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Die sind immer speziell:
Giardini di Mirò + Nitrada.


Giardini di Mirò, 36.1k


GdM

Giardini di Mirò kommen aus Cavriago, Regio Emilia, ein kleines Dorf in der Nähe von Bologna. Dies ist im ersten Moment mindestens genauso absurd wie die Verbindung von Chokebore zu Hawai. Dieser Kontrast macht vielleicht aber auch einen kleinen ersten Bezugspunkt für die Einzigartigkeit dieser Band aus. GdM machen Musik, die in das allgemein gültige Italien-Bild so gar nicht passen will. Dies ist allerdings verdammt gut so und wahrscheinlich sollte eine lokale Anbindung von Musik nicht maßgeblich sein. Tauchen im Bezug auf die hiesigen Lieblinge Diario und Bollo dann sofort wieder konzeptionelle Vergleiche auf, da sich diese Bands in gewissen Punkten ähneln, gibt es derartige Probleme für Giardini di Mirò wohl kaum, denn sie bewegen sich sowieso in einer eigenen Dimension.1 So macht ein Versuch der Klassifikation der Band auch gar keinen Sinn, denn dies ist im Endeffekt sowieso unmöglich. Viel eher sollte man einfach die Platten dieser auflegen und merken, dass dies etwas ganz besonderes ist, was der Sechser aus Bologna bislang so auf Tonträger gebannt hat oder wie 2nd rec-Labelmacher Johannes Schardt auf die Frage, was von GdM zu erwarten ist, in einer Mail ganz selbstverständlich anmerkte: „Die sind immer speziell.“ Was an der letzten Veröffentlichung „Hits For Broken Hearts and Asses“ besonders fasziniert, ist dass GdM hier alte und vergriffene Songs auf einer Doppel-LP wieder veröffentlicht. Titel, die einfach nur großartig und zeitlos sind. Selbst die vor sechs Jahren, lediglich mit zwei Mikrophonen im Proberaum, eingespielten Tracks wirken in keinem Moment veraltet. Wer glaubt hier eine gewisse Nähe zu Mogwais „Happy Songs Or Happy People“ heraushören zu können, trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass es zur Zeit dieser Aufnahmen die aktuelle LP der Schotten ja noch gar nicht gab. Natürlich sind Giardini di Mirò längst nicht mehr vergleichbar mit dem Sound dieser neu aufgelegten Aufnahmen. Sie sind immer wieder ihre Wege gegangen (sei es die Veröffentlichung einer Remix-Platte, bis hin zur Einbeziehung unterschiedlicher Electronica-Gäste auf dem letzten Album). Kennzeichnend ist Weiterentwicklung im Sinne eines beständigen Prozesses der Veränderung.
Es wäre nicht zutreffend zu sagen, die Songs „Hits For Broken Hearts and Asses“ wären qualitativ schlechter, denn diese zeigen einfach andere Momente dieser Band, die jedoch genauso GdM sind und nicht in die Kategorien „heute besser“ oder „damals schlechter“ bzw. umgekehrt zu fassen sind. Vielleicht lässt sich sagen, dass die letzte reguläre LP „Punk...not Diet“ aus dem Sommer 2003 ein GdM-Universum zeigte, das insbesondere durch die Einbeziehung von Vocals zugänglicher als je zuvor ist, ohne hierbei in Gefälligkeit zu verfallen. Ich würde mir fast wünschen: Giardini di Mirò würden jedes Jahr mindestens zweimal nach Leipzig kommen. Das klingt nun vielleicht nach einer inhaltsleeren Abschlussphrase, die den Ankündigungstext für GdM mal flott abrunden soll, ist aber verdammt ehrlich gemeint.

Nitrada

Eigentlich ist Nitrada Christophe Stoll, doch für seine erste LP „We Don’t Know Why But we Do It“ hat er sich dann doch nicht alleine mit Laptop im Keller eingeschlossen, sondern er hat sich so einige Gäste für das Nitrada-Album eingeladen. So wirken u.a. Jukka Reverberi und Corrado Nuccini von Giardini di Mirò mit. Was natürlich wunderbar passt. Wie auch GdM kann man der Musik von Nitrada eine gewisse Melancholie nicht absprechen, doch mindestens genauso gut wie die italienischen Kollegen versteht es Nitrada, den Hörer nicht unendlich runter zu ziehen. So gibt das Album „We Don’t Know Why But We Do It“ mehr zurück, als es einen fordert. Mit Worten lässt sich dies nicht vollständig beschreiben. Die einfachste Variante, zu checken, was Nitrada einem geben kann, ist ein Hörtest. Hierfür sei die Seite von 2nd rec (www.2ndrec.com) ausdrücklich empfohlen. Hier finden sich mehrere freie mp3s zu den Bands des Abends. Das Konzert werden Nitrada nicht als Laptop-Act bestreiten, sondern als Live-Band mit Schlagzeug und Gitarre. Glaubt man Johannes Schardt (neben Christophe Stoll von Nitrada die zweite Hälfte des Labels 2nd rec), der einer der Live-Mitstreiter für Nitrada sein wird, werden die Songs deutlich mehr rocken, als auf der doch sehr zurückhaltenden Platte. Ich denke, Nitrada wird auch ganz speziell, übrigens nicht nur dann, wenn sich Jukka Reverberi von GdM beim Song „Start Today“ zu Nitrada gesellt (So hat es sich zumindest bei einem vorangegangen gemeinsamen Konzert in Hamburg ereignet und in Leipzig sollte nichts gegen eine Neuauflage sprechen).

Micha



Fußnote

1 So werden ja gerade Bollo und Diario, zukünftig wohl auch Alias, permanent in einen Topf geworfen und sofort haben wir auch in Leipzig eine ’flippige’ Post-Rock-Szene! Alle schmieden folgerichtig an einer gemeinsamen großen Vision. Was natürlich alles eher Quatsch ist, denn wenn man sich näher mit diesen Bands beschäftigt, sollte dieser Fehlschluss mal schnell beiseite gelegt und gesehen werden, dass jede doch vielmehr für sich und ihre Musik steht. Da diese Bands direkt nichts mit GdM+Nitrada zu tun haben – all dies nur in der „lokalen post-rock“-Fußnote.


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last modified: 28.3.2007