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Spaß ist, wenn man trotzdem lacht!


Eine bruchstückhafte und nicht ganz ernsthaft kommentierte Zusammenfassung des erfolgreich geführten Kampfes gegen den stolzen Drachen, der die fünf Ringe auf den Schwingen trägt.


    „Es ist an der Zeit, für eine andere Gesellschaft zu kämpfen.“
    (Redebeitrag des AOK-L auf der Anti-Olympischen Demonstration am 15. Mai 2004 in Leipzig)

    „Deshalb hat das Anti-Olympische Komitee Leipzig seinen Widerstand ausgeweitet.“
    (Butt aus dem aok-l, Nie wieder Olympia! Nie wieder Deutschland!)

    „Kämpfen und immer kämpfen und niemals den Glauben an sich selbst verlieren.“
    (BUNTE 28/2, zitiert nach Martin D., Das Leistungsprinzip zertrümmern)

Drachen, 25.8k Ganz Leipzig war besetzt. Ganz Leipzig? Nein, eine wagemutige Gruppe stellte sich der Besatzung unerschrocken entgegen, um den Kampf gegen „kapitalistischen Leistungswahn“(1) aufzunehmen. Abgekämpft kehrten die tapferen Männer und Frauen schließlich aus der Schlacht zurück, um die höchsteigenen Streitkräfte sogleich, „wir sind doch nicht blöd“(2), aufzulösen. Der Sieg jedoch war ihrer, der einst mächtig am Horizont schimmernde Drache Olympia wurde aus ihrem Dorf vertrieben, sich einen anderen Nistplatz zu suchen. Der „kapitalistische Leistungswahn“ jedoch verblieb, aber dies ist eine andere Geschichte...
Das AOK-L trat an, „die Olympiade in acht Jahren“(3) zu verhindern, was sich als schwieriges Unterfangen erweisen sollte, denn wie bloß verhindert man die vierjährige Zeitspanne zwischen zwei Olympischen Spielen. Eine andere Fraktion innerhalb der Schlachtenbummler wollte jedoch erst einmal „Olympia“(4) selbst verhindern. Jenes Olympia nämlich wäre überhaupt erst der Ursprung allen Übels, welcher dann die Olympiade quasi aus sich hervorbringe. Beide Fraktionen konnten sich nach etlichen Grabenkämpfen, „es herrschte eine hohe Fluktuation“(5), um der Sache willen einigen. So wurde der Widerspruch zwischen beiden Fraktionen sprachlich mit der Wendung „Berliner Olympiade 1936“(6) vermittelt, womit sie ihr taktisch-dialektisches Feingefühl erfolgreich unter Beweis stellten. Doch allein, das wussten sie wohl, konnte man den Spielen, welche „im Zeitalter der Globalisierung ein von Anfang bis Ende durchkommerzialisiertes Marketing-Event“(7) sind, keine wirkliche Abwehrkraft entgegensetzen. So warb man landauf landab für die gute Sache und stieß nicht nur auf offene Ohren – sagte man doch tatsächlich laut, was sich sonst keiner traut: „Gegen Nationalismus und Internationalismus!“(8) Schlimm fand mensch es jedoch, dass vom AOK-L „linke Begrifflichkeiten im gesellschaftlichen Diskurs neu besetzt werden“(9) und erklärte auch gleich, dass der „Internationalismusbegriff eben in klarer Abgrenzung zu Volk, völkischem Denken, etc., eine Verbindung und Zusammenführung der Menschen unterschiedlicher Kulturen auf ihrem Weg zu einer besseren Welt“ meine, „bevor eine Neubesetzung des Begriffs durch Diskurse der neuen Rechten und sog. Antideutscher“ stattfand. Auch der scheinbar positiv diskursive Bezug des AOK-L auf den Begriff Kosmopolitismus war nicht gern gesehen, es hieß sogar, dass „Kosmopolit ein rein westlicher Begriff, der auf eine sozial gut situierte weiße Identität hinweist“(10), sei. Als Nutella-Kinder verschmäht, wurden die sonst so diskursversierten MitgliederInnen des AOK-L, ihr „Frauenanteil lag bei durchschnittlich 40%“(11), zu allem Überfluss aus der „Revolutionären 1.Mai 16.00 Uhr Demo“ heraus mit Eiern angegriffen, mutmaßte menschIn in ihren Reihen doch „Teile der neuen Rechten und sog. Antideutsche“. Beides selbstverständlich haltlose Vorwürfe, denn das AOK-L versuchte immer wieder „einige Missverständnisse (denn für nichts anderes halten wir es)“(12) zu beseitigen, die bezüglich ihrer Forderung „Gegen Internationalismus!“ aufgetreten waren. Man hatte doch einiges erklärt, z.B.: „Der olympische Internationalismus spiegelt letztendlich auf einer ideologischen Ebene lediglich die Herausbildung des kapitalistischen Weltmarktes wieder – und dies in verschleierter Form, da die Spiele den Schein aufrecht zu erhalten versuchten, die Nationen würden sich gleichberechtigt gegenübertreten.“ Doch im Kapitalismus, das weiß man beim AOK-L, tritt sich überhaupt niemand gleichberechtigt gegenüber, schon gar nicht auf dem „kapitalistischen Weltmarkt“ und erst recht nicht die Warenbesitzer. „Der Internationalismus ist ein Produkt der Aufklärung, der Nationalismus der Gegenaufklärung.“, fasst man treffend zusammen. Ist doch ganz klar, damit eine Gegenbewegung zu einem Gegenstand entsteht, muss dieser auch vorhanden sein. Irgendwann also lebten alle dank der Aufklärung im Internationalismus, bis auf einmal bösartige Gegenaufklärer erklärten, es gäbe jetzt Nationen. Doch darf man den Internationalismus auf keinen Fall affirmieren, denn es handelt sich hier „um zwei Seiten einer Medaille“, das muss man als richtiger Dialektiker schon wissen. Die Hand, die man mensch und menschin reichte, wurde trotz nachfolgender Worte grimmig ausgeschlagen. „Eine Linke, sofern sie mit ihrem Internationalismus indirekt (und vielleicht auch unbewusst) nationalistische Ideologien befördert hat, gehört natürlich dafür kritisiert.“ Feste druff uff de Bewusstlosen, wa? „Dies bedeutet allerdings von unserer Seite keine Entsolidarisierung.“ Eben, eben, doch es half alles nichts und Eier hagelte es dennoch.
Drachen2, 30.2k Man fand jedoch Unterstützung bei den Sozialforschern der Guerillagruppe re.sistencia, die gemeinsam „diesen Kampf gegen die Stadt, das NOK und das ganze Scheiß-System führen wollen.“(13) Nun konnte man auf deren profundes Wissen, angesammelt durch unzählige Feldstudien, zurückgreifen. „Diese Gesellschaft funktioniert u.a. durch eine sich ständig aufrüstende Sicherheits- und Überwachungslogik; große Menschenansammlungen werden zunehmend als erhöhte Gefahr und schwer kontrollierbar empfunden“. Das wären zum einen die monströsen Großraumdiskos, das Auf- und Niederspringen der Massen könnte Erdbeben hervorrufen, oder etwa das Leipziger Wave und Gothik Treffen, welches für akute Erstickungsgefahr im Leipziger Süden verantwortlich ist.
Auch die vermeintlichen Genossen werden einer rasiermesserscharfen Kritik unterzogen: „Auch innerhalb der Linken lässt sich die Tendenz wahrnehmen, dass sich die Bequemlichkeit oder aber auch ein allgemeines Ohnmachtgefühl angesichts der undurchschaubar werdenden Maßnahmen und Gesetze breit macht, z.B. wurden noch vor nicht allzu langer Zeit Handys bei wichtigen Gesprächen ausgeschaltet bzw. wird immer häufiger am Telefon über Angelegenheiten geplauscht, die durch ein persönliches Treffen mit größerer Wahrscheinlichkeit den vertraulichen Charakter behalten würden.“ So kommt es häufig vor, dass gut gehütete Affären plötzlich auffliegen, weil man vergaß, eine überführende sms zu löschen, die dann durch Dritte eingesehen werden kann. Schlimmer noch, wenn der nächste Bombenanschlag durch unvorsichtig mackerhaftes Verhalten am Telefon dem Staatsschutz bekannt wird. „Derartige Mechanismen des Datensammelns werden dabei in zunehmendem Maße als Erleichterung des alltäglichen Lebens bzw. als Dienstleistung verkauft und oft genug auch empfunden.“ Genau, diese Idioten, die freiwillig ihren Fingerabdruck bei der Videothek abgeben, bloß um 24 Stunden am Tag die Möglichkeit zu haben Videos auszuleihen, vergessen eines: Big Brother is watching you!
Auch dass Science-Fiction-Filme manchmal der nahenden Realität entsprechen, weiß re.sistencia: „Die Transformation zu der Stadt des neuen Typus, in der alles und jeder nach kapitalistischen Wertschöpfungskriterien gemessen wird, kann deshalb in großen Schritten angegangen werden.“ Das muss man sich mal vor Augen halten, unvorstellbar, dass so etwas irgendwann einmal möglich sein soll. Doch die hoffentlich nicht allzu wahre Horrorvision visioniert noch weiter: „Es entstehen im öffentlichen Raum unterschiedliche Fragmente, die sich hauptsächlich durch eine unterschiedliche Dichte der durch Institutionen ausgeübten sozialen Kontrolle unterscheiden.“ Das sind nämlich die „Festung“, ein „pseudoöffentlicher Raum“, ein „diffuser Raum“, ein „umkämpfter Raum“ und – last and least – das „Ghetto“. Sehen wir uns doch mal das „Ghetto“ näher an: „Raum, in dem der Aufenthalt Marginalisierter aktuell geduldet wird, weil die Mehrheitsgesellschaft kein Interesse an ihm hat“. Da wird der doofe Sido aber gucken, wenn ihm im „MV“(14) nicht mehr „die Sonne aus dem Arsch“(15) scheint und nix mehr is’ mit „wir sind Stars“, „weil die Mehrheitsgesellschaft kein Interesse an ihm hat“, der Sack. Dann wollen wir ja mal sehen, ob das Ghetto-Zugpferd von Aggro Berlin immer noch Platz 1 in den Albumcharts belegt oder ob er wieder, ganz ghettostyle, alten Omas die Handtasche klauen muss. Doch nicht nur auf dem Papier weiß diese kampfeslustige Meute zu überzeugen, „wir lassen uns Widerstand nicht verbieten!!!“(16) ruft es vom Lautsprecherwagen, ganz im Sinne der leider etwas angestaubten Parole des RFB. Traditionen sind doch was feines, treiben einem immer wieder die Tränen in die Augen.
Dann gab es da noch den berühmt berüchtigten Roten Stern Leipzig, RSL, den anscheinend niemand im Bündnis so richtig leiden konnte. Die Olympia-AG des BgR, wohl ein wenig neidisch, meint, „der Rote Stern mobilisiert zu seinen Spielen mehr Zecken, als alle Linken Gruppen zu ihren Demos, nichts bewegt die Deutschen mehr als Sport“(17) und klopft auch bei der dem Stern angegliederten Zeitschrift Prasses Erben ordentlich auf den Busch, denn „solch dummes Geschwafel [ist] auch im LVZ-Leserforum oder in diversen Nazi-Mailinglisten sowie an jedem deutschen Stammtisch zu vernehmen“. Was führte denn nun dazu, die Feder gegen das Schwert einzutauschen? „Auf Kosten der Leipziger bringen Bonzen, angereiste Karrieristen, arschkriechende Aufsteiger und skrupellose Geschäftemacher ihre Schäfchen ins Trockene“(18). Meine Damen und Herren, hier wird vielleicht was geboten und ganz im Sinne des friendly fire feuert die Olympia-AG des BgR: „Prasses Erben erweist sich an dieser Stelle als völkischer Wolf im links alternativen Schafspelz.“(19) Nazis? Hier in der Szene, eingeschleust durch hinterhältigste Taktiken und das über Jahre hinweg? Man kann nur das Beste hoffen und das Schlimmste befürchten.
„Das sich messen und übertreffen ist explizit kapitalistisch und bereits die Keimform des Vernichtungskrieges. ... Sportplatz und Schützengraben gehören untrennbar zusammen. Schaffen wir uns diesen ganzen Dreck vom Halse!“(20) Ist am Ende der Dölitzer Sportpark gar kein „Sportplatz“, sondern ein gut getarnter „Schützengraben“, der RSL keine harmlose Vereinigung von Fußballfreunden, sondern eine Wehrsportgruppe, die den „Vernichtungskrieg“ vorbereitet, deren Verlautbarungsorgan Prasses Erben ist? Man kann erst einmal beruhigt sein, denn Gerüchten zufolge liegt den Sternen gar nicht so viel am Gewinnen. In breiten Kreisen jedenfalls wird gemunkelt, die „Nutten“ (Szene-Jargon) vom Stern hätten sich von Erzfeind SV Thekla kaufen lassen. Berechnende Kapitalistenschweine oder einfach nur arme Jungs? Am Ende wissen es nur sie selbst.
Das BgR für seinen Teil schickte gleich mehrere Einheiten ins Rennen (Olympia-AG, Oly-AG), sollte jedoch in Zukunft etwas kreativer bei der Wahl der einzelnen AG Namen sein, ähnlich klingendes ist auf keinen Fall mehr trendy. Dafür wurden einige Klassiker (Marcuse, Horkheimer/Adorno) zitiert, da Hans Koch (MdBgR) darum wusste, dass das AOK-L nicht zu überzeugen wäre, wenn „das völlige Fehlen von eindruckerweckenden Zitaten aus eben jenen Büchern“(21) festgestellt werden würde. Vorhang auf: „Die moderne Industriegesellschaft ist von einem Körperkult erfasst, der Befreiung oder zumindest Linderung der geistigen Knechtschaft, welche die Verhältnisse dem Individuum auferlegen, verspricht.“(22), meint Koch und zitiert sogleich aus einem bekannten Standardwerk: „Gesellschaftliche und individuelle Erziehung bestärkt die Menschen in der objektivierenden Verhaltensweise von Arbeitenden und bewahrt sie davor, sich wieder aufgehen zu lassen im Auf und Nieder der umgebenden Natur...In der Verhärtung dagegen ist das Ich geschmiedet worden“(23) Und, so Koch, „Der Körperkult kulminiert in der Begeisterung für wirtschaftliche Großereignisse wie Olympia. Das von Medien, Werbewirtschaft und Kulturindustrie transportierte Ideal des sportlichen und leistungsfähigen Körpers ist dabei sichtbarer Ausdruck der ideologischen Überzeichnung.“ Da leck mich doch am Arsch, geschlagene 3 Stunden benötigen irgendwelche dösbaddeligen Lesekreisspastis, um das fünfte Element des Antisemitismus auch nur zur Hälfte zu blicken und dabei ist’s so einfach. Übergang von reflektorischer Mimesis hin zu beherrschter Reflexion, deren notwendige Vorrausetzung das Ich ist? Pfff. Anpassung an Totes als Notwendigkeit der Selbsterhaltung? Mumpitz. Wissenschaft als bewusst gehandhabte Regression? Na ja. Hat das alles irgendwas mit Antisemitismus zu tun? Quark. Es ging den zwei alten Hasen nämlich nur um die Bloßstellung der „Ideologie vom verbesserungs- und zu immer größerer Leistung befähigten Körper.“ An alle Philosophiestudenten und solche die es werden wollen: Legt den Adorno zur Seite! Lest Koch! Da könnt ihr euch dann auch gleich den Abschnitt „Medien, Werbewirtschaft und Kulturindustrie“ – „Aufklärung als Massenbetrug“ in der „Dialektik der Aufklärung“ sparen.
„Leistungsbereitschaft, Effektivität und Flexibilität werden gleich mittrainiert. ... Wie Sport als politisches Medium heute verwendet wird, ist im Gegenteil gerade konsequenter Ausdruck des gesellschaftlichen Falschen und kann von diesem unmöglich getrennt werden.“ Auch hier wieder selten subtile Kritik an linken Gruppen, von wegen Bewegung, ständig wechselnden Kampagnen, Action, Action, Action und so. Ideologiekritisch wie man als „antideutsche Linke“(24) nun mal ist, kritisiert man munter weiter und zeigt auf, „dass für die meisten Menschen ein Konflikt oder eben Wettstreit notwendig ist, was dem Leben wenigstens ein bisschen Spannung und der Person selber Selbstwertgefühl verleiht, da man ab und zu den ‘Feind’, auch wenn er teilweise nur 90 Min. existiert, besiegen kann.“(25) Oder er existiert eben eine ganze Kampagne lang, nach der man sich dann, „vielleicht auch unbewusst“(26), die nächste sucht, den nächsten „Feind“.
Doch außer dem Zitieren von Klassikern und dem Niedermachen der Restlinken hat das „Bündnis gegen Realität“, welches nie ganz mit seinem Namen zufrieden zu sein scheint und deshalb wahrscheinlich in nicht allzu ferner Zeit „Bündnis gegen Realabstraktion“ heißen wird, noch einiges mehr zu bieten. Zuerst jedoch rückt man sich, zu Unrecht verschämt, selbst in den Lichtkegel der Kritik: „Das hieß für das BGR: Zeit für neue Analysen – nicht, weil die alten falsch gewesen wären, sondern weil sie von der politischen Entwicklung der BRD überholt worden waren.“(27) Wenn man halt jahrelang „den Internationalismus eingehämmert“(28) bekommt und von den „DDR-Partei- und Stasi Kader[n]“ monatlich dazu gedrängt wurde „Spendenmarken für die Deutsch-Sowjetische Freundschaft für 50 Pfennig das Stück zu kaufen und in das Mitgliedsheft einzukleben“, ist es doch schon eine Leistung folgendes zu konstatieren: „Der Staat begreift sich eben nicht mehr als wichtigster gesellschaftlicher Akteur, der totalitär überall intervenieren muss, sondern will als aktivierender Staat auf gesellschaftliche Ressourcen, wie die ehrenamtliche Arbeit in NGO’s, Vereinen und Organisationen zurückgreifen können.“(29) Das ist doch für Ossis, man möge dies Wort entschuldigen, schon mal eine profunde Erkenntnis, auch wenn sie noch Ecken und Kanten hat, aber das macht die Sache ja erst spannend und wird die noch nachzuholende Modernisierung Ost sicher voranbringen. „Die Kränkung, die die Ossis mit 40 Jahren DDR und Wende zu erfahren haben glauben, vermischt mit dem Gefühl, dass Leipzig als Großstadt ... den Wessis Paroli bieten kann, führt zum typischen Leipziger Größenwahn.“ Diese treffende Analyse bestätigte vor nicht allzu langer Zeit das „Bündnis gegen Rechts“ (nicht zu verwechseln mit dem gegen Realität), welches eben mal ganz Deutschland den Krieg erklärte, ohne über, die für diese Auseinandersetzung notwendigen, militärischen Mittel zu verfügen.
Jedoch unterläuft dem „Bündnis gegen Realität“ ein fast schon beleidigender Fehler: „Getreu den Prinzipien der Subsidiarität organisiert sich die Zivilgesellschaft auf regionaler oder lokaler Ebene und agiert zwar nicht gegen den Staat, aber zu großen Teilen unabhängig von ihm.“ Zeigt das bloß nicht den Mitgliedern der unzähligen linksradikalen NGO’s in der Bundesrepublik, die würden euch was husten von wegen „nicht gegen den Staat“. Allerdings fällt es schwer den Überblick zu behalten in einem Land, in dem „demokratische, humanistische und zivilisatorische Werte (im beschränkten, weil kapitalistischen Sinne) propagiert werden.“ Total beschränkt, kapitalistisch und balla-balla diese Werte, da muss man aufpassen, dass man selbst nicht beschränkt wird.
„Das Fehlen revolutionärer Klassenkämpfe in allen entwickelten kapitalistischen Staaten deutet auf einen erfolgreichen Klassenkompromiss hin“. Ja, ja, diese glücklichen Amerikaner und ihre Kompromisse, jedoch gibt es auch Länder in denen „sich die Versöhnung von Kapital und Arbeit nicht als friedlicher (d.h. von den Menschen selbst vorrangetriebene[r]) Vorgang [darstellt], sondern ... gegen den Willen des Großteils der Bevölkerung brutal von oben durchgesetzt“ wird. Wem sagen die das, hier wird man ja bei Androhung des Unterganges selbst noch als Sozialhilfeempfänger von fiesen Ostmuttis zum Arbeiten gezwungen.
Flexibel wie es nun mal ist, versteift sich das BgR, in persona Robert Fricke, nicht auf eine spezifische Theorie, denn man weiß, „wo die Theorie versagt und andere Theorien ins Spiel kommen“.(30) Man ist jedoch durchaus gewillt, nicht nur zu diskutieren und Bücher zu lesen, sondern auch Nägel mit Köpfen zu machen. So zitiert man in antideutscher Verbundenheit aus dem Frontblatt, „denn noch immer gilt das Diktum von Martin Janz: ‘Von einem Kritiker des Kapitalismus wäre nicht die richtige Theorie der falschen Gesellschaft zu erwarten, sondern ein Beitrag zu deren Überwindung. Die aber ist keine Frage der richtigen Analyse oder Theorie, sondern der praktischen Abschaffung.’(Bahamas 31/2000, S.48)“ Zwar ist dies Diktum nicht von Janzen, sondern zuerst von Karl Marx aufgestellt worden, aber auf den hat man nach endlosen Unterrichtsstunden in Marxismus/Leninismus bestimmt keinen Bock mehr, da muss man halt Nachsicht mit den Opfern der SED-Diktatur üben. Weil aber der Robert andere coole Slogans im Text übersehen hat, seien hier einige nachgereicht: „Kritik aber, die nur im Austauschen von Vorzeichen besteht, bleibt in einem System, das sich geradewegs durch solche Vorzeichenwechsel hindurch reproduziert, notwendig dem System selbst verhaftet.“(31) Der Janz weiß auch, sicher ebenso wie das BgR, „dass Kritik der politischen Ökonomie nur als Einheit von Ökonomie- und Erkenntniskritik ihren kritischen Anspruch einlösen kann.“ Diese Antideutschen und ihre Parolen, na ja, irgendwas wird schon dran sein.
Das AOK-L für seinen Teil hatte von Beginn an trotz seines humanistischen Ziels „Olympia in Leipzig zu verhindern“(32) mit schwersten Repressionen zu kämpfen, denn „die Stadt [reagierte] auf das AOK paranoid, die Folgen sind Überwachung und Kriminalisierung des anti-olympischen Widerstandes“. Man war sich auch der Tatsache bewusst, dass man „von CDU bis hin zur PDS“ alle gegen sich hatte, einzige Ausnahme die mutige Frau Marquardt, welche dreister Weise die Parteiorder ignorierte und als Anmelderin für die Demonstration in die Bresche sprang. Richtig fies waren wieder mal die staatlichen Ordnungskräfte, auch bekannt als Polizei: „So reagierte sie mit unverhältnismäßig langem Festhalten von Personen, die mit Transparenten protestierten und mit willkürlichen Personalienfeststellungen unbeteiligter PassantInnen.“ Das muss man sich in einer sogenannten Demokratie nun bieten lassen, ein Bild, das an das Schreckensregime des Realsozialismus erinnert. Als die Stadt einsehen musste, dass all dies nichts half, versuchte man das AOK-L mit fiesen politischen Tricks in den eigenen Karren zu zwingen: „Die kaviarverwöhnten PodiumsteilnehmerInnen hingegen verhöhnten uns mit der unfreiwilligen Eingemeindung in ihre „one family“ und lobten ausdrücklich unsere friedlichen und demokratischen Aktionsmethoden“(33), aber da hatten sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn: „Dem verweigert das AOK-Leipzig seine Unterstützung!“(34) Da werden die „kaviarverwöhnten“ Damen und Herren aber blöde aus der Wäsche geguckt haben, wenn das AOK-L ihnen seine wertvolle „Unterstützung“ einfach mal so „verweigert“, ha!
Das AOK-L griff in seinem Aufruf auch die sich mehr und mehr ausbreitende Problematik des „Leistungsrassismus“(35) auf, die erst letztens dafür sorgte, dass ein leistungsrassistischer Bauunternehmer einen deutschen Freund meinerseits entlies, um einen Polen, den ich nicht kenne, einzustellen, diese Leistungsrassistensau. Thematisiert wurde auch die „inhärente Reproduktion des Geschlechterverhältnisses“ bei „sportlichen Großevents“, welche allerdings von der gendertroublemäßigen „Wuchtbrumme Astrid Kumbernuss“ (Sportler-Jargon) zielgerichtet unterlaufen wird. Da kann man(n) nur viel Erfolg wünschen. Ein wichtiger Punkt war auch die Reproduktion nicht leistungs-, sondern nur rassistischer Vorstellungen beim Sport: „So werden den südamerikanischen Mannschaften beispielsweise Kreativität und Verspieltheit zugerechnet und diesen die robuste, von unerschütterlicher Kampfstärke bestimmte deutsche Spielweise gegenübergestellt.“ Und das ist ja nun wirklich vollkommen haltloses Dummengeschwätz, das weiß doch jeder, der schon einmal den Genuss hatte, der technisch versierten Spielweise unserer Nationalmannschaft beizuwohnen. Aber auch vor fundamentalen Erkenntnissen verschließt man nicht die Augen: „Keiner würde heute die Olympischen Spiele veranstalten, wenn sich damit nicht aus Geld mehr Geld machen ließe.“ Da muss nun wirklich nichts ergänzt werden.
In seinem Abschlußbericht schließlich, unterschätzte sich das AOK-L leider maßlos, wenn es meinte, „die Außenwirkung des AOK war fast null“(36) und dass „die IOC Entscheidung für oder gegen Leipzig ... offensichtlich nicht von [ihren] Aktionen ab[hing]“. Wahrscheinlich waren sie betrübt über die Kompromisslosigkeit einiger Mitarbeiter im Umgang mit der eigenen Gruppe, etwa über Martin D, der in „Das Leistungsprinzip zertrümmern“ schrieb: „Sie wissen um ihre Nichtigkeit und Bedeutungslosigkeit, sie wissen, dass es auf sie in Wahrheit nicht ankommt.“ Soviel Bewegungsbashing hinterlässt selbst bei den hartgesottensten Hardlinern seine Spuren, doch das ist noch lange kein Grund „unzählige Bände der Adorno-Gesamtausgabe zu studieren“(37), denn es gilt immer noch das AOK’sche Diktum: „Wie echte Deutsche werden sie nun aber umso mehr kämpfen, statt endlich zur Besinnung zu kommen.“ Für die noch anstehenden Kämpfe und Kampagnen kann man den ProtagonistInnen also nur viel Glück und Erfolg wünschen, auf dass sie nicht zu so Fluffen werden wie die WKL’s, die lieber „rumhängen, saufen und vögeln“(38) anstatt ordentlich Anti-? zu sein, diese Demodrückeberger.
Bald heißt es ja erneut und fresh:
„Der Mensch hat zu sein mobil – bei Arbeit, Sport und Spiel. Der Kapitalismus ist so ein Dreck – und muss deshalb weg. Die [WM] gleich hinterher – dann gibt es keinen Stress mehr.“(39)

Bis dahin, und aggro, nein, anti bleiben, sagt
Schlaubi

Fußnoten:
(1) AOK-L, Aufruf zur Antiolympischen Demonstration
(2) AOK-L, Wir sind doch nicht blöd. AOK.
(3) AOK-L, Redebeitrag für die Global Space Odyssee
(4) AOK-L, Redebeitrag für die Global Space Odyssee
(5) AOK-L, Wir sind doch nicht blöd. AOK.
(6) AOK-L, Aufruf zur Antiolympischen Demonstration
(7) AOK-L, Aufruf zur Antiolympischen Demonstration
(8) AOK-L, Aufruf zur Antiolympischen Demonstration
(9) Nachfolgende Zitate von Anna als Reaktion auf Gegen Internationalismus?, indymedia
(10) Mensch als Reaktion auf Gegen Internationalismus?, indymedia
(11) AOK-L, Wir sind doch nicht blöd. AOK.
(12) Nachfolgende Zitate von AOK-L, Gegen Internationalismus?
(13) Nachfolgende Zitate von re.sistencia, Draußen ist feindlich
(14) Märkisches Viertel, Berlin
(15) Nachfolgende Zitate von Sido, „Mein Block“ auf dem Album „Maske“
(16) Redebeitrag von re.sistencia auf der Anti-Olympischen Demonstration am 15.Mai 2004 in Leipzig
(17) Nachfolgende Zitate von Olympia-AG im BgR, Sport – die völkischste Versuchung, seit es Zivilgesellschaft gibt?
(18) Titelstory, aus Prasses Erben Nr.16/2003, zit. nach. Olympia-Ag im BgR
(19) Olympia-AG im BgR, Sport – die völkischste Versuchung, seit es Zivilgesellschaft gibt?
(20) Martin D., Das Leistungsprinzip zertrümmern
(21) AOK-L, Wir sind doch nicht blöd. AOK.
(22) Nachfolgende Zitate, soweit nicht anders ausgewiesen, von Hans Koch (MdBgR Leipzig), Sport tut Deutschland gut
(23) Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, Fischer Taschenbuch 1995; dort das Kapitel: Elemente des Antisemitismus, Grenzen der Aufklärung, Seite 177 ff., zitiert nach Hans Koch, Sport tut Deutschland gut
(24) Hans Koch (MdBgR Leipzig), Sport tut Deutschland gut
(25) Oly-AG im BgR, C: Sport/Funktion/Nationalismus
(26) AOK-L, Gegen Internationalismus?
(27) Olympia-AG im BGR, Sport – Die völkischste Versuchung seit es Zivilgesellschaft gibt?
(28) Nachfolgende Zitate von AOK-L, Gegen Internationalismus
(29) Nachfolgende Zitate von Olympia-AG im BGR, Sport – Die völkischste Versuchung seit es Zivilgesellschaft gibt?
(30) Robert Fricke (MdBgR Leipzig), Sport ist Mord?
(31)Nachfolgende Zitate von Martin Janz, „Die Gedanken sind frei“
(32) Nachfolgende Zitate von AOK-L, fatal error – the game is over, Redebeitrag auf der Anti-Olympischen Demonstration am 15. Mai 2004 in Leipzig
(33)AOK-L, Wir sind doch nicht blöd. AOK.
(34)AOK-L NO-Olympia Aktion auf dem Leipziger Bahnhof, indymedia
(35)Nachfolgende Zitate von AOK-L, Aufruf zur Antiolympischen Demonstration
(36) Nachfolgende Zitate von AOK-L, Wir sind doch nicht blöd. AOK.
(37) Nachfolgende Zitate von AOK-L, Wir sind doch nicht blöd. AOK.
(38) Wertkritische Kommunisten Leipzig, Sportlich in den Untergang, Redebeitrag auf der Anti-olympischen Demonstration am 15. Mai 2004 in Leipzig
(39) Kurzredebeitrag des AOK-L auf der Antiolympischen Demonstration am 15. Mai 2004 in Leipzig


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last modified: 28.3.2007