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Allahs Herrenmenschen und ihre Front im Sudan

Darfur für Einsteiger

Seit Beginn des Jahres 2003 sind in Darfur, im Westen des Sudan, etwa 400.000 Menschen ums Leben gekommen. Über zwei Millionen sind aus ihren Dörfern vertrieben worden, drei Millionen Menschen sind gänzlich von internationaler Hilfe abhängig. Die allermeisten leben seit Jahren unter katastrophalen Bedingungen in Flüchtlingscamps im Grenzgebiet zum Tschad(1). Was passiert eigentlich in Darfur? Wer ist verantwortlich für diesen ersten Genozid des 21. Jahrhunderts?

Die Bürgerkriege im Süden(2)

Im Sudan, dem größten Flächenstaat Afrikas, herrschen seit der Unabhängigkeit vom anglo-ägyptischen Kondominium 1956 die Arabischen Eliten aus dem Norden. Bereits 1955 brach der erste Bürgerkrieg aus, als sich im Süden des Landes Aufständische und Soldaten zur Rebellenorganisation Anya-Nya zusammenschlossen. Bis 1972 kämpften sie für ihre Unabhängigkeit und gegen die Diskriminierung und Bevormundung durch die von der Regierung in Karthoum eingesetzten lokalen Herrscher, allesamt Vertreter der muslimischen Minderheit im Christlich/Animistischen Süden des Landes. Als die Regierung dem Süden 1972 eine gewisse Autonomie zugestand und so vorerst den Konflikt beendetete, waren bereits 600.000 Tote zu beklagen. Anfang der 1980er Jahre kam es erneut zu Auseinandersetzungen, als der Norden schrittweise in die Autonomie eingriff. Letztlich wurde das Regionalparlament aufgelöst. In der Region waren reiche Ölvorkommen entdeckt worden, über die Karthoum unbedingt die Kontrolle haben wollte. Der Konflikt eskalierte erneut als Muhammad an-Numeiri mit Unterstützung der Muslimbruderschaft an die Macht kam. Vor allem seit dem Sechs-Tage-Krieg, der „großen Demütigung“, hatte der Islamismus im Sudan wie in der gesamten Arabischen Welt gewaltigen Auftrieb bekommen, denn „... eine Erlösung von der Schmach [ist] nur durch eine erneute und verstärkte Hinwendung zum Glauben zu erreichen.“(3). An die Spitze des neuen Islamismus hatte sich schon damals die Muslimbruderschaft gestellt(4). 1983 wurde die Provinz mit den Ölvorkommen unter die direkte Kontrolle Karthoums gestellt, im gesamten Sudan wurde (auch für Nicht-Muslime bindend) das islamische Recht eingeführt: die Sharia(5). Doch dabei beließ man es nicht: den mit Giftgas bombardierten Christlichen Dörfern wurde solange jede Hilfe und Nahrung verweigert, bis sie zum Islam übertraten, der Abfall vom Glauben wird nach islamischem Recht natürlich mit dem Tode bestraft. Gegenüber den Bewohnern des Südens erklärt sich die Brutalität der Regierung aus zweierlei Gründen: zum einen der Rassismus gegenüber Menschen mit schwarzer oder zumindest schwärzerer Hautfarbe, zum anderen die Überzeugung, dass das Leben von nicht-Muslimen weniger wert sei. Diese Politik der Verbrannten Erde dient aber auch der Sicherheit der Chinesischen Ölfirmen. Pekings unermüdlicher militärischer und diplomatischer Einsatz zugunsten des Sudanesischen Regimes ist entscheidend für dessen Rücksichtslosigkeit. Seit Ausbruch des ersten Bürgerkrieges im Süden des Sudan sind etwa eine Millionen Menschen ums Leben gekommen(6).


Es ist ein Genozid: Darfur

Die neuen Opfer dieser Barbarei sind seit 2003 schwarzafrikanische Muslime in Darfur. Schon 1992 hatte sich das Regime von Umar al-Bashir in seinem genauso kruden wie konsequenten Mix aus Islamismus und Rassismus auf die Seite der Araber gestellt, und gegen die „Zurgha“ (Scharzafrikaner): es geht um die Arabisierung des gesamten Sudan.
Zu Beginn des Jahres 2003 gründeten sich in Darfur die Sudan Liberation Movement/Army (SLM) sowie die Justice and Equality Movement (JEM), und begannen sich gegen die immer häufigeren Überfälle durch Regierungstruppen auf ihre Dörfer zu wehren. Als Reaktion darauf wurden die Janjawid gebildet, Reitermilizen, in denen Araber aus vielen Teilen Nordafrikas aufgenommen werden und die von einer Allianz arabischer Eliten in Darfur gesteuert und von der Regierung in Karthoum ausgerüstet werden. Selbst die Hisbullah soll schon Waffen und Geld geschickt haben. Die Janjawid verfolgen zwei Ziele: zum einen die Arabisierung der Region und die vollständige Vertreibung der Schwarzafrikaner aus Darfur, zum anderen ihre eigene Mordlust, gerechtfertigt durch die Sharia. So ist ein besonders grauenvolles Ritual beim Überfall auf zivile Dörfer in Darfur durch die Reiter die systematische Massenvergewaltigung. So zitiert ein Bericht von amnesty international eine junge Frau aus Darfur: „Sechs Tage lang, Nacht für Nacht, haben uns fünf bis sechs Männer stundenlang vergewaltigt. Einer nach dem anderen. Mein Mann konnte mir das nicht verzeihen, er hat mich verstoßen.“ Tausende Fälle sind dokumentiert, der Internationale Strafgerichtshof ermittelt in hunderten. „In Darfur wird Vergewaltigung systematisch als Mittel der Kriegsführung eingesetzt.“ sagt UNO-Vizegeneralsekretär Jan Egeland. Die Vergewaltigungen werden oft in aller Öffentlichkeit begangen: „Die Vergewaltigungen haben System. Nicht nur die Frauen als Individuen werden gequält und gedemütigt. Im Grunde wird eine ganze Volksgruppe erniedrigt. Das ist das eigentliche Ziel der Janjawid.“(7).
Vergewaltigungsopfer werden aus der Dorfgemeinschaft und ihren Familien ausgegrenzt. In der Islamistischen Interpretation gilt jede Gefangene als Sklavin, vor allem eine Schwarze. Und das Vergewaltigen von Sklavininnen legitimiert der Koran bekanntlich ausdrücklich(8). Für Islamisten ist der gegenwärtige „rape jihad“ in Darfur religiös legitimiert(9). Ein nicht unerheblicher Faktor, der zum gegenwärtigen weitgehenden Stillschweigen der Weltgemeinschaft zum Völkermord in Darfur beiträgt ist aber schlicht der schon erwähnte rassistische Kontext, in dem er geschieht. „Der Rassismus der herrschenden arabischen Bevölkerung im Sudan – ein völlig enthemmter, echter Herrenmenschenrassismus“(10). Das Bild Schwarzer = Sklave ist bis heute in vielen muslimischen Ländern Realität. Ayaan Hirsi kann berichten: „Als ich zeitweilig in Saudi-Arabien leben musste, nannten mich alle schlicht „Abid“: Sklavin“. In Darfur werden Kinder, die das Glück (oder das Pech) haben, den Milizüberfall und die Vergewaltigungen zu überleben, oftmals an reiche Araber verkauft(11).

Komplizen? Die Arabische Gemeinschaft

Die Afrikanische Union, die Liga Arabischer Staaten und die Organisation der Islamischen Konferenz scheinen indes alle aus verschiedenen Gründen Karthoum zu unterstützen. Ein entscheidendes Motiv (neben der generellen Sympathie und islamistischen Komplizenschaft) ist sicherlich der Impuls, ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates generell zu beschränken – schließlich weisen die Regierungsführungen in den meisten Mitgliedsstaaten Mängel auf. Dieser exklusive Verein behindert daher bisher jede effektive UN-Sanktion gegen sein Clubmitglied Sudan und weigert sich gewohnheitsmäßig einer Friedenstruppe in Darfur zuzustimmen, jede Intervention des Westens wird als neokolonialer Akt angesehen.
Doch auch in der Arabischen Welt bewegt sich etwas: Ende 2006 erklärten 168 Arabische Intellektuelle in einer Petition etwas holprig: „Die Unterzeichner dieses Appells protestieren gegen das Schweigen der Arabischen Welt zu diesem Thema [Darfur]. Sie appellieren an die Handelnden aus Zivilgesellschaft und Politik, auf ihre Regierungen und die örtlichen Organisationen Druck auszuüben, um sie zu dazu zu bewegen, zu einem Waffenstillstand in Darfur eine deutliche Position zu beziehen, und die Sudanesiche Regierung zu zwingen, eine friedlichen Ausgang des Konflikts zu finden, im Einklang mit den Rechten der Bevölkerung.“(12) Und der nigerianische Nobelpreisträger Wole Soyinka stellt fest: „In Karthoum sitzen Prediger rassischter Überlegenheit. Es sind Anhänger einer vernichtend-gefährlichen Wahnvorstellung, von der ich gehofft habe sie sei durch das Wissen von den Monumentalen rassistischen Verbrechen der Vergangenheit widerlegt worden. Die Welt scheint zu akzeptieren, dass die Regierung des Sudan ihren Namen der langen Liste rassistischer Infamie anfügt.“ Er verweist auf Scheich Musa Hilal, den anerkannten Führer der Janjawid, der den Befehl gab: „Verändern wir die Demographie von Darfur: entleeren wir die Region all ihrer afrikanischen Stämme.“(13). Weiter hat Mitte Dezember 2006 die in Kanada lebende sudanesische Menschenrechtsaktivistin Tarawi Mustafa die Gründung einer israelisch-sudanesischen Freundschaftsorganisation angekündigt, und damit in der arabischen Welt für großes Aufsehen gesorgt. Die Gründung der Organisation sei eine Antwort auf die Vernachlässigung des Genozids in Darfur, hieß es.(14)

So weit, so schlecht

Anlässlich des zehnten Jahrestages des Genozids in Ruanda hatten die UN 2004 heftige Selbstkritik geübt und feierlich geschworen, es nie wieder zu einem solchen Völkermord kommen zu lassen. Außer den USA und Israel spricht aber niemand in der Internationalen Gemeinschaft das Wort „Genozid“ aus, und doch schien eine Zeit lang der Druck auf den Sudan zu wachsen. Der korrupte scheidende „große Vorsitzende“, Kofi Anan hatte zuletzt ordentlich auf die Pauke gehauen und dabei die Problematik auch durchaus in die richtigen Kontexte gestellt, und doch scheint es nicht zu einer Internationalen, womöglich gar robusten Truppe zu kommen: statt den großen Worten Taten folgen zu lassen werden jetzt auch die letzten verbleibenden UN-Mitarbeiter aus Darfur abgezogen. Als Grund wurde angegeben, die Angriffe der arabischen „Nomadenbanden“, die Janjawid also, die „derzeit in Darfur gemeinsam mit der sudanesischen Regierung einen Völkermord an der schwarzafrikanischen Bevölkerung durchführen, habe zugenommen“. Da wolle man sich lieber in Sicherheit bringen(15). Grotesk ist es, einen Einsatz vom Einverständnis des Regimes in Khartum abhängig zu machen, das diesen Völkermord ja selbst betreibt. Das sudanesische Regime kann die UN beruhigt an der Nase herumführen, kann es sich doch nicht zuletzt des Schutzes der UN-Vetomacht China sicher sein, die Sudans wichtigster Erdölabnehmer ist. Und es fehlt nicht zuletzt jeglicher Druck aus der arabischen Welt auf die ebenfalls arabische Regierung in Sudans Hauptstadt Khartum und die mit ihr verbündeten arabischen Reitermilizen, ihre massenmörderische Politik gegenüber der schwarzen Bevölkerung Darfurs einzustellen.
Darfur ist obendrein nur zu helfen, wenn die Blockadepolitik im UN-Menschenrechtsrat beendet werden kann, der sein einziges Engagement wie seit altersher leider auf die Verurteilung Israels beschränkt. Mitglieder des Rates sind u.a. China, Russland, Kuba, Saudi-Arabien und Pakistan, Mitglieder also, die sich bisher eher weniger mit menschenrechtlichem Ruhm bekleckert haben. Würden die Saudis und andere große arabische Nationen die Machenschaften des sudanesischen Regimes offen anprangern und ihre Bereitschaft erklären, unter dem Dach der UN (und in Absprache mit der Afrikanischen Union) die Verantwortung für eine humanitäre Intervention zu übernehmen, könnte sich das Regime in Khartum ihr kaum noch länger verweigern.
Da das nicht geschehen wird, brauchen wir im Sudan also eine starke, robuste Internationale Truppe mit Unterstützung einer demokratisch gewählten Regierung in Karthoum. Was das bedeutet scheint auch den USA langsam zu dämmern: sie kündigten für den Fall, dass das Regime Al-Bashirs nicht einlenken wird einen „Plan B“ an, stellten ein Ultimatum bis zum 1. Januar 2007.
In den USA ist die Kampagne „save darfur“ in den letzten Jahren zu einer sehr dynamischen Massenbewegung geworden, die auch stellenweise schon nach Großbritannien und Frankreich schwappte, und immer mehr wird deutlich, dass sich gerade in diesem Konflikt ein starkes außerparlamentarisches Engagement hoch auszahlen könnte. Deswegen haben sich rund um die Berliner Bloggerszene, aber auch aus Organisationen wie der Gesellschaft für Bedrohte Völker oder Human Rights Watch heraus mehrere „save darfur“ Gruppen in Deutschland gebildet. Sie rufen mit einem breiten Bündnis für den 4. Februar 2007 zu einer Demonstration in Berlin auf, am Vorabend soll es eine Podiumsdiskussion geben, u.a. mit Henryk M. Broder. Am 8. Dezember fand bereits eine Kundgebung in Berlin statt: ganz nah am Holocaust Mahnmal.

Liberales.Forum[Leipzig]prodarfur.blogspot.com

Anmerkungen

(1) www.gfbv.de/rettet-darfur

(2) www.wikipedia.org/geschichte-des-sudan/

(3) Sayyid Qutb, Vierte Konferenz der al-Azhar-Akademie für Islam Forschung, 1967

(4) Matthias Küntzel, Djihad und Judenhass, S.65-67, Ca-Ira 2003

(5) www.wikipedia.org/dschafar-muhammad-an-numeiri/

(6) Jewish World Service, The African Report, Gangamesho 2001

(7) Annette Weber, Delegierte von amnesty international

(8) Der Heilige Koran, Sure 4:23-24

(9) Robert Spencer, The Rape Jihad, in: FrontPageMagazine, 24.11.2004

(10) www.europenews.blogg.de/eintrag.php?id=1347

(11) Mende Naazer, Sklavin, Droemer/Knaur 2004

(12) www.manifeste.org/article.php3?id_article=365/

(13) www.tagesspiegel.de/meinung/archiv/05.11.2006/2875653.asp

(14) www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-3337609,00.html

(15) www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,453693,00.html

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last modified: 28.3.2007