sachkomptenz des Herrn Rometsch tief, sehr tief blicken.
Dem Ganzen die Krone auf setzte Rometsch in besagtem Artikel vom 6. Februar aber mit der bloßen Diffamierung und Denunziation unseres Vereinsmitgliedes, der Soziapädagogin Ilona Weber. Es riecht hier förmlich nach einem persönlichen Nachtreten, für etwas, was niemand weiß, wenn Rometsch unvermittelt schreibt, daß Ilona Weber „letzten Sonntag bei der Demonstration von Antifaschisten in Connewitz“ mitlief und dann anfügt: „sicherheitshalber vermummt“. Unbenommen der Vermutung, daß Rometsch bei seinem Journalismusstudium scheinbar nicht über das Versammlungsgesetz und dem dort fixierten Vermummungsverbot gestolpert zu sein scheint – der Ilona Weber also hier eine Straftat unterjubelt –, schreibt sich der arme Rometsch womöglich um Kopf und Kragen: Es gab schon Fälle, da ist das Nichtanzeigen eines solchen Straftatbestandes als Strafvereitelung abgeurteilt worden... Aber schau’n mer mal, wie der Kaiser in ähnlich gelagerten Fällen zu sagen pflegt. Warum dieses Pamphlet so ausführlich geworden ist, erklärt sich allein aus der Tatsache, daß wir es selbstredend nicht zulassen, daß unsere langjährige Arbeit mit der Gedankenwelt von Rassisten und Nazis auf eine Stufe gestellt wird, wie wir es in besagtem Artikel als Grundtenor herauslesen können. Für uns steht fest, daß wir keine Rassisten akzeptieren. Und Nazis schon gar nicht! Über das Wie diskutieren wir gern. Nicht aber über das Wann! Bei uns gilt jederzeit: Kein Platz für Nazis und Rassisten!
Daß wir mit dieser Herangehensweise in der LVZ keinen Bündnispartner gefunden haben, ist uns schon seit längerem klar. Deshalb gibt es auch von seiten des Conne Island keine Kooperation mit der LVZ. Was wir aber von allen verlangen ist, daß sie zur Kenntnis nehmen, was wir machen – nur verstehen müssen sie es nicht auf Gedeih und Verderb. Genau das haben wir auch 1995 der Leipziger CDU anläßlich unserer Beteiligung an dem Hausbesetzerkongreß mitgeteilt. Und wir tun dies auch gern gegenüber der LVZ.

Leipzig, den 09. Februar
Das Conne Island-Team



home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt |
[53][<<][>>][top]

last modified: 28.3.2007