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bannfluch und persilschein, 10.5k

kuk-bild, 13.8k
„so nah an der Ästhetik des Arier-Rassismus“ – Ölbild der Gruppe „Kunst und Kampf“
Seit einiger Zeit ist die autonome Antifa-Szene ihrem ästhetischen und kulturellen Stammbaum auf der Spur. Dabei lassen sich vielerlei traurige Entdeckungen machen. In den Annalen, den Stammbüchern und gegenwärtig erst recht. In der Szene allerdings, scheint das nicht weiter dramatisch.

Von jeher ist die antifaschistische Bewegung bemüht, ihr entwickeltes Ästhetikempfinden in einer Art Fallenstellerei „dem Menschen“ zugänglich zu machen. Ausdruck findet dies in der Konstruktion von Authentizitäten, die sich anhand von Traditionalismen offerieren lassen sollen. In diese Authentizitätsfallen tappen, wie überall, wo sie als identitätsstiftendes Konkretes Bezugnahme ermöglichen müssen, alldiejenigen, die sich einer prinzipiellen Identität nicht verweigern wollen oder können. Der Irrglaube, es handele sich bei dem so hergestellten Verhältnis um eines der individuellen Selbstverwirklichung gleichkommendes, ist ein wesentliches Bindeglied.
Zugänge zu ermöglichen, vergegenständlichte sich bei der Diskussion um antifaschistische Kultur permanent unter dem Aspekt der Vermittelbarkeit. Historisch ist dabei ein wesentliches Mißverständnis hervorzuheben. Das zu revolutionierende Subjekt Arbeiterklasse wurde insbesondere in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eben nicht als politisch bestimmtes, sondern als quasi-natürliches begriffen. Aus dieser ideologischen Konstellation erwuchs die qua Selbstermächtigung objektivierte Avantgarderolle des revolutionären Teils der Arbeiterbewegung. Die Herausbildung einer eigenen, einer Arbeiterkultur, erfolgte ausschließlich unter den
antifaschistische aktion zeichen, 5.1k
„Dreierbund aus Familie, Nation und Staat“ – Symbol von 1932
Prämissen politischer Bestimmung. Diese ergaben sich aus der gewollten Abgrenzung bzw. Abkehr von bürgerlicher Kultur, der nach dem ersten Weltkrieg durchaus Massenkompatibilität innewohnte.(1)
Ästhetische Zielvorgaben jener vorgeblichen Arbeiterkultur orientierten sich in ihrer Absolutheit an der kerngesunden, kraftstrotzenden Männlichkeit des zu schaffenden revolutionären Menschenbildes, das im nachhinein so nah an der Ästhetik des Arier-Rassimus lag, daß es notwendig ist, auf den damaligen gesellschaftlichen Ordnungs- und Wertekanon zu verweisen. In keiner Organisation, Bewegung etc. – ausnähmlich eines Teil der Bohemiens – wurden in Deutschland die als Primär- oder Sekundärtugenden begriffenen Wertvorstellungen einer alles in allem wechselseitig bezugnehmenden Volksgemeinschaftspartizipation abgelehnt. Somit war für die deutsche Linke ein Durchbrechen des bürgerlichen Dreierbundes aus Familie, Nation und Staat nicht einmal angestrebtes Wunschdenken.
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„Die Autosuggestion der beschworenen Traditionslinien“ – Plakat der Gruppe „Kunst und Kampf“

In dieser Tradition steht auch der Symbolgehalt des Zeichens der Antifaschistischen Aktion. Dieses Symbol – zwei wehende Fahnen im Kreis – wurde 1932 von Max Keilsam und Max Gebhard entworfen. Ursprünglich stand es für die von der KPD initiierte „Einheitsfront Aktion“, um ab dem 10.Juli 1932 als Zeichen der „Antifaschistischen Aktion“ Verwendung zu finden.(2)
Insbesondere die KPD war nicht in der Lage, den von der Marxismus-Leninismus-Rezeption hergeleiteten ausschließlich ökonomistischen Erklärungsansatz für Faschismus dergestalt zu erweitern, daß die massenpsychologische bzw. die dem Individuum verpflichtete Analyse ein umfassendes antifaschistisches Theoriegerüst abgeben konnte. Es gab somit keinerlei Voraussetzungen, die Wurzeln des Nationalsozialismus erkennen zu können. Denn weder der Antisemitismus noch die Grundpfeiler völkischer Nation-Begriff und die Volksgemeinschafts-Idee waren zwingende Kritikpunkte der KPD-Programmatik. In der Konsequenz hieß das, der Arbeiterklasse einen Persilschein auszustellen. Denn die Ideologie der objektiven Interessen der Arbeiterschaft abstrahierte den Klassenbegriff von einer konkreten individuellen emanzipativen Entscheidung für die Revolution hin zu einer ausschließlich durch Ideologie zu erreichenden Willfährigkeit der Massen.
Erst mit dem Aufkommen der Neuen Linken entwickelte sich eine Vorstellung von dem, was neben den ökonomischen Bedingungen für Faschsimus an historischen und psychologischen Momenten zu berücksichtigen ist, um den Faschismus – und den Nationalsozialismus im speziellen – bekämpfen zu können.
Für das kulturelle Verständnis bedeutete dies aber kaum mehr, als die Entwicklung zaghafter Ansätze einer hedonistischen Lebensweise. „Linke, die die Nase von der marxistisch-leninistisch orientierten Massenpolitk voll haben, beziehen sich häufig auf ihren historischen Gegenpart innerhalb der 68er-Bewegung, auf die bohemistische Gegenkultur, die gegen das asketische Revolutionsideal den Rausch der Revolte setzte.“(3) Dieses Revoltieren hat in der Ablehnung durch die ML-Orthodoxie immer den Vorwurf einstecken müssen, den Kapitalismus nicht abschaffen zu wollen. Die Spontis, die Ende der Sechziger herhalten mußten, waren jedoch ebenso wie die Absender der Kritik Ausdruck dafür, daß „keine von beiden (Seiten) mehr die Revolution zu denken vermochte“.(4)
In der Tat war das gespaltene Verhältnis zur Kultur, das linke Aktivisten, die sich innerhalb oder im Umfeld der Neuen Linken bewegten, beredter Ausdruck dieses Zutandes. In den Siebzigern sollte sich das noch verschärfen. Es entwickelte sich bezüglich des Kulturverständnisses und des Ästhetikempfindens ein schier instrumentelles Verhältnis. Zum einen ging es in der Öffentlichkeit um das Festhalten an der Linientreue mutmaßlich proletarischer Verbundenheit. Zum anderen – in der Privatsphäre – um das heimliche Symphatieausleben hedonistischen Wollens.(5)
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„... und das sind zwangsläufig die Massen“ – SPD-Wahlveranstaltung in der alten Bundesrepublik

Mit dem Aufkommen der Autonomen verschmolz das Verständnis von öffentlich und privat zum Lebensstil in einer bisher nicht gekannten Größenordnung. Den Autonomen war ein spezielles Ästhetikempfinden implizit, das sich „letztlich aus ihren Bildern, sowie der Intensität und der Emphase ihrer Ausdrucksformen“ ergab.(6) Die Melange aus 70er Punk-Revolte und Anknüpfung an die undogmatischen Traditionen der Neuen Linken in den siebziger Jahren, erschuf sich eine Selbstbezogenheit, die „zugleich aufs Ganze wie auch aufs Konkrete gehen sollte“.(7) Und damit war von Beginn an eine gewisse Gepaltenheit vorprogrammiert. Diese erlaubte nämlich die Andockung an Subkulturen bis zum ganzheitlichen Aufgehen ineinander. Die Symbolhaftigkeit des politischen Aktionismus und die geforderte Prinzipienfestigkeit gegenüber aufgestellten Verhaltens- und Lebensmaßregeln im Alltag führte die Autonome Bewegung in die Sackgasse. Besonders deutlich wurde das mit der Wiedervereinigung.(8) Regelrechte Ignoranz gegenüber einer neuen gesellschaftlichen Situation ließ viele Autonome in dem Glauben, sie könnten so weiter machen wie bisher. Die parallel ablaufende verstärkte kulturindustrielle Nutzbarmachung ihrer Kulturvorlieben und -allianzen erschütterte die Szene folgenschwer. Mit deren Stagnation bzw. eher rückläufiger Bedeutung für die radikale Linke gewannen die klassischen Pole hedonistische Linke und ML-Linke wieder an Bedeutung. Mit der Einschränkung, daß das gesamte linksradikale Potential mit der Wiedervereinigung, dem Golfkrieg und der Abschaffung des Asylrechtes ohnehin zu einer schwindenden Minderheit – gerne „Rest“ genannt – zusammenschmolz.(9)
Aus den Abspaltungen bzw. Splittern der Autonomen entstanden als Reaktion auf die Verschärfung des rassistischen Normalzustandes – auch wenn dieser Zustand zu einem nicht geringen Teil gar nicht bewußt als solcher erkannt wurde – und dem dadurch möglich gewordenen Nazi-Terror seit anfang der 90er flächendeckend autonome Antifa-Gruppen, die in erster Linie den Selbstschutz als Hauptmotiv ihrer Gründungen angaben. Das gespaltene Verhältnis dieser Gruppen zu sich selbst und einer antifaschsitischen Tradition führte anfang der 90er zur sogenannten „Organisierungsdebatte“, die durch die Berliner Gruppe „f.e.l.S.“ („für eine linke Strömung“) und die Göttinger „Antifa (M)“ entfacht wurde. Es ging dabei um das Verständnis als mögliche oder tatsächliche antifaschistische Bewegung und deren inhaltliche Ausrichtung. Wie simpel und mit heißer Nadel dabei gestrickt wurde, soll das folgende Zitat belegen: „Die Organisierung unter dem Vorzeichen Antifaschismus resultiert aus der Imperialismusanalyse, nämlich der, daß der Imperialismus faschistisch ist und bezieht sich teilweise auf historische Organisationen wie die „Antifaschistische Aktion“ von 1932.(10) Nun ja, in der Zeitschrift der „f.e.l.S.-Gruppe“, „Arranca“, findet sich auch die Begründung für derlei Nonsens: „Politik wird aud der Straße glaubwürdig, nicht auf dem Papier“.(11) Leider muß man diesen Blödsinn ernst nehmen, zum einen, weil es kaum andere Papiere gibt, die dagegen halten, und zum anderen, weil es gerade deshalb viel Anlaß zu der Vermutung geben muß, daß diese Positionen doch ziemlich verbreitet sind.
agit-prop der antifa (m), 8.9k
„Symbolspielereien als platteste Propaganda“ – Agit-Prop-Aktion der Göttinger Antifa (M)

Eine besondere Bedeutung fällt dem gehuldigten Symbolismus zu. Dieser findet gerade in der Verwendung des Zeichens der „Antifaschsitischen Aktion“ seinen Ausdruck. Die leicht modifizierte Anwendung des Symbols suggeriert jene Traditionslinie, die das Ziel der Politik ziemlich deutlich macht., denn der Alltag sämtlicher autonomer Antifa-Gruppen „ist immer noch an subkulturelle Orte verbannt“.(12)
Diesen scheinbar als Bannfluch der Geschichte der undogmatischen Linken begriffenen Zustand möchte seit einigen Jahren die aus der „Organisierungsdebatte“ hervorgegangene „Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation“ (AA/BO) abstellen. Die Hinwendung zur Volksnähe, „und das sind zwangsläufig die Massen“(13), ist geprägt von dem beseelten Wunsch, die Autosuggestion der beschworenenen Traditionslinien soweit zu treiben, daß die Leugnung der Spezifik des deutschen Volkscharakters als Urquell des „eliminatorischen Antisemitismus“ (Goldhagen) wieder möglich wird. Die Bedeutung der Abgrenzung von „den Massen“, derer sich die Autonomen, bei aller Unbewußtheit, dankenswerterweise sicher sein konnten, verliert bei den Ansätzen der AA/BO nicht nur zusehends an Bedeutung, sondern wird hier fatalerweise gar als Problem betrachtet.(14) Ganz bewußt wird sich so die Geschichte zurechtgelogen. Es wird vollends ausgeblendet, wie marginal antifaschistischer Widerstand in Deutschland immer war. Stattdessen bauscht man – in ungewollter Nähe zur DDR-Geschchtsschreibung – den Status ausschließlich unterdrückter, ausgebeuteter, manipulierter „Massen“ auf.
Gerade das einschlägige Kulturverständnis schreit dabei zum Himmel. „Über Bilder“, so ein Antifa der Göttinger (M), sei „die Bevölkerung schneller und besser für Gespräche erreichbar“.(15)
aa/bo plakat, 7.5k
„Proletenkult der traditionellen Klassenkampfideologie“ – Plakat der AA/BO
Es geht dabei in erster Linie um die Abgrenzung zur definierten herrschenden Kultur. Ganz vornweg betätigt sich entsprechend die im Umfeld der (M) anzusiedelnde Gruppe „Kunst und Kampf“ (KuK). Die Gruppe sieht ihr Leitmotiv in der „Entscheidung, das Medium Kunst in der politischen Auseinandersetzung zu verwenden und eine antifaschistische, antagonistische Kultur zu propagieren“.(16) Heraus kommt dabei ausschließlich platteste Propaganda, die ganz direkt an die Ästhetik der 20er und 30er – insbesondere der Neuen Sachlichkeit und deren Realismuskonzeption – anknüpft. Das wichtigste Ziel dieses Ansatzes ist die endgültige Herausbildung eines eigenständigen Kulturbegriffes und Ästhetikempfindens, das der autonomen Antifa eine eigene Identität geben soll, die sich bewußt aus den Angeln der Subkulturverhaftung heben läßt. Dieses Unterfangen sucht die Abgrenzung von der Populärkultur. In diesem Sinne geht auch erst die ganze Bedeutung der Symbolspielerei dieser Antifa-Kreise auf: weg von der Nähe zur Kulturindustrie – hin zum Proletenkult der traditionellen Klassenkampfideologie. Man nimmt somit bewußt in Kauf, sich von der nach wie vor einzig möglichen Rettung vor dem volksgemeinschaftlichen deutschen Denken abzuwenden. Daß dabei ebenso das Symphatie-Gefälle zu den jeweiligen subkulturellen Strömungen immer größer und beängstigender wird, ist ausgemachte Sache. So ist schon gegenwärtig die Ablehnung der unterschiedlichsten Szenerien deutlich spürbar.
Umso wichtiger ist es, der Popfeindlichkeit entgegenzusteuern. Das jedoch ist nur möglich, indem man begreift, daß das Subversionsmodell Pop „den Erhalt seiner kapitalistischen Voraussetzungen“(17) unabdingbar braucht. „Daraus folgt die Quadratur des Kreises“(18), an der es nicht zu verzweifeln gilt.

Fussnoten:

(1)
vergl. dazu: Günter Jacob; „Theorie und Lebenswelt“, in: 17deg.C Nummer 4, I. Quartal 1993. Er schreibt dort u.a.: „Was der revolutionäre Teil der Arbeiterbewegung der Auflösung der proletarischen Familien in die Massenkultur entgegenzusetzen versuchte, war die ‘Arbeiterkultur’: Arbeitersportvereine, Arbeitertheater, Arbeiterfilm, Arbeiterliteratur, Arbeitermusik, Arbeiterbildung... Dabei ist zunächst zweierlei bemerkenswert: 1. diese Vereine entstanden u.a., weil der bürgerliche Kulturbetrieb zu teuer oder den Arbeitern wegen ‘Standesdünkel’ etc. verschlossen blieb. 2. der bürgerliche Kulturbetrieb war deshalb zu teuer, weil er erst nach und nach auf eine industrielle Grundlage gestellt wurde. Auf der anderen Seite ist ebenfalls zweierlei zu verzeichnen: 1. die Arbeiterkultur erreichte von Anfang an nur einen Teil der Arbeiter, 2. sie war eigentlich nie „Arbeiterkultur“, sondern vor allem Kultur politischer Bewegungen. Ganz unabhängig davon, wie man ihr kulturelles Niveau beurteilen mag, so steht doch fest, daß sie als politische Kultur die Arbeiter ohne oder mit anderer politischer Position nicht interessierte. Weil sie politische Kultur war, spalteten sich auch alle Arbeiterkulturvereine bald in eine SPD- und eine KPD-Sektion, d.h. man turnte, sang und bildete sich getrennt. Gleichzeitig entstand die industrielle bürgerliche Massenkultur, die sich mit Trivialliteratur, Trivialfilmen etc. an die breite Masse derjenigen wandte, die Familie und Privatheit in den Lebesmittelpunkt stellten.
(2)
zur Geschichte der Antifaschistischen Aktion sei die kompakte Darstellung im Antifa-Info-Blatt Nr. 23, Sommer 1993, empfohlen
(3)
Lars Quadfasel aus: „Opium für das Volk - die Linke, die Droge und der Dealer“; in: Bahamas, Nr. 21, 1996
(4)
ebenda. Genau heißt es dort: „So verweist schon die Tatsache allein, daß sich die Neue Linke in sich feindlich gegenüberstehende Fraktionen von asketischen Organisatoren der Klasse und gegenkulturellem „Underground“ aufspaltete, darauf, daß keine von beiden mehr die Revolution zu denken vermochte.“
(5)
vergleiche dazu Diedrich Diederichsen, „Alright? Kids!“ in: konkret 6/93. Er schreibt dort: „In den 70er Jahren ließ so manch ein Ex-SDSler seine langen Haare für die K-Gruppe schneiden. SDAJler hörten verdächtige Hippie-Musik eher heimlich, öffentlich wurde dagegen auf Floh de Cologne und die aufklärerische Wirkung ihrer Rockopern zur Lehrlingsproblematik gesetzt, und in Leserbriefen an den ‘Roten Morgen’ freuten sich Altkommunisten, daß in ihrer Organisation anständige junge Leute mit kurzen Haaren Flugblätter verteilten, keine Gammler und Hippies. Sieht man von Ton Steine Scherben und umherschweifenden Haschrebellen ab, sind Linke, die auch die Pop-, Jugend- und Gegenkulturen für verteidigenswert halten, ein Phänomen erst der 80er und 90er Jahre gewesen.“
(6)
Heiko Stoff aus: „Vom Spaßhaben und Spaßverderben“, in: links - sozialistische Zeitung, Nr. 306/307, Nov/Dez 1995
(7)
Lars Quadfasel aus: „Opium für das Volk - die Linke, die Droge und der Dealer“; in: Bahamas, Nr. 21, 1996
(8)
Empfohlen sei hier ausdrücklich die mehrteilige Serie zur Geschichte der Autonomen in der 17deg.C (wie die Zeitschrift überhaupt). Im Teil IV - Nummer 11, Sep/Okt/Nov1995 - heißt es dort: „Wer einmal die Ebene der individuellen Erinnerung an diese oder jene gelungene halbwegs staatsgefährdende Aktion verläßt und sich an einer Kritik der ideologischen Positionen ‘der’ Autonomen versucht, wird rasch zu dem Ergebnis kommen, daß es die in der Szene populären selbstverwirklichenden und sozialrevolutionären Ansätze waren/sind, die den notwendigen Widerstand gegen die germanische ‘Wiedervereinigung’ unmöglich machten. Der militante Reformismus versagte, als es darauf ankam, dem ‘Volk’ die Feindschaft zu erklären. Real zu tun mit ‘den Massen’ hatte die autonome Bewegung eigentlich nie. Sie zog ihr Durchhaltevermögen jedoch wesentlich aus der VORSTELLUNG, im Grunde das gleiche zu wollen wie Millionen Ausgebeutete und Beleidigte - nur eben konsequenter und militanter.“
(9)
Diederichsen meint dazu: „... Im Moment der Bedrohtheit linksradikaler Politik wird ... plötzlich dieser Lebensstil (gemeint ist der hedonistische - R.), nicht unbedingt die Politik, die er hervorbringt oder die ihn hervorgebracht hat, als die entscheidende und zu verteidigende Differenz den anderen gegenüber angesehen.“ In: konkret 6/96.
Ich meine, daß sich darin auch eine Antwort für den Niedergang der radikalen Linken findet. Nur diejenigen, die dem o.g. Lebensanspruch zumindest nicht ablehnend gegenüberstehen, können für sich in Anspruch nehmen, die Realitäten in diesem Land wenigstens zur Kenntnis zu nehmen. Und das sind bekanntlich sehr wenige.
(10)
zitiert aus: Autonome Antifa (M) und Genossinnen aus Göttingen, „Diskussionspapier zur Autonomen Organisierung“; in: Antifa-Info-Blatt, Nr. 16, Winter 1991
Im selben Text heißt es auch: „Unerheblich ist ... auch, wie heftig Menschen und Gruppen, die in einer ... Auseinandersetzung stehen, in ihrem äußeren Erscheinungsbild von der Norm abweichen oder wie tiefgründig sich ihre Theorien anhören. Form kann nie den Inhalt ersetzen und ist letztlich unerheblich. Lediglich die Zusammensetzung der Form(en) kann einer Vermittlung des Inhalts dienen.
An dieser Stelle zwei Blüten der „f.e.l.S. - Gruppe“: „Linksradikale Politik sollte sich stärker daran ausrichten, was - angesichts der Kräfteverhältnisse - realistischerweise durchsetzbar ist.
Wichtig ist ..., immer wieder über den Teilbereich hinauszugehen und sich zu anderen Themen zu Wort zu melden. Nur dadurch kann es gelingen, vom Konkreten zum Allgemeinen zu kommen.“ Aus: Arranca Nr. 4, Sommer 1994
(11)
ebenda
(12)
ein Mitglied der Arbeitsgruppe „8.Mai“ der AA/BO sagte dies in einem Round-Table-Gespräch der Zeitschrift 17deg.C. In: Ausgabe Nummer 10, April/Mai/Juni 1995
Weiter sagt dieser Mensch dort: „Es gibt das Bedürfnis, das eigene Wirken in eine historische Kontinuität zu stellen, um sich damit in der Gegenwart nicht zu verloren vorzukommen. Beispielsweise das Emblem der Antifaschistischen Aktion: es hat weniger mit Hochschätzung des Programms der KPD von 1932 zu tun, sondern eher was mit der Geschichte der Antifa-Bewegung. Es wurde genommen, weil es das am meisten verbreitete Zeichen war“.
(13)
ebenda
(14)
so heißt es ebenda: „Viele Leute wünschen sich eine große radikale antifaschistische Bewegung, die breit angelegt ist, wo es kulturelle, soziale und politische Einrichtungen und Projekte gibt. Wir müssen dran bleiben, um uns verständliche zu machen ... Ich sehe zwar die Gefahr, die Positionen zu verlieren, aber keinen zwangsläufigen Zusammenhang.“
(15)
aus: „Antifaschismus auf antiimperialistischer Grundlage“; Interview mit der Antifa (M), Göttingen; in: Projektgruppe (Hg.), „Antifa - Diskussionen und Tips aus der antifaschistischen Praxis“, Edition ID-Archiv 1994
(16)
zitiert aus dem Text einer Anzeige in konkret anläßlich der Ankündigung des Buchprojektes „Verbotene Kunst - Kunst als Widerstand“ der KuK-Gruppe
(17)
aus: „From substream to mainculture - Das endgültige Ende des Subversionsmodells Pop-Subkultur“; in: 17deg.C, Nr. 11 Sep/Okt 95
(18)
aus: Jürgen Elsässer, „Der Pariser Mai 68“; in: Wagenknecht/Elsässer, „Vorwärts und vergessen?“, konkret Texte 10, 1996.

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last modified: 28.3.2007